Antisemitismus im Hintergrund deutsch-deutscher Geschichte, Bild: Max Melzer

7 Vorschläge, wie Du den 9. November begehen kannst

Der 9. November ist der eigentliche Gedenktag Deutschlands. An diesem Tag spiegeln sich Glück und Unglück des Landes wie an keinem anderen. Wie Du diesen Tag begehen kannst:

Der 9. November ist der Schicksalstag der Deutschen. 1848, 1918, 1923, 1938 und 1989; alles Jahreszahlen die im Gedächtnis der Nation einen bleibenden Platz haben. Der 9. November ist ein würdiger Gedenktag an die Geschichte unseres Landes, weil die Erinnerung an ihn sowohl die dunklen als auch hellen Zeiten zu erklären hilft.

„Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd.“ – Christa Wolf

Auch der 9. November 2017 ist ein guter Anlass, die Geschichte unseres Landes zu bedenken. Und das auch ganz praktisch. Hier sind 7 Vorschläge, was Du heute tun kannst, um den 9. November würdig zu begehen:

1. Stolpersteine putzen

Inzwischen gibt es überall im Land Stolpersteine, die an jüdische Bürgerinnen und Bürger erinnern, die verfolgt und ermordert wurden. An vielen Orten des Landes finden dort heute Gedenkveranstaltungen statt. Die Schönheit der Stolpersteine ist, dass sie an jedem Tag des Jahres zum Nachdenken und Gedenken anregen. Sie sollten gut sichtbar bleiben und müssen deshalb ab und zu gereinigt werden. Diese Putzaktion wird dezentral ausgeführt, d.h. jede_r kann sich ganz einfach beteiligen. Einfach loslegen! Hier steht was man dabei beachten sollte.

2. „Auserwählt und ausgegrenzt“ anschauen

Erinnerst Du dich noch? Dieses Jahr hatten wir eine große Antisemitismus-Debatte. Sie entzündete sich an einer kontroversen Dokumentation für ARTE bzw. den WDR (wir berichteten). Der 9. November ist eine prima Gelegenheit, sich die Doku endlich einmal oder noch einmal anzuschauen. Sie findet sich in der ARD-Mediathek. In der Doku gehen die Autor_innen auf islamisch, christlich und linksextremistisch motivierten Antisemitismus ein. Zu kurz kommt sicher der rechtsextreme Judenhass, den es leider in Deutschland nach wie vor reichlich gibt.

3. Die Vergangenheit entdecken

Das Gedenken an die Novemberpogrome 1938 verweist uns auch an den Reichtum jüdischen Lebens, der zur Zeit des Nationalsozialismus vernichtet wurde. Mit Navid Kermani kann man Verfolgung und Mord der europäischen Juden auch als Geschichte eines riesigen Verlusts erzählen, den sich Deutschland in Verblendung und Rassenwahn zugefügt hat.

Der Kabarettist und Autor Bernd-Lutz Lange hat bereits vor Jahren über das vergangene jüdische Leben seiner Heimat Leipzig geschrieben. Er geht auf der Suche nach Resten der blühenden jüdisch-leipziger Geschichte auf eine abenteuerreiche Reise durch Europa und Israel, auch durch die beiden deutschen Staaten. Der 9. November ist eine gute Gelegenheit sein Buch wenn schon nicht zu lesen, so doch heute zu bestellen. Hier ein Gespräch Langes mit der tageszeitung.

4. Jüdisch-Christliche Begegnungen pflegen

Rund um den und am 9. November laden die Vereine für jüdisch-christliche Begegnung und Verständigung an vielen Orten zu Gedenk- und Bildungsveranstaltungen ein. Dort erfährt man eine Menge über Vergangenheit und Gegenwart (!) des Jüdischen Lebens in der eigenen Stadt oder Region (Einfach christlich, jüdisch Begegnung / Zusammenarbeit + Ort googlen!).

Oder Du besuchst eine der Synagogen, die ebenfalls rund um den Gedenktag an die Pogromnacht ihre Türen für interessierte Bürger_innen öffnen. Keine passende Veranstaltung in deiner Nähe? Dann folge doch z.B. @IrgendwieJuna und lies ihren hervorragenden Blog!

5. Stasi-Unterlagenbehörden besuchen

Geschichte vor Ort zu suchen, ist auch in den zahlreichen Außenstellen der Jahn-Behörde, die sich mit der Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen befasst, möglich. In vielen großen Städten Ostdeutschlands befindet sich eine Dependance (Karte). Auch dieses Jahr laden die einzelnen BStU-Außenstellen zu vielen Veranstaltungen ein, die auf interessierte Besucher warten.

Zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte hat die Arbeit an den Hinterlassenschaften des Ministeriums für Staatssicherheit enorm beigetragen. Darum beneiden uns nicht umsonst viele Bürger der anderen untergegangenen sozialistischen Staaten Europas. Die Arbeit darf darum nicht aufhören, weil sie zum weiteren, tieferen Verständnis der Geschichte beiträgt.

6. Spaziergang an der East Side Gallery

Im Zentrum der Hauptstadt kann man sich die Geschichte des Landes erlaufen. Einen Spaziergang wert ist definitiv die East Side Gallery. Nicht nur handelt es sich dabei um den längsten noch verbliebenen Rest der Berliner Mauer, sondern auch um eine beeindruckende Sammlung zeitgenössischer, künstlerischer Auseinandersetzung mit den Themen Diktatur und Freiheit.

7. „Good bye, Lenin!“ noch mal anschauen

Reicht deine Zeit und Kraft heute nicht für einen Ausflug, eine interessante Lektüre oder herausfordernde Dokumentation? Dann ist dir vielleicht mit diesem Unterhaltungsfilm aus dem Jahr 2003 gedient. Inzwischen hat „Good bye, Lenin!“ viele Nachahmer gefunden. Zwischenzeitlich war es regelrecht „in“ auf die DDR mit einem ironischen Augenzwinkern zurückzublicken. Wenn schon, dann kann man sich auch das Original anschauen. Den Film gibt es überall, wo es Filme halt so gibt. Wer suchet, der wird finden.

Vielleicht war ja ein Tipp für dich dabei und du begehst den 9. November nicht nur in Gedanken, sondern ganz praktisch?

Mit der Vergangenheit zu leben, heißt, ihre Auswirkungen auf das Heute und Morgen nicht zu verdrängen. Sie holt uns ein, ob wir es wollen oder nicht. Wenn wir ihr interessiert und offen begegnen, kann es gelingen, einen guten Umgang mit der Vergangenheit zu finden – auch mit der deutschen.


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