Gründlich verordnet – Die #LaTdH vom 27. Mai

Die Kirche und der Datenschutz, eine never ending story. Außerdem: Ein Vorzeigemuslim, Thanos rettet die Welt und eine Prager Fenstersturzpredigt

Debatte

Es ist in fast aller Munde, jeder der eine Website betreibt, oder anderweitig Newsletter verschickt, hat sich damit befasst, und kaum jemand hat nicht eine Mail bekommen, in der er auf die veränderten Datenschutzbestimmungen hingewiesen wurde mit der Bitte seine Daten zu verifizieren und erneut eine Zustimmung auszusprechen, dass man den Newsletter auch weiterhin erhalten will. Auch in der EULE habe wir uns mit der DSGVO beschäftigt, speziell Max, der sie durchgearbeitet hat und erforderliche Schritte eingeleitet und durchgeführt hat.

Für die einen ist die DSGVO ein Graus, für andere ein Lichtblick.

Datenschutzdingspanik – Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach (Haltungsturnen)

Die DatenSchutzGrundVerOrdnung gilt nun also, seit Freitag. Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach (@luebue) nutzt die Gelegenheit der eintrudelnden E-Mails mal einen genaueren Blick auf die Anfragen in diesen Mails zu werfen. Außerdem muss er sich selbst mit der DSGVO beschäftigen, aufgrund seiner zwei Hobby-Blogs und fragt sich, wem die Europäische Verordnung nun eigentlich was bringt.

Besonders apart fand ich die Bettelmails, die voller Bedauern auf die schlimmen Veränderungen hinwiesen (offensichtlich anknüpfend an die Panikberichte der letzten Wochen) – um dann allerdings zu versuchen, mich zu absurd weitgehenden Zustimmungen zur Datenpreisgabe und Einwilligung zu tricksen.

Warum Datenschutz ein epochales Thema ist – Wolfgang Janisch (sueddeutsche.de)

Wolfgang Janisch bringt auf den Punkt, dass die Wahl des Namens ‚Datenschutz…‘ zu abstrakt ist, denn im Grunde geht es bei der DSGVO doch viel mehr um den Schutz des Individuums.

Wir Menschen sind selbstbestimmt, gewiss, aber wir sind eben auch schwach. Die digitale Welt hat sich tief in den Alltag eingefräst. Man will ihre Gadgets haben und ihre Kommunikationsnetze nutzen. Und solange nichts vom Konto abgebucht wird, fühlt es sich kostenlos an. Die Schmeichler und Verführer werden alles tun, damit das so bleibt.

Kirchlicher Datenschutz: Gut gemeint, schlecht umgesetzt – Felix Neumann (katholisch.de)

Parallel zu Europäischen Datenschutzgrundverordnung haben auch die Kirchen in Abstimmung zu dieser EU-DSGVO neue Datenschutz-Gesetze bearbeitet. Felix Neumann (@fxneumann) hat einen genaueren Blick auf das Kirchliche Datenschutzgesetz (KDG) geworfen, und hat einiges zu kritisieren. Speziell, dass es keine große Hilfe im Umgang mit der DSGVO ist, um Angst zu nehmen und Kommunikation auch weiterhin zu ermöglichen.

Im kirchlichen Bereich führt das allerdings zu größeren Problemen: Zur DSGVO gibt es bereits seit Jahren mehrere juristische Kommentare und Praxishilfen, es gibt Online-Tools, die beim Aufsetzen einer rechtskonformen Datenschutzerklärung für Webseiten helfen, es findet eine breite Debatte in Fachzeitschriften und Tagespresse statt. Nichts davon gibt es im kirchlichen Bereich; nur ein paar dünne Informationshefte haben die Datenschutzbeauftragten aufgelegt, die allerdings kaum mehr als eine ausführlichere Fassung des Gesetzes darstellen. Die wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum KDG lassen sich an einer Hand abzählen. Und während mit der DSGVO auch sogenannte „Erwägungsgründe“ veröffentlicht wurden, die die Auslegung des Gesetzes erleichtern, wurde das KDG kommentarlos in den Amtsblättern der Bistümer veröffentlicht.

nachgefasst

#WeToo…?! – Maria-Elisabeth Aigner (feinschwarz.net)

In der Woche, in der Harvey Weinstein sich den Behörden gestellt hat, kommt die Debatte auch bei denen wieder ins Bewusstsein, denen sie kurz mal in den Hintergrund gerutscht ist. (Zum Eule-Schwerpunkt-Thema #ChurchToo hier entlang.)

Maria-Elisabeth Aigner hat den Text noch vor der Schlagzeile, dass der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagte Medienmogul vorerst unter Hausarrest steht, geschrieben und veröffentlicht. Sie erinnert daran, dass Debatten Reflexionsprozesse auslösen, persönliche, in der Kirche und Gesellschaft. Es ist wichtig den Diskussionen Raum zu schaffen, so dass es auch denen ermöglicht werden kann sich zu äußern, die nicht unter dem Schutz von Geld und Macht stehen. In der Gemeinschaft ist es dem Einzelnen möglich.

Die Diskussionen provozieren, sich zu positionieren und zwar medial, gesellschaftlich, kirchlich, aber auch individuell – im Beruf, oder im Privaten. Die Betroffenen nehmen sich Raum und wagen es, sich auch öffentlich mit ihrem Schmerz zu zeigen. Sie muten Kirche und Gesellschaft ihr Stigma, ihre Verletzung, und die damit verbundene Herabwürdigung zu. Damit erzwingen sie Auseinandersetzung um jeden Preis.

Buntes

For Thanos so loved the world – Samantha Field (samanthapfield.com; englisch)

Avengers: Infinity War. Spoileralarm: Wer ihn noch sehen will und noch nicht gesehen hat, sollte den Text nicht lesen, weder diesen hier, noch den verlinkten.

Ich selbst bin aus dem Film rausgegangen und konnte den Heimweg über nur schweigen, in Gedanken versunken. Der Bösewicht, ist er so böse? Er verfolgt sein eigenes Ziel, aber nicht zu seinem Besten, sondern zum Besten für die Bevölkerung des Universums, seiner Ansicht nach. Ist er deshalb noch ein Bösewicht? Samantha Field (@samanthapfield) setzt Parallelen zwischen Gott und Thanos, die beide ihr Liebstes für ein höheres Gut opfern. Und blickt dabei mit einem Augenzwinkern auf die Theologie der amerikanischen Evangelikalen.

There’s a gaping hole in both Thanos’ plan and penal substitionary atonement theory. Thanos and God are predestining everyone in the universe to death—or worse, eternal conscious torment, being tortured forever in a lake of fire—when with all their power they could choose another option if they wanted to.

Der Vorzeigemuslim, der keiner sein darf – Antonie Rietzschel (krautreporter.de)

Antonie Rietzschel (@arietzschel) schreibt über Suleman Malik, der seit 2001 in Deutschland lebt und versucht gegen Islamfeindlichkeit vorzugehen, indem er seinen Glauben erklärt. In Zeiten, in denen die AfD im Bundestag sitzt und ein Heimatminister sagt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, klingt das nach keiner leichten Aufgabe.

„Manchmal habe ich das Gefühl, gegen uns Muslime läuft eine Kampagne“, sagt Suleman Malik. Das klingt nach Verschwörung, nach Opferrolle. Doch wer die Geschichte des 33-Jährigen kennt, kann diese Gedankengänge nachvollziehen. Denn Malik möchte gerne ein Vorzeigemuslim sein, er nimmt dafür viel in Kauf, aber manchmal wirkt es so, als ob Malik noch nicht einmal das sein darf. Er hat zu sein, was die Anderen in ihm sehen.

Das letzte Gebet – Benjamin Piel (zeit.de)

Während seit dem Katholikentag in Münster wieder darüber gesprochen wird, ob Frauen sakramentale Ämter ausfüllen dürfen, werden die Priester in Deutschland immer weniger, die Seelsorgeeinheiten immer größer. Benjamin Piel begleitet Pfarrer Andreas Lorenz aus dem Kreis Salzwedel durch seinen Alltag und stellt fest, dass immer mehr Kirchen geschlossen werden müssen.

„Gelobt sei Jesus Christus“, der Gottesdienst ist zu Ende. Einer der letzten in der Stadt. Denn demnächst will das Bistum Magdeburg die Kirche verkaufen. Die Zahl der Besucher der Kirche ist in den vergangenen Jahren stark gesunken, außerdem fehlt es an Menschen wie Lorenz, die sich um die Kirche kümmern. „Es ist eben so, wie es ist“, sagt der Pfarrer. Er hat sich schon lange darauf eingestellt, dass Einschnitte kommen werden. Zusammenlegungen, Schließungen, Streichungen, Rationalisierungen.

Predigt

Der 23. Mai 2018: 400 Jahre Prager Fenstersturz – 155 Jahre SPD – 69 Jahre Grundgesetz – Christian Wolff

Zum Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche am 14. Mai diesen Jahres hielt Christian Wolff eine Ansprache zum Thema „In Frieden miteinander leben“. Dabei kommt er auf den Prager Fenstersturz zu sprechen, der der Anfang eines langjährigen Gemetzels war und wenig mit Frieden zu tun hat, außer, dass er eine Friedenszeit beendete.

Sie stürmten eine Versammlung der Stände auf der Prager Burg und warfen zwei Vertreter aus dem Fenster. Danach kam es zum böhmisch-pfälzischen Krieg, der sich dann über drei Jahrzehnte zu einem der grausamsten Gemetzel in Mitteleuropa ausweitete. Mehr noch: In und mit diesem Krieg wurde alles zerstört, was dem Menschen heilig sein sollte und wofür Kirche eigentlich steht: „Treu und Glaube verfiel, indem die Stärke allein mit eisernem Zepter herrschte … und die Menschen verwilderten mit den Ländern.“ schrieb Friedrich Schiller. Er deutete damit an, dass weder Religion noch Religionslosigkeit Ursache von Gewalt oder Garanten des Friedens sind.

Ein (guter) Satz

„Unfortunately, our website is currently unavailable in most European countries.“

– Los Angeles Times, u.a. – Als Reaktion auf die neuen Datenschutzregeln innerhalb der Europäischen Union verstecken sich Medien und Dienstanbieter im Netz von anderswo vor den europäischen Nutzern. („We are engaged on the issue and committed to looking at options that support our full range of digital offerings to the EU market. We continue to identify technical compliance solutions that will provide all readers with our award-winning journalism.“)