Papst Franziskus lehnt Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx ab

Papst Franziskus hat das Rücktrittsgesuch von Kardinal Reinhard #Marx abgelehnt. Marx zeigte sich bewegt und akzeptiert die Entscheidung des Papstes, KirchenvertreterInnen äußern ihre Erleichterung:

Papst Franziskus lehnt das Rücktrittsgesuch von Kardinal Reinhard Marx ab. Marx solle weiter im Amt des Erzbischofs von München und Freising verbleiben. Nicht einmal eine Woche nachdem das Erzbistum München und Freising einen Brief von Marx an Papst Franziskus vom 21. Mai 2021 veröffentlichte, der ein Rücktrittsgesuch des Kardinals enthielt, antwortet Papst Franziskus seinerseits mit einem Brief, in dem er den Rücktrittswunsch von Marx zurückweist.

Die Pressestelle des Heiligen Stuhls veröffentlichte das Schreiben Franziskus‘ heute auf Spanisch und in italienischer und deutscher Übersetzung. Dass der Brief auf Spanisch abgefasst wurde und der persönliche Ton des Schreibens, deuten darauf hin, dass Franziskus die Antwort auf das Rücktrittsgesuch selbst verfasst hat. Die überschwängliche und plastische Sprache ist typisch für den argentinischen Papst.


Eine Analyse der Entscheidung von Papst Franziskus von Philipp Greifenstein lesen Sie hier in der Eule.


Zum Ende seines Briefes kommt Franziskus auf die Bitte des Kardinals zurück und zitiert dessen Versprechen: „Ich bin weiterhin gerne Priester und Bischof dieser Kirche und werde mich weiter pastoral engagieren, wo immer Sie es für sinnvoll und gut erachten. Die nächsten Jahre meines Dienstes würde ich gerne verstärkt der Seelsorge widmen und mich einsetzen für eine geistliche Erneuerung der Kirche, wie Sie es ja auch unermüdlich anmahnen“.

„Und genau das ist meine Antwort, lieber Bruder“, schreibt Franziskus weiter, „[m]ach weiter, so wie Du es vorschlägst, aber als Erzbischof von München und Freising“.

„Im Gehorsam akzeptiere ich seine Entscheidung“

Zuvor rekurriert Franziskus auf Petrus, der dem Neuen Testament zufolge gegenüber Jesus bekannte: „Geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder“ (Lukas 5,8) und dem Jesus Christus nach seiner Auferstehung den Auftrag gegeben hat: „Weide meine Schafe!“ (Johannes 21, 15-19) Marx habe, so Franziskus, wie der Apostel Petrus seine Sünden bekannt. Zum Schluss seines Schreibens spricht der Marx daher zu:

„Und wenn Du versucht bist, zu denken dass dieser Bischof von Rom (Dein Bruder, der Dich liebt), indem er Deine Sendung bestätigt und Deinen Rücktritt nicht annimmt, Dich nicht versteht, dann denk an das, was Petrus im Angesicht des Herrn hörte, als er ihm auf seine Weise seinen Verzicht anbot: „Geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder“ – und die Antwort hörte „Weide meine Schafe“.“

In einer ersten Stellungnahme zeigte sich Marx überrascht über die Ablehnung seines Rücktrittsangebots: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass [der Papst] so schnell reagieren würde und auch seine Entscheidung, dass ich meinen Dienst als Erzbischof von München und Freising weiter fortführen soll, habe ich so nicht erwartet.“ Marx äußerte sich bewegt „über die Ausführlichkeit und den sehr brüderlichen Ton“ der päpstlichen Antwort. Er „spüre, wie sehr [der Papst] mein Anliegen versteht und aufgenommen hat. Im Gehorsam akzeptiere ich seine Entscheidung, so wie ich es ihm versprochen habe.“

Er empfände die Entscheidung des Papstes als „große Herausforderung“, so Marx weiter, „[d]anach einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen, kann nicht der Weg für mich und auch nicht für das Erzbistum sein.“

(Zumeist) positive Reaktionen auf den Entschluss des Papstes

Als einer der ersten zeigte sich der bayerische evangelische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende, Heinrich Bedford-Strohm, über die Entscheidung Franziskus‘ erleichtert. „Wir brauchen die Stimme von Kardinal Marx – für die Ökumene, für die Reformprozesse der Kirche und auch als Stimme öffentlicher Theologie“, sagte er dem epd. Er könne darum seine Erleichterung „nicht verhehlen“.

Wie das Neue Ruhrwort berichtet, wird die Entscheidung des Papstes in der römisch-katholischen Kirche weitgehend positiv aufgenommen. Mehrere AmtsträgerInnen aus dem Erzbistum München und Freising sprechen von einer „frohen Botschaft“. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing (Limburg), reagierte ebenfalls erleichtert und freut sich „auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit„, teilte DBK-Pressesprecher Matthias Kopp mit.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sagte gegenüber der Rheinischen Post: „Ich bin – nicht zuletzt mit dem Blick auf den Synodalen Weg – froh, dass Kardinal Marx uns als starke Stimme erhalten bleibt.“ Die Reaktionen auf sein Rücktrittsgesuch hätten gezeigt, welch hohes Ansehen Marx in der Kirche genießt. Die Entscheidung des Papstes zeige außerdem, „dass die angebliche Unzufriedenheit über den Synodalen Weg in Deutschland der vielschichtigen Realität nicht entspricht“.

Der Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Gregor Podschun, erklärte gegenüber der KNA: „Der angebotene Amtsverzicht von Reinhard Kardinal Marx bleibt auch nach der Ablehnung durch Papst Franziskus ein wertvolles Zeichen persönlicher Verantwortungsübernahme für den Machtmissbrauch und die sexualisierte Gewalt durch Kleriker in der katholischen Kirche.“ Allerdings schränkte er ein: „Eine Annahme des Amtsverzichts […] hätte gezeigt, dass auch Rom sich bewusst ist, in welcher dramatischen Lage sich die Kirche befindet.“

Matthias Katsch, Sprecher der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch, kritisierte hingegen die Entscheidung des Papstes, er nehme dem Rücktrittsgesuch damit „die Wucht“. Marx habe mit seinem Rücktritt auf die Verantwortung aller Bischöfe für das „System aus Missbrauch und Vertuschung“ in der Kirche hingewiesen. „Der Papst moderiert diese erschütternde Einsicht jetzt einfach weg und entlastet damit auch sein eigenes Amt“, sagte Katsch der KNA.

Schnelle Antwort des Papstes

Erst am Freitag vergangener Woche hatte Marx in Rücksprache mit Papst Franziskus sein Rücktrittsgesuch vom 21. Mai veröffentlicht und in mehreren ausführlichen Statements erläutert (wir berichteten). Dass Papst Franziskus so schnell antwortet, ist mehr als ungewöhnlich. Beobachter:innen waren davon ausgegangen, dass Franziskus mit einer Antwort zumindest die Veröffentlichung eines Gutachtens zum Umgang mit dem Missbrauch im Erzbistum München und Freising abwartet, das noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll (nach Verzögerungen).

In den vergangenen Monaten waren gegen Marx Vorwürfe erhoben worden, wonach er als Bischof von Trier (2002-2008) in mehreren Fällen den Leitlinien der DBK zum Umgang mit sexuellen Missbrauch nicht entsprochen hat. Marx war von 2014 bis 2020 Vorsitzender der DBK und hat in dieser Funktion maßgeblich den sogenannten Synodalen Weg angestoßen.


Eine Analyse der Entscheidung von Papst Franziskus von Philipp Greifenstein lesen Sie hier in der Eule.


10.06.2021, 17:20 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme Thomas Sternberg.