Live-Blog von der EKD-Synode in Dresden (2. Tag)

Vom 10. bis 13. November tagt in Dresden die EKD-Synode. Unser Redakteur Philipp Greifenstein ist live vor Ort. Hier der Live-Blog vom 2. Tag der Synode (Montag):

In einem Live-Blog berichtet unser Redakteur Philipp Greifenstein (@rockToamna) live von der EKD-Synode in Dresden. Es lohnt also, immer mal wieder reinzuschauen. Hinweise und Fragen könnt ihr gerne hier in die Kommentare schreiben oder per Email an die Redaktion senden. Der Live-Blog vom Sonntag findet sich hier und hier geht es live in die Beratungen der Synode.


Mo 11.11.2019 – 21:30

Auch das ist eine Synodengeschichte: Die Synodale Beate Besser, Landeskirchenmusikdirektorin der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, fordert in der Debatte um die Jugendquote, die Synode möge endlich auch eine verpflichtende Frauenquote einführen. Mancher Synodale rollt da mit den Augen – soll jetzt etwa alles quotiert werden! Und dann das leidige Frauenthema!

Es ist der Synodale Klaus Schurig, juristischer Oberlandeskirchenrat der Sächsischen Landeskirche (und gestern erst in der Eule zitiert), der den Faden wenig später aufnimmt. Schurig gehört zu den stets angehörten konservativen Stimmen der Synode.

Der Kirchengesetzvorschlag der Jurist*innen aus dem EKD-Kirchenamt („So viel Phantasie hätte ich denen gar nicht zugetraut“ – Synodenpräses Irmgard Schwaetzer) zeige, so Schurig, dass man so etwas sehr wohl zustande bringen kann, ohne die Wahlrechte der Landessynoden der EKD-Gliedkirchen zu beschneiden. Wenn man im gleichen Zuge, um der besseren Repräsentanz willen, die Synode auf insgesamt 140 Synodal*innen vergrößere, sei eine Frauenquote also sehr wohl möglich.

Und damit wollen wir es sich für heute bewenden lassen: In Kürze beginnt der Empfang des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU. Es sollen wohl Friedenslieder aus DDR- und Friedensbewegungszeiten gesungen werden. Das wird wohl kaum nüchtern zu genießen sein. Gute Nacht!

Mo 11.11.2019 – 21:00

Die Synode tagt jetzt in Ausschusssitzungen, da ist heute ja eine Menge hinverwiesen worden. Zum Verständnis: Neue Kirchengesetze oder Kundgebungen werden im Plenum in die Synode eingebracht, dann in Ausschüsse verwiesen, häufig mit konkreten Arbeitsaufträgen und/oder Änderungswünschen und/oder -Anträgen. Von dort finden sie dann den Weg zurück ins Plenum, wo am Mittwochvormittag die zweiten bzw. dritten Lesungen angesetzt sind. Entschieden hat die Synode erst dann.

Weil die Synode aber kein Parlament ist und in aller Regel auf möglichst große Übereinstimmung bedacht, lässt sich an den Reaktionen auf die von langer Hand vorbereiteten Einbringungen ablesen, wie das Votum der Synode ausfallen wird.

Beispiel Haushalt 2020: An den Volumina von Erträgen und Ausgaben (s.u.) ändert sich nur im Detail etwas oder an der Zuordnung und Aufschlüsselung von einzelnen Posten. So viel Spielraum hat die Synode als ein Organ der Zusammenarbeit der evangelischen Kirchen neben Kirchenkonferenz und halb-schräg über den Landessynoden der Gliedkirchen auch gar nicht.

Anders sieht es ggbfs. mit der Änderung der Grundordnung der EKD aus, die für die Jugendquote (s.u.) nötig ist. Für eine Änderung bedarf es am Mittwoch einer 2/3-Mehrheit. Und obwohl viele Synodale ihre Zustimmung signalisiert haben, gibt es natürlich auch Bedenken und Nachfragen. Erfahrene(re) Beobachter der EKD-Synode gehen aber davon aus, dass das neue Kirchengesetz beschlossen wird.

Dazu mag auch beitragen, dass ohne eine Annahme auf dieser Tagung – z.B. durch einen Auftrag zur Überarbeitung – das neue Kirchengesetz nicht mehr rechtzeitig für die Wahl der neuen EKD-Synodal*innen gültig würde. Dann würden auch in der nächsten sechsjährigen Legislatur nur 8 Jugenddelegierte ohne Stimmrecht an der Synode teilnehmen. 100 EKD-Synodal*innen werden von den Synoden der 20 Gliedkirchen der EKD gewählt. Hinzu kommen 20 – vielleicht bald 28 – berufene Synodal*innen, die vom Rat der EKD bestimmt werden.

Eine Kundgebung, wie sie zum Schwerpunktthema Frieden geplant ist, bedarf ebenfalls einer 2/3-Mehrheit. Die Konsens-Bedachtheit der EKD-Synode sorgt deshalb dafür, dass die Kundgebungen meist rundgelutscht sind, um auch im Grunde sich widersprechenden Überzeugungen zu entsprechen.

Der Kundgebungsentwurf zum Schwerpunktthema ist auch darum (noch) acht Seiten lang. Da auf Wunsch mehrere Synodal*innen besonders die theologische Gedankenführung weiter ausgebaut und konkretisiert werden soll, wird sie wohl auch nicht kürzer werden.

Hier beißt sich das Bemühen der Synode, komplexen Themen gerecht zu werden, mit der eigentlichen Absicht einer Kundgebung: Nämlich ein verständiges und zugleich verständliches Wort aus der Evangelischen Kirche in die Gesellschaft zu kommunizieren. Mehr zur komplizierten Debatte um das Schwerpunkthema hat Philipp Gessler auf zeitzeichen.net aufgeschrieben.

Mo 11.11.2019 – 18:15

Ratsmitglied Stephanie Springer, Präsidentin des Landeskirchenamtes der Ev.-Luth. Landeskirche Hannovers, stellt ein Gesetz zur Flexibilisierung des Ruhestandes von Pfarrer*innen vor. Wenn sie denn wollen, sollen diese bis zum 75 Lebensjahr im Dienst bleiben dürfen. Dementsprechende Amtszuschnitte müssen gleichwohl erst entwickelt werden. Aber: Die evangelischen Kirchen brauchen ihre älteren Pfarrer*innen, denn es gibt zu wenig Nachwuchs für das Pfarramt.

Gleich wird in die EKD-Synode ein „Kirchengesetz zur Regelung der Mitgliedschaft junger Menschen in der Synode der EKD“ eingebracht. Bald schon sollen in der EKD-Synode verpflichtend 20 junge Menschen mitentscheiden dürfen. Über diese „Jugendquote“ und die Beteiligung junger Menschen an den Beratungen der Synode habe ich mit zwei EKD-Jugenddelegierten gesprochen:

Mo 11.11.2019 – 17:15

Aus dem Bericht des Haushaltsausschusses sind Erträge und Aufwendungen der EKD ersichtlich:

Die EKD weist im kommenden Haushalt ein Defizit aus: „Es ist keine schwarze, sondern eine rote Null“, deutet Friedrich Vogelbusch, Vorsitzender des Haushaltsausschusses, diesen Umstand. „Es gibt ein kleines Defizit, das halten wir aber für verkraftbar.“

Mo 11.11.2019 – 16:50

Ratsmitglied Andreas Barner bringt nun den Haushalt 2020 in die Synode ein, es wird sich der Bericht aus den Haushaltsausschuss anschließen, dann die erste Beratung. Im Haushalt sind keine Mittel für die Unterstützung der zivilen Seenotrettung vorgesehen:

Schiffe zu betreiben und Seenotrettung aktiv durchzuführen ist keine Kompetenz, die die EKD einbringen kann und einbringen sollte. Ein breites Bündnis zu unterstützen, mitzuhelfen, dass Spenden verfügbar gemacht werden, und eine klare aus dem christlichen Gebot der Nächstenliebe getragene Position zu vertreten, das sind Beiträge, die die evangelische Kirche leisten kann und leisten sollte.

Barner weist auf sinkende Kirchensteuerzahlen in den kommenden Jahren hin. Es gelte, sich daran anzupassen. Paradox: Trotz sinkendem Kirchensteueraufkommen könnte die Umlage der Gliedkirchen zugunsten der EKD steigen:

Dabei zeigt sich die Entwicklung der Kirchensteuereinnahmen bei der Umlage mit einer zeitlichen Verzögerung. Das führt in Zeiten, in denen die Kirchensteuer rückläufig ist, anfangs noch zu einer steigenden EKD-Umlage, sicher eine Belastungsprobe für das bewährte Verfahren.

Mo 11.11.2019 – 16:15

Der Synodale Oberst Matthias Rogg spricht ausführlich und erhält für seine Wortmeldungen viel Zustimmung. Ihm geht es darum, den Entwurf so „realistisch“ wie möglich zu gestalten, d.h. zwischen unterschiedlichen Waffengattungen zu differenzieren. Er spricht sich für die nukleare Teilhabe und den ethisch reflektierten Einsatz von Drohnen aus. Wenn Waffeneinsatz – in Übereinstimmung mit den Bekenntnisschriften – nicht vollständig ausgeschlossen ist, dann sei auch der Einsatz von Waffensystemen, die Soldat*innen im Einsatz stärker schützen, nicht abzulehnen. Rogg mahnt die Synodal*innen, die EKD solle in ihren politischen Forderungen die Anliegen der deutschen Bundesregierung stärker mitbedenken.

Ratsmitglied Jacob Joussen spricht sich dafür aus, zu einer klaren und wohl auch kürzeren Fassung zu gelangen. Es habe sich doch seit der letzten Friedensdenkschrift von 2007 einiges geändert (Verlässlichkeit der USA als Bündnispartner, NATO-Partnerschaft mit der Türkei, etc.). Auf diese Entwicklungen, nicht auf alle möglichen Aspekte des Themenfeldes, solle die Kundgebung der Synode reagieren.

Der Ratsvorsitzende rät, sich deutlich für die schrittweise Abschaffung von Atomwaffen auszusprechen. Warum zu „unserer Sicherheit“ tausende Atom-Sprengköpfe nötig seien, kann er nicht nachvollziehen. Recht gibt er dem Synodalen Rogg darin, dass die UN-Politik der Schutzverantwortung („Responsibility to protect“) im Entwurf zur Sprache kommen sollte.

Mo 11.11.2019 – 15:35

Das Plenum der Synode tritt soeben wieder zusammen, die Aussprache zum Schwerpunktthema steht an (zum Livestream). Am Vormittag hatte es dazu zwei Vorträge und mehrere Erfahrungsberichte aus der praktischen Friedensarbeit gegeben. Vor der Mittagspause brachte Renke Brahms, Friedensbeauftragter der EKD, den Kundgebungsentwurf in die Synode ein. evangelisch.de hat mit ihm gesprochen (Video).

Nach dem Mittagessen haben sich die Synodal*innen in ihren Arbeitsgruppen getroffen. Es liegt ein wenig Spannung in der Luft, wie der Kundgebungsentwurf nun im Plenum diskutiert werden wird. Ein Knackpunkt:

Der Entwurf sieht durchaus „legitimen“ Gewalteinsatz vor. Es gehe darum, „militärische Gewalt und kriegerische Mittel Schritt für Schritt zu überwinden, den eindeutigen Schwerpunkt auf die Prävention zu legen“, erklärte Brahms. Einigen Synodal*innen geht das nicht weit genug: Waffeneinsatz sei niemals eine Option.

Mo 11.11.2019 – 14:00

Mit zwei EKD-Jugenddelegierten habe ich über die Jugendquote und die Beteiligung junger Menschen an der Synode gesprochen. Das ist heute Nachmittag Abend Thema auf der Synode.

Mo 11.11.2019 – 11:20

Nach einer Kaffeepause wird nun ein Film über eine Reise mit „Brot für die Welt“ nach Kenia gezeigt.

Mo 11.11.2019 – 10:45

Langer Beifall für das Referat zu den Folgen des Klimawandels. Die Synodal*innen sind beeindruckt und dankbar für die Schilderungen. Ein Synodaler, der bei „Brot für die Welt“ tätig ist, erläutert in einer kurzen Ausspracherunde zu den beiden Vorträgen, dass die beschriebenen Szenarien heute schon die Arbeit evangelischer Entwicklungshilfeorganisationen prägen – sie sind schon Realität.

Mo 11.11.2019 – 10:30

An das Referat des Landesbischofs schließt sich nun ein Vortrag von Dr. Kira Vinke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung an. Ein Faden von Gestern wird wieder aufgegriffen: Welche Herausforderungen ergeben sich für Friedenssicherung und Gerechtigkeit aus den Folgen des Klimawandels? Vinke stellt Klimaprojektionen vor, die z.B. Prognosen für Migrationsbewegungen enthalten. Was geschieht, wenn ganze Weltregionen unbewohnbar werden? Und was heißt eigentlich unbewohnbar?

Mo 11.11.2019 – 10:00

Jochen Cornelius-Bundschuh, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden (EKIBA), hält nun ein friedenstheologisches Referat. Es gibt sogar so etwas wie eine Powerpoint-Präsentation.

Mo 11.11.2019 – 9:45

„When you truly see the face of your brother, you truly see the face of God.“ Morgendliche Bibelarbeit über die Rückkehr Jakobs zu seinem Bruder Esau von Rev. Elaine Neuenfeldt: Vergebung, Befreiung und Friedensschluss zwischen Brüdern. Wie oft soll ich meinem Bruder vergeben? „Wir alle müssen verwandelt werden, um das Angesicht Gottes in unseren Mitmenschen zu erkennen.“

Irgendwann wird sicher auch der Live-Stream von der Synode wieder anspringen, hier entlang. Es folgt nun die Einbringung des Schwerpunktthemas in die Synode durch den EKD-Friedensbeauftragten Renke Brahms.

Mo 11.11.2019 – 9:05

Guten Morgen aus Dresden von der Synode der EKD. Die Synodal*innen rücken langsam in den Plenarsaal ein, es ist Sonnenschein und knispelkalt. Kann losgehen!

Kurze Presseschau: In der Frankfurter Allgemeinen fasst Reinhard Bingener die gestrige Diskussion um die Unterstützung der Seenotrettung zusammen. Auf zeitzeichen.net beschreibt Reinhard Mawick ein binnenkirchliches Possenspiel unter Beteiligung der UEK-Vollkonferenz. Und gestern Abend habe ich hier in der Eule bereits über das komplexe Verhältnis der EKD zur gastgebenden Sächsischen Landeskirche geschrieben.

„Kirche mit leichtem Gepäck“ wolle man werden, hieß es gestern vom Ratsvorsitzenden. Am Vormittag gehen heute die Beratungen zum Schwerpunktthema Frieden weiter. Am Nachmittag werden Kirchengesetze thematisiert.