Newsletter #LaTdH

Verband – Die #LaTdH vom 28. April

In der katholischen Kirche wird über die Unabhängigkeit von Verbänden und die Kritikfähigkeit der Bischöfe gestritten. Außerdem: Rechte Christen, geistlicher Missbrauch und Pfadis.

Herzlich Willkommen!

Im Interview bei Sylvia Stam von kath.ch erklärt die Theologin Doris Reisinger ganz grundlegend und praktisch, was spiritueller Missbrauch (in der katholischen Kirche) ist. Reisingers gleichnamiges Buch wird in diesem Jahr bereits fünf Jahre alt. Derzeit arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich für katholische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main und ist außerdem als Beraterin der Anlaufstelle „Gewalt in der Kirche“ der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) tätig. Reisinger identifiziert zwei sich widersprechende Traditionslinien in der Kirche:

„Die Vorstellung, dass die kirchliche Autorität das Recht und die Pflicht hat, in das Innere der Menschen einzugreifen, um den Glauben zu schützen, ist tief in der Kirche verankert. Dies steht aber quer zu einem theologischen und seelsorgerlichen Konsens, der besagt, dass man Glaubensakte nicht erzwingen kann und dass Glaube überhaupt nur dort möglich ist, wo er aus freien Stücken vollzogen wird.“

Wenn man geistlichen Missbrauch ernst nähme, dann „müssten kirchliche Normen revidiert werden“ und schlussendlich auch das Kirchenrecht, erklärt Reisinger. Dass es spirituellen Missbrauch in der Kirche gibt und wie genau er ausschaut, ist dank ihr und anderen Aktivist:innen und Theolog:innen eigentlich keine Neuigkeit mehr. Auch, wo konkrete Normen und Praktiken der Kirche Einfallstore für missbräuchliches Verhalten sind, zum Beispiel bei der Beichte von Kindern.

Die Beichte vor der Erstkommunion, vom Kirchenrecht vorgeschrieben, steht seit längerem in der Kritik und wird gegenwärtig in vielen Gemeinden und Bistümern diskutiert. Manche Pfarreien verzichten ganz auf die Kinderbeichte, andere suchen nach neuen Formen ohne „Heimlichkeit“. Verunsicherung und Vereinnahmung in Glaubensbiografien machen sich Missbrauchstäter:innen in der Kirche zunutze, darin liegt die Gefahr auch scheinbar harmloser Traditionen.

„Eine Person, die erlebt hat, dass das spirituelle Leben benutzt wird, um sie unfrei zu machen, läuft Gefahr, dass sie sich in diesem Bereich ihres Lebens nicht gut entwickelt. Sie hat vielleicht Denkweisen verinnerlicht, die sie schwer belasten, die sie aber trotzdem nicht ablegen kann, oder sie schiebt alles, was mit Spiritualität zu tun hat, weg, obwohl sie gleichzeitig ein Bedürfnis nach Spiritualität hat. Manchmal hat spiritueller Missbrauch auch echte behandlungsbedürftige Traumata zur Folge, die im Einzelfall lebensbedrohlich werden können.“

Das System katholische Kirche hat sich das Wissen und die Erfahrungen von Betroffenen und Expert:innen gelegentlich schon so angeeignet – man ist versucht zu sagen: einverleibt -, dass das Stichwort spiritueller Missbrauch dem Klerus leicht(er) von den Lippen kommt, als konkrete Stellungnahmen zu sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen. Das übrigens ist kein rein katholisches Phänomen. Der „Wechsel auf eine geistliche Ebene“ ist in den Kirchen wohl geübt. Um geistlichem Missbrauch entgegenzutreten, braucht es neben einer Kritik von Normen und Kirchenrecht daher auch eine Kritik der „theologischen Deutungsmacht“, die auch dann und dort wirksam ist, wo das Kirchenrecht nicht mehr übergriffig gestaltet ist.

Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein

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Debatte

In Zeiten von Elon Musk & Co., russischen Trollfabriken und Bot-Armeen muss man mit dem Begriff Shitstorm sehr vorsichtig umgehen. Empörung auf den Social-Media-Plattformen bedeutet keineswegs automatisch, dass ein Thema tatsächlich gesellschaftlich kontrovers sein muss oder sich tausende Menschen aufregen. Wenn es aber einmal nicht vornehmlich anonyme Accounts im Kielwasser einiger Empörungs- und Aufmerksamkeitsspezialist:innen sind, sondern reale Menschen mit Hobbies, Familien, Freunden, Berufen und Kirchenbindung, dann lohnt sich das Hinschauen schon mal.

Was im Nachgang der Entscheidung des Ständigen Rates der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK), die Kandidatur von Viola Kohlberger für das Amt der Bundeskuratin (geistlichen Begleiterin) der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) nicht zuzulassen, insbesondere auf Instagram passiert ist, kann man also getrost einen Shitstorm nennen. Hunderte Menschen taten ihren Unmut über die konkrete Entscheidung der DBK und das Machtsystem der katholischen Kirche im Allgemeinen kund. Deutlich wird: Hier sprechen hochverbundene Christ:innen, die selbst in katholischen (Jugend-)Verbänden organisiert sind oder waren, die mit ihrem Glauben und der Kirche ernst machen und die es einfach satt haben.

Katholische Jugendverbände sind ein Paradebeispiel für den Clash zwischen der autoritären und der freiheitlich, demokratischen Traditionslinie in der Kirche, wie sie von Doris Reisinger beschrieben werden. Wie viel Wut und Enttäuschung über ihre Kirche engagierte Katholik:innen trotz ihres bleibend hohen Engagements mit sich herumtragen, wird am Fall Kohlberger greifbar. Auch wenn diese realen Menschen sicher nicht morgen alle ihre Kirchenaustritte erklären werden, sollte diese Empörung die Bischöfe mehr beunruhigen als so mancher Traditionalisten-Schwurbel, der im Internet (und eben fast ausschließlich dort) ventiliert wird.

Bischöfe lehnen Kandidatin aus Landsberg für Pfadfinderamt ab – Daniel Wirsching (Augsburger Allgemeine, mit KNA)

Was ist eigentlich passiert? Im Leitungsteam der Pfadfinderschaft Sankt Georg gibt es das Amt eine:r Bundeskurat:in, die/der als geistliche Begleiterin für die haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden tätig ist und an der (kirchen-)politischen Kommunikation des Verbands teilnimmt. Als (Jugend-)Verband ist die DPSG, wie es in Deutschland bei allen kirchlichen Verbänden über konfessionelle Grenzen hinweg allgemein üblich ist, nach demokratischen Prinzipien verfasst. Die verbandliche Jugendarbeit – mit der Katholischen und Evangelischen Jugend als größte Vertreterinnen vorweg – ist ein wichtiger Ort in unserer Gesellschaft: nicht allein für das spirituelle Leben, sondern für das Einüben und Erleben von demokratischer Mitbestimmung.

Gerade in katholischen Kontexten ist das „Verbandler:in“-Sein identitätsstiftend, weil es auch einen Unterschied zur häufig klerikal und männlich dominierten Amtskirche markiert. Das gilt ebenso für Frauen- wie andere Verbände in der katholischen Kirche. Die Verbandsstruktur bis „hoch“ zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist dabei eigentümlich deutsch und ein Ergebnis des Lai:innen-Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Aus der Zeit der Restauration des katholischen Verbandswesens nach der nationalsozialistischen Diktatur stammen viele Verschränkungen mit der katholischen Amtskirche. Die Bischöfe halfen den Verbänden nach Gleichschaltung und dem 2. Weltkrieg auf die Beine, die Verbände sicherten die Legitimität der Bischöfe, man richtete sich in der neuen Demokratie ein.

Die Zugehörigkeit der Verbände zur Kirche sichern daher Einspruchs- und Zustimmungsrechte der Bischöfe oder – seltener – der Bischofskonferenz. Andersherum werden die Verbände durch Kirchensteuermittel unterstützt, die zunächst bei den Bistümern (oder anderen Körperschaften öffentlichen Rechts) landen, und erfahren „unter dem Dach der Kirche“ juristische und fachliche Unterstützung. Die Verbände betonen gerne ihre Unabhängigkeit, die Bischöfe deren Zugehörigkeit. Der Fall von Viola Kohlberger liegt genau auf dieser Konfliktlinie.

Kohlberger sollte eigentlich auf der anstehenden Bundesversammlung Anfang Mai als erste weibliche Bundeskuratin des Verbands gewählt werden. Sie war die einzige Kandidatin für den Posten, bis ihr der Ständige Rat der DBK auf seiner letzten Tagung die Unterstützung verweigerte. Über die Hälfte der 27 Ortsbischöfe, die im Ständigen Rat die Geschicke der Bischofskonferenz lenken, haben ihrer Kandidatur nicht zugestimmt. „Das System schlägt zurück“, nennt der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose diesen Vorgang.

Wie die DPSG am Donnerstag mitgeteilt hatte, habe Kohlberger nicht die erforderliche Mehrheit erhalten. Eine Begründung dafür wurde nicht öffentlich. […] Seit 2021 ist sie bereits Kuratin der DPSG im Bistum Augsburg und dort auch angestellt. […] Kohlberger, die Teilnehmerin des Reformprozesses Synodaler Weg war, wurde 2021 bundesweit nach einem für sie höchst unangenehmen Gespräch mit dem umstrittenen Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bekannt. Der Münsteraner Kirchenrechtsprofessor Thomas Schüller sprach damals von einer „Form des Psychoterrors“. Das Erzbistum Köln erklärte später, Woelki bedauere sehr, dass in dem Gespräch der Eindruck entstanden sei, er habe Druck ausgeübt. 2023 gab es eine Auseinandersetzung zwischen dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer und ihr wegen einer Aussage des Bischofs im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal.

Ob die Ablehnung der Kandidatur durch den Ständigen Rat nun eine Retourkutsche für das Engagement Kohlbergers auf dem Synodalen Weg war (oder die Woelki– Kontroverse) oder nicht, darüber schweigt sich die Bischofskonferenz aus. Das ZdK zeigte sich „irritiert“, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) versprach seine Solidarität. Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer, selbst Pfadi, sprach auf Facebook von einer „bitteren Erfahrung mit einer großen Zahl der deutschen Bischöfe“, er könne „Enttäuschung, Wut und Verbitterung“ gut verstehen. Die Pfadfinderschaft Sankt Georg will nun zunächst keine:n Kurat:in wählen, eine Wahl Kohlbergers sei „ausgeschlossen“. Gleichwohl gibt es „hinter den Kulisssen“ wohl Gespräche und einige Bewegung mit Beteiligung des DPSG-Kontaktbischofs Michael Gerber (Fulda), informierte Kohlberger auf Instagram ihre zahlreichen Unterstützer:innen.

Deren Aufschrei haben die Bischöfe womöglich unterschätzt, als sie der Kandidatur Kohlbergers in geheimer Abstimmung die Zustimmung verweigerten. Insta und diese jungen Leute sind womöglich nicht auf dem Bildschirm der Herren. Kohlbergers Kritik an der katholischen Kirche und insbesondere an Bischof Rudolf Voderholzer (Regensburg) ist allerdings durchaus bekannt. Der Süddeutschen Zeitung (€) sagte sie 2023:

„Immer wenn Herr Voderholzer sich [beim Synodalen Weg] gemeldet hat, war klar, dass da nicht viel Progressives rauskommen wird. Mit diesem Beitrag hat er sich jedenfalls nach meiner Meinung nochmals diskreditiert. Natürlich ist das auch schlimm für die Menschen im Bistum Regensburg, in dem es viel Missbrauch gab. Jeder konnte sehen, dass bei ihm keine Empathie vorhanden ist. Und Herr Voderholzer kein richtiges Verständnis hat, wo das Leid eigentlich liegt. Ich fürchte, dass auf einer solchen Basis konstruktive und wertschätzende Dialoge nicht zustande kommen können. Herr Voderholzer ist auch noch nicht so alt, der wird wohl noch länger Bischof sein.“

An gleicher Stelle kritisierte Kohlberger auch die (Erz-)Bischöfe Woelki (Köln), Oster (Passau), Hanke (Eichstätt) und Meier (Augsburg) für ihr Bremsen auf den synodalen Wegen. Freunde hat sie sich unter den Bischöfen sicher nicht gemacht. Bei den Synodaltagungen des Synodalen Weges selbst gehörte Kohlberger zu jenen (jungen) Teilnehmer:innen, die immer wieder öffentlich Kritik an und Dissens mit den Bischöfen äußerten. So viel demokratischer Bürger:innen-Sinn ist sicher einer Herausforderung für das „System“ katholische Kirche.

Dass es im Miteinander von Amtskirche (Macht und Geld) und Verbänden (Beteiligung und Glaubenssinn) zu Konflikten kommt, ist systemisch unvermeidlich. In zahlreichen Reaktionen auf die Causa Kohlberger weisen die Gläubigen aber auf einen Mindeststandard hin: solche Konflikte müssen transparent ausgetragen werden.

Ein starkes Zeugnis der katholischen Verbände – Andreas Püttmann (katholisch.de)

Der Fall Kohlberger ist für sich genommen nur eine Personalie in einer Kirche, der immer noch gut 20 Millionen Menschen angehören. Peanuts?! In seinem „Standpunkt“ bei katholisch.de lobt der katholische Publizist Andreas Püttmann die Verbände enthusiastisch als „Identifikationsstütze“ in der Kirchenkrise und für ihre „Orientierungsfunktion“ in der Demokratiekrise.

Unsere Verbände dienen der Bodenhaftung, der Perspektivenvielfalt und der Menschenfreundlichkeit der Kirche. Sie sind ein Stück „Sitz im Leben“ des Katholizismus. Die eifernde Subkultur autoritär-katholischer Geisterfahrer im Sog von AfD, „Werteunion“ und Co. kann das starke Zeugnis der deutschen Katholiken insgesamt, auch von Diözesanräten und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), nicht verdunkeln. Politisch-historische Vernunftgründe, sozialethische Grundsatztreue und empirische Schwarmintelligenz raten zu christlichem Widerstand gegen rechte Ideologen.

Dem klaren „Nein“ der katholischen Verbände gegenüber Rechtsradikalismus und AfD, vom BDKJ angefangen bis hin zum „Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV), dem Bund Katholischer Unternehmer (BKU) und den Schützen“, zollt Püttmann Respekt. Eine Deutlichkeit, die er bei seiner CDU vermisst, wie er in einem aktuellen Artikel für die Publik-Forum (€) schreibt. Doch es ist nicht nur die politische Orientierung, die Püttmann lobt, sondern auch die Bindungskraft der Verbände: Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) habe gezeigt, dass sich dank ihrer viel mehr Menschen der Kirche zugehörig fühlen als z.B. durch den Papst oder die Diözese.

Krise der Verbände

Sind die Verbände in Demokratie- und Kirchenkrise unverzichtbare Pfeiler, die zu schleifen den Bischöfen schlecht bekommen wird? Klar ist, dass auch die Verbände in der Krise sind. Püttmann kommt in seinem „Standpunkt“ en passant darauf zu sprechen: „Das katholische Milieu schrumpft, doch sein sozialethischer Instinkt ist intakt.“ Alle katholischen Verbände haben mit einem großen Mitgliederschwund zu kämpfen (s. #LaTdH vom 28. Januar). Die Verbindlichkeit von Sozialisierung nimmt ab, auch wenn sie in der Kirche noch stärker ausgesprägt ist als in der Gesamtgesellschaft. Demokratie-, Sozialisierungs- und Kirchenkrise sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden. Die Zeiten, in denen Bundesminister wie Norbert Blüm und Heiner Geißler (beide CDU) sich mit Pfadfindergruß begegneten, sind vorbei.

Für die Jugendverbände kommt als zusätzliche Herausforderung noch hinzu, dass ihre Mitglieder auf natürlichem Wege aus der Verbandsmitgliedschaft und -Aktivität herauswachsen. Umso weniger von ihnen anschließend in der (Amts-)Kirche als Haupt- und Ehrenamtliche Verantwortung übernehmen desto weniger Lobbyist:innen für die Anliegen von Jugendlichen und Jugendverbänden finden sich später. Das gilt im Übrigen auch in überkonfessioneller Perspektive. Die evangelischen Kirchen haben hier in den vergangenen Jahren durch die Etablierung von Jugendsynodalen in ihren Synoden gegengesteuert.

Aber dort wo es mit der Mitbestimmung von Lai:innen eh düster aussieht, wie in der katholischen Kirche, geraten einzelne Akteur:innen in ein Netz von geistigen, geistlichen und finanziellen Abhängigkeiten, die mindestens einmal in persönliche Konfliktsituationen führen können. Dann fragen sich (junge) Menschen zu Recht, ob „die Kirche“ ein geeigneter Ort für ihr Engagement sein kann. Wirksamkeit kann man wohl am Lagerfeuer erleben, aber kaum in einem System mit so außerordentlichen Beharrungskräften wie der katholischen Kirche. Die Kirche und ihre Leitungskräfte können gegen Mentalitätswandel und die Transformation von Sozialisierung wenig ausrichten. Einfach simplifizierend auf Traditionalismus und Versektung zu setzen, wird nicht funktionieren. Aber sie können wohl darauf achten, die zarten Pflänzchen der Bindungskraft, die es in den Verbänden immer noch gibt, nicht noch zu zertreten.

nachgefasst: Rechte Christen

Der saarländische AfD-Landtagsabgeordnete Christoph Schaufert geht gegen den Verlust seines Kirchenamts im Bistum Trier vor, berichtet die KNA. Das Bistum hatte den stellvetretenden Fraktionsvorsitzenden der AfD im Landtag des Saarlandes von der Mitarbeit in kirchlichen Gremien ausgeschlossen (s. #LaTdH von vergangener Woche). Bisher fehlt in der katholischen Kirche eine kirchenrechtlich eindeutige Regelung, um den Ausschluss von AfD-Mitgliedern von kirchlichen Ämtern zu gewährleisten. Eine solche Normierung sei allerdings sehr wohl möglich, erklärte der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier dem Kölner Domradio.

„Ja zum christlichen Glauben – Nein zu Demokratiefeindlichkeit und AfD“, sagte in dieser Woche die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB). In einer ausführlichen, inhaltlichen Erklärung auf der grässlichsten Website einer Landeskirche in Deutschland heißt es:

„Menschenfeindlichkeit und völkischer Nationalismus gehören zu den Grundüberzeugungen der extremen Rechten, der heutigen AfD und ihrer Mitglieder. Solche Haltungen sind mit der Übernahme von Haupt- und Ehrenämtern in Kirche und Diakonie unvereinbar. Mit Funktionären und Mandatsträgern der AfD lehnen wir eine Zusammenarbeit ab, sofern diese nicht ihr Amt in politischen Gremien betrifft, das durch demokratische Wahlen legitimiert ist.“

In ähnlicher Weise hatten sich zuvor bereits andere Landeskirchen (EKM, EKBO) und kirchliche Leitungskräfte (z.B. der Württembergische Landesbischof Gohl, der sächsische Landesbischof Bilz) geäußert. Die Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat auf ihrer Frühjahrstagung beschlossen:

„Die Landessynode hält angesichts der erkennbaren weiteren Radikalisierung der AfD, die in ihrer Gesamtheit immer stärker menschenfeindliche Ziele verfolgt, die Mitgliedschaft oder tätige Unterstützung dieser Partei, wie bei der Wahrnehmung eines Mandats für unvereinbar mit dem Bekenntnis zu Wort und Sakrament und der Ausrichtung des Lebens auf Jesus Christus. Das bedeutet eine Unvereinbarkeit mit Ämtern und Aufgaben, beispielsweise dem Ältestenamt sowie den Ämtern im Verkündigungsdienst in unserer Landeskirche. (…) Die Kirchenleitung möge die erforderlichen Rechtsänderungen so schnell wie möglich durch Verordnung mit Gesetzeskraft regeln.“

Die hehren Worte müssen nun gleichwohl an vielen Orten erst in handfestes (Kirchen-)Recht überführt werden, das auch Konfliktsituationen wie bei Schaufert oder Pfarrer Martin Michaelis (EKM) standhält.

Der Kampf gegen die „Christianophobie“ – Natalie Meinert (Die Eule)

Dass sich Rechtsradikale gerne bei christlichen Themen und Anliegen bedienen und gleichzeitig politische Anliegen von konservativen Christ:innen gelegentlich rechtsoffen vertreten werden, ist bekannt. Weniger bekannt ist, wie strategisch rechtsradikale Christen bei ihren Bemühungen vorgehen. Ein Beispiel aus Polen mit Relevanz auch für den deutschen Katholizismus hat Natalie Meinert in dieser Woche bei uns in der Eule beschrieben.

Die häufig traditionalistischen und rechtspopulistischen Netzwerke sind überdies mit guten Finanzen gesegnet, weil ihre Unterstützer:innen für die „Agenda Europe“ die Taschen aufmachen. Wenn dazu noch staatliche Unterstützung wie durch die PiS in Polen oder russische Geldgeber kommt, sind die Kriegskassen gut gefüllt. Auch hier steht die Amtskirche vor der Herausforderung, sich angemessen zu distanzieren:

In den Sendungen von Kirche in Not, die auch auf YouTube verbreitet werden, sind jedoch gelegentlich auch deutsche katholische Bischöfe wie Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Bertram Meier (Augsburg) aufgetreten. Der als Verschwörungsideologe bekannte Weihbischof von Astana (Kasachstan), Athanasius Schneider, vertrat in Sendungen des Vereins seine Thesen von der Verschwörung durch Freimaurer und sein traditionalistisches katholisches Programm.

Buntes

Pleiten, Pech und Piraten – Flora Hochschild (Die Eule)

In einer neuen Ausgabe unserer Kolumne über Schätze der Kirchengeschichte der frühen Neuzeit „mind_the_gap“ schreibt Flora Hochschild in dieser Woche über Balthasar Sturmer, der es vom Händler zum Piraten und schließlich zum Sklaven gebracht hat. Aber seine Lebenserinnerungen sind mehr als ein Kuriositätenkabinett: Sie zeugen vom Wandel in schwierigen Zeiten.

Sturmers Autobiographie enthält neben seiner Lebens- und Geschäftsgeschichte jedoch noch eine andere Erzählung: Sie ist eine Geschichte des Wechselns. Sein Bericht ist voll von Preisen und Angaben, was Sturmer im Laufe seines Lebens gewann und verlor, und dokumentiert damit seine schwankende Finanzlage. Doch Sturmer forciert im Bild des Wechsels auch eine explizit theologische Deutung seines Lebens. Seine Lebensbeschreibung ist auch eine Glaubensbilanz, in der Verlust und Gewinn verrechnet werden.

EHRENSACHE (9): Lagerfeuer-Kirche in Pfadi-Kluft – Lisa Menzel im Gespräch mit Becca Lögers da Silva (EHRENSACHE, Die Eule)

In unserer Podcast-Serie „EHRENSACHE“ sprach Lisa Menzel bereits im April 2023 mit Becca Lögers da Silva vom Diözesanverband Osnabrück der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG). Lisa Menzel stellt in der Episode all die Fragen, die sich eine:r so stellen, wenn man in der Fußgängerzone, auf dem Kirchentag oder beim Gemeindefest auf Pfadis in ihrer traditionellen Kluft trifft: Was macht ihr eigentlich bei euren Treffen? Was sind Pfadfinder-Stämme und welche Verbände von Pfadfinder:innen gibt es? Welche Rolle spielen Natur und Gemeinschaft für die Spiritualität junger Menschen?

Ein guter Satz

Wenn jemand einen Einzelnen auch überwältigt, zwei sind ihm gewachsen und eine dreifache Schnur reißt nicht so schnell.

– Prediger 4, 12