Weltfrauentag! – Die #LaTdH vom 8. März

Hass gegen Frauen und kein Ende. Welche Rolle spielt unser Glaube? Außerdem: Reaktionen auf den Terror von Rechts, Diskussionen um den assistierten Suizid und geliebte Körper.

Debatte

Es ist Weltfrauentag. Überall, in meinem Wohnort, an meinem Arbeitsort, an diversen anderen Orten fallen mir Plakate auf, die dazu auffordern heute demonstrieren zu gehen. Für das Recht der Frau. Für die Gleichberechtigung der Frau. Ich wünsche mir, dass dabei auch viele Männer mit auf die Straße gehen. Männer, die sehen, dass wir noch weit entfernt sind von der Gleichberechtigung – in Deutschland, in Europa, in der Welt, in den Religionen, im Glauben.

Und gerade Letzteres ist, was mich am meisten daran ärgert und aufregt. Jahrhundertelang sind Frauen unterdrückt worden und werden es noch heute mit Berufung auf die Schrift, in der gesagt wird, dass die Frau Schmerzen erleiden müsse, weil sie der Schlange gefolgt sei. Und alle blenden aus, was vorher erzählt wird: Der Mensch wird geschaffen, als Mann und Frau, als Ebenbild Gottes. In der Genesis stehen die Geschlechter nebeneinander, sind gleichberechtigt.

Ich habe schon zu meiner Konfirmation den Vers gewählt, der sagt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Ich will ihm eine Hilfe schaffen als sein Gegenüber.“ Zur Zeit meiner Konfirmation kursierte noch die Übersetzung: „Ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.“ Dagegen habe ich mich vehement gewehrt. Denn dieser Vers sagt schon, dass die Absicht der Schöpfung eine Gleichberechtigung war.

Neun von zehn Menschen hegen Vorurteile gegen Frauen (Spiegel)

In den zwanzig Jahren seit meiner Konfirmation hat sich viel getan, aber es muss sich immernoch was tun. Es kann nicht sein, dass in einer UNO-Studie ein Viertel aller Männer und Frauen angeben, dass es gerechtfertigt sei, wenn Männer „ihre“ Frauen schlagen.

Noch immer werden wir von Geschlechterklischees bestimmt. Dass Frauen emotionaler seien als Männer z.B. ist eine vollkommen absurde Begründung dafür, warum Frauen manche Berufe eher (nicht) ausüben sollten als Männer. Dementsprechend sind trotz Frauenquote die Führungspositionen noch fest in Männerhand.

Weltweit sind nur 24 Prozent aller Parlamentssitze in der Hand von Frauen, obwohl die Wahlbeteiligung unter Männern und Frauen inzwischen gleich hoch ist. Auch sind nur zehn von 193 möglichen Regierungschefs laut UNO weiblich. Diese Unterrepräsentation setze sich auch in der Arbeitswelt fort. Von den 500 Unternehmen im US-Aktienindex S&P 500 hätten nur sechs Prozent Geschäftsführerinnen.

Frauen arbeiten, Männer entscheiden – Helene Wolf (ZEIT)

Ähnliches ergab der Fair Share Monitor: Während im Nichtregierungs- und Stiftungssektor 70 % der Arbeitnehmer*innen weiblich sind, sind Führungspositionen nur etwa zu 30 % mit Frauen besetzt. Helene Wolf (@Hel_Wolf), Vorstandsvorsitzende des neu gegründeten Vereins Fair Share of Women Leaders e.V., hat eben diese Erfahrung gemacht.

Sie hat ihr gesamtes Berufsleben im zivilgesellschaftlichen Sektor verbracht, erklomm die Karriereleiter und merkte irgendwann, dass irgendetwas nicht stimmte. In ihren acht Jahren als stellvertretende Geschäftsführerin war sie Teil einer Frauenminderheit – in Organisationen, die sich für Frauen- und Mädchenrechte einsetzen.

Inmitten der zunehmenden Diskussionen um Repräsentanz, Diversität und Gerechtigkeit spiegelte sich davon fast nichts in den Führungsetagen der Organisationen. Im Gegenteil, teilweise wanderten Männer einfach von einem Geschäftsführerjob zum nächsten, sodass die Köpfe im Raum dieselben blieben. Wo sollte hier langfristig ein Platz für mich sein?

#unhatewomen: „Terre des femmes” und verbale Gewalt gegen Frauen im Hip-Hop – Kathrin Hondl (SWR)

Wie gut, dass es immer mehr Initiativen gibt, die auch in Social Media auf Missstände aufmerksam machen. Und endlich geht mal jemand Hip-Hop an. Ganz besonders im Rap ist Hatespeech gegen Frauen Gang und Gebe. Ein Unding! Die Aktion #unhatewomen hat im Netz schon die ein oder andere Welle geworfen.

nachgefasst

Hanau

Der Terror in Hanau regt zum Nachdenken an. In der taz erzählt Anna Dushime (@AnnaDushime) vom „Nischenschmerz“. Davon, wie am Tag nach dem Anschlag der Alltag weitergeht, wie sie mit beklommenem Gefühl zur Arbeit fährt, ihre Tränen unterdrückt und sich fragt, ob und wenn warum sie tapfer sein müsse.

Erschreckend ist ihr Vergleich mit den Anschlägen vom 11. September, dem Attentaten in Winnenden und auf Charlie Hebdo. Bei allen wurde Platz für Schmerz und Wut eingeräumt, allgemeine Schweigeminuten eingelegt. Newsrooms hielten in ihrer Arbeit inne. Im Kontrast dazu stehen die verschiedenen Erfahrungen mit Genoziden, dem Flüchtlingssterben.

Das alles wird zwar wahrgenommen, aber es wird kein Platz zum Trauern freigeräumt. Nein, bei solchen Schmerzen muss der Alltag weitergehen. Dieser Schmerz ist darum ein Nischenschmerz – und das darf er nicht bleiben. Anna Dushime wünscht sich mehr Solidarität, die mit Platz zum Trauern und Wütendsein beginnt.

Ich bin ein Profi darin geworden, unauffällig am Schreibtisch, in der S-Bahn und in irgendwelchen Klos zu weinen. Ständig die Nase hochzuziehen und so zu tun, als wäre ich erkältet. Tapfer lächeln. Den Kloß im Hals immer und immer wieder runterschlucken. Ich wünsche mir mehr Platz, mehr Solidarität. Ich wünschte, unser Schmerz wäre kein Nischenschmerz mehr. Denn wer weiß, wie lange wir noch tapfer lächeln können.

Die Gedanken von Liane Berdnarz (@L_Bednarz) im Freitag gehen in eine ganz andere Richtung. Sie macht an 10 Punkten deutlich, wie sehr die AfD und insgesamt die ganze rechte Szene einer Sekte gleicht.

Wer versuchen will, solche Menschen wieder für einen demokratischen Konsens zu gewinnen, und das scheint dringend notwendig, der muss verstehen, wie die Radikalisierung vonstattengeht und wie sie wirkt. Mit bloßer Empörung wird man den Zuspruch zur AfD nicht verkleinern. Bei näherer Beschäftigung mit dem Phänomen zeigt sich, dass die Radikalisierung – oder genauer: Selbstradikalisierung – einst moderater Konservativer starke sektenähnliche Züge aufweist.

Assistierter Suizid

Mit dem Thema könnte man in dieser #LaTdH-Ausgabe nochmal eine ganze Debatte füllen, das Thema wurde in der vergangenen Woche nicht nur in der Eule intensiv diskutiert. Zum Beispiel reden Sibylle und Stephan in ihrem Podcast „Konvers“ darüber (@ref_lab, schwiizerdütsch).

Ebenfalls in der Schweiz diskutieren in der Sternstunde Religion Theolog*innen, u.a. @sibylleforrer, aus verschiedenen Glaubensrichtungen darüber, ob ein assistierter Suizid seelsorglich begleitet werden darf oder auch soll.

Sogar im Theater wird das Thema kontrovers aufgenommen: In Stuttgart ist seit dieser Woche „Weltwärts“ auf der Bühne. Ein Stück, das davon erzählt, wie sich die Protagonistin das Leben nehmen will und in Diskussionen mit den verschiedenen Standpunkten konfrontiert wird. Das bewegt sie und ihr gesamtes Umfeld.

Buntes

Instagram, TikTok und Co. sinnvoll in der kirchlichen Bildungsarbeit einsetzen –  Interview mit Paula Nowak von Lena Ohm (evangelisch.de)

Lena Ohm (@LenaOhm) spricht mit Paula Nowak (@diepaulanowak) darüber, wie Soziale Medien im Unterricht eingesetzt werden können. Dabei geht es eben nicht darum, dass die digitalen Medien die analogen ersetzen sollen, sondern dass beide einander ergänzen können, wenn man sie richtig einsetzt.

Ich versuche, die Menschen in meinen Fortbildungen eher zu empowern, als sie zu belehren. Zu sagen: „Das müsst ihr jetzt machen, weil das Teil der Medienbildung ist“, bringt aus meiner Sicht nichts. Stattdessen erzähle ich diesen ohnehin schon oft sehr kreativen Religionslehrerinnen und -lehrern: „Ihr könnt euch jetzt mal Zeit nehmen für so ein medienpädagogisches Projekt. Es ist nämlich im Curriculum verankert.

Ihr könnt mal zwei oder drei Wochen Bibeldidaktik mit Erklärvideos machen, ohne dass ihr euch auf irgendeine Weise Stress machen müsst, weil es im Rahmenlehrplan so vorgesehen ist.“ Ich betone lieber die Freiheit und den Freiraum, den die Lehrkräfte haben. Vielleicht überzeugt das eher, als zu sagen: „Das müsst ihr machen, weil Jugendliche ein Smartphone in der Tasche haben.“

Feiern, wovon wir träumen! Das Hamburger Kooperationsprojekt „Wohnzimmerkirche“ – Emilia Handke (feinschwarz.net)

Letztes Jahr veröffentlichte die Liturgische Konferenz die Kirchgangsstudie, und oh Wunder: Der übliche Sonntagsgottestdienst spricht nur einen ganz kleinen Bruchteil derer an, die Kirchenmitglieder sind. Das ist nichts Neues, schon seit vielen Jahren versucht man neue Konzepte zu entwickeln, neue Gottesdienstformen anzubieten. Dadurch hat sich ein bunter Pluralismus gottesdienstlichen Lebens entwickelt.

Auf feinschwarz.net erzählt Emilia Handke, Pastorin und Leiterin „Kirche im Dialog“ der @nordkirche_de, vom Wohnzimmergottesdienst in der Christianskirche in Hamburg-Ottensen. Raus aus den Kirchenbänken, hinein in Sessel im Altarraum mit Wein, Bier, Limos auf Holzkisten. Die Menschen sind Gäste einer Hausparty und Gott der Gastgeber.

Das ist ein Setting, das auch gottesdienstlich Ungeübten vertraut ist. Es war uns wichtig, eine Form zu finden, die möglichst wenig voraussetzt – einen Gottesdienst für Anfänger*innen sozusagen. Schon bevor es beginnt, kommen die Leute ab 20 Uhr bei einem Getränk ins Reden oder sitzen und lauschen einfach.

Predigt

Sex; a Benediction – Nadia Bolz-Weber (The Corners, englisch)

Zur Herausgabe ihres Buches „Shameless“ in englischer Taschenbuchausgabe (Rezension der deutschen Ausgabe von Hannah Detken (@begeisterte) in der Eule) ruft @sarcasticluther einen Segen aus. Einen Segen, den sie auf die Erschaffung des Menschen zurückführt.

Nämlich aus der Aussage, dass Gott den Menschen nach ihrem Bilde geschaffen hat, nicht nach dem Bilde der Modelabels oder des Nachbarn, der die Nase rümpft ob der Tattoos oder der Großmutter, die einem die enge Kleidung madig redet, weil man Kurven doch verstecken muss. Wir sollen uns nicht schämen, für das was wir sind. Wir sind, was wir sind und das ist gut so und von Gott gewollt.

And I want all of us who hate our bodies to know that God loves them on days we can’t. And right here – right smack in the middle of our body hating culture, and a billion dollar industry that relies on the dissatisfaction of our actual bodies I want you to know this, that God is made known in actual bodies:

Ich möchte, dass alle von uns, die ihre Körper hassen, wissen, dass Gott sie an den Tagen liebt, an denen sie es nicht können. Genau hier – in der Mitte unserer körperfeindlichen Kultur und einer Milliardenindustrie, die auf unsere Unzufriedenheit mit unseren tatsächlichen Körpern baut – möchte ich, dass ihr wisst: Gott offenbart sich in wirklichen Körpern:

Ein guter Satz