Gebrochenes Versprechen – Die #LaTdH vom 22. August
Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan stellen sich viele unbequeme Fragen. Außerdem: „Juden zweiter Klasse“ und klimatische Weltuntergangsstimmung.
Herzlich Willkommen …
… zurück aus den #LaTdH-Sommerferien! Leider bedeuten #LaTdH-freie Sonntage nicht, dass in der Welt Sonntagsruhe einkehren würde. Stattdessen brennt es an allen Ecken und Enden des Globus. In den vergangenen Tagen verfolgten viele Menschen atemlos das Geschehen in Afghanistan – und auch die Kirchen und Religionsgemeinschaften reagierten auf ihre Weise darauf.
Steht uns eine neue Apokalypse bevor? Wegen Corona, Klimawandel-Folgen und Politikversagen stellt sich bei nicht wenigen Menschen eine regelrechte Weltuntergangsstimmung ein. Und die wiederum ist nicht selten von einem trübsinnigen Fatalismus geprägt. Die einen suchen Ausflüchte in Verschwörungsmythen, andere zürnen einfach prinzipiell den Mächtigen. In vielem sind sich die Apokalyptiker:innen aller Couleur doch sehr ähnlich.
Willkommen jedenfalls zur zweiten Jahreshälfte 2021 mit den #LaTdH: Wir wollen jeden Sonntag einen Überblick über die wichtigen Nachrichten und Debatten aus der Welt der Religionen und Kirchen bieten, eingeordnet und kommentiert von unseren Autor:innen. Dafür brauchen wir die Unterstützung der Eule-Leser:innen, z.B. mit einem Eule--Abo!
Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein
Debatte
Das Thema der Woche ist die erneute Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan, und die durch sie ausgelöste Evakuierung von schutzbedürftigen Menschen. Egal, ob es sich bei ihnen um Hilfskräfte der Bundeswehr, Entwicklungshelfer:innen, Mitarbeiter:innen von Hilfsorganisationen oder Journalist:innen, Künstler:innen und Aktivist:innen handelt. Dabei wurden im Vorfeld und werden immer noch Fehler gemacht.
Die Debatte wird von gegenseitigen Schuldzuweisungen bestimmt, die man je nach eigener Parteipräferenz für mehr oder weniger zutreffend halten mag. Was fehlt, sind konstruktive Vorschläge, wie man jetzt und in Zukunft mit Gefährdungslagen umgehen kann, die eine sichere Ausreise aus Gefahrengebieten bzw. Einreise nach Deutschland von flüchtenden Menschen ermöglicht.
Über politische Spielräume, um sichere Fluchtwege für Menschen aus Afghanistan zu schaffen, sprach der Rechtswissenschaftler Maximilian Pichl (@MXPichl) unter der Überschrift „Wo ein Wille ist“ mit medico international.
Was nicht vergessen werden darf: Viele Afghan*innen sind schon lange auf der Flucht und befinden sich außerhalb von Afghanistan, in den Elendslagern auf Lesbos oder an der kroatischen Grenze. Die europäische Politik darf sie nicht vergessen, denn auch für sie ist eine Rückkehr nach Afghanistan ausgeschlossen. Deutschland muss für diese Gruppe die Familienzusammenführung innerhalb von Europa, die oft verschleppt wird, gewährleisten. Und es gibt, ganz im Einklang mit dem Europarecht, auch die Möglichkeit, ein humanitäres Selbsteintrittsrecht für diese Schutzsuchenden zu erklären und ihnen Zugang zum deutschen Asylverfahren zu verschaffen.
Unter der Woche forderten VertreterInnen von evangelischen Landeskirchen, katholischen Bistümern, vom Zentralkomitee der Katholiken (ZdK), von EKD und Deutscher Bischofskonferenz (DBK) die Aufnahme von gefährdeten Personen und eine friedliche Lösung der Konflikte in Afghanistan, die ein erneutes Aufflammen des Bürgerkrieges wahrscheinlich machen.
Es gibt keine guten Taliban – Hasnain Kazim (ZEITonline)
Aus eigener Erfahrung spricht Hasnain Kazim (@HasnainKazim) ein strenges Urteil über die Taliban. Er schreibt von einer langen Reihe von Gewalttaten, auch solchen, die sich in den vergangenen 20 Jahren häufig ohne die eigentlich gebotene Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit ereignet haben.
In The Atlantic schreibt Tom Nichols „Afghanistan Is Your Fault“ und meint damit die US-amerikanische Öffentlichkeit. Beim Lesen von Kazims Schilderungen musste jedenfalls ich mich fragen, ob das Scheitern der militärischen und entwicklungspolitischen Unternehmungen der letzten 20 Jahre in Afghanistan nicht auch im Zusammenhang mit dem Desinteresse der deutschen Öffentlichkeit gegenüber dem Schicksal des Landes und der dort im Einsatz befindlichen Soldat:innen und zivilen Helfer:innen steht.
Doch rückt Kazim wichtige Dinge auch zurecht: Auslöser der Evakuierungen und einer Fluchtbewegung, die sich bisher vor allem im Land selbst abspielt, ist die gewaltsame Machtübernahme der Taliban. Und natürlich tragen auch die Afghan:innen selbst Verantwortung für die tragische Situation ihres Landes.
Der Westen hat auch kein erreichbares Ziel definiert, hat nicht die richtigen Leute gefördert, war letztlich planlos, denn einfach nur die Taliban zu vertreiben, genügte nicht. Aber es ist nicht allein die Schuld des Westens, auch wenn das viele behaupten.
Unfähige, korrupte afghanische Regierungen haben einen mindestens genauso großen Anteil an diesem großen Scheitern. Afghanen, die erst die Sowjets, dann die Taliban, dann den Westen, dann wieder die Taliban willkommen geheißen und bejubelt haben: Was, bitte, wollt ihr eigentlich?
Wenn wir über die Gefolgschaft reden, die die Taliban in Afghanisten erfahren, dann müssen wir neben Angst und Terror, die Menschen einschüchtern, auch über die Rolle der Religion in diesem Konflikt sprechen. Denn es sind derer nicht wenige, die aus ideologischer Übereinstimmung oder religiösem Fanatismus im (vorauseilenden) Gehorsam das Geschäft der Islamisten fördern und erledigen.
Was in Afghanistan passiert, hat übrigens mit dem Islam des Mittelalters oder anderen mittelalterlichen Zuständen nichts zu tun. Die Taliban sind eine islamistische Terrorbewegung des späten 20. Jahrhunderts.
— Petra Bahr (@bellabahr) August 16, 2021
Religiöser Fanatismus ist kein Phänomen der Moderne, aber der islamistische Fundamentalismus der Taliban ist es mit Sicherheit. Für religiöse Menschen stellt sich angesichts des wieder anschwellenden Terrors der Taliban die Frage, ob es nicht häufig viel zu naiv ist, im Glauben nur die stärkende, lebensbejahnde Dimension zu sehen, anstatt auch einen konstruktiven, einhegenden Umgang mit seinen Schattenseiten einzuüben.
Die Rückkehr der Dämonen – Werner Kleine (Dei Verbum)
Ähnliche Denkpfade beschreitet Werner Kleine (@WernerKleine) in seinem Afghanistan-Text auf Dei Verbum (@Verbum_Dei). Angelehnt an die dämonischen Kräfte, die auch im Neuen Testament wirksam sind, versucht er sich an einer Unterscheidung der Geister:
Die Antike sah im Dämon erst einmal eine wertneutrale Energie: Der δαίμων (gesprochen: daímon) ist deshalb häufig ein Geistwesen, das sowohl Engel als auch Teufel, gut oder eben böse sein kann. Er repräsentiert eine Energie5), die zum Wohl oder zum Schaden wirken kann – je nachdem, wie sie eingesetzt wird.
Wie einen Dämon kann man auch die Taliban nicht einfach vertreiben und danach zur Tagesordnung übergehen, meint Kleine. Sonst schaut es bei dessen Rückkehr noch schlimmer aus als zuvor.
Der Westen hat sich in vielerlei Hinsicht schuldig gemacht. Die größte Schuld aber trägt er jetzt, weil er für die, die er sich vertraut gemacht hat, die Verantwortung nicht übernimmt. Margot Käßmann behält wohl Recht: Nichts ist gut in Afghanistan). Gar nichts! Wie können wir mit dieser Schuld leben, wenn Gebete und salbungsvolle Worte nicht helfen werden? Können wir so weitermachen wie bisher?
„Wie kann es weitergehen in Afghanistan?“ fragte unter der Woche schon Roger Töpelmann (@Toepelmann) in den zeitzeichen. Doch werden gründliche Antworten auf diese Frage wohl die Infragestellung bisher – auch und besonders von Christen in Deutschland – liebgewonnener Überzeugungen bedürfen.
Was lernt Europa?
Theresa May, die ehemalige Premierministerin von Großbritannien, fragte in der Afghanistan-Debatte des britischen Unterhauses in dieser Woche, warum es für Großbritannien keine alternative Allianz zur Gefolgschaft gegenüber den USA und ihren sicherheitspolitischen Entscheidungen gäbe. Damit ist keine Abkehr von der NATO gemeint, aber ein zweites Standbein, das es Europa ermöglichte, seine humanitären und militärischen Interessen auch unabhängig vom Engagement der USA zu vertreten. Denn eines ist klar: Der durch die US-amerikanische Innenpolitik bestimmte Abzugstermin und -modus hat nicht allein den Abzug aller verbündeter Kräfte erzwungen, sondern auch die Machtübernahme der Taliban getriggert.
Könnte der letztlich gescheiterte Einsatz in Afghanistan die entscheidende Begründung für eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, inkl. gemeinsamer Streitkräfte, sein? Es stimmt nachdenklich, dass ausgerechnet Theresa May, die als Brexit-Premier in die Geschichte eingehen wird, ein starkes europäisches Bündnis nahelegt.
Versagen in Afghanistan bringt christliches Wertegerüst ins Wanken – Matthias Drobinski (katholisch.de)
Matthias Drobinski (@DrobinskiM) wirft in seinem „Standpunkt“ auf katholisch.de dem Westen vor, sein Versprechen an Afghanistan gebrochen zu haben. Das stelle auch die Werte in Frage, auf deren Basis dieses Versprechen formuliert wurde:
Er hat es nicht halten können, weil die Gegen- und Beharrungskräfte im Land stark blieben. Er hat es aber vor allem gebrochen, indem er ein korruptes Regime stützte und für die meisten Menschen in Afghanistan war, was so viele Mächte zuvor waren: Besatzer, die ihre Interessen mit wohlklingenden Absichtserklärungen schmückten. Die Verhandlungen Donald Trumps in Doha haben das offenbar werden lassen, der daraus resultierende, einer schmählichen Flucht gleichende Abzug hat das Versagen komplettiert.
Es ist nicht nur ein Versagen der Militärs und Geheimdienstler. Es wankt das mal christlich, mal abendländisch genannte Wertegerüst, auf das die Europäer und Amerikaner zu Recht so stolz sind.
Das Scheitern des Westens in Afghanistan stellt in diesen Tagen vieles infrage: Den vielbeschworenen Humanismus, den Deutschland in der „Flüchtlingskrise“ bewiesen hat (und noch mehr haben will). Das friedensstiftende Potential des Glaubens, der in sich auch die Kraft zu Zerstörung trägt. (Sicherheits-)Politische Überzeugungen – und manches mehr. Die Frage wird sein, wie lange uns diese unbequemen Fragen wirklich beschäftigen werden, oder ob es sich bei all der erwünschten Nachdenklichkeit auch nur um ein uneingelöstes Versprechen handeln wird.
nachgefasst
Juden zweiter Klasse – Meron Mendel (ZEITonline)
Bei der ZEIT, die sich gedruckt und online im Moment als das Debattenmedium für jüdische Diskurse präsentiert – for better or worse, wie Chajm Guski (@chajmke) auf seinem Blog feststellt -, schaltet sich Meron Mendel (@MeronMendel), Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, in die Debatte um patrilineare Juden (Vaterjuden) ein, die durch ein publizistisches Handgemenge zwischen Maxim Biller und Max Czollek (@rubenmcloop) neuen Auftrieb erhält – aber schon länger schwelt.
Mendel nennt in seinem Artikel einige Beispiele für den, aus der Außenperspektive eines Nichtjuden, für mich erst einmal erstaunlichen Umgang mit Vaterjuden in jüdischen Gemeinden und Institutionen. Nebenbei erklärt er die Hintergründe der Definition von Jüdischsein aus der Halacha und neueste Entwicklungen.
Steinmeier: Jüdisches Zentrum ist ein Geschenk für unser Land (Deutsche Welle)
Mit einer Festveranstaltung ist das neue jüdische Religionszentrum an der Universität Potsdam mit Rabbinerausbildung und Synagoge eröffnet worden, berichtet u.a. die Deutsche Welle:
Als eine neue „wesentliche Säule“ der deutschen Bildungslandschaft würdigte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Einrichtung in Potsdam. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, schrieb in einem Grußwort: „Wir brauchen eine starke öffentliche Sichtbarkeit des Judentums in Deutschland auch auf den Ebenen akademischer Theologie.“
Apocalypse now – André Lorenz (Christ in der Gegenwart)
In der Christ in der Gegenwart hält André Lorenz ein flammendes Plädoyer für einen entschiedenen Kampf gegen die Klimakatastrophe, die nun auch nicht mehr droht, sondern längst begonnen hat.
Wie auch Christian Stöcker (@ChrisStoecker) in seiner SPIEGEL-Kolumne „Die Eltern sind noch längst nicht wütend genug“ zum neuen Bericht des Weltklimarates (ausführliches Material hier), hebt Lorenz auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ab. Lorenz sieht vor allem Christen in der Verantwortung:
Wir als Christen sollten uns angesichts dieser buchstäblich katholischen, allumfassenden, Katastrophe besonders gedrängt fühlen, umzukehren und in eine neue Richtung voranzugehen: Jede Pfarrgemeinde kann am kommenden Erntedankfest auf die Bedeutung der regionalen Landwirtschaft hinweisen und lokale Produzenten zu einem Kirchmarkt einladen. Jede Diözese kann ein Programm auflegen, mit dem Kirchenstiftungen dabei unterstützt werden, an ihren Kirchen eine Ladesäule für Elektroautos zu installieren.
Lorenz ist sich sicher, dass „[d]ie Politik den Klimawandel nicht eindämmen [wird], die Wirtschaft auch nicht. Das kann nur jede und jeder Einzelne von uns.“ Damit sollte jedoch keine vollständige Abwälzung notwendiger politischer und wirtschafts-ethischer Entscheidungen hinein in den Raum individualethischer Verantwortung gemeint sein.
Katholische Kirche: Der lange Weg zum Divestment – Georg Sauerwein (Die Eule)
Unter der Woche hat der Theologe und Klimaaktivist Georg Sauerwein (@GeorgSauerwein) bei uns in der Eule die neue Orientierungshilfe von DBK und ZdK für ethisches Investment analysiert, die erstmals auch Divestment als Strategie gegen die Klimakatastrophe erwähnt. Im Artikel berichtet er vom langen Weg, den sowohl katholische als auch evangelische Kirche auf dem Weg zum vollständigen Divestment fossiler Energien noch zu gehen haben.
Buntes
„Wir wollten keinen weißen deutschen Mann, der uns die Situation in Nahost erklärt“ – Hila Amit im Interview bei Fabian Goldmann (MiGAZIN)
Auf dem Berliner Middle East Union Festival diskutierten am vergangenen Wochenende Künstler:innen, Wissenschaftler:innen, Autor:innen und Aktivist:innen Möglichkeiten des friedlichen, kooperativen und progressiven Zusammenlebens im Nahen Osten. Davon berichtet Festival-Kuratorin Hila Amit im MiGAZIN-Interview von Fabian Goldmann (@goldi). Im Gespräch geht es um die Situation in Israel und Palästina, aber auch um die interkulturelle und -religiöse Szene in Berlin.
Was es auf Ihrem Festival hingegen nicht gab, waren die typischen deutschen Nahost-Experten, die sonst häufig auf den Podien sitzen. War das Absicht?
Ja, das war eine Entscheidung. Wir wollten keinen weißen deutschen Mann, der uns den Nahen Osten erklärt und auch nicht die typisch europäischen Perspektiven. Das war wirklich wichtig für uns. Selbst der Name „Nahost“ kommt ja aus Europa. Leute, die aus dem Nahen Osten kommen, bezeichnen ihre Heimat nicht als „Naher Osten“.
Analyse zeigt qualitative Defizite bei journalistischen Top-Podcasts – Daniel Fiene (Was mit Medien)
Bei Was mit Medien fasst Daniel Fiene (@fiene) die Ergebnisse einer neuen Studie zum Podcast-Boom im Auftrag der Otto-Brenner-Stiftung der IG Metall zusammen. Gelobt werden Meinungsvielfalt und Tiefe der untersuchten Podcasts – und das sich überhaupt 2/5 der meistgehörten Podcasts mit Nachrichten, Politik und Wissen befassen. Allerdings gibt es auch Kritik:
Öfters fehlte die Trennung zwischen Nachricht und Meinung. Besonders Gesprächsformate seien für dieses Defizit anfällig. Ronja Auerbach kommt zu dem Schluss, dass die Hörer*innen eine sehr hohe Medienkompetenz benötigen, um den Unterschied zu erkennen. Diese sei aber bei der vor allem jüngeren Hörerschaft nicht immer gegeben.
Meinung von Sachinformation klar zu trennen, könnte auch den inzwischen zahlreichen Podcasts, die sich mit Kirche(n) und Theologie befassen, nicht schaden. Gerade, wenn sie sich auf Bibeltexte beziehen, wäre es doch nice, wenn unterschiedliche Auslegungen nebeneinander gestellt werden, bevor erklärt wird, welche man aus welchen Gründen vorzieht.
Warum die Beratungsplattform der Caritas nun opensource ist – Johannes Landstorfer (CaritasDigital)
Johannes Landstorfer (@twinnes) erklärt in einem Beitrag auf dem Digitalblog der Caritas vom vergangenen Jahr, warum die Software der Beratungsplattform des katholischen Wohlfahrtsverbandes unter einer Opensource-Lizenz veröffentlicht wurde. Mir ist dieser schon ältere Beitrag diese Woche irgendwie in die Twitter-Timeline gerutscht. Ein Best-Practise-Beispiel für #digitaleDiakonie.
Wegen der Ähnlichkeit der Ziele, der Möglichkeit, die allzu oft stark beschränkten Mittel zu bündeln, oft auch dem Einsatz öffentlicher Gelder erscheint es naheliegend, dass Software für gemeinnützige Zwecke von gemeinnützigen Trägern viel mehr und vielleicht sogar grundsätzlich im Quellcode veröffentlicht werden […].
Darüber hinaus werden neue Formen der Zusammenarbeit möglich, die nicht voraussetzen, sich zuvor in allen Fragen abzustimmen: Jederzeit besteht die Möglichkeit, einzelne Module in der eigenen Version auszutauschen oder im Extremfall komplett eigene Wege auf Basis des erarbeiteten Codes zu gehen. Kräfte bündeln zu können, ohne vorher große und vielgestaltige Verbandsstrukturen aufeinander abstimmen zu müssen und dabei Mehrwert für die Allgemeinheit zu schaffen – das ist das Potential, das es zu nutzen gilt.
Theologie
Biblisches Ausmaß? – Gerd Häfner (Lectio Brevior)
Dieser Tage habe ich mich an diesen ur-alt Blog-Artikel von Gerd Häfner, Professor für Biblische Einleitung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU München, erinnert. Leider lässt Häfner seinen Blog „Lectio Brevior“ süße Träume träumen! In diesem kurzen Text jedenfalls rückt er das Verständnis einer „Apokalypse von biblischem Ausmaß“ zurecht. Und eins ist gleich geblieben: An diesen gibt es auch heute „unvorstellbares Zuschauerinteresse“.
An die Rede von der »Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes« hat man sich ja in der Zwischenzeit gewöhnt. Vielleicht kann man dennoch daran erinnern, was »Apokalypse« eigentlich heißt: Offenbarung, Enthüllung. Der Begriff wird in der Bibelwissenschaft verwendet, um Werke zu bezeichnen, die (meist in Visionen mitgeteilte) Offenbarung über das nahe Weltende enthalten. […]
Die Bibel hat aber weder einen Monopolanspruch auf »apokalyptische Katastrophen«, noch zeichnet sie sich durch besonders ausgestaltete Katastrophenszenarien aus; diese sind auch nicht für sie insgesamt typisch (die Paulusbriefe etwa kennen sie gar nicht). Wer vom »biblischen Ausmaß« spricht, wird vermutlich nicht auf ein biblisches Ausmaß seiner Bibellektüre verweisen wollen.
Predigt
Ich wünschte, ich könnte beten – Juna Grossmann (irgendwie jüdisch)
Auf ihrem Blog schreib Juna Grossmann (@IrgendwieJuna) über ihre Hilfs- und Fassungslosigkeit angesichts der Nachrichten aus Afghanistan. Sie erinnert an die Jamim Noraim, die jüdischen Hochfeste Rosch ha-Schana und Yom Kippur und die der Umkehr gewidmeten Tage zwischen ihnen.
Seit diesem Wochenende, seit Hoffnung für die Menschen in Afghanistan einer Verzweiflung wich, wünschte ich, ich könnte beten. Ich kann es nicht. Ich lese die Nachrichten, bin fassungslos, entsetzt, beschämt und unendlich hilflos. Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte Mal so hilflos fühlte. Und ist es nicht dann, dass sich Menschen dem Gebet, einer Meditation, einer Ordnung und Struktur zuwenden, um etwas Ruhe im Chaos zu finden?
Ein guter Satz
„Gott setzt die bessere Welt nicht mit Gewalt und Waffen durch.“
– aus der Neujahrspredigt von Margot Käßmann vom 1. Januar 2010