LGBTQ-Unterstützer*innen begleiten die Generalkonferenz, Foto: UMNS

Spaltung bei den Methodisten über LGBTQ-Frage?

Die Generalkonferenz der Methodisten hat die Beibehaltung der Ausgrenzung von Homosexuellen beschlossen. Was bedeutet das für die Methodisten weltweit und in Deutschland?

Auf der Generalkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in St. Louis (USA) hat die Kirche ihre ablehnende Haltung gegenüber Homosexuellen bestätigt. Danach ist es weiterhin nicht möglich als homosexuelles Paar in der Kirche zu heiraten oder als homosexuelle*r Pastor*in in der Kirche zu arbeiten. Vorausgegangen war der Entscheidung ein zweijähriger Prozess unter dem Schlagwort „Ein Weg in die Zukunft“, der mit der außerordentlichen Tagung der Generalkonferenz nun zu Ende gegangen ist.

LGBTQ-Aktivist*innen der EmK vor allem aus den USA, wo die Kirche als United Methodist Church (UMC) die mitgliederstärkste evangelische Mainline-Kirche ist, hatten die Beratungen und Abstimmungen der Generalkonferenz intensiv auch in den Sozialen Medien begleitet. Nach der Abstimmung äußerten sie dort ihre Verzweiflung über den Beschluss der Kirche, an der Ausgrenzung von Homosexuellen festzuhalten.

Verkündung des knappen Abstimmungsergebnisses, Foto: United Methodist News Service (UMNS)

Was hat die Generalkonferenz entschieden?

Die Konferenz hat dem sog. Traditional Plan denkbar knapp mit 53 Prozent (438 Ja-Stimmen, 384 Nein-Stimmen) zugestimmt. In der EmK ist es deshalb auch weiterhin nicht möglich, Trauungen für gleichgeschlechtliche Paare durchzuführen. Auch dürfen Menschen, die gleichgeschlechtlich verpartnert oder verheiratet sind oder sonst „öffentlich bekennen, dass sie praktizierende Homosexuelle sind“ nicht als Pastor*innen der Kirche arbeiten.

In den vergangenen Jahren hatten einige Gemeinden in den USA trotz der geltenden Rechtslage in der Kirche homosexuelle Pastor*innen berufen und Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare durchgeführt. In methodistischen Kirchen in Afrika und Asien, die einstmals durch Mission von den USA aus entstanden sind, wird die Anerkennung Homosexueller von weiten Teilen der Gläubigen abgelehnt. Eine Arbeitsgruppe hatte der außerordentlichen Generalkonferenz drei Vorschläge unterbreitet, wie die unterschiedliche Praxis innerhalb der Kirche in Zukunft geregelt werden kann:

Einen Entwurf, die bisherige Ordnung der Kirche zu bewahren (Traditional Plan), einen weiteren, der die Bewahrung der Einheit der Kirche zum Ziel hatte (One Church Plan) sowie einen Entwurf, bei dem sich unter einem gemeinsamen Dach verschiedene Verbünde bilden sollten, die sich an theologischen Grundsatzentscheidungen orientieren (Connectional Conference Plan).

Allein der Traditional Plan erhielt auf der Generalkonferenz die erforderliche Mehrheit der Delegiertenstimmen für eine Diskussion und anschließende Abstimmung im Plenum. In der Aussprache meldeten sich LGBTQ-Fürsprecher*innen vor allem aus den USA zu Wort, die in teils sehr emotionalen Reden für die Anerkennung von Homosexuellen in der Kirche warben. Für den Traditional Plan und damit gegen eine Anerkennung von Homosexuellen sprachen vor allem Vertreter*innen der methodistischen Kirche aus Asien und Afrika, sowie aus konservativeren Gemeinden im Süden der USA.

Jeffrey Warren, ein schwuler Theologiestudent der Kirche, hielt eine leidenschaftliche Rede für die Anerkennung von LGBTQ, Foto: UMNS

Der Traditional Plan sieht neben der Beibehaltung der Unvereinbarkeit von Homosexualität mit dem christlichen Glauben erstmals auch Sanktionen für Kirchen vor, die trotzdem homosexuelle Pastor*innen beschäftigen oder homosexuelle Paare trauen. Werner Philipp, Delegierter der Ostdeutschen EmK-Konferenz, fühlt sich durch diese rigorose Kontrolle und die Ahndung durch disziplinarische Maßnahmen „an die Gesinnungsschnüffelei im real existierenden Sozialismus vergangener Tage“ erinnert. (Quelle)

Pastor*innen, die homosexuellen Paare den Segen Gottes zusprechen, sollen ein Jahr lang ohne Bezahlung beurlaubt werden. Bei einem weiteren Verstoß sollen sie ihres Amtes enthoben werden. Kirchen, die gegen die Regeln verstoßen, sollen nach dem neuen Plan „gedrängt werden“, die EmK zu verlassen.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Beschluss der Generalkonferenz steht unter doppeltem Vorbehalt. Zunächst prüft ein Rechtsausschuss, ob die mit dem Traditional Plan verbundenen Regeln, insbesondere die Sanktionen gegen Gemeinden und Pastor*innen, überhaupt mit der Verfassung der Kirche vereinbar sind. Zweifel daran wurden schon während der Konferenz angemeldet.

Die Gemeinden und Distrikte der EmK sind erst nach der ordentlichen Generalkonferenz im November 2020 an die Beschlüsse dieser außerordentlichen Konferenz gebunden. Das gilt auch für die EmK-Gemeinden in Deutschland.

Eine Abspaltung vor allem derjenigen Gemeinden, die LGBTQ-affirmative sind, d.h. die Annerkennung von Homosexuellen befürworten und praktizieren, ist sehr wahrscheinlich. Allerdings wird dieser Prozess sicher Monate, wenn nicht Jahre in Anspruch nehmen. Demgegenüber stehen die Ankündigungen zahlreicher LGBTQ und ihrer Unterstützer*innen persönlich der methodistischen Kirche sofort den Rücken zu kehren.

Eine größere Spaltung aber hat die Kirche trotz der kontroversen Entscheidung wohl abgewendet. Hätten sich die US-amerikanischen und west-europäischen Methodisten durchgesetzt, wäre es wohl zur Trennung von den afrikanischen und asiatischen Glaubensgeschwistern gekommen. Die EmK steht ähnlich wie die Anglikanische Kirche vor dem Dilemma, sehr unterschiedliche Traditionen und Überzeugungen ihrer weltweiten Community miteinander vereinbaren zu müssen.

Die United Methodist Church (UMC) ist schon lange keine US-amerikanische Kirche mehr – wie sie allerdings von den Progressiven in den USA gerne beschrieben wird. Sie umfasst auch konservative Evangelikale in afrikanischen Ländern, Russland, den Philippinen und den südlichen US-Bundesstaaten. „Die großen kulturellen Unterschiede einer weltweiten Kirche schlagen sich sowohl in der Diskussion als auch im Ergebnis nieder“, meint Harald Rückert, Bischof der EmK in Deutschland.

Harald Rückert, Bischof der EmK in Deutschland, Foto: Volker Kiemle, © EmK-Öffentlichkeitsarbeit

„Es bleibt weiterhin eine große Herausforderung für die weltweite EmK, am Thema der Einheit der Kirche zu arbeiten und für die Vielfalt zu werben“, so Rückert. Mit der Entscheidung der Generalkonferenz für den Traditional Plan und gegen den One Church Plan, der das Bemühen um die Einheit der Kirche und die Integration von LGBTQ gleichermaßen wertschätzte, hat sich eine, wenn auch knappe, Mehrheit der Kirche gegen einen ausgewogenen Kurs ausgesprochen, wie ihn Bischof Rückert beschreibt. Der One Church Plan hatte vorgesehen, dass einzelne Gemeinden und Konferenzen der Kirche zu unterschiedlichen Handhabungen gelangen, ohne jedoch dadurch die Kirchengemeinschaft in Frage zu stellen.

Und in Deutschland?

Der EmK gehören nach eigenen Angaben in Deutschland 51 000 Gläubige in 500 Gemeinden an. Sie ist als evangelische Freikirche organisiert und arbeitet auf vielfältige Weise mit anderen Freikirchen und den evangelischen Landeskirchen zusammen, die in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) organisiert sind.

„Die aktuelle Entscheidung hat den Homosexuellen weitere Verletzungen zugefügt,“ kommentiert Bischof Rückert das Ergebnis der Generalkonfernz, „was besonders in den USA als sehr schmerzvoll erlebt und wahrgenommen wird. Für die homosexuellen Menschen, die in den Gemeinden in Deutschland leben und aktiv sind, ändert sich zunächst einmal nichts.“ Doch wie wird die Kirche damit umgehen, dass die verschärften Regeln 2020 verbindliches Kirchengesetz werden? „Bis dorthin ist Zeit, um die Wege in angemessener Weise zu beschreiten“, meint Bischof Rückert.