Erinnerung3 – Die #LaTdH vom 19. Februar

In Hanau und an vielen weiteren Orten wird des rassistischen Attentats vom 19. Februar gedacht. In der Kirche wird über den Frieden gestritten. Außerdem: Bibel und Missbrauch sowie #digitaleKirche.

Herzlich Willkommen!

Das Attentat von Hanau, bei dem neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet wurden, jährt sich heute zum dritten Mal. Wie bereits in der unmittelbaren Folge des Attentats und bei den vergangenen Jahrestagen spielt die evangelische Kirche eine gewichtige Rolle beim Gedenken an die Opfer. Hanau gehört zum Gebiet der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), deren Bischöfin Beate Hofmann zum 3. Jahrestag festhält:

„Leider gibt es weiterhin rassistische und antisemitische Gewalttaten und vielfältige Ausgrenzungserfahrungen. Die Auseinandersetzung mit der Thematik ist nicht nur auf einen Tag beschränkt, sondern beständiges Anliegen in unserer Arbeit.“

Im zentralen Gedenkgottesdienst in der Marienkirche heute Vormittag wird die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus predigen. Während des Gottesdienstes werden auch der Hanauer Imam Mustafa Macit Bozkurt und die Schwester des ermordeten Hamza Kurtović, Ajla Kurtović, sprechen. Anschließend wird es auf dem Hanauer Marktplatz eine Gedenkveranstaltung geben, an der Kurschus und Hofmann ebenfalls teilnehmen werden. An vielen weiteren Orten gibt es Gedenkveranstaltungen und Demonstrationen (hier eine umfassende Liste der Initiative 19. Februar Hanau).

„Deutschland hat ein Rassismusproblem“, erklärt zum Jahrestag Ferda Ataman, die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, und fordert von der Bundesregierung, ihre Zusagen beim Kampf gegen Rassismus auch umzusetzen (s. PDF des Maßnahmekatalogs). In diesem Zusammenhang fordert sie erneut, den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen, wie es bereits zum ersten Jahrestag des Attentats u.a. der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, getan hatte.

In dieser Woche steht uns am Freitag auch der erste Jahrestag des Überfalls Russlands auf die gesamte Ukraine vom 24. Februar 2022 bevor. Aus diesem Anlass und wegen der Münchener Sicherheitskonferenz wird dieser Tage besonders heftig über den Ukraine-Krieg gestritten. Darum wird es in der Debatte dieser (und der nächsten) #LaTdH gehen.

Mit dem Krieg und seinen Auswirkungen auf die Theologie befassen wir uns auch beim ersten Eule-Live-Event des Jahres am 6. März 2023. Professor Georg Plasger (Uni Siegen) und Dr. Samuel Shearn (Uni Rostock) werden mit uns über die Theologie während des und nach dem 1. Weltkrieg sprechen. Wir fragen: Was macht der Krieg mit der Theologie? Herzliche Einladung!

Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein

PS: Die #LaTdH und das Angebot der Eule werden von den Leser:innen selbst ermöglicht! Die Eule ist ein unabhängiges Magazin und erhält keine Unterstützung von Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Werden Sie Eule-Abonnent:in! Ab 3 € im Monat sind Sie dabei.


Debatte

In den vergangenen Tagen sorgten zwei Debattenbeiträge für Aufregung in der Ukraine-Krieg-Diskussion in Deutschland: Zunächst das „Manifest für Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht (LINKE), das auf change.org inzwischen von über einer halben Million Menschen unterschrieben wurde. Zu den Erstunterzeichner:innen gehört mit der ehemaligen Landesbischöfin der Hannoverschen Kirche und EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann auch eine prominente Protestantin, die ihre Teilnahme verteidigt.

Der zweite Aufreger stammt aus der Feder des Philosophen Jürgen Habermas, trägt den Titel „Ein Plädoyer für Verhandlungen“ und ist in der Süddeutschen Zeitung erschienen (online nur hinter der Paywall). Beide Vorstöße eint, dass sie sich für ein schnelles Ende der Kampfhandlungen stark machen. Habermas kommt – wie auch das „Manifest für Frieden“ – ohne ukrainische Stimmen aus. Das ist bemerkenswert, muss aber nicht gleich zur Verdammung des Gedankenganges führen, der explizit dazu auffordert, nach den Interessen Deutschlands zu fragen, die sich von denen der Ukraine unterscheiden. Wenn damit gemeint ist, sich dem Geklingel von „werteorientierter“ oder gar „feministischer“ Außenpolitik zu entziehen, kann ich dem viel abgewinnen. Machen wir uns alle ehrlich!

Krieg und Gegenkrieg: Auch eine Antwort auf Jürgen Habermas – Reinhard Schulze (Journal21)

Eine Art Antwort auf Habermas hat der Islamwissenschaftler Reinhard Schulze (@SchulzeRein), Leiter des FINO an der Uni Bern, bei Journal21 verfasst. Sein Artikel ist auch ohne vorherige Lektüre des Habermas-Artikels verständlich. In der ersten Hälfte seines Beitrags geht Schulze einige Realitäten des russischen Krieges gegen die Ukraine ab, an denen kein Nachdenken über Waffenstillstand, militärische Unterstützung der Ukraine und den deutschen Beitrag an beiden vorbeikommt:

Die Aufrüstung der Ukraine dient in erster Linie dazu, zu verhindern, dass sich die russische Armee in der Ukraine festsetzen und durchsetzen kann. Die Aufrüstung ist grundsätzlich defensiv. Der Begriff «Sieg» ist daher im Zusammenhang mit dem Krieg, den Russland der Ukraine aufgezwungen hat, irreführend. Er bezeichnet im Grunde nur die angestrebte Tatsache, dass die russischen Armeen bei ihrem Vormarsch in der Ukraine besiegt werden sollen. Es geht nicht darum, Russland selbst zu besiegen. Das Ziel wird also nicht durch einen Sieg über Russland definiert, sondern durch die Verhinderung eines russischen Sieges über die Ukraine.

Der Begriff «Sieg» steht also dafür, dass die Ukraine den Krieg nicht verlieren darf. Es macht jedoch keinen Sinn, die strategischen Optionen für die Selbstverteidigung der Ukraine auf die Begriffe «Intervention des Westens» oder «die Ukraine ihrem Schicksal überlassen» zu reduzieren. Eine Option wäre, aktive Selbstverteidigung mit expliziten politischen Forderungen zu verbinden, die sich der Westen zu eigen macht und für die auch in der internationalen Gemeinschaft geworben werden sollte.

Was ein „Sieg“ der Ukraine oder Russlands umfasst, ist längst nicht mehr eine nur eine strategische oder semantische Frage, sondern eine symbolische. In diesem Kontext zeigt das gestrige Statement des Bundesministers der Verteidigung Boris Pistorius (SPD) auf der Münchener Sicherheitskonferenz – „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen!” – zwar ein anderes Wording als die Reden von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der beharrlich davon spricht, die Ukraine dürfe den Krieg nicht verlieren, gemeint ist damit allerdings angesichts der Realität des Krieges womöglich doch dasselbe.

Erinnerung und Demonstrieren

Die Kirchen rufen zum kommenden Jahrestag zu Friedensgebeten auf, auch in den Sozialen Medien soll mit dem Hashtag #pray4Ukraine „für das Ende des unsäglichen Leids in der Ukraine gebetet“ werden. Zahlreiche Friedensgruppen und weitere Akteure rufen zu Demonstrationen auf. Ein gründlicher Blick auf die Veranstalter und ihre Interessen empfiehlt sich. Protestforscher Alexander Leistner (@legdehammer) vom Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig erklärt in diesem kurzen Interview, worauf bei den Demos zu achten ist.

Studientag fragt nach Perspektiven für Frieden und Sicherheit in Europa und der Welt (Evangelische Friedensarbeit)

Bereits in den vergangenen Woche haben sich Akteur:innen der evangelischen Friedensarbeit im Augustinerkloster zu Erfurt u.a. zu einem Studientag getroffen, der angesichts des Ukraine-Krieges nach Perspektiven für Frieden und Sicherheit fragte. Einige Eindrücke vermittelt dieser Bericht von der Tagung.

Die evangelische Friedensarbeit hat der Debatte um den Ukraine-Krieg in den großen Medien des Landes voraus, dass sie ungemein differenzierte und tiefe Sachfragen erörtert, die sich sowohl bei einer langwierigen Fortsetzung als auch bei einer baldigen Beendigung der Kampfhandlungen stellen. Diese Fragen verdienen jenseits des allgegenwärtigen Streits um immer weitergehende deutsche Waffenlieferungen sicher mehr Aufmerksamkeit.

Eine Schwäche der evangelischen Ausdifferenzierung und Themenvielfalt ist sicher, dass es eben darum an einfachen Sätzen mangelt, die Orientierung in schwieriger Zeit geben können. Und wenn sie versucht werden, wie in Erfurt vom EKD-Friedensbeauftragten Landesbischof Friedrich Kramer – „Für Christen ist klar: Es gibt keine von Menschen gemachte Sicherheit“ –, geraten sie für gewöhnlich windschief.

„Kein Frieden auf dem Weg der Sicherheit?“ fragt der gastgebende Direktor der Evangelischen Akademie Thüringen (@EAThueringen), Sebastian Kranich (@S_Kranich), in einem kurzen Blog über die Tagung, die übrigens inklusive ukrainischer Redner:innen stattfand. Und die Diskussion „Was trägt die Nationale Sicherheitsstrategie zum Frieden bei?“ u.a. mit Kramer, Christoph Schwegmann aus dem Auswärtigen Amt und der ehem. Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe und von Brot für die Welt Cornelia Füllkrug-Weitzel kann hier auf YouTube angesehen werden.

Patriarch Kirill macht mobil – Silke Bigalke (Süddeutsche Zeitung, €)

Beim evangelischen Reden über den Krieg ist „gut gemeint“ nicht gleich „gut macht“, aber hinter die grundsätzliche Absage an religiöse Kriegspropganda fällt kein:e Akteur:in zurück. (Reicht diese Übereinkunft bis zum 1. Weltkrieg zurück? Auch das eine Frage, die beim Eule-Live-Event am 6. März gestellt werden kann.) Das zu erinnern, ist vor allem mit Blick auf die Russisch-Orthodoxe Kirche unter dem Moskauer Partriarchen Kyrill notwendig. In der Süddeutschen Zeitung fasst Silke Bigalke (@SilkeBigalke), dessen Wirken während des Ukraine-Krieges noch einmal zusammen.

Die gesamte westliche Welt, sagte Kirill im Januar bei einem Essen mit ausgewählten Klerikern „hat sich gegen uns gewandt“. Der Grund? Russland sei zum „Leuchtfeuer für die Welt geworden“ mit seinen traditionellen Werten wie Familie, Pflicht und Patriotismus, und damit zur Konkurrenz für den weltlichen Westen. Nun müsse man alles dafür tun, dass Russland diesen Kampf gewinne: Kirill rief die Geistlichen dazu auf, ihre Gemeindemitglieder zu „mobilisieren“. Sie sollten Material, Geld und Lebensmittel für das Militär sammeln, Pakete verschicken, die Soldaten unterstützten.

Warum Kyrill Putins Krieg so deutlich unterstützt, erklärt Ksenia Luchenko in einem ausführlichen Beitrag in englischer Sprache bei der Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden („Why the Russian Orthodox Church Supports the War in Ukraine“). Die Einheit seiner Kirche, die Kyrill umtreibt, ist gleichwohl unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges zerbröselt. Russisch-Orthodoxe Christ:innen und Gemeinden in vielen Ländern distanzieren sich manchmal lauter, häufiger noch still und leise vom Moskauer Patriarchat.

„Kirchen können Wegbereiter für den Frieden sein“: Interview mit Friedensethiker Professor Heinz-Gerhard Justenhoven (KirchenZeitung)

Mit dem Friedensethiker Professor Heinz-Gerhard Justenhoven vom Institut für Theologie und Frieden (ithf) in Hamburg hat die KirchenZeitung für das Bistum Hildesheim (@KiZeitung) gesprochen. Er sieht gegenwärtig kaum Chancen für einen Waffenstillstand, spricht sich aber gerade darum für Gespräche aus. Gesprächsfäden sollen auch die Kirchen in Deutschland knüpfen:

Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich für Geflüchtete aus Kriegsgebieten – nicht nur aus der Ukraine. Kirchengemeinden bieten zum Beispiel auch Wohnraum an. Sie könnten aber darüber hinaus junge Geflüchtete aus Russland und der Ukraine zusammenbringen, um die Sprachlosigkeit zu überwinden, um Echokammern aufzubrechen – auch Russ­landdeutsche und vor allem russische Intellektuelle, die sich gegen den Krieg gestellt haben, sollten dabei sein. Die Kirchen könnten zu Gruppenstunden, Lagerfeuer oder Grillfesten einladen und somit Dialogräume auf neutralem Gebiet anbieten, Türen öffnen. Das wäre ein Schritt hin zu wirklichem Frieden, denn irgendwann wird der Krieg beendet sein.

nachgefasst

Missbrauch bleibt in der Pfarrfamilie: Lehren aus der Essener Studie – Felix Neumann (katholisch.de)

Über 400 Fälle sexuellen Missbrauchs und 200 Täter hat es im „Ruhrbistum“ Essen seit seiner Gründung im Jahr 1958 gegeben, so beschreibt es die neue Studie „Wissenschaftlichen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Essen von 1958 bis heute“ (PDF) der Wissenschaftler:innen des Münchener Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP), die im Auftrag des Bistums entstanden ist und am Dienstag der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Felix Neumann (@fxneumann) hat auf katholisch.de (@katholisch_de) nicht nur die harten Fakten und Reaktionen auf die Veröffentlichung zusammengetragen, sondern erklärt in einem sehr guten Artikel die Lehren aus der Essener Studie:

„Familie“ ist ein Schlüsselwort in der Essener Studie und der Aspekt, den dieses Gutachten zu den vielen Vorgängern in anderen Diözesen ergänzt. […] Die Pfarrei nicht nur als ein System in der Gesellschaft, sondern als eng und emotional verbundene Gemeinschaft. […]

Die Methode der Studie, Dynamiken in Gemeinden explizit zu untersuchen […], zeigt deutlich, dass Klerikalismus, […], ein Problem der ganzen Institution ist, die nicht nur aus der Hierarchie, sondern auch aus den Gemeindemitgliedern besteht. Sie legt auch offen, warum es regelmäßig dazu kommt, dass sich Gemeinden nicht mit Betroffenen, sondern mit Tätern und mutmaßlichen Tätern solidarisieren und anscheinend selbst kein Interesse an Aufarbeitung haben, wenn dadurch das Selbstbild der harmonischen Pfarrfamilie gestört wird. Zugleich fehle es an Unterstützung von Betroffenen und ihren Familien in ihren Gemeinden.

Dieser Befund werfe schwerwiegende Fragen in Bezug auf die Funktionsweise des sozialen Systems Kirchengemeinde auf, „das in entscheidender Weise von seiner Identifikation mit seinem ‚guten‘ Pfarrer lebt“, so die Studie: „Die Idealisierung des geweihten, gottnahen Pfarrers stellt ein kulturelles Erbe der katholischen Glaubensorganisation dar und untergräbt – wie gezeigt werden konnte – die kritische Urteilsbildung von Gemeindemitgliedern in Situationen bedrohlicher Ungewissheit.“

Die Studie ist nicht zuletzt dieses Befundes wegen unter den inzwischen zahlreich erschienenen katholischen Untersuchungen jene, die auch für Leser:innen aus evangelischen Kirchen besonders interessant ist – und Felix Neumanns kurze und präzise Einordnung Pflichtlektüre.

Der Diözesanrat, die Vertretung der Laien im Bistum, fordert im Anschluss an die Veröffentlichung der Studie seine Einbeziehung „bei allen Strukturfragen“: „Die ungleiche Macht- und Gewaltenteilung und die völlige Überhöhung des Priestertums müssen beseitigt werden.“ Und der emeritierte Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke (@norbertluedecke) legt Bischof Franz-Josef Overbeck den Rücktritt nahe:

Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Lüdecke: „Wenn es nun wieder heißt, alle müssten dazulernen, lernt am Ende niemand.“ Der Kirchenrechtler fügte hinzu: „Ein Bistum kann als solches keine Fehler machen. Verantwortlicher ist immer der Diözesanbischof. Der muss für Fehler geradestehen, denn in Bistümern ist Verantwortung nie kollektiv, sondern amtlich-individuell.“ Die vordergründig einsichtig wirkende Rede von „Systemfehlern“ diene jetzt, so Lüdecke, der „Entpersonalisierung von Verantwortung“.

Buntes

Bundesweite Studie zur Digitalisierung in den Kirchen gestartet (katholisch.de, KNA)

Wie steht es um die Digitalisierung in den Kirchen in Deutschland? Hat die Corona-Pandemie einen echten Schub gebracht? Zu diesen Fragen haben der Versicherer im Raum der Kirchen (VRK) und die Kölner Hochschule Macromedia mit weiteren Partnern eine Untersuchung gestartet, die sich explizit auch an Kirchenmitglieder und nicht allein an hauptamtliche Kirchenmitarbeiter:innen richtet. Die Online-Befragung kann also durchaus noch Lücken schließen, die von der bisher bereits umfassenden (wissenschaftlichen) Betrachtung der Corona-Kirche noch gelassen wurden.

Pastor und Schwulenrechtler Hans-Jürgen Meyer ist tot (Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers)

An Leben und Wirken von Hans-Jürgen Meyer erinnert die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers (@kirchehannovers). Meyer wurde in den 1980er-Jahren bekannt, weil er von seiner Landeskirche wegen seiner Homosexualität des Amtes enthoben worden war.

Fünf Jahre durfte Meyer nicht predigen, beerdigen oder trauen, danach nur auf Anfrage. Seine Bezüge wurden auf zwei Drittel gesenkt. Ehrenamtlich engagierte sich Meyer seit dieser Zeit für die „Lazaruslegion“, eine christliche Hilfsorganisation für HIV-Infizierte und Aidskranke sowie für die hannoversche Niederlassung der bundesweit aktiven HuK. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann leitete kurz nach ihrem Amtsantritt im Jahr 2000 die Wende ein. Durch ihre Vermittlung erhielt Meyer eine halbe Stelle als Krankenhausseelsorger.

Er nannte sie „Wuschel“: Karl Rahner und Luise Rinser – Interview mit Anna Findl-Ludescher von Heike Sicconi (Domradio)

Der Jesuit Karl Rahner gilt als einer der größten Denker des 20. Jahrhunderts. Wie hat seine Liebe zur Autorin Luise Rinser sein theologisches Werk verändert? Dieser Frage geht inzwischen ein Forscher:innenkreis nach. Im Interview bei Heike Sicconi vom Kölner Domradio (@domradio) spricht Anna Findl-Ludescher, Leiterin des Instituts für Praktische Theologie an der Universität Innsbruck, über die Briefe, die einen Eindruck von der Beziehung Rinser-Rahner geben.

Theologie

Theologie: Eine Zukunft ohne Gestern ist eine Zukunft ohne Kontext – Carlotta Israel (Die Eule)

In unserer feministischen Kolumne „Sektion F“ hat Carlotta Israel (@carli_is) in dieser Woche den Gesprächsfaden aufgenommen, der vom Münchener Dogmatiker Jörg Lauster in der SZ (€) und einem Interview mit den zeitzeichen (@zeitzeichenNET) ausgelegt wurde. Welche Rolle sollten die „historischen“ Disziplinen der Theologie in Zukunft bei der Ausbildung des Theolog:innen-Nachwuchses spielen?

Kirchengeschichte ist die Fachrichtung, die zeigt, welchen Problemen sich Christ*innen schon einmal ausgesetzt sahen, welche Lösungen schon einmal gefunden wurden, welche Versuche scheiterten und wie sehr dies alles nicht vom Himmel gefallen ist. Kirchengeschichte zeigt, wenn es gut läuft, (Fehl-)Entscheidungen und Entwicklungen auf und stellt vermeintliche Selbstverständlichkeiten (z. B. Christ*innentum = Europa) in Frage – auch, weil sie aufweist, dass schon einmal ganz andere als „christlich“ verstandene Handlungsoptionen (z. B. Kreuzzüge) gewählt wurden.

Reisinger: Missbrauchstäter berufen sich oft auf biblische Texte – Felix Neumann (katholisch.de)

Die Theologin Doris Reisinger (@ReisingerWagner) weist auf die Rolle hin, die biblische Texte bei Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt in der Kirche spielen. Auch das – s. nachgefasst – ein wirklich ökumenisches Thema, spielen doch Bibel und Bibelfrömmigkeit in den evangelischen Kirchen noch eine viel größere Rolle als in der römisch-katholischen Kirche.

Mit „Sexualisierte Gewalt in und mit der Bibel“ befasst sich die neue Ausgabe der Zeitschrift Bibel und Kirche aus dem Verlag des Katholischen Bibelwerks, die kostengünstig bestellt werden kann. Ein Beitrag über „Verharmlosung in Übersetzungen“ – allen ehren- und hauptamtlichen Prediger:innen dringend empfohlen – steht kostenfrei online zur Verfügung. Doris Reisinger ist an der Ausgabe beteiligt und hält fest:

„Wie immer und überall, wo mit Gefahrgut umgegangen wird, gilt auch im Umgang mit gefährlichen biblischen Texten: Wer sie auslegt und in pastoralen Zusammenhängen verwendet, hat dafür zu sorgen, dass möglichst niemand durch sie zu Schaden kommt.“

Ein guter Satz