#kt18: Heiter bis Woelki – Die #LaTdH vom 13. Mai

Auf zum Katholikentag nach Münster mit reichlich Ökumene, Polarisierung und einer Prise Populismus. Außerdem: Vertrauen wagen, den Anderen kennenlernen und #digitaleKirche.

Debatte

In Münster findet der Katholikentag heute seinen Abschluss und hatte so einiges zu bieten: Eine kritisch antizipierte Diskussion unter Beteiligung der AfD, eine promovierte Grenzverletzung und viel Basis-Ökumene.

Kardinal Woelki zum Leib des Herrn: „Würde niemals von einer Oblate sprechen“ – Rudolf Gehrig (CNAdeutsch)

Der Katholikentag ist ein großes Ökumenefest. Wer in einer der Messen zur Eucharistie geht, wird üblicherweise nicht nach Parteibuch oder Steuerbescheid gefragt. Unter den ökumenebegeisterten Katholikentagsbesucherinnen finden sich naturgemäß viele Unterstützerinnen der Handreichung der Bischofskonferenz, die es konfessionsverbindenden Ehepaaren unter seelsorglicher Begleitung im Einzelfall ermöglichen soll an der Eucharistie gemeinsam teilzunehmen. Die Handreichung wird von mehreren Bischöfen in Frage gestellt, u.a. vom Kölner Erzbischof Kardinal Woelki.

Dass aus der Handreichung im öffentlichen Diskurs ständig eine generelle Einladung von Evangelen zur Eucharistie gemacht wird, ist der Kardinal Fehler der Debatte. Einen Bärendienst hat den Unterstützerinnen der Handreichung nun der Bühnendoktor und Kirchenclown Eckart von Hirschhausen auf einem Podium mit Woelki erwiesen. Er wagte sich weit hinaus auf das oblatendünne Eis des halben Zweidrittelwissens und ließ jenen Respekt vermissen, der zu einer ehrlichen Ökumene dazu gehört.

Kannst du mir da weiterhelfen? – Hanna Jacobs (Christ & Welt)

Hanna Jacobs (@hannagelb) schreibt in der Christ & Welt jede Woche Kluges und Wünschenswertes. Diese Woche über die „WhatsApp-Ökumene“:

Für mich ist dieses ökumenische Netzwerk, das seit dem Studium durch einzelne Begegnungen ebenso gewachsen ist wie durch Kongresse und die Twitter-Community, ein wichtiger Lernort. Es ist ein Schatz, wenn ich an einem schwierigen Tag die Nachricht bekomme, dass in der Klosterkirche eine Kerze für mich brennt. Und es macht Spaß, sich in der Sprachschule namens Ökumene gegenseitig die geistlichen Vokabeln beizubringen, die für die eigene Tradition besonders wichtig sind. […]Machen wir uns die Ökumene, wie sie uns gefällt!

Davon braucht es auch heute reichlich, denn gegenseitige Vorurteile harren immer noch ihrer endgültigen Verabschiedung. Allerdings, kleiner Wermutstropfen: Solche Ökumene der persönlichen Bekanntschaft blendet wenigstens teilweise aus, was nach wie vor Dogma mancher Konfession ist. Selbst, wenn der jeweilige Gesprächspartner sich nicht daran gebunden fühlt. Einfach drüberweg geht leider nicht. Umso wichtiger ist fundiertes Wissen um den Anderen und gegenseitige Achtung auch schwieriger Positionen. Gell, Herr Dr. Hirschhausen?

Öffne sich, wer kann – Ralf Pauli (taz)

Ein Hoch auf die 68er, die der röm.-kath. Kirche seitdem ordentlich Beine machen. Ralf Pauli (@weitblickend_es) hat sich für die tageszeitung auf den Weg nach Münster gemacht und Veteraninnen der starken katholischen Laien-Bewegungen gesprochen. Die katholische Kirche, die mir gefällt, ist auf dem „Katholikentag Plus“ zu finden.

Selbst Papst Franziskus hat eingeräumt, dass die Kirche über eine Änderung des Zölibats und über weibliche Diakone nachdenken muss, um den Anschluss an die Jugend nicht zu verlieren. Feministin Annegret Laakman geht das nicht weit genug. „Jede Person, die sich auf Jesus beruft, sollte zur Priesterweihe zugelassen werden.“ Die Teile des Abschlussgottesdienstes, die sonst nur ein Priester ausführen darf, übernehmen deshalb – alle gemeinsam.

Wie findet frau ihren Frieden mit der katholischen Kirche? Stimmen vom Katholikentag – Gerrit Spallek (feinschwarz.net)

Auch feinschwarz.net (@feinschwarz_net) beschäftigt sich mit den Anfragen vieler Frauen an die röm.-kath. Amtskirche und hat sich dazu auf dem Katholikentag umgehört und in der Tat einige spannende Expertinnenmeinungen eingesammelt:

Der Monat Mai ist bei feinschwarz.net als Frauenmonat gestaltet. Auf dem Katholikentag habe ich daher gezielt Frauen gefragt: Wie findet frau ihren Frieden mit der katholischen Kirche? Ausgerechnet im Rücken der überbuchten Großveranstaltungen habe ich dabei echte Expertise in Sachen Friedensfindung gefunden.

Außerdem:

In den Kieler Nachrichten geht Thorsten Fuchs der Frage nach, ob die gestiegenen Teilnehmerinnenzahlen des Katholikentages eine „Renaissance des Glaubens“ bedeuten. Und in der Frankfurter Rundschau kritisiert Simon Berninger (@SimonBerninger), dass konservative Katholiken, die häufig das Bild der Katholischen Kirche in der Öffentlichkeit prägen, nicht eingeladen wurden. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZDK) als Veranstalter hätte gut daran getan, sie einzuladen und konfrontativ mit ihren Argumenten umzugehen:

Stattdessen tun sich nun in Münster Echoräume eines liberalen Katholizismus auf, der – da ist es wieder, dieses „Leider“ – nur die halbe Wirklichkeit der katholischen Welt abbildet.

nachgefasst

Tumult und Tacheles – Christoph Strack (Deutsche Welle)

Christoph Strack (@Strack_C) schreibt über die Diskussionrunde zur Religionspolitik, bei der – eine Premiere für den Katholikentag – auch ein Vertreter der AfD sprechen durfte (s. #LaTdH vom 8. April & 18. Februar). Kurze Zusammenfassung: Seine Aussagen wurden von den anderen Gesprächsteilnehmerinnen gestellt, es gab einen klugen Moderator (@arni1988) und zu Beginn einen Protest in der Halle von wenigen Minuten Dauer, der ohne Eingreifen der Polizei beendet wurde. Vor der Halle versammelten sich 1000 friedliche Gegendemonstrantinnen. So hat der Katholikentag noch eine zweite Premiere erlebt: Eine Anti-Rechts-Demo. Immerhin.

Ein Beispiel für das geschickte Gegenhalten ist diese Entgegnung von Christian Hirte (CDU, @ChristianHirte), auf eine übliche AfD-Argumentation:

Teilhabe, Lebenswelt und Digitale Mündigkeit – unsere digitalpolitischen Grundhaltungen (Digitale Lebenswelten, BDKJ)

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hat ein Grundsatzpapier zur Digitalisierung verabschiedet, das ganz sicher als Vorbild für andere Verbände und Vereine (oder gar für den EKD-Digitalprozess?) dienen kann. Die #digitaleKirche schreitet voran. Alle Infos zum Prozess und zum Papier selbst (Direktlink) im angeschlagenen Beitrag.

Buntes

„Abschiebehysterie“ nicht nachvollziehbar (dpa, ND)

Über das Ergebnis einer Kleinen Anfrage der AfD im Bundestag berichtete unter der Woche die Deutsche Presseagentur (dpa):

Nur ein verschwindend kleiner Anteil der Asylsuchenden, die seit 2013 nach Deutschland gekommen sind, dürfte sich hier eigentlich gar nicht mehr aufhalten. […] [Z]um Stichtag 31. März [waren] lediglich 24.212 der rund 1,68 Millionen Ausländer, die seit 2013 eingereist waren und einen Asylantrag gestellt hatten, »vollziehbar ausreisepflichtig«. Das sind knapp 1,5 Prozent. […] Von den Geflüchteten, die seit 2013 eingereist sind und immer noch in Deutschland leben, haben etwa 700.000 einen Schutzstatus erhalten, weil sie verfolgt oder an Leib und Leben bedroht sind. Knapp 200.000 Ausländer erhielten eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Duldung, etwa aus humanitären oder familiären Gründen.

Wir haben Facebook kaputt gemacht – Stephan Jütte (diesseits.ch)

Stephan Jütte (@StJutte) beschreibt eindrücklich den Wandel des Nutzerinnen-Verhaltens, der Facebook zu dem Moloch gemacht hat, das es heute ist. Ob sein Lösungsvorschlag heute noch zieht, wo doch die Gesichtserkennung zum nächsten Feature der Verwertungsmaschine geworden ist? Dann doch lieber weniger Facebook.

Facebook hat vom Persönlichen gelebt. Von der Spannung, was echte Menschen über sich preisgeben, mit-teilen. Heute ist Facebook zu einem einzigen Marketplace geworden: Glückliche Menschen empfehlen Blogbeiträge, Zeitungsartikel, Veranstaltungen (die sie selbst kaum besuchen). Gruppen organisieren Kampagnen. Firmen bewerben ihre Produkte. […] Facebook ist tot. Wir haben es getötet. Und es bleibt tot, bis wir uns wieder als Menschen unser Gesicht, und nicht nur unsere Produkte, Masken und Beiträge anderer zeigen.

Über religiöse Menschen. An die vermeintlich Gebildeten unter ihren Spöttern – Claudia Kühner-Graßmann (NThK)

Ein beherzter Einwurf, geeignet dazu in jeder gegenwärtigen Kirchendebatte im Hinterkopf behalten zu werden, von Claudia Kühner-Graßmann (@audacior):

Liebe Spötter: mir ist es im Grunde egal, ob ihr glaubt oder nicht glaubt. Wirklich. Aus meiner christlichen Sicht mag das bedauerlich sein, aber ich weiß ja auch, dass der Geist weht wie und wo er will. Aber unterlasst doch bitte diese unterstufige Kritik an allen religiösen Menschen. Ihr fühlt euch intellektuell überlegen? Dann zeigt das doch bitte auch. Reflektiert Eure Motive und Eure eigenen weltanschaulichen Grundlagen.

„Wer aus der Kirche austritt, der ist in Zukunft vom Abendmahl ausgeschlossen“ – Warum dieser Satz um Jesu willen nicht einfach so in der Evangelischen Kirche gelten kann – Jochen Teuffel (NAMENSgedächtnis)

Darf zum evangelischen Abendmahl kommen, wer – anders als der Kirchendoktor (s.o.) – keine Kirchensteuer bezahlt? Begründet die Kirchensteuerzahlung einen Rechtsanspruch auf Abendmahlsgemeinschaft und verliert man ihn, wenn man aus der Kirche als Körperschaft austritt?

Keine kirchliche Lebensordnung kann getauften Christen ein sakramentales Recht entziehen, weil diese auf dem Standesamt einen staatlichen Rechtsakt vollzogen haben, der im sakramentalen Gliedschaftsrecht der Kirche Jesu Christi gar nicht vorgesehen ist. Im Unterschied zur römisch-katholischen Kirche kann eine evangelische Landeskirche Christen bei einer fehlenden Erfüllung mitgliedschaftlicher Pflichten keine Kirchenstrafen – wie zum Beispiel das Interdikt – auferlegen, da dies nicht bekenntniskonform ist.

Gott vertrauen? – Podcast mit Philipp Eins und Matthias Drobinski (Vertrauen.Blog)

Ein Gespräch über Gottvertrauen in einer Welt voller Unsicherheiten mit Matthias Drobinski (@MatthiasDrobins), dem Kirchenspezialisten der Süddeutschen Zeitung, geführt von Philipp Eins (@philippeins). Dauer: 12 1/2 Minuten.

Predigt

„Gott behütet all seine Glieder“ (Psalm 34:21) – Predigt im ökumenischen Gottesdienst im Dom zu Münster – Erzbischöfin Antje Jackelén (svenskakyrkan.se)

Die Erzbischöfin der lutherischen Schwedischen Kirche (@BiskopAntje) hat die Predigt im ökumenischen Gottesdienst auf dem Katholikentag gehalten. Unter dem Link findet sich die gesamte Predigt auf Deutsch.

Lassen wir uns also nicht beirren in unserem Streben nach Einheit aller Glieder der Kirche! Lassen wir uns nicht hindern, gemeinsam in Wort und Tat die Gnade und Barmherzigkeit Gottes zu bezeugen! Hindernisse gibt’s. Zum Beispiel die vier gefährlichen „Ps“: Polarisierung, Populismus, Protektionismus und Postfaktizität. Diese vier gefährlichen „Ps“ reißen Wunden auf und brechen Glieder: Erlösung wird vermarktet, Menschen werden verfolgt, verkauft, gehandelt, die Schöpfung wird misshandelt und verschachert.

Ein guter Satz