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Geschenkt! – Die #LaTdH vom 10. Dezember

Streit um den Katholikentag in Erfurt im kommenden Jahr und die Bedeutung des Bedeutungsverlusts für die Kirchen. Außerdem: Chanukka, Maria und eine Wiederentdeckung.

Herzlich Willkommen!

In seiner Late-Night-Show hatte Harald Schmidt einst legendäre Schwierigkeiten, den Gag „Haben Sie schon alle Weihnachtsgeschenke? – Nein, bekomme ich erst an Heiligabend“ treffsicher vorzutragen. Wichteln im Kollegenkreis und Geschenkekaufen für die Familie – der Advent bringt statt Gelegenheit zur Besinnung für die meisten Zeitgenossen eher Stress in überfüllten Kaufhäusern oder Ärger mit den Paketlieferdiensten mit sich.

Für eine schöne Bescherung sorgt hingegen eine Änderung der Compliance-Richtlinien im Bistum Augsburg. Denn laut aktuellem Amtsblatt der Diözese dürfen Bischof Bertram Meier, sein Generalvikar und die Weihbischöfe ab sofort ihnen überreichte Wein- und Buchpräsente ohne Genehmigung akzeptieren, auch wenn die „Gesamtzuwendungen“ 35 Euro überschreiten sollten. „Ein solches Geschenk nicht anzunehmen, bis der Compliance-Beauftragte des Bistums Augsburg zugestimmt hat – wie dies in der Compliance-Ordnung der Normfall ist, wäre aus Gründen der Höflichkeit im gesellschaftlichen Umgang nicht opportun“, heißt es in der Antwort des Bistums Augsburg auf eine Anfrage der KNA.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten etwa des „Synodalen Weges“ um eine Beschränkung der kirchlichen Macht- und Ämterfülle stößt solches Gebaren natürlich auf Unverständnis an der Basis. „Wie würde Jesus sich verhalten?“, fragt sich etwa eine Vertreterin der Reformgruppe „Maria 2.0“. Wer weiß? Vielleicht hätte er auf die Frage mit Psalm 127 geantwortet: „Der Herr gibt es den Seinen im Schlaf“. Oder wie Mandy zu den Drei Weisen aus dem Morgenland, die ihren neugeborenen Sohn im Monty-Python-Klassiker „Das Leben des Brian“ kurzzeitig mit dem Messias im Nachbarstall verwechselt hatten: „Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen!“

Eine ruhige Woche wünscht
Ihr Thomas Wystrach

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Debatte

„Zukunft hat der Mensch des Friedens“ – unter diesem Motto laden das Bistum Erfurt und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) vom 29. Mai bis 2. Juni 2024 zum 103. Deutschen Katholikentag nach Erfurt ein. „Es tut sich was!“, heißt es auf der Website der Großveranstaltung, die erklärt, wie das Programm entsteht und wie man dabei mitwirken kann:

Gut zwei Jahre dauert es – ausgehend von dem Beschluss über das Leitwort – bis das Programm eines Katholikentags feststeht und dann tatsächlich stattfindet. Zumeist wird das detaillierte Programm rund zwei Monate vor der Großveranstaltung veröffentlicht und bis dahin passiert so Einiges:

Wenn entschieden ist, in welchem Bistum und in welcher Stadt der nächste Katholikentag stattfinden wird, gründet sich zunächst der dazugehörige Trägerverein. Dieser sorgt vor Ort wirtschaftlich, rechtlich und organisatorisch dafür, dass der Katholikentag geplant und veranstaltet werden kann.

So weit sind die Planungen für den Katholikentag – Interview mit Lea Feldhaus (katholisch.de)

Im Interview mit Steffen Zimmermann sprach Lea Feldhaus, Beauftragte des Bistums Erfurt für den Katholikentag, ein halbes Jahr vor Beginn über den Stand der Vorbereitungen, die Anmeldezahlen und das Programm. Sie nehme erfreut wahr, dass sich viele Menschen aus der Diözese mit eigenen Ideen und Initiativen in die Vorbereitung einbringen wollten:

Mich erreichen nahezu täglich Nachrichten von Pfarreien, Gruppen oder Einzelpersonen, die bei der Organisation mithelfen oder sich auf andere Weise beteiligen möchten. Da ist ganz viel Motivation spürbar, und das ist natürlich sehr schön.

Über die inhaltliche Ausrichtung des Katholikentags ist unter den Organisatoren in der vergangenen Woche ein offener Streit ausgebrochen. Kernpunkt ist die Frage, ob ostdeutsche Perspektiven bei dem fünftägigen Glaubenstreffen ausreichend berücksichtigt werden. Der Vorsitzende des Trägervereins des Katholikentags und ehemalige Erfurter Oberbürgermeister, Manfred Ruge, bekräftigte in der Thüringer Allgemeinen seine Kritik, ostdeutsche Themen und Protagonisten seien im Programm unterrepräsentiert:

Wir sitzen unten am Katzentisch. Unsere Geschichten dürfen wir nicht erzählen.

Bistum und ZdK wiesen die Vorwürfe zurück, Ruges „pauschale Behauptung, dass Erfurt und der Osten Deutschlands im Programm kaum vorkommen“, sei nicht nachvollziehbar. Bischof Ulrich Neymeyr warf Ruge sogar „vereinsschädigendes Verhalten“ vor.

„Frieden ist nicht nur reine Harmoniesoße“ – Interview mit Wolfgang Thierse (Domradio)

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, ehemaliges Mitglied im ZdK, äußert sich im Interview mit dem Domradio entspannt:

Streit ist doch nicht per se etwas Schlechtes. Dass es Debatten über das Programm gibt, wer reden soll und welche Themen angeschlagen werden, gehört doch dazu. Das kann man auch ganz offen führen. (…)

Dazu gehören die Erfahrungen ostdeutscher Christen, ostdeutscher Katholiken, aber auch die Probleme des Zusammenwachsens in den letzten 30 Jahren. Da ist ja viel Positives passiert. Aber es ist noch nicht alles gelungen, es gibt immer noch Streit und Unzufriedenheiten. Darüber muss man auch auf einem Katholikentag sprechen.

Inzwischen ist die Auseinandersetzung über die inhaltliche Ausrichtung des Katholikentages aber eskaliert. Wie die Thüringer Allgemeine gestern berichtet, habe Manfred Ruge bereits am Mittwochabend seinen Rücktritt als Vorsitzender des Trägervereins erklärt – und sich mit dem Vorwurf verabschiedet, das ZdK verfahre nach einem Leitspruch von Walter Ulbricht:

Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand behalten.

nachgefasst I: EKD-Synode & KMU

Was hat die Synode der EKD 2023 eigentlich beschlossen? (evangelisch.de)

Alle wichtigen Entscheidungen der 4. Tagung der 13. EKD-Synode haben Markus Bechtold, Katrin von Bechtolsheim, Mechthild Klein und Sarah Neder in einem Überblick auf dem Portal evangelisch.de zusammengestellt. Neben einer kurzen Einführung in das jeweilige Thema ist jeweils der vollständige Beschlusstext verlinkt, etwa zu Themen wie Abschiebemonitoring und Seenotrettung, Glaubenskommunikation und Antisemitismus, Missbrauchsaufarbeitung und -prävention.

APuZ #23: Kirche – Holger Klein (Aus Politik und Zeitgeschichte)

Die Kirchen in Deutschland verlieren Mitglieder und gesellschaftlichen Einfluss. Welche Rolle kann die Kirche in einer modernen, pluralen Gesellschaft einnehmen? Darüber hat Holger Klein im APuZ-Podcast mit dem Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig, der Journalistin Christiane Florin und dem Blogger Murat Kayman gesprochen. Neben dem Transkript der aktuellen Folge gibt es auch die Ausgabe „Kirche in Deutschland“ der Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte zu lesen.

Triumphiert die Säkularisierung? Ein digitaler Workshop zur KMU VI (EZW)

Stimmt es, dass die Mehrheit der Deutschen mit Religion nichts mehr anfangen kann? Nach der Vorstellung der 6. EKD-Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung entspann sich eine öffentliche Kontroverse über diese Diagnose. In einem Online-Workshop am nächsten Mittwoch wird die Debatte mit Dr. Edgar Wunder (Sozialwissenschaftliches Institut der EKD), Dr. Martin Fritz (Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen) und Dr. Johannes Greifenstein (LMU München, nicht verwandt mit Eule-Redakteur Philipp Greifenstein) fortgesetzt.

Einsatz nah am „heißen Kern“ des Christentums – Thomas Seiterich (katholisch.de)

Die gesellschaftliche Macht der verfassten, einst großen Kirchen mag zusammenbrechen, so Thomas Seiterich angesichts der „bitteren Erkenntnisse“ der KMU. Und doch sehe er bei allen Abbrüchen auch hoffnungsvolle Signale – wie etwa den Einsatz Tausender Christen für Flüchtlinge, in Tafeln und Hospizen oder bei der Telefon- und Notfallseelsorge. Das sei Arbeit nah am „heißen Kern“ des Christentums, schreibt Seiterich in seinem „Standpunkt“ bei katholisch.de:

„Fürchte euch nicht, der Widerstand wächst“ – nicht dass er groß und größer würde. Doch er lebt. Er ist vorhanden. Und er entsteht immer neu – wie fast alles kirchlich Gute – von „unten“.

nachgefasst II: Catholica

Papst ohne Plan: Franziskus und die Weltpolitik – Sebastian Ramspeck und Christina Brun (SRF)

Bei Fragen der Glaubens- und Sittenlehre kann sich der Papst nach römisch-katholischer Lehre auf seine Unfehlbarkeit berufen. Doch als Staatsmann stehe er in der Kritik wie noch nie, berichten Sebastian Ramspeck und Christina Brun in ihrer Analyse, die den Fernsehbeitrag „Vatikan: Die diskrete Weltmacht“ im SRF begleitet. So sorgten seine anti-israelischen Einlassungen zum Konflikt in Gaza oder seine unklare Positionierung im Krieg Russlands gegen die Ukraine für Entsetzen. Dem Papst mache nicht nur die Vielzahl von Finanz- und Missbrauchsskandalen in der Weltkirche zu schaffen, sondern auch die Weltlage. In seiner traditionellen Rolle als „stiller Krisenvermittler“ könne er kaum noch Erfolge verbuchen.

Kirchen- und Klimakrise: Vertagen auf Sankt Nimmerleinstag ist tödlich – Annette Saal (Kirche+Leben) 

Was haben die Weltklimakonferenz in Dubai (vgl. die Debatte der #LaTdH vom letzten Sonntag) und die römisch-katholische Kirche gemeinsam? Beide haben es mit tiefen Krisen zu tun, die Debatten verlaufen zäh und Fortschritte halten sich in Grenzen, so Chefredakteurin Annette Saal in ihrem Kommentar für die Wochenzeitung Kirche+Leben:

Eine Gruppe Unentwegter kämpft sich vorwärts, je nach Bereich gegen Klima-Ignoranten oder Kirchenreform-Bremser – und immer wieder unterbrochen von Rückschlägen. (…)

Was bleibt, ist, einander Mut zu machen. Und verantwortungsvoll zu handeln, auch wenn es gerade niemand sieht. Christen formulieren es so: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Jeder ist verantwortlich dafür, dass auch andere gut leben können. Da sind Weltklima und Weltkirche ganz nah beieinander.

Papstworte und Privilegien – Severina Bartonitschek (Domradio, KNA)

Der jüngste Klatsch und Tratsch in Rom dreht sich um das luxuriöse „appartamento“ von Kardinal Raymond Burke. Der US-Amerikaner, einer der schärfsten Kritiker von Papst Franziskus, soll von diesem aufgefordert worden sein, seine gut 400 Quadratmeter große Wohnung zu räumen oder eine angemessene Miete dafür zu bezahlen.

Weitaus interessanter als die möglichen finanziellen Sanktionen ist die Kommunikation zu dem Fall. Der sonst so wortgewaltige Kardinal Burke hat zu dem Thema bislang keinen Kommentar abgegeben. Weniger überraschend bezog auch der Vatikan noch keine Stellung. Dafür überschlagen sich (mutmaßliche) Vatikankenner mit Spekulationen, berufen sich dabei hauptsächlich auf anonyme Quellen – oder den Papst.

Nach Ansicht des Kirchenhistorikers Massimo Faggioli könnten die Sanktionen gegen Kardinal Burke zu einem Bumerang für den kirchenpolitischen Kurs von Papst Franziskus werden. Die mangelnde Kommunikation führe dazu, dass eine persönliche Kränkung des Pontifex als Grund vermutet werde. Seine ultrakonservativen Gegner innerhalb der Kirche würden die Gelegenheit nutzen, um von einem Komplott gegen sie zu sprechen.

Längst ist, was katholisch nicht sein darf. Laudatio auf Sr. Philippa Rath OSB – Julia Knop (feinschwarz.net)

Die Benediktinerin Philippa Rath wurde am 26. November 2023 in Göttingen mit dem Edith-Stein-Preis geehrt. Damit werde ihr Engagement für Frauenrechte in der römisch-katholischen Kirche gewürdigt, das in ihrer Mitarbeit beim Synodalen Weg sowie in zwei Büchern zur priesterlichen Berufung von Frauen zum Ausdruck komme. Die Laudatio hielt die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop:

Sr. Philippas Engagement beeindruckt. Es ist getragen von einer ungeheuren Energie – und, wie sie selbst sagt, von einer unendlichen Hoffnung. Unendlich hoffnungsvoll kann frau in dieser Thematik wohl nur dann sein, wenn sie das Maß dieser Hoffnung nicht am Willen der Mächtigen bemisst, sondern an dem, was nötig ist, damit Gottes Wille geschieht.

Die gekürzte Fassung ist im theologischen Feuilleton feinschwarz.net erschienen, der vollständige Text steht inzwischen auch zum Download als PDF zur Verfügung.

Mundkommunion-Zwang bei Weltjugendtag: Ein Skandal und seine Folgen – (Kirche+Leben)

Gegen ihren Willen hatte ein Priester Teilnehmer:innen des diesjährigen Weltjugendtages in Lissabon (vgl. die #LaTdH vom 13. August) die Kommunion in den Mund gegeben. Das Verhalten des österreichischen Geistlichen gegenüber Jugendlichen aus dem Bistum Münster sorgte für viel Wirbel. Nach den Berichten von Kirche+Leben zum Vorfall ist das Erzbistum Wien als zuständige Diözese des Priesters tätig geworden. Die dortige Stabsstelle für Prävention von Missbrauch und Gewalt hat um einen Kontakt zu den Betroffenen gebeten. In einem Interview wertet die Münsteraner Theologin Judith Könemann das Verhalten des Geistlichen als „klerikalen Machtmissbrauch“.

Buntes

Das jüdische Lichterfest Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem nach dem erfolgreichen Makkabäer-Aufstand im Jahr 164 v. Chr. – gleichzeitig fallen die Festtage meist in die christliche Advents- und Weihnachtszeit. In diesem Jahr wird Chanukka vom Abend des 7. bis 15. Dezember gefeiert.

Chanukka: zwischen beschaulichem Lichterfest und der Treue zur eigenen Tradition – Daniel Fabian (feinschwarz.net)

Bei feinschwarz.net erläutert Daniel Fabian, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Katholische Theologie der HU Berlin und Landesrabbiner für Sachsen-Anhalt, die Hintergründe dieser Festzeit und zeigt, warum Chanukka nicht nur ein Fest des Lichts ist, sondern auch ein Fest der Bildung und des Studiums. Schon die Makkabäer-Revolte sei ein „Kampf der Kulturen“ gewesen; bis heute stelle sich die Frage, wie Juden „der Gefahr der Assimilation“ begegnen, „dass der eigene Glaube in die Bedeutungslosigkeit verschwinden könnte?“

Und das nicht nur zur Chanukkazeit – Jessica Donath (Jüdische Allgemeine)

Die Gruppe „Rappers & Rabbis“ verbindet Hip-Hopper und Rabbiner, in diesem Jahr haben sie eine Single herausgebracht, die die Chanukka-Geschichte dem gegenwärtigen Antisemitismus gegenüberstellt. Außer dem Video mit dem Hit „Light Is In The Air“ gibt es auf den Internetseiten der Initiative Mitschnitte von Auftritten und Material zu anderen jüdischen Feiertagen, zum Beispiel eine Hip-Hop-Haggada für Pessach, die während der Corona-Pandemie entstand. Gerne würden „Rappers & Rabbis“ auch in Deutschland in jüdischen Gemeindezentren und in Schulen auftreten, „um mit Hip-Hop ihre Version eines engagierten und relevanten Judentums zu verbreiten – nicht nur zur Chanukkazeit“.

„Das Volk allein, dem es geschah, das feiert lieber Chanukah“ – Oded Fluss (Breslauer Sammlung)

In seinem Blogbeitrag stellt Oded Fluss, Bibliothekar in der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich, Lieder und Gedichte zu Chanukka vor, Schätze aus der geretteten Bibliothek des ehemaligen Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau. Enthalten ist auch die Parodie „Heilige Nacht“ von Erich Mühsam, veröffentlicht am 27. Dezember 1923 in der Weltbühne. Angesichts der ein Jahrzehnt später beginnenden Shoah und der Ermordung des Schriftstellers im KZ Oranienburg bereits im Juli 1934, wirkt die Pointe des Gedichts, dass Jesus in Wirklichkeit ein Jude war, so treffend wie bitter:

Geboren ward zu Bethlehem
Ein Kindlein aus dem Stamme Sem.
Und ist es auch schon lange her,
Seit’s in der Krippe lag,
So freu’n sich doch die Menschen sehr
Bis auf den heutigen Tag.
Minister und Agrarier,
Bourgeois und Proletarier –
Es feiert jeder Arier
Zu gleicher Zeit und überall
Die Christgeburt im Rindviehstall.
(Das Volk allein, dem es geschah,
Das feiert lieber Chanuka.)

Theologie

„Mariä Erwählung“ statt „Mariä Empfängnis“: Heile Anfänge – Andreas Batlogg (Die Furche)

Das römisch-katholische „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“ am 8. Dezember transportiere eine Reihe theologischer Hypotheken – etwa jene der „Erbsünde“. In seinem Gastbeitrag für Die Furche begründet Andreas Batlogg SJ, warum man das Fest Maria Empfängnis besser umbenennen sollte:

„Mariä Erwählung“ drückt treffender aus, worum es geht: um Erwählung. Im Blick auf ihre einzigartige „Funktion“ bleibt Maria erspart, was allen anderen Menschen nicht erspart bleibt. Dass Gott handelt, wunderbar, immer wieder, dass er dabei nicht überfällt oder zwingt, sondern um Zustimmung wirbt – das feiern wir. Maria hat sich darauf eingelassen.

Rechnen wir (noch) damit, dass es auch unsere, meine Erwählung gibt: einen „gottgefälligen“ Dienst, den nur ich leisten kann? Obwohl wir hineingeboren werden in Schuldzusammenhänge, für die wir persönlich nichts können: Mariä Erwählung erinnert daran, dass es immer wieder einen heilen Anfang gab. Dass Heil gelingt, weil Menschen an sich handeln lassen.

Wie es eine andere ökumenisch wie innerkatholisch umstrittene Glaubenslehre, nämlich die von der „Aufnahme Mariens in den Himmel“, schaffte, von Papst Pius XII. 1950 als Dogma verkündet zu werden, erklärt Stefan von Kempis in seinem Beitrag für Radio Vatikan, in dem der Münsteraner Kirchenhistoriker Matthias Daufratshofer seine jüngsten Aktenfunde in römischen Archiven präsentieren kann.

She was no People Pleaser! Eine Wiederentdeckung – Klaas Huizing (zeitzeichen)

Klaas Huizing, Professor für Systematische Theologie an der Universität Würzburg, schwärmt in seinem z(w)eitzeichen-Beitrag von der Relecture von Dorothee Sölles „Gott denken. Einführung in die Theologie“ (Erstauflage 1990; als eBook 2023 erhältlich in Band 9 der „Gesammelten Werke“). Es funktioniere „glänzend“ im Dogmatik-Seminar für Studienanfänger*innen:

Das Buch hat eine elektrisierende Kraft. Erzählt auf hohem Niveau, wie sich die Theologie entwickelt hat und hemdsärmelig wurde. Alle dogmatischen Portalbegriffe, einige im neuen Gewand, werden anhand des orthodoxen, liberalen, feministisch-befreiungstheologischen-ökologischen Paradigmas vorgestellt. (…)

Dieses schmale Buch zeugt nicht nur von außerordentlicher Denkkraft, sondern zugleich von stilistischer Eleganz, Atmosphärendichte, Begeisterung, präsentiert ein Narrativ, das ansteckend wirkt. Das Buch verträgt auch Widerspruch, weil es selber vom Widerspruchsgeist getragen wird.

Obwohl das Buch bei der Erstveröffentlichung sehr gegenwartsnah war, ist es prächtig gealtert. In vielen Diskursen, die wir heute bearbeiten, war die Autorin Sölle bereits präsent. Sie war eine Vorzeitige. Eine Stimme, die wir jetzt erneut einspielen sollten.

Die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt und Die Eule haben anlässlich ihres zwanzigsten Todestages mit Gesprächen, Artikeln und Veranstaltungen und der Überschrift „WIDERSTAND! Dorothee Sölle & der Osten“ dem Gedenken in diesem Jahr wichtige ostdeutsche Perspektiven hinzugefügt.

Ein guter Satz

„Was nützt die Eile, wenn man nicht auf dem Weg zur Krippe ist?“