Antritt – Die #LaTdH vom 4. Juli

Hoher Besuch aus Rom zum runden Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Vatikan und Deutschland. Außerdem: Gefährliches W-Lan und zwei Arbeitsantritte.

Herzlich Willkommen!

Beate Gilles hat diese Woche ihren neuen Job angefangen. Dass der nicht nur für sie „spannende“ Aufgaben mit sich bringt, ist schon fast absehbar. Gilles ist die neue Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz und damit die erste nicht Geistliche in diesem Amt und gleichzeitig auch die erste Frau.

Außerdem feiern wir diese Woche 100 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und dem Vatikan, hören Podcastfolgen und bekommen einen Einblick in das höchste Kirchengericht.

Eine gute Woche wünscht
Jacqueline Bohrmann


Debatte

Seit 100 Jahren bestehen diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und dem Vatikan. Dieses Jubiläum wurde diese Woche in Berlin gefeiert. Pietro Kardinal Parolin, der Staatssekretär von Papst Franziskus und damit der zweite Mann im Vatikan, reiste für die Feierlichkeiten in die Bundeshauptstadt.

Vatikan und Berlin feiern 100 Jahre diplomatische Beziehungen – Tilmann Kleinjung (Bayerischer Rundfunk)

Dass die 100-jährigen Beziehungen nicht immer einfach waren, beschreibt Tilmann Kleinjung (@TilmannKk) in seinem Beitrag beim BR. So kritisierte Angela Merkel 2009 den Papst dafür, dass er den Holocaust-Leugner Williamson von der Piusbruderschaft wieder in die katholische Kirche aufnahm. Damit löste sie eine kleine Krise aus. Und auch das Verbot des Papstes für katholische Beratungsstellen, sich an der Schwangerenkonfliktberatung zu beteiligen, bezeichnete Annette Schavan, spätere deutsche Botschafterin am Heiligen Stuhl, als „harten Tobak“.

Für die CDU-Politikerin schwanken die Beziehungen zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl immer zwischen Respekt und Skepsis. „Die Deutschen, die schauen, was Rom sich wieder ausdenkt und in ihre Landschaft nicht passt. Und die Römer sagen: Na ja, einen Luther hatten sie ja schon. Es ist eben das Land der Reformation.“ Gerade überwiegt wieder die Skepsis. Im Vatikan beobachtet man den Reformprozess in der deutschen katholischen Kirche in Deutschland mit Argusaugen.

Freund und Mahner (KNA, Domradio)

Der Gesandte aus Rom, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, hat in seiner Predigt im Festgottesdienst zum 100-jährigen Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zur Einheit aufgerufen.

Parolin mahnte, „sich wieder auf eine Einheit zu besinnen, die nicht von der Zustimmung zu gemeinsamen Visionen und Orientierungen abhängt, wie in der Politik üblich, sondern von der theologisch-spirituellen Verwurzelung in Gott“. Er wandte sich dagegen, „dass sich das Miteinander auf nur einen bestimmten Teil reduziert, so relevant und bedeutsam er auch sei“.

Während seines Besuchs in Berlin hat Parolin auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing zu Gesprächen getroffen.

Rom fordert von deutschen Katholiken Gehorsam – Daniel Deckers (FAZ)

Daniel Deckers beschreibt den Festgottesdienst in Berlin in seinem Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (@faznet) aus einem anderen Blickwinkel. Ihm fallen vor allem die starren Blicke der Bischöfe und Kardinäle auf. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx und der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki würdigen sich demnach keines Blickes auf dem Weg in die Kirche.

Neunzig Minuten später verlassen sie die Kirche in gleicher Formation, den Blick wieder starr nach vorne gerichtet. Elf Jahre Ringen um den richtigen Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche, ein nicht angenommener Amtsverzicht in München, eine Apostolische Visitation in Köln – das Mienenspiel der Kardinäle verrät nichts über ihre inneren Regungen. Doch die Gesichtszüge Woelkis sind eingefallener denn je, der schwergewichtige Marx schleppt sich aus der Kirche heraus.

Der Autor sieht in den Worten von Pietro Parolin „Das ist ein Weg, der im Hören auf den Bischof von Rom gipfelt, der berufen ist, als Hirte und Lehrer aller Christen zu sprechen“ die Aufforderung zu Unterwerfung und Gehorsam.

nachgefasst

Ditib erzielt Erfolg im Streit um islamischen Religionsunterricht (Welt)

Der türkische Moscheeverband Ditib hat einen Erfolg vor dem Verwaltungsgericht in Wiesbaden erzielt. Nachdem das Land Hessen den vom Dachverband mitorganisierten islamischen Religionsunterricht ausgesetzt hat, zog Ditib vor Gericht und gewann nun. Grund für das Aussetzten waren Zweifel an der Unabhängigkeit und der Eignung des Verbands.

Der Moscheeverband gilt als umstritten: Die Organisation wird verdächtigt, der Kontrolle der Regierung in der Türkei zu unterstehen. Immer wieder wurden zudem Fälle bekannt, in denen in Ditib-Gemeinden Kriegspropaganda und Antisemitismus verbreitet wurde.

Auch in Ländern wie Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat Ditib große Mitspracherechte bei der Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts.

Buntes

Allein unter 68 Bischöfen – Annette Zoch (Süddeutsche Zeitung)

Beate Gilles ist nun die mächtigste Frau in der katholischen Kirche in Deutschland. Diese Woche hat sie ihre Stelle als Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz angetreten. Annette Zoch beschreibt in ihrem Kurzportrait den Werdegang der 51-jährigen promovierten Liturgiewissenschaftlerin.

Das Spannende: Gilles ist nicht nur die erste Frau auf diesem Posten, sondern auch die erste nicht Geistliche.

Werden die Bischöfe Gilles wirklich zuhören, oder diente ihre Wahl doch in erster Linie der Imagepflege? Einfach wird es nicht, doch Beate Gilles ist keine Newcomerin. Sie kann mehr als 20 Jahre Führungserfahrung vorweisen – zuerst als Geschäftsführerin des Katholischen Bildungswerks in Stuttgart, dann als Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie im Bistum Limburg. In dieser Zeit machte die Finanzaffäre um Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst Schlagzeilen, der sich für 31 Millionen Euro ein Bischofshaus auf den Domberg bauen ließ. Gilles weiß also, was es bedeutet, unter Krisenbedingungen zu arbeiten.

Beate Gilles beschreibt sich selbst als eine selbstbewusste Frau, die schon lange in der Kirche unterwegs ist. Es wird sich zeigen, welchen Einfluss sie als neue Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz haben wird.

WLAN-Verbot in Kirchen? Eine verpasste Chance – Felix Neumann (katholisch.de)

Es könnte so einfach sein: Kirchtürme werden als Richtfunkantennen für eine bessere Netzabdeckung verwendet (Erzbistum Köln), die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) bietet seit Jahren mit dem Programm „Godspots“ freies WLAN an und die zivilgesellschaftliche Initiative Freifunk stellt eine gemeinschaftliche Infrastruktur zur Verfügung, mit der Menschen ihren Internetzugang teilen können. Aber das will man im Bistum Augsburg nicht. Als Grund führt das Bistum im aktuellen Amtsblatt den Jugend- und Datenschutz an.

Erfahrungen aus dem öffentlichen Bereich haben außerdem gezeigt, dass sich an Orten mit W-LAN Hotspots ggf. neue soziale Brennpunkte entwickeln können.

Felix Neumann (@fxneumann) lässt das in seinem „Standpunkt“ so nicht stehen.

Dass die befürchteten „neuen soziale Brennpunkte“ durch freies Internet ganz ähnlich wie die alten sozialen Brennpunkte sein können, wo Menschen in Not Essen, Unterkunft und einen sicheren Rückzugsort bekommen – und damit Orte schaffen, an der die Kirche diakonisch wirken kann. Dass das Netz selbstverständlicher Teil der Lebenswelt von Jugendlichen ist – und freies Netz an kirchlichen Orten Chancen für die Jugendpastoral und ihre Medienbildung bietet.

Podcastempfehlungen – Deutschland3000 mit Eva Schulz

Deutschland3000 ist ein Format von funk (das junge Angebot von ARD und ZDF). Auf YouTube, Instagram und in Podcastfolgen werden politische, soziale und gesellschaftliche Themen von der Journalistin Eva Schulz (@evaschulz) und ihrem Team journalistisch aufbereitet. Ich möchte Ihnen heute besonders zwei Podcastfolgen ans Herz legen.

Zum Einen „Carolin Kebekus, wann fällst du vom Glauben ab?“, in der die Journalistin Eva Schulz mit Carolin Kebekus (@carolinkebekus) über ihren Austritt aus der katholischen Kirche spricht. Seit Jahren recherchiert Kebekus unter anderem zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche, zu den Missbrauchsfällen und zum Zölibat. Diese Themen nimmt sie immer wieder in ihr Stand-Up-Programm mit auf und gibt ihnen Raum in ihrer eigenen TV-Sendung. Sie hat sich sogar schon einmal als Päpstin beworben und dafür einiges einstecken müssen.

Zum Anderen die Folge mit Daniel Donskoy: „Daniel Donskoy, wie antisemitisch ist Deutschland“. Er spielt den Gerichtsmediziner im Hannoveraner Tatort, einen kriminellen Pfarrer auf RTL und moderiert die jüdische Talkshow  „Freitagnacht Jews“ im WDR. Außerdem ist er Sänger. Donskoy (@DanielDonskoy) sagt:

Unsere Gesamtgesellschaft hier im Westen ist im Kern rassistisch, homophob und sexistisch. Unterdrückung ist ein großer Teil unserer Leitkultur. Erst wenn wir das alle zusammen anerkennen, können wir was ändern.

Theologie

Weihbischof Hegge: Auch Kirchengerichte sind lernende Institutionen – Felix Neumann (katholisch.de)

Der Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge wurde von Papst Franziskus ans höchste kirchliche Gericht berufen. Zusammen mit zwei weiteren deutschen Bischöfen wird er in Zukunft vor allem über Ehenichtigkeitsverfahren, Fragen zum Synodalen Weg und den Umgang mit sexuellem Missbrauch entscheiden.

Da die Apostolischen Signatur sehr diskret arbeitet, bekommen Gläubige selten etwas von Entscheidungen mit. Weihbischof Hegge findet Diskretion besonders in Bezug auf Betroffene wichtig.

Transparenz ist aber wichtig, was die Verfahrensordnungen angeht. Die müssen öffentlich sein und sind es auch: Sie können im Codex Iuris Canonici und in den Gerichtsordnungen nachlesen, wie Verfahren ablaufen, welche Rechte und Pflichten Beteiligte haben, welche Rechtsmittel es gibt, wie dort für Recht und Gerechtigkeit gesorgt wird. Das ist eine trockene Materie – aber wer es wissen will, kann nachlesen, wie ernsthaft und ohne Willkür kirchliche Gerichte arbeiten.

Auch spannend an dem Interview von Felix Neumann (@fxneumann) ist, dass Hegge zwar in Kirchenrecht promoviert hat, in den vergangenen Jahren aber in der Verwaltung tätig war und das Richteramt für ihn Neuland ist.

Ein guter Satz