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Final Countdown – Die #LaTdH vom 29. Oktober

Wir zählen die Stunden runter bis zum 500. Reformationsjubiläum. Endlich! Doch auch für andere Sachen wird die Zeit knapp:

Am Dienstag ist es endlich da: Das 500. Reformationsjubiläum hat uns eingeholt. Nicht wenige werden durchatmen und dem Herrn danken, dass es endlich vorüber ist. Bis dahin ist aber noch zu feiern! Was jetzt noch zu sagen ist:

Debatte

„2017 war ein wunderbarer Doppelpunkt“ – Interview mit Heinrich Bedford-Strohm (ekd.de)

Im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst zieht der Ratsvorsitzende Bilanz. 2017 aber sollte schon ein Ausrufezeichen werden. Dass Bedford-Strohm (@landesbischof) jetzt geschickt von einem Doppelpunkt spricht, weist auf die Zeit nach dem großen Jubiläum hin. Auch dazu hat der Ratsvorsitzende etwas zu sagen:

Ich will einen Grundton überwinden, bei dem alles nur als Verfall und Defizit erscheint. Auch wenige Menschen können ausstrahlungsstark Kirche sein, das zeigt der Blick nach Ostdeutschland, wo in vielen Regionen nur 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung Christen sind. Da gibt es viele inspirierende Beispiele für eine kraftvolle Kirche. Wer sie wahrnimmt, merkt: Es gibt überhaupt keinen Grund zu verzagen, die Bedeutung von Kirche ist nicht nur eine Frage von Zahlen.

How to become a Lutheran – Lutheraner in 9,5 Schritten – Tobias Graßmann (Netzwerk Theologie in der Kirche)

In meinem Artikel unter der Woche – Evangelische Momente – Was bleibt nach der Reformationsdekade? – bin ich u.a. der Frage nachgegangen, was es heute heißt lutherisch(e) (Kirche) zu sein. Einen anders unterhaltsamen Zugang hat Tobias Graßmann (@luthvind) gewählt. Was macht Lutheraner_innen theologisch aus?

Ein guter Ausgangspunkt ist, sich wie Luther ein negatives (sprich: realistisches) Weltbild und das dazu passende Menschenbild zuzulegen. Die Welt wird regiert von undurchsichtigen Mächten, in die wir alle irgendwie mit verstrickt sind. Na klar, der Mensch ist schließlich von Grund auf Sünder!

Creating an Image: Die Marke Luther – Gernot Maria Mausohr (theologiestudierende.de)

Im Text geht es um die Entwicklung der Luther-Ikonographie über die letzten 500 Jahre. Da kommt einem doch einiges bekannt vor und ich lerne: Wir leben nicht in der Schlechtesten aller Zeiten.

Luther ist eine Marke, ein Brandzeichen geworden, das dabei helfen kann, sich auf dem Markt zu orientieren. Aber diese Marke ist keine Erfindung findiger Fachleute der Werbewelt, die von der EKD angeheuert wurden, sondern so alt wie die Reformation selbst.

Randständiges

Gefangen im Ethnosumpf – Christopher Wimmer (jungle.world)

Ein Blick an den Rand Europas, nach Bosnien-Herzegowina. Das Land möchte gerne in die EU, doch dafür muss es noch einen weiten Weg gehen. Das größte Problem unter vielen ist der grassierende Nationalismus, der wirklich gemeinsame Lösungen verhindert. Und die Kirche ist mit dabei – denn balkanüblich wird die Nation auch religiös begründet.

So wurde 2016 ein Studentenwohnheim nahe Sarajevo nach Radovan Karadžić benannt, der im vergangenen Jahr vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag als für das Massaker in Srebrenica Verantwortlicher schuldig gesprochen wurde. Die Eröffnungsrede hielt Milorad Dodik, der Präsident der RS. Mit seiner Unterstützung wird derzeit eine Kirche in Sichtweite der Srebrenica-Gedenkstätte in Potočari errichtet – eine klare Provokation gegen die muslimischen Bosnier.

Progressiv? Ja, aber! (Teil II) – Arne Bachmann („neolog)

Arne Bachmann hat sich auf dem @NeologBlog kluge Gedanken darüber gemacht, was ein progressives Christentum ausmacht:

Und dennoch scheue ich mich davor, das Christentum so einzupassen in das Projekt des Progressivismus. Mein Vertrauen liegt nicht in den fortschrittlichen Kräften der Gesellschaft oder der Durchsetzungsfähigkeit von bestimmten Werten und Einstellungen. Wenn das Christentum sich 1:1 übersetzen ließe in ein politisches Projekt, dann stünde es in Gefahr, die Waffen zu segnen, die im Kulturkampf eingesetzt würden. Dann geht es um Werte – konservative oder progressive – und nicht um Christus.

Mein Haus ist eine Kapelle – Inka Hammond (Alltagsliebe)

Ein Spaziergang, der in eine alte Kapelle führt und die Autorin zu Gedanken über ihr eigenes Heim anregt.

Wir sind die Ecksteine für eine neue Reformation. Inmitten von Töpfen und Pfannen, von Legosteinen und Malkästen, von kindlichen Handabdrücken am Fenster und ungemachten Betten – da will Jesus wohnen und sich verherrlichen. Im ewigen Wiederholen von Regeln, im liebevollen Trösten, beim Pflaster aufkleben und Geschirr abwaschen – genau da, wo unser Mangel und unsere Menschlichkeit so oft zum Tragen kommt, da will er fließen mit seiner Fülle.

„Ihr könnt gern dazu masturbieren, wenn ihr wollt“ – Katja Lewina (jetzt.de)

Die Autorin war in einer etwas anderen „Hauskirche“ zu Gast. Sie hat sich unter Menschen gemischt, die gemeinsam feministische Pornos anschauen und dabei eine Gemeinschaft erlebt, die sich mit fast heiligem Ernst einer aufregenden Sache widmet.

Der Laden entpuppt sich als Zimmer einer privaten Dreiraumwohnung voller junger, hipper, aufgekratzt lachender Menschen – so etwas wie das hier macht man ja nicht alle Tage. Ein geschätztes Drittel von ihnen Männer, und das bringt mich schlagartig in Feiertagslaune.

The Lion Man: An Ice Age masterpiece – Neil MacGregor (BBC, Video, englisch)

Am Vorabend des 2. Weltkriegs entdecken Archäologen in einer Höhle in Deutschland Elfenbeinfragmente. Ihnen läuft die Zeit davon, sie werden zu den Waffen gerufen. Jahrzehnte später ergibt sich aus den Fragmenten die Figur einen Löwenmanns. Die erste menschengemachte Darstellung eines Wesens, das in der Natur nicht existiert. Genutzt wurde sie wahrscheinlich zum Geschichtenerzählen am Lagerfeuer. Der Löwenmann ist ein Sinnanker.

Lebenswelten anerkennen: Pro Smartphones im Zeltlager! – Lutz Hueser (Digitale Lebenswelten)

Eine wichtige Frage der digitalen Kirche ist, welche Rolle das Digitale (hier: Smartphones) z.B. in der Kinder- und Jugendarbeit spielen sollte. Lutz Hueser spricht sich für mehr Offenheit aus:

Eine Lagergemeinschaft […] sollte in der Lage sein, den für sich richtigen Weg und das richtige Maß im Umgang mit Smartphones zu finden. Denn, auch das zeigt die Sinus-Studie: Selbst Jugendliche sind in bestimmten Situationen von Handys genervt. Warum also das Thema nicht positiv, partizipativ und gemeinschaftsstiftend, statt dogmatisch und separierend besetzen?

Bibel

Göttlich inspiriertes Lebenserfahrungsbuch: Was Bedford-Strohm sich von der Bibel verspricht – Jochen Teuffel (NAMENSgedächtnis)

Jochen Teuffel kritisiert was der Ratsvorsitzende (s.o.) in sein Vorwort zur Lutherbibel 2017 geschrieben hat und meint:

Was Bedford-Strohm mit den Containerbegriffen „Leben“ und „Erfahrung“ in seiner Bibelpredigt zur Sprache bringt, ist als evangelisches Zeugnis mehr als dürftig. Seine Ausführungen sind kaum anschlussfähig an das kirchliche Glaubensbekenntnis, noch können sie das sola scriptura bzw. das allgemeine Lehramt der Heiligen Schrift zur Geltung bringen.

Princes of Darkness: The Devil’s Many Faces in Scripture and Tradition – Paul Davidson (Is That in the Bible?, englisch)

Eine sehr lange, ausführliche Vorstellung des Teufels in Bibel und Geschichte, wie bei Davidson üblich mit einer Menge Material und klug aufgeschrieben.

Predigt

Predigt zum Reformationstag 2013 – Friedhelm Kasparick (predigtpreis.de)

Die Geschichte der Reformation als Gleichnis von zwei ungleichen, doch geliebten Söhnen des einen Herrn. Gehalten wurde diese Predigt in einer katholischen Gemeinde von einem evangelischen Pfarrer.

Er holte beide Söhne zu sich und stellte einen Krug Wasser und eine Schüssel in ihre Mitte und sprach: ich will euch mit diesem Wasser begießen, als Zeichen, dass ihr immer meine Söhne bleibt. Ihr seid aus dem Wasser im Leib eurer Mutter gezogen worden, ihr wurdet im gleichen Wasser gebadet und ihr habt aus dem gleichen Wasserkrug getrunken. Ihr seid mit derselben Liebe eurer Eltern geliebt worden und habt den gleichen Familiennamen. Euch verbindet mehr als eure Ähnlichkeit. Das sollt ihr nie vergessen.

Ein guter Satz

„Ei, so will ich diesem Vater, der mich mit seinen überschwenglichen Gütern so überschüttet hat, wiederum frei, fröhlich und umsonst tun, was ihm wohlgefällt, und meinem Nächsten gegenüber auch ein Christ werden, wie mir Christus geworden ist, und nichts weiter tun, als was ich nur sehe, was ihm not, nützlich und heilsam ist, weil ich doch durch meinen Glauben aller Dinge in Christus genug habe.“

– Martin Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520)


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