Newsletter #LaTdH

Jubilate Deo! – Die #LaTdH vom 17. Juni

Eine Woche zwischen verfilmter Papst-Euphorie und ökumenischer Ernüchterung über die realexistierende römisch-katholische Kirche. Außerdem: Fußball, Fakenews & Frauenordination.

Filmkritik

Kino als Kanzel: Der neue Papst-Film – Andreas R. Batlogg SJ (jesuiten.de)

Der Film »Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes« startet in den Kinos. Ob das Pontifex-Porträt des deutschen Filmemachers Wim Wenders gelungen ist, beantwortet P. Andreas R. Batlogg SJ in einer ausführlichen Filmanalyse auf der Website der deutschen @Jesuiten:

Wim Wenders gelingt, was Bewunderern wie Verächtern dieses Mannes aus Buenos Aires so oft nicht gelingt: zu zeigen, dass Franziskus von seiner Sendung überzeugt [ist]. Der Papst führt seine Mission unbeirrt aus, mit sich im Reinen, im Frieden – und das lässt keinen anderen Schluss zu, als dass Jorge Mario Bergoglio, der erste Jesuit [auf] dem Stuhl Petri, ein tief im Gebet verwurzelter Mann ist, den nichts so schnell umwirft. (…) Wim Wenders predigt mit großartigen Bildern. Entziehen kann man sich ihnen nicht. Kritische Stimmen blendet der Film bewusst aus. Man mag ihn deswegen als Propagandafilm bezeichnen, und es gibt böse Vergleiche mit Leni Riefenstahls Kunst. Klar ist aber auch, was Wim Wenders selber, trotz seiner Bewunderung, in Gespräch mit der Wiener Wochenzeitung »die Furche« festhält: Franziskus sei sich sehr bewusst, »dass er Änderungen nur lostreten, aber nicht durchführen kann.«

Franziskus in Bildern: Der neue Film von Wim Wenders – Joachim Valentin (herder-korrespondenz.de)

In der aktuellen Ausgabe der Herder-Korrespondenz (@HK_Aktuell) stellt @ValentinJoachim, Direktor des Katholischen Kultur- und Bildungszentrums @HausamDom in Frankfurt am Main, fest, Wim Wenders sei eine erste Summe des bemerkenswerten Pontifikats für die Armen gelungen:

Und es ist tatsächlich eine Bilderflut, die sich über den Zuschauer 90 Minuten lang ergießt. Schön, informativ, anrührend, begeisternd. So gut komponiert und geschnitten, mit so bewegender Musik unterlegt, dass man gar nicht wegschauen kann (und will) und am Ende etwas verkatert fragt: Bin ich hier wirklich dem Papst begegnet, seiner Intention, seiner kirchenpolitischen Sendung oder doch eher der Film-Kunst seines Fans Wim Wenders auf den Leim gegangen, der bisweilen auch vor dem Kitsch von Sonnenuntergängen und Patti-Smith-Songs nicht zurückschreckt?

Fragen eines verzagten Weltbürgers – Bert Rebhandl (faz.net)

Eine Arbeit in höherem Auftrag: Wim Wenders spart nicht an Mystik, schreibt @BertRebhandl, der Regisseur sei dem Charisma des Pontifex ganz und gar erlegen:

Der Filmemacher ist gläubig geworden, jedenfalls in dem Sinn, dass er dem Papst eine Menge zutraut. Dabei kommt dem Filmemacher entgegen, dass der Papst selbst kein Dogmatiker ist, sondern seinen Glauben in erster Linie praktisch versteht. Über die theologischen Spitzfindigkeiten, zu denen irgendwann sogar eine überirdische Sprechakttheorie hinzukam, die dem Papst die Vollmacht zu Aussagen »ex cathedra« gibt, setzt Franziskus sich alltagschristlich hinweg. Er ist im Grunde der in die Jahre gekommene Typus des sozial bewegten Jugendpfarrers mit der Gitarre, der die vielleicht wichtigste Generationenfigur in den westlichen Kirchen nach dem Zweiten Vatikanum war. Nur sind an die Stelle der Gitarre die Massenmedien getreten.

Debatte

Fußball süß-sauer – Alexander Schwabe (publik-forum.de)

Kommerz, Show, Irrsinn – muss man sich die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland wirklich noch antun? @AlSchwabe, neuer Ressortleiter Politik und Gesellschaft bei @publikforum, gesteht: Ja, irgendwie schon!

Die Kommerzialisierung hat die Schamgrenze überschritten. Spielermaterial, Hunderte Millionen schwer. Ein Milliardengeschäft, organisiert und vermarktet von einer Organisation mit Sitz in der Schweiz, korrupt, gierig und mafiös. Der Sportsgeist erstickt vom Mammon. (…) Doch dann, doch dann: das Spiel! Wenn der Ball rollt. Wenn er durch die Reihen läuft. Wenn er fliegt, wenn er flattert. Ach, wenn Spieler mit ihm zaubern. Wenn die Dramatik steigt. (…) Wenn ein Spiel kippt. Wenn man am Boden zerstört ist. Wenn Gerechtigkeit doch noch siegt. Wenn man schreit vor Glück. Wenn Fußball wie das Leben ist. Dann ist aller Unmut vergessen.

Es ist nicht mehr 2006 – Sara Peschke (sz-magazin.de)

Fanmeilen, Publik-Viewing im Biergarten, Sommermärchen – vor den letzten großen Fußballturnieren fühlte sich @SaraPeschke, als reise sie mit »vielen lustigen Menschen« auf eine kleine Insel, weit weg vom Alltag. Doch die WM 2018 in Russland weckt bei ihr wenig Vorfreude – und daran ist nicht nur der Fußball schuld:

Es ist nicht mehr 2006, sondern 2018. Menschenaufläufe mit Deutschlandfahnen sieht man nicht mehr nur alle zwei Jahre, und es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass es sich dabei um einen Pegida-Aufmarsch handelt als um eine Fanansammlung. (…) Deutschland ist nicht mehr das gleiche Land wie 2006, und auch nicht wie 2014. Nicht mehr (nur) diese fröhliche, bunte Nation, die Schulter an Schulter vor den Leinwänden fiebert. Sondern da gibt es auch diejenigen, die »Merkel raus!« brüllen, wenn Bilder von der Kanzlerin eingeblendet werden, wie sie im Viertelfinale auf der Tribüne sitzt.

… und noch ein #servicetweet: Wem der Jargon der TV-Kommentatoren auf die Nerven geht, kann sich eine Extraportion Realsatire auf Twitter abholen. Die »Livetickergenerator WM-Edition« von @randomlivetext liefert zufallsgenerierte Livetickermeldungen – hier ein paar Kostproben:

Nach eisenhartem Innenristschuss von Eden Hazard boxt Marc-André ter Stegen die Pille problemlos aus dem Winkel. #BELGER

Nach attraktivem Sololauf wurschtelt Yoel Bárcenas die Pille rotzfrech auf Luis Tejada, aber der schließt auf halblinks zu überhastet ab. #PANNGA

nachgefasst

»Der Kommunionstreit der Bischöfe hat bizarre Formen angenommen« – Michael Seewald im Gespräch mit Christiane Florin (deutschlandfunk.de)

Das römische Lehramt lebe in einer »hoch dogmatisierten, verknöcherten Welt«, weit weg von den Gläubigen, sagt Michael Seewald, Professor für katholische Theologie in Münster, mit 30 Jahren der jüngste seines Fachs. In seinem neuen Buch »Dogma im Wandel. Wie Glaubenslehren sich entwickeln« zeigt er, dass die Geschichte des katholischen Dogmas bewegter ist, als manche Entscheidungen zu Kommunion und oder Frauenweihe vermuten lassen. Im Interview mit @christianeflori​ redet er Klartext:

Wir haben es hier mit völlig verschiedenen Welten zu tun. Das zeigt sich jetzt ja auch wieder im Kommunion-Streit der Bischöfe, der ja wirklich jetzt Formen annimmt, die nur noch bizarr sind. Wir haben es hier mit getrennten Wirklichkeitswahrnehmungen und Welten zu tun. Auf der einen Seite eine hoch dogmatisierte, verknöcherte – wie Sie eingangs gesagt haben – Welt. Auf der anderen Seite natürlich eine Welt von Menschen, die versuchen ihren Glauben glaubwürdig zu leben, aber für solche Dinge einfach kein Verständnis mehr aufbringen.

Ein päpstlicher Brief, mit dem sich leben lässt – Christian Geyer (faz.net)

Der Brief des Vatikan an Kardinal Marx zeigt, dass auch in Rom die Streitfrage Kommunion noch nicht entschieden ist. Man ist sich einig, uneinig zu sein, kommentiert Christian Geyer und empfiehlt, bei der Bewertung des Vorgangs »sollte man, statt einfach draufloszufuttern, sorgsam das hermeneutische Besteck bereitlegen«:

Man findet dann ad 1), dass der sogenannte Kommunionstreit mitnichten von Rom »entschieden« wurde, wie es jetzt heißt. Rom hat entschieden, in der fraglichen theologischen Sache nicht zu entscheiden, jedenfalls im Augenblick nicht, hat eine »baldige Klärung« und diese dann »auf weltkirchlicher Ebene« in Aussicht gestellt. Man findet ad 2), dass Kardinal Marx jetzt gar nicht als der große Verlierer dasteht, als der er hingestellt wird. Marx kann für sich verbuchen, einen Ball ins Rollen gebracht, eine Dynamik in der Weltkirche ausgelöst zu haben, gegen welche die Abmahnung der von ihm mobilisierten »Handreichung« (»nicht zur Veröffentlichung reif«) ein Kinkerlitzchen ist. Man findet ad 3), dass in der Form der Abmahnung hier eine Lizenz steckt (und sich als weltkirchliche Klärung in Ladarias Brief schon einmal skizziert findet). Es ist eine Lizenz, mit der gerade auch Kardinal Marx gut leben könnte, wenn er seine »Überraschung« über Ladarias Schreiben überwunden hat, eine Lizenz, die so profiliert bislang nicht greifbar war.

Der Papst steigt auf die ökumenische Bremse – Ulrich H.J. Körtner (Die Presse)

Prof. Ulrich H.J. Körtner, evangelischer Ordinarius für Systematische Theologie der Universität Wien, erinnert in seinem Gastbeitrag für @DiePressecom ‏an »weltweit hohe ökumenische Erwartungen«, die im Jahr des Reformationsjubiläums 2017 geweckt wurden. Nun gab es innerhalb weniger Tage »gleich mehrere gehörige Dämpfer«:

Roms Entscheidung in der Kommunionsfrage bedeutet nicht nur für Kardinal Marx einen Gesichtsverlust, sondern ist auch für die EKD-Spitze peinlich, die ganz auf den Münchener Erzbischof gesetzt und sich im Vorfeld mit ihm abgestimmt hatte. (…) Auf evangelischer wie auf katholischer Seite müssen wir zu Kenntnis nehmen, dass nicht etwa nur der Reformwille, sondern die objektiven Reformmöglichkeiten der katholischen Kirche Grenzen haben. Sie könnten nur um den Preis überschritten werden, dass letztlich das ganze katholische Lehrgebäude kollabiert. Nur wenn man das endlich begreift, ist eine realistische Ökumene möglich, die gelassen mit den zwischen den Konfessionen bestehenden Grunddifferenzen umgehen kann.

Evangelischer Ehemann: Ja, es ist eine Notlage – Tobias Dienst (katholisch.de)

Die Betroffenen des Kommunionsstreits selbst kamen bisher nie richtig zu Wort – bis jetzt: Der evangelische Theologe Tobias Dienst, Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Reformationsgeschichte und Neuere Kirchengeschichte der Universität Heidelberg, berichtet aus erster Hand über das gemeinsame Glaubensleben mit seiner katholischen Ehefrau – und den Schaden, den der Kommunionstreit angerichtet habe. Bei sehr vielen sei die Botschaft angekommen, dass sie in der Gemeinde nicht erwünscht sind:

Was mir fehlt, ist die klare und direkte Ansprache an alle gemischtkonfessionellen Paare mit einer Botschaft, der ja offenbar alle ausnahmslos zustimmen: dass die bestehende Regelung – sei es auch nur als individuelle Ausnahmeregelung – weiterhin gilt und kein evangelischer Christ neben dem katholischen Ehepartner an der Kommunionbank abgewiesen wird.

Die Deutsche Bischofskonferenz – jetzt mit neuem Vorsitzenden? – Fabian Klask, Hannes Leitlein & Christina Rietz (zeit.de)

Das Machtwort aus Rom ist ein Affront für die Mehrheit der deutschen Bischöfe und stärkt die konservative Gruppe um Rainer Maria Kardinal Woelki. Der Erzbischof von Köln sei jetzt der neue starke Mann in der Deutschen Bischofskonferenz, meinen @FKlask, @hannesleitlein und @rietzi in ihrer Analyse:

Mit der Absage an die von vielen Gläubigen gewünschte Annäherung klärt der Vatikan noch etwas anderes: einen Machtkampf unter Deutschlands obersten Katholiken. Indem Franziskus dem Kölner recht gibt, düpiert er den eigentlichen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz: Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München. (…) Ohne den Kölner wird künftig auch in anderen Fragen der deutschen Bischöfe nichts mehr gehen. Er ist so etwas wie der Oppositionsführer und da die Opposition gerade gewonnen hat: der mächtigste deutsche Bischof mit Rom im Rücken.

For men only. Zur fesselnden Logik einer lehramtlichen Tradition – Rita Werden (y-nachten.de)

Kürzlich hat der Präfekt der Glaubenkongregation, Luis Ladaria SJ, einmal mehr verlauten lassen, dass die Kirche auch künftig keine Frauen zu Priesterinnen weihen wird. Hinter der Erinnerung an das Verbot der Frauenordination verbirgt sich für Dr. Rita Werden, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Fundamentaltheologie und Philosophische Anthropologie der Universität Freiburg, ein Verständnis von lehramtlicher Autorität, das heute längst infrage steht.

Das Lehramt kann keine Veränderung in der Lehre darlegen, ohne damit die eigene Legitimation infrage zu stellen. Im Fall der Menschenrechte hat das Lehramt innerhalb von 100 Jahren eine Kehrtwendung vollzogen, wenn auch ohne Konsequenzen für das eigene Selbstverständnis. Ob ein solches Manöver auch in der Frage der Ordination von Frauen möglich wäre, steht zu bezweifeln. Es könnte sein, dass in beiden Fällen die Glaubwürdigkeit des Lehramts gegen die Glaubwürdigkeit einer Kirche steht, aus deren Struktur und Handeln der liebende und gerechte Gott ersichtlich werden soll, auf den sie sich bezieht.

In seinem Beitrag über »Die Rechtsgestalt der römisch-katholischen Kirche« im »Handbuch der Religionen« hat der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke diese Situation bereits 2007 treffend kommentiert:

Die Amtskirche ist hinsichtlich ihrer sakrosankten Kernstrukturen nicht nur reformunwillig. Sie ist ihren eigenen dogmatischen Festlegungen gegenüber machtlos und insoweit nicht vorwerfbar reformunfähig.

Glaubenskongregation: Das Comeback des Jahres – Ludwig Ring-Eifel (katholisch.de)

»Wir werden in diesem Jahr Zeugen eines erstaunlichen Comebacks: Die lange Zeit abgetauchte Römische Glaubenskongregation ist wieder da!«, meint KNA-Chefredakteur @LudwigRingEifel. Binnen Monaten ist die päpstliche Behörde wieder zu einer der wichtigsten Instanzen im Vatikan geworden:

Vergessen scheint inzwischen die (offiziell nie bestätigte) Ermunterung des Papstes an Ordensleute aus der Frühzeit seines Pontifikats. Wenn sie Mahnungen der Glaubenskongregation erhalten, sollten sie die gelassen zur Kenntnis nehmen und einfach genauso weitermachen wie zuvor, soll Franziskus damals gesagt haben. Ob das überhaupt stimmt, ist unklar. Gültigkeit hätte der Satz nun ohnehin nicht mehr.

Causa finita – Peter Otten (Theosalon)

@PeterOtten ist es leid, immer ausgefuchstere Begründungen für die Diskriminierung von Frauen in seiner Kirche zu hören. Beim Joggen kam dem Kölner Pastoralreferenten die Perikope vom Weltenrichter in den Sinn:

Tja, und vielleicht müssen die zu seiner Linken dann antworten: »Hey, wir dachten irgendwie, weil Jesus doch ein Mann war, dass es nur Chefs geben soll und keine Chefinnen. Zwar sagten ein paar von uns: Geht es nicht um das Heil der Welt und der Seelen? Aber wir dachten halt, es kann nur Männer geben und das hättest du verfügt und dann gabs Personalnot, und dann sind ein paar Fremde, Nackte und Kranke durchs Rost gefallen, bedauerlich, aber wie gesagt: Nach bestem Wissen und Gewissen.« Und dann sagt der Weltenrichter vielleicht: »Habt ihr noch alle Latten am Zaun?«

Dass der Streit um Frauen im Amt nicht nur in der römisch-katholischen Kirche aktuell bleibt, zeigt die Ordination von Dace Dislere-Musta. Weil sie in der evangelisch-lutherischen Kirche in ihrer Heimat Lettland nicht Pfarrerin werden durfte, war die Theologin vor vier Jahren nach Österreich gekommen:

»Als ich in den neunziger Jahren mit meiner Ausbildung begann, war in Lettland nach der Wende viel im Umbruch. Die evangelische Kirche bekam auf einmal sehr großen Einfluss«, blickt Dislere-Musta zurück. Genau das sei aber zum Problem geworden. Einige Männer in leitenden Funktionen der Kirche hätten sich besorgt gezeigt, diesen neu gewonnen Einfluss zu verlieren, insbesondere an Frauen. Seit Mitte der Neunziger seien de facto keine Frauen mehr ordiniert worden. »Damit erreichten sie jedoch genau das Gegenteil. Die Kirche hat damit das Vertrauen völlig verloren«, sagt Dislere-Musta.

Buntes

Die Wurzel allen Übels ist nicht der Priestermangel – Joachim Valentin (katholisch.de)

@ValentinJoachim nimmt das in dieser Woche publizierte »Statistische Jahrbuch« des Vatikan zum Anlass, über Perspektiven für die deutsche Kirche nachzudenken. Der Theologe (und Film-Experte, s.o.) empfiehlt den relativierenden Blick auf die Weltkirche:

Für deutsche Katholiken muss das frustrierend sein: Kann schon kein »reaktionärer« römischer Papst mehr herhalten für das Hinken und Knirschen der deutschen Frömmigkeit – wie unglaublich inspirierend unser Papst ist, zeigt uns aktuell der faszinierende Film von Wim Wenders – so taugt nun auch der Priestermangel nicht mehr, um als Wurzel allen Übels die katholische Welt zu erklären. Das Bewusstsein, dass die aktuelle keine Notlage ist, sondern im weltweiten Vergleich immer noch nicht nur finanziell, sondern auch personell luxuriös, könnte nun so manches Lamentieren im Keim ersticken.

Der vergessene Aufstand 1953: Warum der 17. Juni wieder ein Feiertag werden sollte – Tessa Högele (ze.tt)

Am 17. Juni 1953 protestierten hunderttausende Menschen in der DDR für Freiheit und Demokratie. Sie scheiterten mit ihren Forderungen. Doch ihren Mut sollten wir trotzdem nicht vergessen. @tessahoegele (zuständig für »Glitzerstifte, Mandalas und Innenpolitik«) plädiert dafür, den »Tag der Deutschen Einheit« wieder am ursprünglichen Datum zu feiern:

Die Geschehnisse und die Opfer des 17. Juni sind Teil des Fundaments unserer Freiheit. Und aus diesem Grund sollte dieser Tag wieder ein staatlich vorgeschriebener Feiertag werden. Ein Feiertag kann gesellschaftsprägende, historische Ereignisse adeln und die kollektive Erinnerung konservieren. Insofern würde ein solcher Tag viel mehr zu unserer modernen Gesellschaft passen, in der Kirche und Staat getrennt sind, als christliche, staatlich verordnete Feiertage.

»Passiert gerade wirklich etwas?« Das #Fake-Ereignis – Sylvia Sasse (geschichtedergegenwart.ch)

Fake-Ereignisse sind nicht bloß Fake-News, sie erschüttern das Verhältnis von Politik, Realität und Medien auf eine andere Weise. Sylvia Sasse, Professorin für Slavistische Literaturwissenschaft an der Universität Zürich, weist in ihrem Essay auf @G_der_Gegenwart, dem Online-Magazin für Beiträge aus geistes- und kulturwissenschaftlicher Perspektive, auf erschreckende Parallelen zwischen den Methoden des fiktiven US-Präsidenten Frank Underwood (»House of Cards«) und dem Fall Arkadij Babčenko hin: Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, Fake und Wahrheit verschwimmen.

Dass Fake-Ereignisse nicht bloß in Filmen vorkommen, hat Ende Mai der in Kiev vorgetäuschte Mord am russischen Schriftsteller Arkadij Babčenko auf erschreckende Weise vorgeführt: mit Maskenbildnern, echtem Blut, Einschußlöchern auf dem T-Shirt, Polizei, Ärzten, Krankenwagen, Pressemitteilung. Er hat uns daran erinnert, dass wir es nicht nur mit Fake-News, also mit der medialen Erfindung von Ereignissen, die nicht stattgefunden haben, zu tun haben können, sondern auch mit Fake-Ereignissen, also mit Ereignissen, die zwar stattfinden, aber nur so tun »als ob«.

Steht die Demokratie in Deutschland am Abgrund? Interview mit Andreas Püttmann (domradio.de)

Fakenews, Populismus, Stimmung gegen Alt-Parteien: Ist die freiheitlich-demokratische Gesellschaft in Deutschland am Abgrund? Noch nicht, aber es sei höchste Zeit, dass sich etwas bewegt, fordert der Politikwissenschaftler @Puettmann_Bonn. Auf die Frage von @RenardoJoachim nach einem Ausweg, »damit es nicht so weit kommt wie damals mit der Weimarer Republik?« antwortet der Bonner Publizist:

Dafür muss es aus der bürgerlichen Mitte, die ja immer noch weit überwiegend gemäßigt und liberal orientiert ist, eine Mobilisierung geben. Radikale sind immer zehnmal emsiger, zehnmal mehr bereit, Zeit, Geld und Herzblut zu investieren, und sie sind extrem gut vernetzt. [Wir brauchen] eine Mobilisierung mit Leidenschaft und auch mit einer Bildungsanstrengung, um uns neu anzueignen, was überhaupt Demokratie und Rechtsstaat bedeuten. Wir brauchen auf gesellschaftlicher Ebene Kräfte – da sind auch die Kirchen sehr wichtig – die Menschen zusammenbringen und nicht zulassen, dass gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen ein Ressentiment Platz greift, das sich bis zum Hass steigern kann. Wir brauchen also Dialog, Integration, aber auch entschiedenen Kampf.

Papst vs. PDF: Das grosse Duell – Jürg Tschirren (SRF Digital)

Vor fünf Jahren, als das »Portable Document Format« seinen zwanzigsten Geburtstag feierte, behauptete sein Erfinder Adobe, das Dateiformat PDF sei bekannter als der Papst. @SRFDigital hat diese Behauptung jetzt in elf Punkten überprüft: ernsthaft, gründlich und mit Bildern. Eine Kostprobe:

9. Fehleranfälligkeit:
Ein PDF kann Bugs haben. Der Papst ist unfehlbar. Wertung: Punkt Papst.

Predigt

Vom Geheimnis der selbstwachsenden Saatkörner – Christian Bauer (predigtpreis.de)

Im heutigen Tagesevangelium (Mk 4,26-34) hören wir die bekannten Gleichnisse vom Wachsen der Saat und vom Senfkorn. Prof. Christian Bauer, Leiter des katholischen Instituts für Praktische Theologie der Universität Innsbruck, sieht im Bibeltext eine gute Nachricht für alle, die meinen, das Heil der Welt hinge nur von ihnen ab:

Wie der Sämann im Gleichnis Jesu müssen wir nur das Unsrige tun, mehr nicht. Gott braucht keine Übermenschen und schon gar keine Überchristen. Er allein lässt wachsen. Und manchmal ist es schon viel wert, wenn wir ihm dabei keine Steine in den Weg legen.

Ein guter Satz