#unten – Die #LaTdH vom 25. November

Wer arm dran ist, ist ganz #unten? In der Debatte geht um mangelnde Gerechtigkeit. Außerdem: Ein Predigtslam-Debütant, Jugendliches & würdevolles Lebensende.

Debatte

Während die einen im Netz diskutieren, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um zur „gehobenen Mittelschicht“ zu gehören, erzählen andere aus ihrem Leben #unten. Gestartet wurde der neue Hashtag gegen Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen durch Christian Baron, als er am 8. November im Freitag seinen Gedanken Lauf ließ, aus seinem Leben und seinem Werdegang zu erzählte. Er ruft dazu auf, dem Land von der Sozialen Diskriminierung zu erzählen.

Armut spricht – Freitag

In der Woche nach seinem Aufruf werden die ersten Geschichten auf Twitter veröffentlicht und auch wie aufgerufen an den Freitag geschickt. Eine Auswahl veröffentlicht die Zeitung.

Morgens studieren und den Rest des Tages arbeiten. Vier Jahre sparen, um promovieren zu können, nur um dann zu begreifen, dass ich mir eine Karriere an der Universität eigentlich gar nicht leisten kann. Das sind Dinge, über die ich bislang nicht offen gesprochen habe. Auch, um meine Familie zu schützen.

Ist kurz über #unten schon oben? – Mely Kiyak (ZEITonline)

Beim Durchsehen des Hashtags auf Twitter fällt mir auf, dass ich relativ spät auf diesen gestoßen bin. Mag daran liegen, dass sich meine stark kirchlich und theologisch fundierte Filterblase nicht an diesem Hashtag beteiligt. Moment, es geht um soziale Diskriminierung und Kirche beteiligt sich nicht? Keine Beiträge über Tafelbesucher_innen o.Ä.?

Dem Hashtag weiter folgend stelle ich fest, dass nicht nur wiederholt Beiträge der linken Wochenzeitung Freitag auftauchen, was berechtigt ist, immerhin haben sie den Hashtag ins Leben gerufen, nein auch Sahra Wagenknecht und #aufstehen tauchen immer wieder auf. Es steht die Frage im Raum, ob #unten eine „mediale Schützenhilfe“ für #aufstehen ist. Wenn dem so wäre, dann wäre selbst der Hashtag #unten an sich wieder eine Diskriminierung: ein Hashtag, der von #oben organisiert wird.

Mely Kiyak dazu wie immer klug:

Man liest von den privaten Verhältnissen von Publizistenkollegen und ist in vielerlei Hinsicht beeindruckt oder bedrückt. Und trotzdem ist das Sprechen über Armut nicht neu: Sie taucht immer wieder auf, mal getarnt als Integrationsdebatte, Rassismusdebatte, dann wieder als Schulpolitikdebatte oder als Hartz-IV-Debatte.

„Es gibt keine Leiter“ – Irina Angerer im Gespräch interviewt Anatol Stefanowitsch (taz)

Die Schwierigkeit der Hashtags besteht darin, dass Armut nicht klar definiert werden kann. Ist Armut kein Geld haben, ist Armut Hunger luden, wo beginnt Armut, wo endet Armut? Und betrifft der Hashtag nur die in Armut lebenden, oder wirtschaftlich Schwache schlechthin? Wie ist es mit denen, die hart arbeiten und trotzdem an der Grenze leben?

In der taz wird dazu der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch (@astefanowitsch) von Irina Angerer interviewt:

Es gibt verschiedene Arten von Ungleichheiten: etwa eine kulturelle zwischen Gesellschaftsschichten und eine materielle. Bei dem Hashtag ist es schwer zu unterscheiden, um welche Art von Ungleichheit es sich denn genau handelt. Materielle Ungleichheiten kann man überwinden, bei kulturellen Ungleichheiten in der Gesellschaft ist das schon schwieriger. Ich glaube das Thema ist viel zu komplex, um es auf einen Hashtag runter zu brechen. Das war bei anderen Themen wie Rassismus oder Sexismus anders.

Und auf Übermedien schreibt Samira El Ouassil (@samelou) über die Problematik der Hashtagisierung:

Die Raute macht laut, aber eben auch gleich laut, es gibt keine Zwischentöne. So war eine Folgedebatte, nachdem #metoo die Sensibilität für sexualisierte Gewalt und #metwo die Wahrnehmung für Herkunfts-Diskriminierung erhöht hat, ob es nicht der Debatte schade, ganz unterschiedliche Formen von Übergriffen durch eine Verschlagwortung zu nivellieren.

nachgefasst

„Weite(r) sehen – Evangelische Kirche verändert sich.“ Mein Bericht von der 12. EKD Synode 2018 – Tobias Faix (tobiasfaix.de)

In der Woche nach der Synode kommen dann auch Teilnehmende dazu, auf ihren eigenen Blogs dazu ein Resümee zu ziehen. Tobias Faix (@tobiasfaix) hat in einem Vorbereitungsteam zehn Thesen zum Schwerpunktthema „Glaube junger Menschen“ ausgearbeitet, die den Synodalen zur Diskussion vorgestellt wurden. Im Nachhinein gibt er den Leser_innen einen kleinen Einblick, wie er die Synode miterlebt und wahrgenommen hat.

Hier wurde deutlich, wie schwer sich Kirche mit jungen Menschen tut. Auf der einen Seite wurde von einigen Synodalen kritisiert, dass nur „kirchliche junge Erwachsene“ zu den Begegnungen gekommen sind und auf der anderen Seite wurden die Bedürfnisse der jugendlichen Gäste nach einer Öffnung der Gottesdienste, neuerem Liedgut oder mehr eigenen Beteiligungsformen nur schwerlich aufgenommen. Trotzdem war es ein wichtiger und guter Tag, der auch einiges an konkreten Veränderungen mit sich brachte.

Hört hin! – Hanna Jacobs (Christ & Welt)

Auch Hanna Jacobs (@hannagelb) setzt sich in der Kolumne „Luft nach oben“ mit dem Synoden-Schwerpunktthema Jugend auseinander. Sie selbst hat persönlich nicht dabei sein können, aber so digital ist die EKD-Synode nun immerhin schon seit ein paar Jahren, dass man sie über die verschiedenen Sozialen Netzwerke verfolgen kann. Sie fordert ein Umdenken der Frage:

„Wie kann die Kirche wieder mehr junge Menschen für den Glauben begeistern?“ – so lauten sowohl das beständige Lamento über die abwesende Jugend als auch die Titel von Tagungen oder Pfarrkonventen. Eure Sprache verrät euch! Denn jedes Wort dieser Frage ist entlarvend und offenbart, warum sie nicht kommen, diese jungen Leute. Wer eine Lösung sucht, sollte nicht beim Wie anfangen, sondern bei der Frage, warum es überhaupt Veränderungsbedarf gibt. Warum will die Kirche eigentlich junge Menschen für den Glauben begeistern?

Buntes

Tempel des Narzissmus? Als Theologe im Fitnessstudio – Lukas Moser (feinschwarz)

Lukas Moser ist Theologiestudent und Fitnesstrainer. Was anfangs abwegig und nicht unterschiedlicher klingen kann, weist doch überraschende Gemeinsamkeiten auf.

Neben all den Beobachtungen, die man an diesem Ort erlangen kann, liegt das Besondere von diesem Ort in der Fülle der unterschiedlichsten Menschen, die er in sich vereint. Er bildet einen Querschnitt der gesamten Breite der Gesellschaft ab. Dies wird mir immer wieder aufs Neue bewusst. Denn bei uns im Gym trainieren alle: Von der Putzfrau oder dem Krankenpfleger, über den Zuhälter, bis hin zur Professorin oder dem Richter. Die Herausforderung, der ich mich als Personal Trainer jedes Mal neu stellen muss, ist es, mich auf die so vielen verschiedenen Typen neu einzustellen.

Palliativ unterversorgt – wieviel sind uns unsere Alten wert? – Ulrich Lilie (Auf ein Wort – Der Präsident der Diakonie)

Im Fitnesstempel frönen sie dem Körperkult und verlängern damit u.a. ihre Lebenserwartung. Und was hat man am Lebensende davon? Immer weniger Menschen sterben zu Hause. Für eine gute Versorgung am Lebensende, die dem Menschen würdig ist, bedarf es guter Konzepte. 2015 kam es zum Hospiz- und Palliativgesetz, aber damit ist es nicht getan.

Zeit zum Reden oder einfach um anwesend und aufmerksam zu sein. An der Bettkante sitzen, den Tee reichen, zuhören. Die Lippen befeuchten. Vielleicht leise ein Lied singen.

Wo Angehörige und Freunde dies nicht leisten können oder wollen, müssen Mitarbeitende in stationären Pflegeeinrichtungen in die Lage versetzt werden, auch an Wochenenden und in der Nacht für ihre Alten da zu sein – mit medizinischer und menschlicher Kompetenz.

Predigt

Predigtslam: Verkaufe alles?!?

Ein Predigtslam zu Mk 10,17-27 von Heiko Kuschel (@citykirche_sw), der keiner weiteren Einleitungsworte bedarf: Anhören!

Ein guter Satz