Noch 127 Tage bis Weihnachten!
Raus aus der Sommerträgheit und ab an die Weihnachtsplanung ruft Daniela Albert in ihrer Familien-Kolumne. Denn die Kirche darf ihren Platz in den Köpfen junger Familien nicht räumen.
Und, haben Sie schon alle Weihnachtsgeschenke? Wenn Ihre Antwort jetzt irgendwo zwischen „Nein!“ und „Jetzt dreht sie völlig durch!“ liegt, dann geht es Ihnen wie mir. Ich kaufe meine Geschenke selten vor dem 2. Advent. Allerdings muss ich gestehen, dass ich insgeheim Menschen bewundere, die im August schon alles beisammen haben. Diese Voraussicht verringert nicht nur den Vorweihnachtsstress, sie sorgt auch dafür, dass man am Ende keine drittklassigen Verzweiflungsgeschenke besorgt, weil einem für Tante Frieda wie immer nichts eingefallen ist.
Apropos Vorweihnachtsstress und Verzweiflung: Es gibt tatsächlich etwas, worüber wir nachdenken müssen. Zumindest, wenn wir in irgendeiner Weise in Gemeindearbeit eingebunden sind. Dann müssen wir uns nämlich fragen, wie wir es dieses Jahr mit den Weihnachtsgottesdiensten halten. Zumindest für den Nachmittagsgottesdienst an Heilig Abend – also den großen Familien-Blockbuster zur Prime Time – brauchen wir einen Plan oder besser gleich mehrere. Denn ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich halte es nicht für realistisch, dass wir den in gewohnter Form feiern können.
Kolumne: Gotteskind und Satansbraten
Daniela Albert ist Erziehungswissenschafterin, Eltern- und Familienberaterin, Autorin und Referentin. Ihre Leidenschaft ist überall da, wo Familien Gott begegnen können: Zum Beispiel im Eltern-Kind-Team ihrer Gemeinde. In ihrer monatlichen Kolumne „Gotteskind und Satansbraten“ schreibt sie für Die Eule über Familie, Kinder und ihren Ort in der Kirche.
Das macht sie außerdem noch auf ihrem Blog. Daniela Albert ist bindungsorientiert mit Gott unterwegs auf Twitter, Instagram und in ihrem Podcast. Wenn sie nicht gerade ihre Kanäle füllt, füllt sie ziemlich gern die Mägen von drei Kindern, drei Katern und dem Mann, der all die Gotteskinder und Satansbraten mit ihr managed.
Vergesst die Kinder nicht!
Zum Familiengottesdienst um 15 Uhr kommen in meiner Gemeinde ca. 500 Menschen. Normalerweise. Man braucht weder Glaskugeln noch eine prophetische Gabe, um zu wissen, dass wir das dieses Jahr komplett vergessen können. Und dann stellt sich die Frage, was wir Familien mit kleinen Kindern stattdessen anbieten können.
Vielleicht stellt sich für einige von Ihnen auch die Frage, ob wir überhaupt eine Alternative entwickeln sollten. Schließlich hat der Heilige Abend relativ wenig mit dem Rest des Kirchenjahres zutun. Die Bänke sind an diesem Nachmittag nicht voll mit treuen Gemeindemitgliedern, sondern mit Gesichtern, die wir größtenteils noch nie gesehen haben und so schnell auch nicht wiedersehen werden.
Der alljährliche Gottesdienstbesuch ist für viele Familien ein Ritual, wie das Schmücken des Tannenbaums und Würstchen mit Kartoffelsalat. Er gibt ihnen ein gutes Gefühl und gehört irgendwie dazu – nicht weniger, aber halt leider auch nicht mehr. Und genau dafür soll man sich jetzt extra viel aus den Rippen leiern?
Patchwork-Papa Josef und ein Esel mit Ruhebedürfnis
Ich finde schon. Genau und gerade dafür und das hat mehrere Gründe: Zum einen mag es ja sein, dass man 99 Prozent derer, die da kommen, nie wiedersieht oder frühstens 365 Tage später – aber ein paar bleiben ja vielleicht doch. Ich erlebe es im Januar nicht selten, dass neue Familien in unseren Eltern-Kind-Gruppen erscheinen, weil sie im Gottesdienst an Heilig Abend davon gehört haben und da irgendwie nette Menschen vorne rumgehampelt sind.
Zweitens gibt es genau einen Termin im Jahr, an dem wir die Chance haben, Menschen von Jesus zu erzählen, die von dem ganzen Kram normalerweise nichts hören wollen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber genau das liebe ich an diesem Tag so sehr. Jedes Jahr wieder habe ich unglaublichen Spaß daran, mir zu überlegen, auf welchen Teil der Weihnachsgeschichte wir diesmal die Lupe legen wollen.
Wer hat den besonderen Fokus verdient? Der Patchwork-Papa Josef? Maria, die mal kurz für Gottes Plan all ihre Ideen vom Leben über Bord werfen musste? Oder vielleicht doch der Esel, der im Stall so gern seine Ruhe gehabt hätte? Heilig Abend bietet unzählige Möglichkeiten, junge Familien in ihrer Lebenswelt abzuholen und zur Krippe zu führen. Wir wären blöd, wenn wir zulassen würden, dass eine Pandemie uns davon abhält.
Denn wenn sie uns abhält – und das ist der dritte und wichtigste Grund – dann sind wir bei der Diskussion, die wir seit Corona verstärkt führen: Braucht uns eigentlich noch irgendwer? Wenn wir bei der Planung dieses Abends nachlässig sind und uns darauf verlassen, dass die Nachbargemeinde schon ein nettes Krippenspiel streamen wird, dann haben wir unseren Platz in den Köpfen von jungen Familien endgültig geräumt. Vielleicht nimmt ihn stattdessen Pippi Langstrumpf ein oder Michel aus Lönneberga. Schließlich kann man mit denen auch gut die Zeit bis zur Bescherung rumkriegen.
Raus aus der Sommerträgheit!
Also, von daher, raus aus der Sommerträgheit und her mit den Ideen! Wo in der Nähe Ihrer Gemeinde gibt es Parks oder grüne Wiesen? Vielleicht einen großen Spielplatz? Wer hat Pavillons und Zeit, die am 24. Dezember mittags dort aufzustellen? Welcher Bauer im Ort hat den schönsten Stall und den größten Hof? Wer kümmert sich um die Technik für die Übertragung für die, die zu Hause bleiben müssen?
Oder kommt Heilig Abend auf einmal vielleicht wirklich das Christkind in Form eines Engels aus der Gemeinde mal kurz zu Hause vorbeigeflogen? Welche ganz anderen Ideen gibt es? Und wo verflixt noch eins ist diese bescheuerte Christbaumspitze?