Vom Wundern und Wandern – Die #LaTdH vom 6. August
Diese Woche mit der (fehlenden?) Debatte um „Vom Wandern und Wundern“. Außerdem: Regensburg-Skandal, Burn-out im Pfarrberuf und „Kirche und Politik.“
Diese Woche mit einem neuen Buch über das Fremdsein in der Kirche und die (fehlende?) Debatte darum, noch einmal die Aufarbeitung des Regensburg-Skandals, Burn-out im Pfarrberuf und reichlich Lesestoff zum Thema „Kirche und Politik“. Los geht’s:
Debatte
Das Thema der christlichen Netzgemeinde der letzten Wochen war das Erscheinen des Buches „Vom Wandern und Wundern. Fremdsein und prophetische Ungeduld in der Kirche.“, herausgegeben von Maria Herrmann (@maerys) und Sandra Bils (@pastorsandy). Das würde ich jedenfalls behaupten, nachdem so ziemlich alle auf Twitter stolz ein Foto ihres persönlichen Exemplars getwittert hatten (Hashtag #wewonder).
Auf nackten Sohlen – Maria Herrmann (kirchehochzwei.de)
Maria Herrmann erzählt auf ihrem Blog die Geschichte hinter dem Büchlein. Alles fing mit der Kirche²-Konferenz W@nder an:
Wir hatten ehrliche 24 Stunden miteinander verbracht, viel voneinander gelernt, obwohl und gerade weil viele unterschiedliche Erfahrungen zusammenkamen. […] Doch die Frage nach dem Fremd sein in der Kirche, die den Kern der Konferenz ausmachte, erzeugte und erzeugt bis heute – auch bei Kirchenleitenden – eine heilige Unruhe, die sich nur schwer fassen lässt.
Vom Wandern und Wundern: Ein Buch – Sandra Bils (pastorsandy.de)
Ihre Mitherausgeberin Sandra Bils bloggte darüber, woher die Idee für so ein Buch kam:
„The Pioneer Gift. Explorations in Mission“ von Jonny Baker und Cathy Ross hat seit dem Erscheinen 2014 unsere Arbeit bei Kirche² maßgeblich geprägt. Gerade die darin entfaltete Umdeutung der eigenen Fremdheitserfahrungen in Kirche in ein sogenannetes „Gift of not fitting in“ (die Gabe nicht hineinzupassen) war eine große Inspiration.
[Unser Buch] nimmt diesen Anstoß auf und überträgt ihn auf den deutschsprachigen Kontext, indem dort 13 Autorinnen und Autoren aus Deutschland und der Schweiz mit ihren biographischen Erfahrungen zu Wort kommen.
Zur Störung im Betriebsablauf – Niklas Schleicher (nthk.de)
Im Blick auf all den Enthusiasmus rund um das Erscheinen des W@nder-Büchleins lässt es mich ratlos zurück, dass es bisher nur eine einzige Rezension aus der christlichen Blogosphäre zu „Vom Wandern und Wundern“ erschienen ist – und es ist weniger eine Rezension als ein kampfeslustiger Verriss geworden, den Niklas Schleicher im „Netzwerk Theologie in der Kirche“ ablieferte:
Ich muss also, um nochmal zu Anfang zurück zu kommen, meine Meinung tatsächlich ändern. Bis jetzt hielt ich das Ganze [Fresh Expressions, Anm.] irgendwie für eine seltsame Form, die mir nicht entspricht und die ich für nicht ganz richtig halte. Jetzt ist mir völlig klar, dass bloße Skepsis die falsche Antwort ist. Dieser ungefilterte Narzissmus, der sich mit dem Fehlen theologischer (oder irgendwelcher) Tiefe paart, und als Konsequenz das belanglose Feiern des Eigenen propagiert, sich dann dabei auch noch mit prophetischer Autorität versieht, hat nichts Anderes verdient als: Opposition und Widerspruch.
Randständiges
Im Namen Gottes – Joachim Frank (Frankfurter Rundschau)
Der neueste Missbrauchsskandal in der römisch-katholischen Kirche hat uns in der Eule die letzten Wochen intensiv beschäftigt. Joachim Frank legt den Finger in der Frankfurter Rundschau auch noch einmal in die klaffende Wunde und kritisiert besonders Kardinal Gerhard Müller, der bis heute die Schuld der Institution Kirche verharmlost:
Müller konnte ungehindert Karriere im Vatikan machen, obwohl er Kritik an der Kirche im „sogenannten Missbrauchsskandal“ 2010 unverhohlen als Neuauflage der kirchenfeindlichen Nazi-Propaganda geißelte. Wie Pfarrer Beck bat er damals die Gläubigen um Hilfe – nur nicht bei der Aufarbeitung, sondern bei der Verteidigung der Kirche gegen eine böswillige Öffentlichkeit und linke Medien.
Franks Plädoyer: Die Kirche braucht dringend Druck von außen, um in Sachen Missbrauchsaufklärung voranzukommen. Aufgabe der Medien ist es, diesen Druck aufrecht zu erhalten.
„Geweint habe ich heimlich“ – Interview mit Magdalena Smetana (Zeit Online)
Konstanze Nastarowitz und Hannes Leitlein haben für die ZEIT eine Pfarrerin Interviewt, die einen Burn-out erlitten hat. Herausgekommen ist eine Studie darüber, wie Pfarrerinnen und Pfarrer durch ihren Seelsorgeauftrag (und das Drumherum des Pfarrberufs) schleichend selbst in eine Depression getrieben werden können:
Von der Kanzel zur Gemeinde zu sprechen ging noch. Der Talar war wie eine schützende Uniform für mich. Da war ich in meiner Rolle, geweint habe ich dann heimlich. Die Seelsorgegespräche fielen mir schwerer. Irgendwann habe ich es mit einem Jackett oder einem Anzug versucht, um mich professioneller zu fühlen, mit mehr Distanz. Sonst mache ich diese Gespräche in Jeans und T-Shirt. Aber eigentlich hätte ich bei jedem Gespräch losweinen können.
Kirchen und Politik (theologiestudierende.de)
Die Kolleginnen und Kollegen drüben auf theologiestudierende.de haben einen Themenmonat „Kirchen und Politik“ gestartet:
In diesem Monat erwarten uns Interviews mit politisch aktiven Studierenden und auch mit Dr. Antje Schrupp. Wir lassen unser Ressort Lesenswert mal wieder etwas aufleben, und schauen uns im Web um, wie sich andere zu den Fragen äußern, oder auch wie das Verhältnis hier in Deutschland und in anderen Ländern ist. Die Moment mals widmen sich dem Thema, wie schon das von Daniel gestern. Und wir bewegen uns auch etwas im kirchenpolitischen Raum mit einem ausführlichen Bericht zur Ökumene in drei Teilen.
Den Auftakt des Themenmonats gab am Montag Daniel Fetzer (@danufetz) mit einer kritischen Gegenüberstellung von Heinrich Bedford-Strohm und Mahatma Gandhi (!).
Bibel
What is the history of the ligature for אל used in this plaque? (quora.com, englisch)
Die Bibel-Leseempfehlung ist diesmal ein wunderbar nerdiger Tipp des großartigen @BiblHebr-Twitteraccounts. Es geht um eine sephardische Ligatur der hebräischen Buchstaben Lamed und Aleph:
This ligature is common in Sephardic siddurim (prayer books) used by the Sephardic, Mizrahi, and some Ashkenazi Hasidic communities. The history is geo-linguistic. Jews living in medieval Andalusia, North Africa and Ottoman Empire used Arabic script alongside Hebrew script, while also speaking Arabic in daily communication.
Wem das jetzt immer noch nicht genügend Informationen waren, kann dazu auf typophile.com weiterlesen.
Predigt
Das Internet wäre natürlich voll von ganzen Datenbanken mit Predigten. Aber bei weitem nicht alle davon taugen auch etwas. Am besten sind Sie beraten, wenn Sie heute morgen Ihren örtlichen Gottesdienst besuchen und sich dort von der Predigt überraschen lassen. Das garantiert freilich kein gutes Erlebnis, aber immerhin unterstützen Sie damit ihren örtlichen Öko-Predigtschreiber (anstatt auf konglomeratisierte Industrie-Predigten zurückzugreifen).
Ein schöner Satz
Ich war unglaublich müde.
Der Liturgiefuchs, nachdem er an einem Sonntag sämtliche (!) Gottesdienste in der St.-Clemens-Kirche in Berlin besucht hatte. (Er hatte natürlich auch noch mehr lesenswertes zu diesem Experiment zu sagen.)