Lasset die Kinder zu mir kommen – wie jetzt, wirklich alle?

Wie können Kirchgemeinden Orte werden, an denen Familien sich wohlfühlen? „Unperfekt, aber echt“ heißt das neue Buch unserer Kolumnistin Daniela Albert, in das wir heute schon reinschauen können.

Am kommenden Montag erscheint „Unperfekt, aber echt“, das erste Buch von Daniela Albert, die in der Eule seit dem Frühjahr 2020 die Kolumne „Gotteskind & Satansbraten“ schreibt. Aus diesem Anlass verlosen wir unter allen Eule-Abonnent:innen ein Exemplar des Buches (s.u.).

Bereits heute gibt es bei „Gotteskind & Satansbraten“ einen exklusiven Auszug aus dem Buch: Sind unsere Türschwellen in den Gemeinden niedrig genug für Familien? Auch für die, die vielleicht nirgendwo richtig reinpassen?


Es ist Sonntagnachmittag – vor der Pandemie versteht sich. Das Gemeindehaus ist schon voller Familien mit Kindern. Einige rennen laut lachend über den Flur. Andere sitzen schon im Nebenraum und basteln Kreuze. Es ist der Ewigkeitssonntag, und auch die Kleinen dürfen Trauer und Hoffnung mit allen Sinnen erfahren.

Später treffen sich alle Kinder und Erwachsenen im großen Saal und sehen ein Theaterstück über Traurigkeit und feiern eine kleine Andacht. Wir singen und beten – und anschließend sitzen wir auf dem Fußboden und essen zusammen Abendbrot. Es ist ein buntes und äußerst leckeres Buffet, das unser Pfarrer für diesen Tag ausgewählt hat – sogar mit einer Süßigkeiten-Bar – denn am Ende des Ewigkeitssonntags soll das Himmelreich stehen.

Um uns herum sind viele Familien. Einige, deren Kinder sehr schüchtern sind und niemals allein in den Kindergottesdienst gehen würden, sind auch gekommen. Andere haben die richtig Wilden dabei, die durch den Garten toben und mit den Jugendlichen von der Konfirmandentruppe lieber schon mal ein bisschen Holz zerkleinern. Da ist das Mädchen, das irgendwie „anders“ ist – das lieber still in der Ecke sitzt und sich alles nur ansieht. Sie spricht selten, doch von ihren Eltern wissen wir, dass sie alles aufnimmt, was hier passiert. Da ist der Junge, den seine Lehrer:innen anstrengend finden und der uns an solchen Nachmittagen immer wieder zeigt, was er alles kann – vorausgesetzt er findet eine Atmosphäre vor, in der das möglich ist.

Herzlich Willkommen!

Viele dieser Familien würden nie zu einem normalen Gottesdienst kommen. Manche nicht, weil Kirche für sie noch weit entfernt ist und weil sie eine niedrigere Türschwelle brauchen, über die sie eintreten können. Andere bezeichnen sich als Christ:innen, wollen aber keine Gottesdienste besuchen, weil ihre wilden, ängstlichen oder schüchternen Kinder mit der sonntagmorgendlichen Routine nicht klar kommen.

Dass junge Familien in Gemeinden Angebote finden, die ihren Bedürfnissen entsprechen, ist gerade in Bezug auf die Glaubensentwicklung von Kindern wichtig. Thorsten Dietz beschreibt den Bedarf an Glaubensgemeinschaft, der sich gerade für Heranwachsende ergibt in seinem Buch „Weiterglauben – warum man einen großen Gott nicht kleinen denken kann“, so:

„Je weniger eine Familie in Kirche und Gemeinde eingebunden ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Kinder den christlichen Glauben übernehmen. Die Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation hängt wesentlich daran, ob junge Menschen den christlichen Glauben auch in einer gelebten Form vor Augen haben oder nicht.“

Als Gemeinden müssen wir uns also dringend die Frage stellen, wie wir ein Ort werden, an dem Familien sich willkommen fühlen, egal welche Herausforderungen sie haben.

Gemeinden leben und entwickeln sich dadurch, dass man mitmacht und manchmal auch davon, dass man etwas anders macht, hinterfragt und sich traut, die „Das-machen-wir-doch-schon-immer-so’s“ zu durchbrechen. Denn gerade die sind es, die Gemeinden oft im Wege stehen, wenn es darum geht den Anforderungen der Diversität gerecht zu werden, die unsere Gesellschaft heute mitbringt.

Ein Klima der Wertschätzung schaffen

Doch damit Eltern auch dann kommen und mitmachen wollen, wenn sie anderswo mit ihren Kindern eher anecken, braucht es ein Klima der Wertschätzung. Leider erfahren diese nicht alle Familien in unseren Gemeinden. Ein Kind, das nicht in herkömmliche Angebote passt, ist doch letztendlich nur „verzogen“, oder? Und überhaupt sind die heutigen Eltern schuld, dass Jugendarbeit nicht mehr funktioniert wie früher, oder? Zu weich, zu inkonsequent, zu wenig Erziehung. Auch heute sind solche Gedanken noch bei vielen Verantwortlichen präsent. Wenn auch oft nur unbewusst.

Diese Haltung hat jedoch zur Folge, dass gerade Familien, die dringend den Halt und die Unterstützung eines Netzwerkes brauchen, keinen Ort finden, an denen sie mit anderen zusammen Glaubensgemeinschaft leben können und ihnen der Zugang zu Gemeinden verwehrt bleibt. Dem müssen sich mitnichten nur Haupt- oder Ehrenamtliche stellen. Denn wir sind alle Gemeinde. Du bist es und ich bin es. Und die Frage, ob sich Familien mit Kindern wohl und angenommen fühlen, hängt zu einem nicht geringen Teil davon ab, auf welche anderen Familien sie treffen.

Wir alle können Steine ins Rollen bringen und dafür sorgen, dass auch die gern kirchliche Angebote wahrnehmen, deren Kinder nicht überall spielend leicht reinpassen. Vielleicht kannst du in deiner Gemeinde für die einstehen, die es schwerer haben. Vielleicht kannst du widersprechen, wenn in der kirchlichen Familienarbeit so geplant wird, dass sie auf alten Gehorsamsvorstellungen beruht. Werde eine sanfte Gegenstimme, wenn du mitbekommst, dass Eltern aufgrund des Verhaltens ihrer Kinder abgewertet werden.

Beteilige dich nicht an Lästereien, wenn die anderen denken, dass die Eltern von diesem oder jenem Kind offensichtlich alles falsch machen. Ergreife Partei. Sei du die Stimme, die du vielleicht selbst irgendwann einmal brauchen wirst oder schon einmal irgendwo gebraucht hättest. Öffne du Türen für Familien, denen sie anderswo nur allzu oft vor der Nase zugeschlagen werden.

„Unperfekt, aber echt“ – Gewinnspiel für Eule-Abonnent:innen

Am Montag, den 7. Juni 2021 erscheint Daniela Alberts erstes Buch im Neukirchener Verlag. Unter allen Eule-Abonnent:innen verlosen wir ein Exemplar des Buches. Im Lostopf befinden sich alle Eule-Abonnent:innen, die bis einschließlich 12. Juni 2021 ein Eule-Abo abgeschlossen haben (hier entlang).

In „Unperfekt, aber echt“ beschreibt Daniela Albert, was christliche Familien stark macht. Ein Buch für alle, die auf der Suche nach Ermutigung im Familienalltag und einer christlichen Perspektive auf die Erziehung ihrer Kinder sind!

Am Montag, 7. Juni 2021, 20:30 Uhr, lädt Daniela Albert zu einer Live-Buchparty auf ihrem Instagram-Kanal ein, auf der sie Auszüge aus dem Buch lesen und mit Lilli Gebhard diskutieren wird.

„Unperfekt, aber echt: Mit Jesus durch den Erziehungsalltag. Was christliche Familien stark macht“, 184 Seiten, 16 €, Neukirchener Verlag, zur Verlagswebsite.