Eine gute Stiftung Gottes – Die #LaTdH vom 8. Oktober
Ein „neuer“ Leitfaden zu Ehe und Homosexualität aus der Zentrale der Evangelikalen in der Debatte. Außerdem: Öffentlichkeitsarbeit 2.0 und viel Paulus zwischen den Zeilen.
Die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) veröffentlicht neue Leitgedanken zu Ehe und Homosexualität. Daran entzündet sich die schwelende Diskussion über den Umgang mit Homosexuellen innerhalb der evangelikalen Szene neu. Wie immer geht es vor allem um das Verständnis der Heiligen Schrift. Ist dazu nicht längst alles gesagt?
Debatte
Eine Antwort auf das EAD Statement zum Thema Homosexualität – Jason (Mosaik)
Auf die „neuen“ Leitgedanken antwortet einer aus dem eigenen „Lager“. Sein Hauptanliegen: Es geht nicht allein um die Interpretation der Schrift, sondern um den Umgang mit Homosexuellen in den eigenen Gemeinden. Die gibt es nämlich.
Homosexualität wird in dem Statement wie ein Thema behandelt. Es geht aber um Menschen, die auch in Euren Gemeinden sitzen. Ist es für Euch akzeptabel, wenn bei ihnen ankommt, dass sie auf einem ganz anderen Blatt stehen? Ihr habt in Tagungen unterschiedliche Überzeugungen zum biblischen Befund diskutiert. Das erwähnt Ihr zu Anfang, anschließend kommen diese anderen Überzeugungen nicht mehr vor. Nur sind diese Überzeugungen mittlerweile sehr laut.
Ehe als gute Stiftung Gottes: Deutsche Evangelische Allianz beschließt Leitgedanken zu Ehe und Homosexualität (DEA)
Da wären sie schließlich in aller Kürze, die (neuen) Leitgedanken der Evangelikalen zur Ehe und Homosexualität. Neu in Klammern deswegen, weil sie so neu nicht sind. Gut evangelikal (und reformatorisch) hängt alles am Verständnis der Schrift. Und wieder werden die üblichen „Belegstellen“ aufgezählt:
Die in der Bibel beschriebene homosexuelle Praxis ist mit dem Willen Gottes und damit dem biblischen Ethos unvereinbar (3. Mose 18, 22; 20, 13; Römer 1, 24–27; 1. Korinther 6, 9; 1. Timotheus 1, 10).
Es ist ein müßiges Geschäft, den Gehalt der immerzu angeführten Bibelstellen abzuklopfen. Ich habe immer wieder den Eindruck, es wäre doch alles dazu schon einmal aufgeschrieben und die Sache eigentlich geklärt. Richtig:
„Homosexualität“ im Römerbrief – eine Hilfestellung – Max Melzer (moehrenzahn.de)
Bereits im Jahre 2015 hat sich unser Redakteur Max Melzer (@_maxmelzer) auf seinem eigenen Blog mit der bekanntesten „Belegstelle“ aus dem Brief des Paulus an die Gemeinde in Rom auseinandergesetzt. Umfassend, klärend – eigentlich genug?!
Dies ist die eigentliche Pointe von Röm 1. Es ist mir ein Rätsel, wie es das Christentum geschafft hat, diese Botschaft von der allgemeinen Unvollkommenheit der Menschheit (damit das Erlösungswerk von Jesus Christus umso heller strahle) in ihr glattes Gegenteil (eine Rechtfertigung dafür, Menschen auszugrenzen und zu verfolgen) zu verkehren. Ich weiß nur, dass es unsere Aufgabe ist, den Schaden Stück für Stück wieder gut zu machen.
Wenn man den Schuss echt nicht mehr hört: Eine Brandrede gegen das EAD Statement – Christoph Schmieding (Gott ist Links)
Eine weitere (post-evangelikale) Stimme zu den Leitgedanken möchte ich den Leserinnen und Lesern der Eule nicht vorenthalten. Christoph Schmieding geht etwas, nun ja, pointierter vor:
Das ist ja nett, dass sich die EAD einem so brandaktuellem Thema widmet. Großartig. […] Und es ist ja nicht so, dass das Thema zunehmend peinlich, dass es vielen zunehmend unangenehm wird, immer weiter darüber zu reden, wie sich Dritte bitte zu verhalten haben. Es ist ja nicht so, dass wir langsam gemerkt haben, dass dies ein sehr persönliches und auch sensibles Thema ist, dass Menschen bis in ihre Identität hinein betrifft. Und es ist ja nicht so, dass wir langsam mal gemerkt haben, dass man vielleicht endlich mal seine scheiß Klappe halten sollte, und dass es irgendwie auch unanständig ist ständig darüber zu quatschen wer hier wen vögelt und wer hier mit wem zusammenleben möchte. Das geht uns nämlich einfach einen Scheißdreck an.
PS:
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ich in dieser Sache keinesfalls unparteiisch bin. Mit der Haltung der Evangelischen Allianz zu Homosexuellen habe ich mich in mehreren Artikeln auseinandergesetzt: hier, hier & hier.
Randständiges
Worthaus: Universitätstheologie für Evangelikale? – Markus Till (Aufatmen in Gottes Gegenwart)
In seiner Antwort auf die DEA-Leitgedanken nennt Jason als ein Beispiel der Öffnung innerhalb der evangelikalen Bewegung die zunehmende Beliebtheit von Worthaus. Dieses Projekt will universitäre Theologie – insbesondere die Bibelwissenschaft – für Otto Normalverbraucher zugänglich machen. Das ist der Universitätstheologie selten ein wirkliches Anliegen, deshalb wird Worthaus querbeet geschätzt. Auch unter Evangelikalen, obwohl einige der Vortragenden ganz und gar nicht zimperlich mit ihnen umgehen. Klar: Die Worthäusler sehen sich mit ihrer vertieften, wissenschaftlichen Lesart als die eigentlichen Bibeltreuen.
Markus Till beschäftigt sich auf seinem Blog Aufatmen in Gottes Gegenwart ausführlich und kritisch mit Worthaus, und zwar aus einer evangelikalen Perspektive. Er trägt zusammen, was er am Projekt für irrig und gefährlich hält. Ob der Text allerdings als Warnung vor oder Werbung für Worthaus verstanden wird, liegt im Ermessen der Leserinnen und Leser.
Bibeltreue oder Bibelkritik? – David Jäggi (sola scriptura)
Appropos Schriftverständnis: Ein sehr kurzer, lesenswerter Beitrag.
CDU stimmt mit AfD gegen Gedenkstätte für NSU-Opfer – SPIEGELonline
Die thüringische Fraktion der Christlich Demokratischen Union bringt es nicht übers Herz, mit der Rot-Rot-Grünen Regierungsmehrheit für ein Mahnmal und Entschädigungen für die Opfer des NSU zu stimmen. Schwach. Ganz schwach.
CDU-Politiker Jörg Kellner sagte im Erfurter Landtag, er halte es für falsch, aus dem Thema ausschließlich ein Thüringer Thema zu machen. „Es ist nicht vermittelbar und in gewisser Weise makaber, wenn eine Entschädigung davon abhängen sollte, wer die Täter waren“, sagte der Abgeordnete.
Wer sonst außer diejenigen, die die Täter fahrlässig gewähren ließen, sollte angehalten sein, der Opfer angemessen zu gedenken?
Twitter-Fight der Kathedralen
OMG. Cathedrals are in a Twitter fight and it's glorious. https://t.co/UrrwCOsmTB
— Deanna Raybourn (@deannaraybourn) October 4, 2017
Zum Welttag der Architektur liefern sich die Kathedralen Britanniens einen epischen Wettlauf: Wer hat den höchsten Turm, die prunkvollste Decke, die geilste Ausstattung? Auch für Twitter-Unkundige ist der Thread einen Blick wert, weil die Social-Media-Abteilungen der beteiligten Kirchen nicht nur durch gut abgesottenen Humor, sondern auch mit hervorragenden Bildern (und Videos!) ihrer Kirchen begeistern. Das ist Öffentlichkeitsarbeit 2.0 und ich frage mich, ob deutsche Kirchen so was auch hinbekämen?
Gott ist mitten im Sturm des Lebens und läßt uns nicht! – Evangelisch in Syrien – Glauben verbindet (GAW)
Haroutune Selimian ist Pfarrer der evangelisch-reformierten Bethelgemeinde und verantwortlich für die verbliebenen 11 ev.-ref. armenischen Gemeinden seiner Kirche in Syrien. Er berichtet über die Folgen des Syrienkrieges für die armenische Minderheit:
Heute steht das alles, was nach einem Völkermord aufgebaut wurde wieder in Gefahr verloren zu werden. Unsere Kirchen, Schulen, Häuser wurden angegriffen, zerstört. Für uns wiederholt sich eine Geschichte! Wenn wir Worte der Rebellenführer und radikalen Islamisten hören, dann erinnert all das an das, was wir vor 100 Jahren erlitten haben.
Predigt
Gnadenbrot. Predigt zu Römer 3,18 – Birgit Mattausch (FrauAuge)
So. Noch eine Predigt von Birgit Mattausch alias @FrauAuge. Ihr wollt es ja nicht anders, jedenfalls finde ich sonst kaum so gute Predigten wie die ihren. Diesmal mit Brot und ner Erklärung, warum Lutheranerin sein so schlecht nicht ist, trotz Jubiläumsbrimbramborium.
Talk on Christ and the Poor: St. Luke’s Parish – Elizabeth Stoker Bruenig (elizabethstokerbruenig.com, englisch)
Eine „Predigt“ in englischer Sprache über Arme und Reiche, Jesus und Paulus (der übrigens in diesen #LaTdH dauerpräsent ist).
So it seems to me that we again have an ‘imagination’ problem before us. And it is up to us as Christians to challenge ourselves, and our fellow Christians, and the social imagination at large. It is up to us — in fact, it is required of us — to reshape how our culture reflects on poverty and the poor. This is a great undertaking, just as it was for the preachers of late antiquity. There is no single story we have to tell, but rather a variety of different correctives to current conventional wisdom.
Ein guter Satz
Haben Sie heute schon vor der eigenen Tür gekehrt?
— Baltic Frank ⚓ (@DerHundertmark) October 7, 2017
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