Newsletter #LaTdH

Demokratie wagen – Die #LaTdH vom 26. November

Die Parteien sondieren und auch die Evangelische Kirche fragt sich: Wie sieht Volksherrschaft in und mit der Kirche aus? Außerdem: Queere Bibel, sich verabschiedende Bischöfe und #ChurchToo.

Debatte

Während die Bundestagsparteien fleißig sondieren, wie und wer Deutschland demnächst regieren wird, stellen immer mehr Menschen fest: Zeiten der Unklarheit wie diese eröffnen Handlungs- und Denkspielräume, zeigen Alternativen auf, können für die Demokratie also nur förderlich sein. In Zeiten wie diesen befragt sich auch die Kirche nach ihrem Verhältnis zur Demokratie und dazu, wie demokratisch sie selbst eigentlich ist.

Die Elitendemokratie überwinden – Reiner Anselm (Zeitzeichen)

Kirche und Demokratie, damit setzt sich Reiner Anselm, Professor für Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der LMU München, in der Zeitzeichen (@zeitzeichenNET) auseinander. Er kritisiert, dass den Kirchen häufig nichts anderes als moralisierende Bevormundung einfällt. Sie muss in der Demokratie immer wieder neu ankommen.

Die Demokratie, die die Kirchen unterstützen und zu ihrer Sache machen, ist im Grunde eine spezifische Form der Elitedemokratie. Es geht darum, dem Wankelmut, Individualismus und auch der Irrationalität der Wähler die orientierungsstiftende Kraft der eigenen Soziallehre entgegenzuhalten. Demokratische Verfahren sollen zwar zur Auswahl des Führungspersonals genutzt werden, aber nicht oder nur sehr zögernd für weitergehende partizipative Elemente. Bis heute sehen sich die Kirchen eher als moralische Letztinstanzen denn als gleichberechtigte Akteure im demokratischen Wettstreit.

Konsens und Konflikt: Politik braucht Auseinandersetzung – Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD (ekd.de)

Reiner Anselm rekurriert in seinem Artikel für die Zeitzeichen auf die 10 Impulse der Kammer für Öffentliche Verantwortung, die unter seiner Leitung erarbeitet wurden. Auf der Website der EKD steht der gesamte Text kostenfrei zur Lektüre. Gleichwohl löst er leider nicht ein, was Anselm in seinem Zeitzeichen-Artikel fordert:

Demokratie ist nicht nur eine Veranstaltung für Intellektuelle.

Das bleibt dann für die Leser_innen des Textes in ihrer Rolle als Multiplikator_innen über?!

Der große Wurf – Philipp Greifenstein (Die Eule)

Ich mache heute einmal eine Ausnahme und empfehle einen Artikel unseres eigenen Magazins und auch noch von mir selbst geschrieben: So wird mehr Demokratie in der Kirche.

Die Einführung des Losverfahrens wäre der Einstieg in einen grundlegenden Kulturwandel. […] [Sie] wäre für sich genommen ein gewaltiges Reformprojekt, würdig einer Kirche, die ihre reformatorischen Wurzeln in diesem Jubiläumsjahr ausgiebig gefeiert hat.

Randständiges

Bischof Jan Janssen tritt zurück – und will wieder Pfarrer werden – Lars Laue (Nordwest Zeitung)

Auch so sieht die Evangelische Kirche des Jahres 2017 aus. Der oldenburgische Bischof tritt von seinem Amt zurück, um wieder Pfarrer zu werden. Dafür wechselt er auch die Landeskirche. Soviel Barriere- und Karrierefreiheit war in der evangelischen Kirche noch nie. Und dass ein Bischof sagt: „Ich trau’s mir nicht mehr zu, besser es macht ein anderer“, das ist schon was.

Amtszeit von Bischöfin Junkermann endet 2019 – EKM (ekmd.de)

Eine weitere Bischofszeit geht (bald) zu Ende. Der Landeskirchenrat der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hat beschlossen, keine Verlängerung der Amtszeit von Bischöfin Ilse Junkermann bei der Landessynode zu beantragen. Da allein der Landeskirchenrat Antragsrecht in dieser Sache hat, gab es auch kein Votum der Synode. Somit endet die Amtszeit der Bischöfin 2019, vier Jahre vor ihrem Ruhestand. Dem persönlichen Statement Junkermanns auf der Synode (Video) ist zu entnehmen, dass sie gerne weiter gemacht hätte. Die EKM sucht also ab sofort nach einer neuen Bischöfin oder wird es, wie gemunkelt wird, ohnehin wieder ein Mann?!

Kirche bittet für Versagen in der DDR um Vergebung (MDR)

Wir bleiben in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland: Die Synode bekannte sich in einem „Bußwort“ zum Auftakt der Synode zur Schuld, die die Kirche in der DDR auf sich geladen hat. Dazu auch ein Gespräch mit dem ehemaligen Pfarrer und Bürgerrechtler Markus Meckel.

The Religious Community Is Speaking Out Against Sexual Violence With #ChurchToo – Casey Quackenbush (TIME, englisch)

Die #Metoo-Welle erreicht die Gestade der Kirche: In den USA teilen Frauen ihre Erfahrungen von sexueller Belästigung bis zu schwerem Missbrauch im Raum der Kirche unter dem Hashtag #ChurchToo („auch Kirche“) auf Twitter.

„Lasst uns auch nicht vergessen, diejenigen anzuklagen, die uns nicht geglaubt haben, als wir ihnen unsere Geschichten erzählten: die Pastoren, Eltern, Lehrer, die uns in unserem Schmerz und unserer Einsamkeit im Stich gelassen haben. Ihr seid mitverantwortlich! #churchtoo“

Hat Das Zentrum für politische Schönheit noch die richtigen Angriffsziele? – Caroline von Lowtzow (Zündfunk, br.de)

Über die Kunstaktion, das Mahnmal für die Opfer der Shoah vor Bernd Höckes Haus noch einmal zu errichten, wurde die Tage viel gestritten. Wieder die unsägliche Frage: Darf Kunst das? Natürlich darf Kunst das, aber sie muss sich befragen lassen, wem sie tatsächlich nutzt. Diesem und anderen Gedanken geht Caroline von Lowtzow nach.

Das ist nun wirklich eine Frechheit und eine Missachtung der Arbeit all derer, die sich nicht nur ein paar Wochen mit dem Thema Rechtsradikalismus in Thüringen befassen, sondern sich seit Jahrzehnten der Aufklärung und dem bürgerschaftlichen Engagement dagegen verschrieben haben.

Handkommunion oder Mundkommunion? – Markus Tymister (Popula congregato)

Die Munkommunion ist keineswegs die ältere der beiden Varianten, schreibt Markus Tymister (@MarkusTymister). Ist es in der röm.-kath. Kirche Zeit für eine Rückkehr in beiderlei Gestalt?

Ob dann am Altar die Kommunion auf die Hand oder in den Mund empfangen wird, kann dann auch dem Einzelnen überlassen werden, wenn auch die Handkommunion eindeutig die ältere Form ist; wichtig ist jedenfalls die Teilhabe auch am Kelch des Bundes!

Bibel

Queere Lesarten der Hebräischen Bibel – Karin Hügel (beziehungsweise weiterdenken)

Der Artikel stammt schon aus dem Jahr 2014 hat aber seitdem nicht an Aktualität für die Debatten in Staat, Gesellschaft und Kirchen verloren.

Es ist aufschlussreich, zusätzlich weitere Bibeltexte, wie das erste Kapitel des Buchs Ruth, Kohelet 4,9-12 oder das Hohelied, mit Teilen der Schöpfungsberichte zu vergleichen. Aus heutiger Sicht erscheinen sie wie queere Gegentexte zu konservativen Auslegungen der Schöpfungsberichte.

Ein guter Satz


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