Foto: Philipp Greifenstein

Viel Lob und einiges Unverständnis: Die EKD-Synode zu Gast in Sachsen

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gastiert in Dresden bei der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens (EVLKS). In Zeiten des Streits um den Rücktritt von Landesbischof Rentzing bemüht man sich umeinander.

Selten war so viel Lob: Sei es der Sächsische Abend zu Beginn der Tagung, der Gottesdienst mit Kreuzchor und Kunstaktion am Morgen in der Kreuzkirche, die Predigt von Oberlandeskirchenrat Thilo Daniel, das hohe Engagement in der Friedensarbeit der Landeskirche – über zu wenig Lob durch die Synode und insbesondere durch ihre Präses Irmgard Schwaetzer können sich die evangelischen Christ*innen in Sachsen nicht beschweren.

Im einigermaßen großen Kontrast dazu steht das Kopfschütteln über die Art und Weise des Rücktritts des Sächsischen Landesbischofs Carsten Rentzing, das sich die Synodal*innen am Rande der Synode in vielen Gesprächen gestatten. Die demonstrative Wertschätzung Rentzings, die vom röm.-kath. Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, in seinem Grußwort geäußert wurde, quittierten viele Synodale mit Schulterzucken.

Vor der Presse äußern Präses Schwaetzer und der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, tiefen Respekt vor dem Engagement der Sächsischen Christ*innen, die in ihrer Kirche eine schwere Zeit durchleben. In den Aufarbeitungsprozess wolle man sich von außerhalb nicht einmischen, stünde aber insbesondere den Mitgliedern der Landessynode jederzeit solidarisch zur Seite.

Aber: Die Auseinandersetzung mit rechten Tendenzen sei nicht allein ein Thema in der EVLKS, sondern für die ganze Evangelische Kirche in Deutschland, stellt Schwaetzer gegenüber der Eule klar.

Zivile Seenotrettung als Streitthema

In der Debatte um die Unterstützung der zivilen Seenotrettung (#WirschickeneinSchiff) sind es zwei sächsische Synodale, die der Mehrheit der Unterstützer*innen Einsprüche zumuten. Wenn man von „sicheren Häfen“ spräche und gleichzeitig andere nordafrikanische Länder als Aufnahmeländer von Geretteten ausschließe, dann solle man bitte schön so ehrlich sein und von „sicheren Häfen in Europa“ sprechen, gibt Oberlandeskirchenrat Klaus Schurig zu bedenken.

Der Synodale Till Vosberg weist darauf hin, dass an der Basis viele Christ*innen ein Problem mit dem Eintreten für die Seenotrettung haben und deshalb die Kirche verlassen. Seine eigene Frau sei deshalb und wegen des Umgangs mit Bischof Rentzing in Sachsen aus der Kirche ausgetreten.

Die EKD-Synode müsse sich fragen, in wie weit auch andersdenkende Kirchenmitglieder repräsentiert werden. Er spricht sich dafür aus, „alle mitzunehmen“. Mit dieser Haltung ist Vosberg in der Synode erkennbar in der Minderheit, trotzdem wird seine Stellungnahme respektvoll und geduldig angehört.

Später wird der Ratsvorsitzende das evangelische Engagement in Asyl- und Migrationsfragen leidenschaftlich verteidigen. Sei es das Kirchenasyl, ein Abschiebestopp für Konvertiten, die zivile Seenotrettung oder die Bekämpfung von Fluchtursachen – die Mehrheit der Synode formuliert durch Applaus und auch in Wortmeldungen ihre klare Zustimmung zum Kurs der EKD und des Ratsvorsitzenden.

Umgang mit „Rechtspopulisten“

In ihrem Bericht vor der Synode bekennt Präses Schwaetzer: „Die Auseinandersetzung mit rechten Tendenzen ist Aufgabe aller Christinnen und Christen.“ Mehrmals wird auf der Synode die Politik der AfD kritisiert, insbesondere die Vereinnahmung der Friedlichen Revolution durch die Partei während der Wahlkämpfe in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Wird die Sächsische Landeskirche ähnlich deutlich?

Oberlandeskirchenrat Klaus Schurig weist im Gespräch darauf hin, dass auch in der EVLKS der Korridor vertretbarer politischer Meinungen klar definiert ist. Rassismus und Antisemitismus könne man nicht mit dem christlichen Glauben vereinbaren. Bewegt sich denn die AfD in Sachsen noch innerhalb dieses Korridors?

Pauschale Urteile wolle er „über gar keine Partei“ fällen, problematische Einstellungen gäbe es in allen Parteien. Mit Labels wie „Rechtspopulismus“ müsse man im Umgang mit Gesprächspartnern vorsichtig sein, so Schurig, denn wer bereits zu Beginn des Dialogs als Rechtspopulist markiert werde, ziehe sich aus ihm häufig zurück.

Für konservative Positionen sei selbstverständlich Platz in der EKD, beharrt der Ratsvorsitzende. Das Nachdenken darüber, was noch als christlich-konservativ und was als nationalistisch, rechtsradikal oder -populistisch zu gelten hat, steht dem Sächsischen Landessynodalpräsidenten Otto Guse zufolge in der EVLKS erst am Anfang.

Innerhalb der EKD-Synode scheint die Bewusstseinsbildung schon weiter fortgeschritten zu sein. Die Leitung hat sich für eine Politik der klaren Ablehnung entschieden. Man wünscht der Landeskirche, dass der Mut zur Scheidung der Geister und klaren Kante gegenüber AfD & Co. nicht nur zu Gast ist.