Frauen am Mikrofon
Alle christlichen Podcasts, die wir euch bisher unter Abgehört vorgestellt haben, werden von Männern gemacht. Wo sind die Podcasterinnen? Passen Podcasts und Frauen nicht zusammen?
Eule: Seit Oktober stellen wir in unserer Kolumne Wie Radio unter dem Titel Abgehört christliche Podcasts in deutscher Sprache vor. Was auffällt: Alle Podcasts werden von Männern gemacht. Ist der Frauenmangel unter den christlichen Podcastern dem Milieu geschuldet oder stehen Frauen dem Medium generell skeptisch gegenüber?
Da es zu vielen – und übrigens auch sehr vielfältigen – Themen Podcasts von und mit Frauen gibt, von Politik, Philosophie und Wissenschaft über Games und Serien bis zu Fotografie und Fußball, würde ich nicht sagen, dass es am Medium liegt. Aber ja, auf meiner Liste mit Angeboten von Podcasterinnen sind bisher nur zwei oder drei Podcasts eingetragen, die sich explizit mit dem Themen Religion / Theologie / Christentum auseinandersetzen.
Für ein Nischenmedium wie es Podcasts nach wie vor sind, ist das gar nicht mal so schlecht. Aber natürlich geht da immer noch mehr.
Nur: Podcasts sind ein Medium, bei dem die Hosts in der Regel selbst entscheiden, welche Themen sie behandeln, und möglicherweise ist Christentum eben eines, das bisher nur wenige Formate, an denen Frauen beteiligt sind, für sich entdeckt haben.
Das könnte sich ja aber zum Beispiel dadurch ändern, dass kirchliche Institutionen, Bildungseinrichtungen oder auch religionswissenschaftliche Institute eigene Podcasts anbieten und dabei bewusst auf eine paritätische Besetzung der Hosts achten.
Es gibt natürlich bereits einige Formate, in denen Themen wie Religion, Glaube und christliche Werte oder auch Atheismus hin und wieder aufgegriffen werden. Häufig auch durchaus politisch-kritisch konnotiert, zum Beispiel mit Blick auf das Frauen- und Familienbild. Das heißt diese Themen spielen in den Formaten einiger Podcasterinnen durchaus eine, wenn auch keine zentrale Rolle – der Diskurs ist möglicherweise also weniger von männlichen Hosts dominiert, als es den Anschein macht.
Ob das auch mit dem “Milieu” oder strukturellen Aspekten zu tun hat, kann ich schlecht einschätzen, da ich nicht weiß, wie hoch zum Beispiel der Frauenanteil in den Kirchen und zugehörigen Verbänden ist. Es wäre jedenfalls sinnvoll, Podcasts als Teil einer zeitgemäßen Medienstrategie zu begreifen – gerade mit Blick auf Nachwuchsarbeit. Und dazu gehört aus meiner Sicht auch die Abbildung von Vielfalt in Gesellschaft. Das ist aber ein Anspruch, den ich eher an die offizielle Adresse, etwa von Kirchen stellen würde, als an Menschen, die Podcasts privat und/oder als Hobby betreiben.
Eule: Hören Frauen lieber zu, statt selbst zu sprechen?
Nein. Sowohl bei der Produktion, als auch beim Hören von Podcasts zeigen uns die wenigen vorhandenen Daten, dass Frauen das Medium insgesamt weniger nutzen. Daher ist es vielleicht wenig überraschend, dass Podcasterinnen in einigen Themenfeldern weniger präsent sind. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie beispielsweise hören 9 Prozent der weiblichen Befragten zumindest selten Podcasts, gegenüber 17 Prozent der männlichen Befragten. Das ist schon ein großer Unterschied.
Woran das liegt, lässt sich schwer sagen. Ein Aspekt ist sicher, dass Frauen als Zielgruppe von Podcasts lange Zeit weniger im Blick waren bzw. die thematisch-inhaltliche Breite einfach nicht so groß war. Heute ist das anders und ich kann mir vorstellen, dass (junge) Frauen das Medium über neue Formate stärker für sich entdecken werden. Da gehört sicher auch dazu, dass es heute mehr Formate mit weiblichen Hosts gibt, die wiederum ein Vorbild für andere sein können, einen eigenen Podcast zu starten. Und der Schritt vom Zuhören zum selbst Produzieren ist bei Podcasts mit geringeren Hürden verbunden als zum Beispiel beim klassischen Radio.
Eule: Welche Rolle spielt die Technik?
Dass Frauen sich an der Technik stören, kann man nicht pauschal sagen – das ist ein Klischee, das ich aus meiner Forschungs- und Beratungstätigkeit als Podcastpatin so nicht bestätigen kann. Rückblickend sagen viele Veteran_innen des Mediums, dass es technisch noch nie so einfach und bequem war wie heute, einen Podcast zu betreiben (und zu konsumieren). Ob das nun ein wesentlicher Grund dafür ist, dass mehr Frauen Podcasts produzieren, oder ob nicht einfach die generell höhere Aufmerksamkeit für das Medium einen viel stärkeren Einfluss hat, darüber möchte ich nicht spekulieren.
Wie Radio
In unserer Podcast-Kolumne Wie Radio stellen wir Podcasts zu christlichen Themen vor. Inzwischen haben wir sieben Podcasts „abgehört“. Alle Podcast-Steckbriefe findest Du hier. Vorschläge nehmen wir gerne an, schreibt sie einfach in die Kommentare oder per Email. Die Podcast-Vorstellungen ergänzen wir mit weiteren Artikeln über das Medium Podcast: Der Radiojournalist und Podcaster Jörn Schaar (@schaarsen) hat für uns aufgeschrieben, warum Podcasts ein faszinierendes Medium sind.
Eule: Meine Vermutung ist ja, dass es einfach an den Themen liegt, dass es weniger Podcasterinnen als Podcaster gibt, die sich explizit christlichen Themen widmen. Worin unterscheiden sich Podcasts von Frauen von denen, die Männer machen?
Auch hier kann man nicht pauschal sagen, dies und das sind zentrale Unterschiede. Ja, Podcasterinnen greifen zum Teil andere Themen auf oder bringen andere Perspektiven in ihre Formate ein, die mit ihren Alltags-, Berufs- und Erfahrungswelten zusammenhängen. Es gibt aber genauso “Laberformate” oder themenspezifische Nischen-Podcasts von Expertinnen, wie es bei Podcastern der Fall ist. Häufig sind es auch “gemischte” Teams und da unterscheiden sich die Formate untereinander mal mehr und mal weniger, abhängig davon wer die Hosts sind.
Moment, einen Unterschied gibt es vielleicht doch: Wenn über Podcasts berichtet wird, zum Beispiel in den Medien, werden Podcasterinnen immer noch seltener befragt, porträtiert oder überhaupt erwähnt. Das ist schade, trägt aber vielleicht dazu bei, dass Podcasts – völlig zu unrecht – von manchen noch als Männer-reden-über-Technik-Medium wahrgenommen werden.
Eule: Sind Frauen die besseren Podcaster?
Nein – aber warum sollten sie das auch sein?
Eule: Jörn Schaar (@schaarsen) hat in seinem Gastartikel geschildert, dass Podcasts deshalb so erfolgreich sind, weil sie ein sehr persönliches Medium sind. Dann ist die Frage, ob ein Podcast von Männern oder von Frauen gemacht wird doch von großer Bedeutung. Was können Hörer_innen tun, um weibliche Podcasterinnen zu unterstützen?
Erstens natürlich: die Angebote von und mit Podcasterinnen hören, abonnieren, weiterempfehlen – kurzum: sichtbar machen. Viele Podcasts stecken im „long tail“ fest, das heißt Angebote mit viel Reichweite werden häufiger empfohlen, wohingegen es kleinere Formate in der Regel nicht so leicht haben, entdeckt zu werden. Mund-zu-Ohr-Propaganda ist da ein wichtiger Schritt.
Außerdem Feedback und positive Rückmeldungen geben, wenn einem die Formate gefallen, bis hin zur materiellen Unterstützung, zum Beispiel durch Geschenke oder Spenden. Es gibt viele Wege, um die Podcasterinnen, deren Angebote man schätzt, zu supporten.
Und natürlich kann man als Hörer_in auch mal weibliche Gäste vorschlagen oder als Podcaster selbst Frauen/Podcasterinnen in die eigene Sendung einladen, wenn das Format es zulässt. Es gibt gar nicht wenige Podcasts, die genau aus solchen Gastauftritten entstanden sind.
Eule: Hast Du zum Schluss Empfehlungen für unsere Leser_innen, welche Podcasterinnen sie dringend hören sollten?
Ich tue mich ehrlich gesagt schwer damit, einzelne Angebote herauszustellen, weil es mittlerweile wirklich eine Menge hörenswerte Formate gibt. Daher empfehle ich Interessierten immer gerne, sich einmal selbst auf der „Frauenstimmen im Netz“-Liste umzusehen – die Sammlung findet man auf der Podcast-Suchmaschine fyyd.de, wo sie regelmäßig von mir aktualisiert wird.
Wer beim Zuhören gerne nach- und mitdenkt, dem möchte ich zwei Formate ans Herz legen, die sich mit großen und kleinen Fragen unserer Zeit beschäftigen – aus philosophischer, kultur- und sozialwissenschaftlicher Sicht, gewürzt mit persönlichen Geschichten und Perspektiven: „Was denkst du denn?“ (Rita Molzberger und Nora Hespers) und „Anekdotisch Evident“ (Alexandra Tobor und Katrin Rönicke).
Herzlichen Dank für deine Zeit und die interessanten Antworten!
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