Abgelegt – Die #LaTdH vom 8. Januar

Die katholische Kirche und Teile der Welt nehmen Abschied von Benedikt XVI. – auch die Protestanten? Außerdem: Antisemitismus-Warnungen und eine Anti-Predigt.

Herzlich Willkommen!

Die #LaTdH von letzter und – Vorwarnung! – auch von dieser Woche sind regelrechte Catholica-Berichte. Nicht nur liegt der Schwerpunkt, vor allem wegen des Todes von Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger, auf der römisch-katholischen Kirche, (un-)praktischerweise bin an beiden Sonntagen ich oller Lutheraner mit den #LaTdH „dran“ – und keineR unserer konfessionell katholischen #LaTdH-AutorInnen. Ups.

Machen wir doch aus der Not eine Tugend: Welche Bedeutung haben Joseph Ratzingers Werk und sein Tod für die Ökumene? Außerdem kann man sich – wie es auf Twitter in meinem Beisein diese Woche getan wurde – fragen, welches Bild die öffentliche Trauer um und das Requiem für Benedikt XVI. auf dem Petersplatz am Donnerstag eigentlich abgegeben haben. Schließlich ist „die Kirche“ zunehmend nur noch mit solchen Großereignissen in einer breiteren Öffentlichkeit präsent und Gesprächsgegenstand.

In dieser Diskussion geht es vornehmlich um die Predigt von Papst Franziskus während des römischen Requiems. Benedikt-Fans sind von ihr enttäuscht. Andere loben, dass Franziskus sich (offenbar) ganz streng an die liturgischen Vorgaben gehalten hat. Die Papst-Predigt kann man historisch, liturgisch, kirchenpolitisch und als Medienereignis einordnen. Als solches erreichten Requiem und Predigt trotz zahlreicher Ausstrahlungen im linearen Fernsehen (ZDF, BR, Phoenix) und im Netz nur eine ohnehin kircheninteressierte und vermutlich sehr traditionell-katholische Minderheit. Kein Vergleich zur Grablegung der Queen und vielleicht eine verpasste Chance.

Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein

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Debatte

Die Vielfalt an Nachrufen und Erinnerungen an Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. (s. #LaTdH von vergangener Woche) hat rund um seine Beerdigung am 5. Januar noch einmal zugenommen. Ein Blick in die Mediatheken von ARD und ZDF verrät: Hier wurden auch die Türen der Archive noch einmal weit geöffnet. Wie auch den Nachrufen in Print und Online wohnt den Ratzinger-Dokus ein starkes repetitives Moment inne. Immerhin beschert uns das neuerliche Interesse an der Person Ratzingers auch eine Wiederausstrahlung des sehr empfehlenswerten Dokumentarfilms „Verteidiger des Glaubens“ von Christoph Röhl (Rezension in der Eule), weshalb der Film auch online beim ZDF bis zum 30. Januar wieder kostenlos zur Verfügung steht.

Auf Erkenntnisse von Christoph Röhl und Doris Reisinger, die sie in ihrem Buch „Nur die Wahrheit rettet“ (Eule-Rezension) zusammengetragen haben, und auf die Freiburger Rede Benedikts zur „Entweltlichung der Kirche“ bin ich unter der Woche hier in der Eule eingegangen.

Nicht im eigentlichen Sinne – Philipp Gessler (zeitzeichen)

In die vergleichsweise kurze Reihe der Beiträge, die sich mit der ökumenischen Wirksamkeit von Papst Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger befassen, gehört sicher dieser Artikel von Philipp Gessler vom Sterbetag. In den evangelischen zeitzeichen (@zeitzeichenNET) resümiert Gessler, dass die Ökumene mit den Protestanten kein „Herzensanliegen“ Ratzingers, sondern „eher eine lästige Aufgabe oder Pflicht“ für ihn gewesen sei.

Der Artikel hat als Dreh- und Angelpunkt die Reise Benedikts ins Land der Reformation 2011 und hier besonders das Auftreten der EKD-Vorderen im Augustinerkloster zu Erfurt. Natürlich geht es aber vor allem um „Dominus Iesus“, das Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre aus der Feder Ratzingers, das mit dem Segen des damaligen Papstes Johannes Paul II. die Ökumene mit den Protestanten über Jahre hinweg belastete.

Darin war die Rede von der „einen einzigen Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert“. Daneben gebe es, etwas verschlüsselt formuliert, aber fast ebenbürtig, vor allem die Kirchen der Orthodoxie, die als „echte Teilkirchen“ bezeichnet werden. Und schließlich seien da noch, wohl eine Stufe darunter, Konfessionen, „die den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben“. Diese seien nicht Kirchen im eigentlichen Sinne, sondern „kirchliche Gemeinschaften“. Und gemeint waren damit eindeutig die Kirchen, die aus der Reformation entstanden sind. […]

Nicht Kirchen im „eigentlichen Sinne“ – das saß, und es war kein Zufall, dass führende Vertreter vor allem des deutschen Protestantismus, wie etwa der damalige berlin-brandenburgische Bischof und spätere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber, geradezu empört auf „Dominus Iesus“ reagierten. Denn nun war dieses Denken Ratzingers ganz offiziell Lehre der römisch-katholischen Kirche. […]

Diese Unverschämtheit Ratzingers, die auch Benedikts Nachfolger Papst Franziskus nur an guten Tagen unter den Tisch fallen lässt, belastet die Ökumene nun schon mehr als zwanzig Jahre. Und schaut man genau, ist darin auch ein Rückschritt in Ratzingers eigenem Denken über die Ökumene zu beobachten. […] Unvergessen ist den Profis in der Ökumene auch, dass von Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation bedeutende Impulse für die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ ausgingen.

„Dominus Iesus“ (Text) ist bis heute gültig und Papst Franziskus macht keine Anstalten daran irgendetwas zu ändern. Überhaupt ist die Ökumene mit den traditionellen Kirchen der Reformation in West- und Mitteleuropa während des Pontifikats des Papstes „vom anderen Ende der Welt“ in den Hintergrund getreten. Die Musik spielt anderswo. Vielleicht steckt ja auch darin eine Kränkung, die sich Ökumeniker:innen beider Konfessionen hierzulande teilen?

Im Kontext seiner weitreichenden Ablehnung des Synodalen Weges äußerte Franziskus im vergangenen Jahr: „In Deutschland gibt es eine sehr gute evangelische Kirche. Wir brauchen nicht zwei davon.“ Für dieses schlitzohrige Kompliment bedankte sich ausgerechnet der sächsischen Ministerpräsident Michael Kretschmer, der selbst evangelisch ist. Nicht wenige Protestant:innen bemerkten zu diesem Anlass, dass Franziskus ja wenigstens von Kirche sprach, auch wenn sich hinter seinem Satz ein erstaunliches Ressentiment gegenüber dem Protestantismus versteckt, diese würde von „intellektuellen, theologischen Eliten“ ausgehen und „sehr stark von äußeren Zwängen beeinflusst“. Das ist im Grunde nichts anderes als Ratzingers Zeitgeist-Kritik, nur etwas hintertrieben charmant ausgedrückt.

Und „Dominius Iesus“? Das Ratzinger-Dokument ist – scheint mir – auch zu einem Generationenmarker geworden. Mich jedenfalls hat es noch nie so angekiekelt wie Vertreter:innen etwas älterer Jahrgänge, die rund um die letzte Jahrtausendwende und befördert vom Eindruck der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ (PDF) an große Fortschritte bei der katholisch-evangelischen Ökumene glaubten. Die jüngeren Generationen stehen in ihrem Ökumene-Verständnis offenbar doch Franziskus näher: Jede:r das ihre und in den wichtigen sozial-politischen Fragen gemeinsam. Für den Papst wie für viele Jüngere stehen bei der Ökumene nicht Lehrfragen im Zentrum, sondern das gemeinsame glaubwürdige Agieren als Christ:innen in der Welt – und so manch untergründige Kooperation vor Ort, die sich der römischen Regulierung weitgehend entzieht.

„Wir trauern um unseren bayerischen Papst“

Gleich „in dreifacher Weise“ beschwor der bayerische Ministerpräsident Markus Söder das „Bayern-Gefühl“ (ugs. Mia san mia) anlässlich des Ablebens von Papst emeritus Benedikt XVI., erklärt Timo Frasch (@TimoFrasch) in der FAZ (€). Das lässt sich natürlich als Teil des anschwellenden Landtagswahlkampfs interpretieren, hat beim überzeugten Protestanten Söder aber noch eine andere Pointe. Über den Umweg der gemeinsamen bayerischen Herkunft ebnet der ehemalige Synodale der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (@elkb) die bestehenden doktrinären Differenzen einfach ein: Landsmannschaftliche Ökumene als identitäres Projekt.

Der bayerischen Trauer ist es zu verdanken, dass der deutsche Tross, der sich auf dem Weg nach Rom machte, am Ende doch sehr groß war. Denn zum Requiem reisten in korrekter protokollarischer Reihenfolge auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundesratspräsident und Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Peter Tschentscher (SPD) sowie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth (immerhin CDU-Ticket). Die Bundesministerin des Innern, Nancy Faeser (SPD), hab ich auch noch gesehen: Benedikts Requiem als Außentermin des SPD-Parteivorstands.

Viele weitere Fragen rund um das Protokoll der Beerdigungsfeierlichkeiten beantwortet Benedikt Heider (@_DerHeidi_) in einem FAQ zum Requiem auf katholisch.de. Sehr ausführlich erklärt Martin Klöckener, emeritierter Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Freiburg i.Ü., die Liturgie des Requiems bei kath.ch (@kathch).

Hinter dem erstaunlich großen Aufkommen deutscher Spitzenrepräsentanten, darunter auch für die Evangelische Kirche die neue Bevollmächtigte des Rates der EKD bei Bundesrepublik und EU Anne Gidion, verbirgt sich nun nicht, wie manche Online-Kommentator:innen unkten, ein Einreißen der Trennung von Staat und Kirche, sondern schlicht protokollarische und politische Notwendigkeit. Immerhin (sehr) leise Kritik an der „Aufarbeitung“ der Missbrauchsverbrechen äußerte Bundespräsident Steinmeier am Rande der Veranstaltung.

Wider die Legendenbildung!

Über die ganze Woche hinweg warnten Vertreter:innen unterschiedlicher Akteurs- und Statusgruppen davor, einer Legendenbildung um Benedikt XVI. Vorschub zu leisten. Allerdings sehe ich dafür jenseits von EWTN und mancher (gemäßigter) Tradi-Kreise kaum Anzeichen. Die wenigen „Santo subito“-Rufe am Ende des Requiems übertönte die Orgel mit Leichtigkeit. Bei Publik Forum hatte bereits Betroffenen-Aktivist Matthias Katsch (@KaMaZhe) klargestellt, dass Benedikt „Verbrecher geschont“ habe. Und die Theologieprofessorin Irmtraud Fischer haut bei der Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche berechtigter Weise ein paar Pflöcke ein (PDF):

Bedenkt man aber die Rolle Ratzingers in Bezug auf den Missbrauch in der Katholischen Kirche, die ihm in seinem letzten Lebensjahr sogar die Einleitung eines Prozesses in seinem Heimatland beschert hat, ist [der „Santo subito“-]Ruf gänzlich unbegreiflich. Er ist ein Schlag ins Gesicht aller Missbrauchsopfer und konterkariert alle Bemühungen um schonungslose Aufarbeitung. Da will sich wohl die Kirche öffentlichkeitswirksam selber vergeben, was sie an schutzbefohlenen jungen Menschen verbrochen hat. […] Eine Selig- oder gar Heiligsprechung dieses verstorbenen Papstes, der selber die Weitsicht hatte, dass ihn die Leitung der Kirche in seinem Alter überforderte,
würde aus diesem Grund eine moralische Bankrotterklärung des absolutistischen Systems Katholische Kirche bedeuten, das noch immer eine rechtliche Verfasstheit wie in voraufklärerischen Zeiten hat […].

Was bleibt?

Wer nach den Ratzinger-Gedenktagen, die zum 10. Jahrestag seines Rücktritts im Februar sicher noch einmal eine Reprise erleben werden, noch nicht genug hat, der empfehle ich das Rabbit Hole der Nachrufe in der englischsprachigen Welt, z.B. hier, hier, hier und eine riesige Liste weiterer Beiträge bei Big Pulpit. So wichtig wie die US-Katholik:innen unterschiedlicher Couleur scheint man Ratzinger in Deutschland sowohl in der Kirche als auch in der Öffentlichkeit dann doch nicht (mehr) zu nehmen. Sein Requiem schaffte es am Donnerstag nicht einmal unter die 25 meistgesehenen Fernsehsendungen.

„Auch nur ein Mensch“ sei Benedikt gewesen, erklärt die römisch-katholische Theologin Ines Schaberger in ihrem „Wort zum Sonntag“ bei kath.ch / SRF. Zu dieser realistischeren Wahrnehmung eines Papstes hat Ratzinger durch seinen Rücktritt 2013 selbst beigetragen. Wie u.a. der Dokumentarfilm „Verteidiger des Glaubens“ zeigt, hielt Ratzinger wenn nicht die Schlüssel des Himmels so doch eine Menge Macht in seiner Hand. Aber auch seine Macht war begrenzt. Nicht zuletzt waren ihm als Menschen – wie uns allen – enge Grenzen gesetzt. Schaberger fragt darum zum Schluss ihrer Andacht danach, wie wir selbst dereinst erinnert werden wollen.

nachgefasst

Wittichenauer Anti-Predigt

Ein hübsches Sinnbild der Zwei-Päpste-Kirche gibt auch die Weihnachtspredigt von Pater Joachim Wernersbach in sächsichen Wittichenau (Bistum Görlitz) ab. Ein Video seiner Predigt hatte im Netz für Aufruhr gesorgt. Die ganze Posse fassen die Sächsische Zeitung und t-online zusammen.

Während sich die Heimatabtei Tholey recht kräftig von Wernersbach distanzierte, wie der SR berichtet, beließ es der Bischof des Bistums Görlitz, der stockkonservative Wolfgang Ipolt, beim Hinweis darauf, in der Weihnachtspredigt sei für LGBTQI*- und Zeitgeist-Beschimpfung nicht „der richtige Ort“ und betonte zugleich die geltende katholische Lehre, nach der die „Sünde zu verurteilen, der Sünder aber zu lieben“ ist. Wernersbach solle sich am besten entschuldigen und den Rest wolle man im persönlichen Gespräch klären.

Trotz neuer Grundordnung bleibt Reformbedarf im Kirchen-Arbeitsrecht – Felix Neumann (katholisch.de)

Daran, dass „die Lehre der Kirche, insbesondere ihre Geschlechteranthropologie mit all ihren Unwerturteilen, nicht außer Kraft gesetzt“ ist, erinnert auch Felix Neumann (@fxneumann) in seinem Kommentar zur Einführung der neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes in dreiviertel der deutschen Diözesen zum 1. Januar. Diese für katholische Verhältnisse rasante Neuerung begrüßt er, warnt zugleich aber davor, allein bei der Reform des Arbeitsrechts stehen zu bleiben:

Warum ist die Vielfalt der Lebensformen hier eine Abweichung vom christlichen Menschenbild, da Bereicherung am Arbeitsplatz? Die Bischöfe, die keinen Bedarf an einer lehrmäßigen Veränderung sehen, begründen ihre Zustimmung zur neuen Grundordnung mit Notwendigkeiten von außen. Aber auch sie müssen zumindest zur Kenntnis nehmen, dass sie mit ihrer Gesetzgebung Wertungswidersprüche ins Recht gebracht haben, die ohne eine Revision der Lehre oder des Arbeitsrechts nicht aus der Welt geschafft werden können. Bleibt die Spannung in der Schwebe, wächst die ohnehin kaum noch vorhandene Autorität der Kirche auf moralischem Gebiet sicher nicht.

Und so eindeutig ist auch die neue Grundordnung nicht: Zweifel sind angebracht, ob sich alle LGBTQI* auf die neue Offenheit verlassen können (s. #LaTdH vom 27. November 2022). Felix Neumann lobt daher die Caritas und ihre „Zehn Zusagen für Mitarbeitende in der Caritas“. Die kann man sich ja ausdrucken und ins Dienstzimmer hängen.

Buntes

Warum ich diese Antisemitismus-Liste nicht mehr ernst nehme – Philipp Peyman Engel (SPIEGEL)

Beim SPIEGEL erklärt Philipp Peyman Engel (@PhilippPeyman), Chef vom Dienst bei der Jüdischen Allgemeinen, warum er die jährliche Antisemitismus-Liste des Simon Wiesenthal Centers nicht mehr ernst nehmen kann. Wenn sich dies doch auch außerhalb der gut informierten jüdischen Publizistik rumspräche!

Das Wiesenthal Center mit seinem Namensgeber, dem Schoa-Überlebenden, Nazi-Jäger und unermüdlichen Zeitzeugen, steht auf den Schultern eines Giganten. Über seine Prinzipien schrieb Simon Wiesenthal einst: »Der erste Grundsatz ist ›Zuerst Wahrheit, dann Gerechtigkeit‹.« Wahrheit statt Fake News: Für Simon Wiesenthal war das eine Selbstverständlichkeit. Zum Selbstverständnis des Simon Wiesenthal Centers gehört dies offenkundig nur sehr bedingt.

Wenn Journalisten Israelhass schüren – Tobias Kühn (Jüdische Allgemeine)

In der Jüdischen Allgemeinen (@JuedischeOnline) selbst fordert Redakteur Tobias Kühn in Anknüpfung an ein britisches Vorbild eine parlamentarische Expertenkommission, die sich mit Antisemitismus in der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien befasst.

Die Medien haben einen beträchtlichen Einfluss darauf, ob sich in der Bevölkerung Judenhass ausbreitet oder nicht. Daher wäre es wünschenswert, wenn sich auch in Deutschland eine Expertengruppe daranmachen würde, Medienbeiträge zu untersuchen, die sich mit den Themen Juden und Israel befassen. Die neue, zum Teil rechtsextreme israelische Regierung wird Journalisten in nächster Zeit sicherlich viel Stoff für – durchaus berechtigte – Kritik bescheren, wie der Besuch des neuen Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, auf dem Tempelberg zeigt.

So sehr ich die Intention Kühns auch nachvollziehen und unerstützen kann, das Mittel einer parlamentarischen Untersuchungskommission finde ich doch ungeeignet. Es scheint mir sogar gefährlich zu sein, der rechten „Staatsfunk“-Propaganda auf diese Weise noch Vorschub zu leisten. Eine wirksame Medienkontrolle braucht es natürlich trotzdem, aber bitte selbst staatsfern und nicht zuletzt in Form einer kontinuierlichen kompetenten Medienkritik, für die darum auch Platz und Geld bei Verlagen und Leser:innen sein muss.

Ein guter Satz