Newsletter #LaTdH

Oops, he did it again! – Die #LaTdH vom 14. April

„Papst emeritus“ Joseph Ratzinger verbreitet sich über die Ursachen der Missbrauchskrise. Außerdem: Viel #digitaleKirche bzw. #Kirchedigital vom Barcamp Kirche online in Berlin und Mut.

Debatte

Elstner wurde schwer missbraucht. Gefügig machte ihn der junge Geistliche mit Alkohol – und mit Geld. „Ich kaufte mir davon ein Skateboard“, sagt Markus Elstner. Es trug den Schriftzug „Alien“. Der Bottroper hat es nie weggeworfen: „Als Außenseiter fühle ich mich noch immer.“ Der Täter ist als Kinderschänder bekannt und auch vorbestraft. Es handelt sich um Peter H., der 1979 unter Joseph Ratzinger vom Bistum Essen nach Bayern versetzt wurde, nachdem Übergriffe auf Kin­der bekannt geworden waren. Denn wie Markus Elstner erging es auch anderen Jungen. (Quelle)

Wieder einmal bricht Joseph Ratzinger alias Papst emeritus sein von ihm selbst angekündigtes Schweigen. In einem länglichen Besinnungsaufsatz legt er sich die Gründe für die Missbrauchskrise seiner Kirche zurecht. Darin haben die Opfer des Missbrauchs in der Kirche keinen Platz. Hier schreibt der Mann, der als Theologe, Bischof, Kardinal, Chef der Glaubenskongregation und Papst so viel Macht hatte und damit auch Verantwortung für die Kirche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wie kaum ein zweiter.

Zum Inhalt des Schreibens ist wenig mehr zu sagen, als dass es sich dabei um pseudo-wissenschaftlichen Hokuspokus handelt. Früher hätte man gesagt: Nicht satisfaktionsfähig.

Kirche – oder soll man es lassen? – Micky Beisenherz (Stern.de)

In seiner Unterhaltungskolumne auf Stern.de schreib Micky Beisenherz als entsetztes Kirchenmitglied, aber mit viel Distanz. Das ist eine Perspektive, die binnenkirchlich nicht ankommt. Dort sorgt man sich inzwischen viel mehr um den Abgang der Hochverbundenen. Leute wie Beisenherz hat die Kirche scheints schon aufgegeben.

[…] die Katholische Kirche arbeitet fleißig daran, auch den treudoofsten Beitragszahler mit der Nase in das modrige Weihwasserbecken zu drücken. „Na, gefällt Dir DAS, ha?!“ Und jede Woche kommt irgendein Neuer unter seinem Stein her gekrochen, um den Ruf der Organisation zu beschädigen. […]

Ratzinger. Tebartz van Elst. Kardinal Meißner (bei dem ich es stets bedauert habe, dass er die Ehe für alle nicht mehr mitbekommen konnte). Sie alle sind die Infantinos, die Blatters, die Berlusconis des Katholizismus. Dubiose Gestalten, die einen förmlich zum Amt treiben, um sich endlich als Beitragszahler austragen zu lassen. Selbst der einst so gehypte Franziskus setzt vermehrt auf den klerikalen Markenkern, wenn er Homosexualität als Modeerscheinung bezeichnet oder Abtreibung als Auftragsmord.

Benedict’s Untimely Meditation – Massimo Faggioli (Commonweal Magazine, englisch)

Massimo Faggioli (@MassimoFaggioli) schreibt über die theologischen und medienpraktischen Hintergründe dieser neuen Einlassungen Ratzingers zur Unzeit. Dabei ist wichtig in Erinnerung zu behalten, dass die Veröffentlichung im bayerischen Klerusblatt mit Zustimmung des Papstes geschah. Auch wenn der Artikel nur dort erschienen wäre, und nicht von reaktionären katholischen Medien vor allem in den USA breit getragen worden wäre, hätte er seinen Weg in eine breite Öffentlichkeit gefunden. Dass sich EWTN und weitere obskure Medien an der Kampagne beteiligen, die wir schon aus der Viganò-Affäre kennen, ist keine Überraschung: Das gehört zum Markenkern dieser Medien.

Until now Joseph Ratzinger has been, like all the men who were in the highest positions at the Vatican during the previous two pontificates—including Cardinals Angelo Sodano and Tarcisio Bertone—remarkably silent about the cases still open, […]. The silence of a pope emeritus can be justified as part of the immunity enjoyed by the former sovereign of the Vatican state and/or as an attempt not to interfere with the government of the reigning pope. But now that Benedict XVI has written and released long text precisely on the vexed question of clerical sex abuse, people might wonder why he is not required to answer questions about how these issues were handled under his pontificate and that of his predecessor.

Bisher hat Joseph Ratzinger wie alle Männer, die während der letzten beiden Pontifikate in höchsten Ämtern des Vatikans tätig waren, z.B. die Kardinäle Angelo Sodano und Tarcisio Bertone, über die noch offenen Fälle geschwiegen, […]. Das Schweigen eines Papst emeritus kann gerechtfertigt werden, wenn man es als Immunität versteht, die der ehemalige Souverän des Vatikanstaats genießt und/oder als einen Versuch, die Regierungstätigkeit des amtierenden Papstes nicht zu stören. Nun aber, da Benedikt XVI. einen langen Text zur Frage des sexuellen Missbrauchs in der Kirche geschrieben und veröffentlicht hat, fragen sich die Menschen, warum er sich nicht auch Fragen gefallen lassen muss, wie diese Frage während seines und seines Vorgängers Pontifikats behandelt wurde.

Es stellt sich die Frage, wer in der Welt befugt und geschickt ist, Joseph Ratzinger und andere auskunftsunwillige Personen, die sich in der Vatikanstadt verborgen halten, vor ein weltliches Tribunal oder einen Untersuchungsausschuss zu zitieren? Es sieht so aus, als ob diese Frage wohl dem höchsten Richter vorbehalten bleibt.

nachgefasst

Barcamp Kirche online //Ost

Die #LaTdH fallen heute wegen #Ausflug kürzer aus, aber nicht weniger inhaltsreich. In den vergangenen Tagen habe ich am Barcamp Kirche online in Berlin teilgenommen. Was dort in den einzelnen Sessions diskutiert und erarbeitet wurde, könnt ihr anhand der beiden Sessionpläne nachvollziehen. Zu einzelnen Sessions liegen auch „Protokolle“ vor, einfach im Sessionplan auf die Veranstaltung klicken. Erste fragmentarische Eindrücke vom Barcamp habe ich gestern in einem Twitter-Thread festgehalten.

Es können nicht immer alle am gleichen Ort sein und alles mitbekommen, dazu passiert zu viel – was schön ist! Und so werden Ideen, Kontakte und Inspirationen weiter in lebendigen Netzwerken hin- und herbewegt, bis möglichst viele davon gehört haben […],

schreibt Hanno Terbuyken (@dailybug), Leiter Digitale Kommunikation beim Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP), in seinem Fazit des Barcamps. Wenn ich die beiden prominentesten Leerstellen unter der Teilnehmer*innenschaft benenne – Menschen aus der theologischen Wissenschaft und diakonischen Praxis – dann deshalb, weil es dabei ja nicht bleiben muss.

Buntes

Mutigwerden zu Heulen und Handeln als Aufgabe des gegenwärtigen Protestantismus. Eine Replik an Erik Flügge – Friederike Erichsen-Wendt (Zwischengerufen)

Mit Friederike Erichsen-Wendt (@feriwen) schreibt eine profilierte Theologin der „Jammerkirche“ mit Blick für die hier und dort entstehenden Aufbrüche über das neueste Buch von Erik Flügge (@erik_fluegge), dem sie durchaus – bei allen Detailfragen, die dem Autor nicht nahe rücken – etwas abgewinnen kann:

Was mir – bei Fragen zu nahezu allen Details des Buches – sehr gut gefällt, ist, dass Erik Flügge sich einen mutigen Protestantismus wünscht. Mir gefällt das sehr gut, weil nach meiner Einschätzung nur ein mutiger Protestantismus gegenwarts- und zukunftsfähig sein kann, wenn er Glaube in einer offenen Gesellschaft zur Sprache bringen will. Die Unsicherheiten und Unabsehbarkeiten, in denen wir leben (von denen übrigens im Buch erwartungsgemäß keine Rede ist), dürfen nicht weiterhin so viele Impulse in der Kirche freisetzen, sich doch besser zurückzuziehen und eigene Welten von Sprache, Kultur und Lebensstil zu bewohnen.

Predigt

Aaron Albert – Die Late-Night-Show – Folge 1 (Evangeliche Jugend Bramsche, YouTube)

Hier so eine Verkündigungssendung aus der Evangelischen Jugend im Gewand einer Late-Night-Show mit viel Mut zum grenzwertigen Flachwitz, der dort große Tradition hat. Pocher war schlechter. Ab 11:34 Min lohnt es sich richtig.

Ein guter Satz