Das Reformationsjubiläum verbindet

Die Gemeinden in Südtirol haben zum Reformationsjubiläum ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt. Eine Spurensuche.

Das 500. Reformationsjubiläum zeigt in Südtirol ganz unterschiedliche, in jedem Fall positive Wirkung. „Da wächst zusammen, was zusammen gehört…“, das macht auch das gemeinsam Programm der Evangelischen Gemeinden in Bozen und Meran deutlich. Da strahlt eine erneuernde Kraft nach Außen, welche auch gerade von vielen katholischen Christen gerne aufgenommen und weitergetragen wird.

Seit 2014 bin ich Pfarrer der Evangelischen Gemeinde in Meran (Südtirol). Für das Reformationsjubiläum haben wir uns mit den katholischen Christen zusammengetan. Zum Eröffnungsgottesdienst in der Christuskirche in Bozen zum Beispiel, sprach der katholische Bischof Ivo Muser von den Gemeinsamkeiten, die noch heute tragen und verbinden und auch von dem Verlust, den die Spaltung der Kirche bis heute mit sich gebracht hat.

Blick über Meran, Foto: wake4jake (CC BY-SA 2.0)

Kanzeltausch zum Jubiläum

Zum Neujahrsempfang und zur Gebetswoche zur Einheit der Christen in Meran tauschten Don Mario Gretter und ich die Kanzeln. Vermutlich war meine Predigt in der katholischen Pfarrkirche St. Nikolaus die erste eines evangelischen Pfarrers seit knapp 500 Jahren, so zumindest der Meraner Dekan Hans Pamer.

Die Evangelisch-Lutherischen Gemeinden Meran und Bozen haben ein sehr umfangreiches Programm vorbereitet: Neben thematischen Konzerten, Filmvorführungen, Theaterveranstaltungen, Gesprächsabenden und Referaten, stehen auch regelmäßige ökumenische Gottesdienste und Wanderausstellungen auf dem Programm.

Wechselhafte Geschichte

So präsentieren die Gemeinden Meran und Bozen derzeit die in Jena erstellte Ausstellung „Machtworte“, welche an verschiedenen Orten, wie derzeit auf Schloss Maretsch, gezeigt wird. Hauptamtliche Historiker und ehrenamtliche Geschichtsinteressierte ergänzten die Ausstellung bereits um einige interessanter Tafeln mit bisher unbekannter protestantischer Geschichte Südtirols.

Seit dem Jahre 1876 gibt es eine rechtlich anerkannte Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde in Meran. Bis zum Jahre 1861 waren die Lutheraner in Österreich gegenüber ihren katholischen Glaubensgeschwistern diskriminiert. Erst dann bestimmte Kaiser Franz Joseph I., dass „Unseren evangelischen Unterthanen Gleichheit zu gewährleisten“ sei. Später wurde von Meran aus auch die zweite lutherische Gemeinde Südtirols in Bozen gegründet. Beide Gemeinden gehören mit zwölf weiteren evangelisch-lutherischen Gemeinden zur Chiesa Evangelica Luterana in Italia.

Die meisten Gemeindeglieder leben dauerhaft in Südtirol, aber auch die Urlauberseelsorge nimmt einen großen Teil unserer Gemeindeaktivitäten ein. Nicht selten kehren Besucher immer wieder hierher zurück. So sind auch wir ja schließlich in Südtirol „hängen geblieben“. Nach mehreren Besuchen habe ich mich auf die Pfarrstelle in Meran beworben, die von der EKD 2013 ausgeschrieben wurde.

Blick in die Christuskirche Meran, Foto: Buchhändler (CC BY-SA 3.0)

Lebendige Ökumene

Bis heute ist Sütirol tief katholisch geprägt, nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich trotzdem eine lebendige Ökumene mit der katholischen Kirche. Die katholischen Gemeinden „leihen“ z.B. ihre Kirchen den evangelischen Geschwistern für Gottesdienste. Die bestehenden Unterschiede werden immer mehr als Bereicherung wahrgenommen, schließlich verbindet uns viel mehr, als uns trennt.

Man bekommt den Eindruck, dass man – durch das Jubiläum beeinflusst – bewusst auf eigene Spurensuche geht und es ist und bleibt spannend, was da in diesen Wochen und Monaten noch alles zu Tage getragen wird. Den Verantwortlichen der Evangelischen Gemeinden Bozen und Meran ist es wichtig, dass die Veranstaltungen alle öffentlich, ökumenisch und miteinander begangen werden. Das Interesse der Bevölkerung ist sehr groß, man kommt ins Gespräch, kann aufklären und weiteres Interesse wecken.

So planen die Evangelischen Gemeinden mit der katholischen Diözese zum Abschluss des Reformationsjubiläums, vom 8. bis 12. November 2017, ein zweisprachige ökumenische Studienreise ins Kernland der Reformation nach Mitteldeutschland.