Kirche

„I bims, d1 Gott“ – Die „Holyge Bimbel“ von Shahak Shapira

„Am firsten Day talkte God: ‚Es werde 1 nices Light‘, u 1 überbrightes Light war gebimt worden.“ Shahak Shapira hat sich der Bibel angenommen. Herausgekommen ist dabei ein zum Brüllen komisches Büchlein.

„Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf.
Gott hat gewollt, daß auf bestimmten Büchern geschrieben steht:
Hic sunt leones.“

– Jorge von Burgos in „Der Name der Rose“ von Umberto Eco

Bekannt geworden ist Shahak Shapira mit subversiven Kunst- und Protestaktionen wie der Inszenierung Yolocaust und einer Protestaktion gegen Twitter, und durch sein Buch „Das wird man ja wohl noch schreiben dürfen“ über seine Kindheit- und Jugend in Israel und Sachsen-Anhalt. Erst dieser Tage wurde bekannt, dass er gemeinsam mit einer Gruppe Aktivisten der Partei Die Partei zahlreiche Facebook-Gruppen der AfD gekapert und im Stile subversiven Polit-Pops umgestaltet hat.

Schaschlik Shakira ist auch einer der Pioniere der sog. „vong“-Sprache. Auch über dieses Jugendsprach-/Internet-Phänomen wurde in den letzten Wochen viel geschrieben. Vor allem von Journalisten, die krampfhaft versuchten den Geist der neuen Sprachform zu verstehen. Niemand steht gern bedröppelt daneben, wenn sich alle über einen Witz ausschütten, den man nicht verstanden hat. Der neuen Sprachmode wurde so ziemlich alles angedichtet, was das Feuilleton hergibt.

„Am firsten Day talkte God: ‚Es werde 1 nices Light‘, u 1 überbrightes Light war gebimt worden. God sah das Light am shinen, u es war lit as fuck. Er fands übelst nice u feierte sich.“

– Shahak Shapira „Holyge Bimbel“

Cellerar der Sprachwerkstatt

Einige der Hauptprotagonisten der vong-Sprache unternehmen gegenwärtig den Versuch, aus ihrer Erfindung etwas Profit zu schlagen vong Geld her. Unter diesen Neuerscheinungen treten Shapiras „Storys vong Gott u s1 Crew“ wohltuend hervor.

Entstanden ist ein zum Auskippen lustiges Büchlein. Shapira hat ein paar der Geschichten des Alten Testaments (z.B. „Abdel und Keim“, „Saddam und Gaymora“) und Neuen Testaments („Jesus Chrispus I: Origins“ usw.) in die Kunstsprache „übertragen“. Die Bibel kommt so übelst dialogisch daher. Dass in der Bibel vor allem aneinander gehandelt und miteinander gesprochen wird, gerät ja gern in Vergessenheit. In dieser Übertragung ist das gut aufbewahrt.

Dass die Bibel als Material für Shapiras Sprachwerkstatt naheliegt, ist seiner eigenen Kindheit geschuldet, in der er die Geschichten des Ersten Testaments zu lernen hatte. Shapira musste „die Bimbel readen u Hourz & Hourz die true meaning vong jedem Satz interpretitten, weil die old School Tastyment wie 1 drunk sms gewritten is vong 1deutigness her lol“.

Zum Lachen in den Keller

Der Humor der Holyge Bimbel ergibt sich nicht zuletzt aus ihrem Unterschied zu gewöhnlichen Bibeln. Von daher vermute ich, dass diejenigen, die sich mit Sprache und Geschichten der Bibel etwas auskennen, noch mehr Spaß bei der Lektüre haben dürften, als Zeitgenossen, denen die Welt der Bibel bisher fremd ist.

Ich hoffe, es ist dem Buch auch unter Bibelfreunden Erfolg vergönnt, doch ich befürchte, es wird dafür zu ernst genommen. Nicht alle Bimbelhomies gehen zum Lachen in den Keller, aber, na ja, ihr wisst ja wie das bimst: Bei manchen Formulierungen werden die Grenzen des üblichen Umgangs mit der Schrift überschritten und darüber werden sich sicher einige ärgern. Es wäre ganz besonders schade, wenn die Bimbeltroyen das zum Anlass nähmen, das Buch nicht zu lesen, denn sie hätten am meisten zu lachen.

God is everywhere am bimsen

Man kann sich auf den Standpunkt stellen, was Gott und die Bibel angeht, gäbe es nichts zu lachen. Doch vielleicht ist es Zeit, die Politur des eigenen Heiligenscheins mal zu unterbrechen: Shapiras eigentümlicher Zugriff lässt sich nämlich auch als tiefe Verbeugung vor dem uralten Kulturwissen verstehen, das in der Bibel aufbewahrt ist.

„Am seventeen Day checkte God die meganice Mother Earth, die er gebuildet hat, mit water u Sky, u birrds u Schrimps, u Sun u Starz u Dattelpalmen u viele Pikachus u au Adolf u Eva. U Gott sayte: ‚was ist das für 1 nices life?'“

– Shahak Shapira „Holyge Bimbel“

Shapiras Buch ist gar nicht im Kontext der Religion unterwegs, wo auch 500 Jahre nach der Reformation noch über einzelne Formulierungen in der neuesten Bibelübersetzung nach Luther gestritten, und ökumenisch und interreligiös jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird.

Die Holyge Bimbel ist kein Bibelübersetzungsprojekt wie die Volxbibel oder die Bibel in gerechter Sprache, die auf je eigene Weise an der Aktualisierung der Bibel arbeiten. Die Bimbel ist ein Kunstprodukt in einer Kunstsprache über das man gut abfeiern kann vong crazyness her – niemand muss auf 1 Kanzel steigen und darüber predigen.

Von Vesper bis Komplet

Beim Verwerfen von Büchern jedenfalls sollte man mit Vorsicht vorgehen. Das Lachen ist eine Gottesgabe und über Geschmack lässt sich streiten. Wer ein einzelnes Buch verflucht, findet sich vielleicht in einer brennenden Bibliothek wieder. So jedenfalls erging es am Ende dem Greis Jorge von Burgos in „Der Name der Rose“.

Nicht nur wegen dieses alten Triebtäters habe ich an Umberto Ecos Roman denken müssen, auch wegen good old Salvatore, der schon in den Dramatis Personae als „armer Teufel, Sprachgenie“ vorgestellt wird. Die Leute nehmen ihn nicht für voll, weil er ein seltsames Kauderwelsch spricht, dann brennt er als Ketzer.

Salvatore und die Holyge Bimbel stehen in der Tradition der heiligen Narren, auch wenn hier mehr als der Glaube die standardisierte Alltagssprache verspottet wird. Aber das ist vielleicht schon wieder ein bisschen viel der Zumutung an ein Büchlein, das sich zwischen Vesper und Komplet gut weglesen lässt.

Das Buch ist ein großer Spaß und damit auch ein verfrühter Tipp für alle Gabentische: Jeder Bibelhomie sollte die Holyge Bimbel am haben seyn!

(Dem Autor wurde vom Verlag ein kostenloses Rezensionsexemplar zu Verfügung  gestellt.)


Holyge Bimbel
Storys vong Gott u s1 Crew
Shahak Shapira
Rowohlt
74 Seiten
8,00 € (Taschenbuch)
2,99 € (E-Book)