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Zum 1. Advent: Memento mori

Nach dem Ewigkeitssonntag kommt der Advent, dann erst Weihnachten. Advent heißt Besinnung auf sich und die eigene Sterblichkeit, denn im Trubel des Advents feiern wir das Leben.

„Es ist Christoph, dä Häh!“, tönt es aus dem Wohnzimmer, als ich vom Einkaufen nach Hause komme. Die fünfjährige Nichte hat dieses Jahr im Krippenspiel das erste Mal eine Sprechrolle. Überhaupt ist es das erste Mal, dass sie im Krippenspiel mitwirken kann. Dieses Jahr feiert sie das erste Mal Heiligabend zu Hause. Die Jahre zuvor wurde entweder bei den einen oder den anderen Großeltern gefeiert.

Die Diskussion, wo gefeiert wird, habe ich die letzten Jahre auch führen müssen. Dieses Jahr ist unser erstes Weihnachten als verheiratetes Paar, und wir werden für uns feiern, um unsere eigene Tradition aufbauen zu können. Das ist fast das Schwierigste gewesen im einander finden – Traditionen verbinden.

Der Advent ist nicht Weihnachten

Vor drei Jahren, als mir mein damals noch Freund am ersten Advent ein Foto aus dem Wohnzimmer schickte mit glitzernd geschmücktem Plastik-Weihnachtsbaum, konnte ich nicht anders: Ich musste es ausdiskutieren. Warum bitte muss der Weihnachtsbaum schon im Advent stehen? Der Advent hat auch seine Daseinsberechtigung, die nicht einfach im ganzen Trubel, der schon unter der Überschrift Weihnachten steht, vergessen werden darf.

Wir dürfen uns vom Marketing nicht einlullen lassen. Einen Tag nach dem ersten Advent werden die seit zwei Monaten angepriesenen Adventskalender schon wieder Ware von gestern sein, und alles steht unter dem Zeichen von Weihnachten. Einen Tag nach Weihnachten werden dann alle Lebkuchen und Dominosteine und Marzipankartoffeln wieder Ware von gestern sein. Gerade dann, wenn die Fastenzeit eigentlich vorbei ist. Nochmal fall‘ ich da nicht drauf rein, und kaufe vorher schon ein. Das macht das Fasten natürlich nicht einfacher.

Adventszeit ist Fastenzeit. Adventszeit ist Besinnungszeit. Nicht ohne Grund stehen Advent und Ewigkeitssonntag im Kirchenjahr so eng beieinander,  sie stehen doch auch thematisch in engem Bezug. Der Ewigkeitssonntag ist der Beginn des memento mori. Bedenke, dass du sterben wirst.

Advent ist nicht einfach nur das Warten auf Weihnachten. Advent ist das Warten auf den Heiland, und im Grund das Warten auf den eigenen Tod, denn im Tod ist es, dass ich dem Heiland gegenübertreten darf. Bedenke, dass du sterben wirst.

Unsere Jahre sind gezählt

Das kann ich am Besten beim Backen, oder beim Üben meiner Instrumente. Wenn ich Geschenke für meine Lieben einkaufe, bedenke ich, womit ich ihnen eine Freude bereiten kann, die hoffentlich sogar auch meinen Tod überdauern wird.

Viele klagen über den ganzen Trubel im Advent, aber gerade das ist doch das schöne – im Trubel lebe ich und koste das Leben aus, denn ich weiß, dass ich sterben werde. Also genieße ich die Abende mit Tee am Kamin, meinem Mann neben mir nur umso mehr. Dann backen wir auch gemeinsam, und schreiben gemeinsam die Weihnachtspost. Wir schmücken das Haus gemeinsam, und besinnen uns darauf, dass unsere Tage – hoffentlich Jahre – gezählt sind.

Ist es mir deshalb so wichtig, dass wir unsere eigene Tradition aufbauen können? Traditionen überdauern die Zeit. Was im gleichen Ablauf geschieht, bleibt länger in Erinnerung. Traditionen verbinden Menschen. Aus zwei Traditionen wird in der frischen Ehe eine gemeinsame neue Tradition. Das zieht sich von Generation zu Generation. Jede neue Tradition hat Anteile der alten Traditionen. Am Ende werden wir Heiligabend nicht etwa zu Zweit feiern, sondern zu vielen. Denn vorm Heiland werden wir alle wieder eins.

Wie gut, dass die Kinder da noch unbedarft sind und wir ihnen im Advent erklären dürfen, was es heißt, dass Christus der Herr ist.