Freiwillige Entscheidung – Die #LaTdH vom 3. Juli

„Ein bisschen Schwund ist immer“ oder ist der rekordverdächtige Mitgliederschwund der Kirchen gar ein „Erlösungsprozess“? Außerdem: Neue Missbrauchsvorwürfe, Diversity-Training und „Brüder im Nebel“.

Herzlich Willkommen!

Sommerfrische, Klimakrise und Ukraine-Krieg beanspruchen unsere Aufmerksamkeit in diesen Tagen, die für viele #LaTdH-Leser:innen die letzten Arbeitstage vor den sicher wohlverdienten Ferien sind. Da kann es passieren, dass trotz Berichterstattung in der „Tagesschau“ und anderen Medien ein wichtiges Thema droht an der Aufmerksamkeitsschwelle unserer gestressten Gesellschaft („Flughafenchaos“, echt jetzt?!) zu scheitern.

Das trifft sicher auf die mindestens 37 Menschen zu, die beim Versuch nach Europa zu gelangen an der Grenze zur spanischen Exklave Melilla gewaltsam zu Tode kamen. Die Hilfsorganisation medico international und der Rat für Migration ordnen das Geschehen ein:

Was sich an der Grenze zur Exklave Melilla, diesem Überbleibsel des spanischen Kolonialismus auf dem afrikanischen Kontinent, abspielt, ist neuer trauriger Höhepunkt einer migrationspolitischen Entwicklung, die wir seit Jahren beobachten und immer wieder kritisiert haben. […]

Das Nachdenken über legale Migrations- und Fluchtrouten scheint gänzlich einer Politik der militarisierten Abwehr gewichen. Die Verteidigung der Grenzen mit Waffen-Gewalt – sei es in der Ägäis, auf dem Balkan, in Polen oder nun Spanien – galt 2015, als die AfD eben das forderte, noch als Tabubruch. Nun ist sie zum Alltag geworden.

Die Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen fordern u.a. die Europäische Union auf, Vertragsverletzungsverfahren gegen jene Mitgliedstaaten zu eröffnen, die illegale Pushback-Verfahren in ihren Ländern „legalisiert“ haben (wir berichteten). Das trifft z.B. auf Polen zu, das sich gegenwärtig durch die Aufnahme von geflüchteten Ukrainern hervortut und gerade eben eine 186 km lange Mauer an der Grenze zu Belarus fertigstellt hat.

Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein

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Debatte

Von der bedrückenden und bedeutenden Frage der europäischen Migrationspolitik, zu der sich am Freitag („Familiennachzug“) auch die Kirchen geäußert haben, in die Niederungen der Kirchenmitgliedschaftszahlen:

Am Montag veröffentlichten nun auch die Deutschen Bischofskonferenz (DBK, als PDF) und die deutschen römisch-katholischen (Erz-)Bistümer ihre Statistiken für das Kalenderjahr 2021. Und – Sie haben es bestimmt schon gehört – die Zahlen sind katastrophal.

Rekord-Kirchenaustritte: Die Kirchenkrise ist chronisch geworden – Felix Neumann (katholisch.de)

Eine umfassende Analyse der Zahlen hat Felix Neumann (@fxneumann), Redakteur bei der Nachrichtenseite der katholischen Kirche katholisch.de, verfasst. Er lässt keine betrübliche Nachricht aus und weiß auch die an sich positiven Eindrücke, z.B. die gestiegene Zahl von Taufen und Trauungen, kritisch einzuordnen.

Die Zahl an Sakramenten-Spenden (kath.) bzw. Kasualien (ev.) – also Taufen, Trauungen, Segensfeiern, Konfirmationen, Firmungen und Erstkommunionen usw. – ist zwar im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 in beiden Kirchen gestiegen, die Corona-Verluste aber konnten 2021 nicht wettgemacht werden. Und es darf bezweifelt werden, ob das Jahr 2022 tatsächlich das große „Aufhol-Jahr“ wird.

Was in dieser Statistik nach Rekord aussieht, kommt bei weitem nicht über die traurige vorpandemische Realität des Jahres 2019 hinaus. […] Bildet man den Durchschnitt aus den Jahren 2021 und 2020, liegen die Zahlen dieses Corona-Doppeljahres so weit unter denen von 2019, dass klar ist, dass bei weitem nicht jede Taufe, jede Firmung, jede Trauung nachgeholt ist, und mit jedem Jahr, das ins Land geht, dürfte die Wahrscheinlichkeit kaum steigen. Die kirchliche Kernkompetenz “Lebenswendengestaltung” hat ein Nachfrageproblem.

Ingesamt ist die Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2021 auf nun 21,6 Millionen gesunken. Noch nie sind binnen eines Jahres so viele Menschen aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten, nämlich 359 338 Personen (+ 138 000 im Vergleich zu 2020), es folgen bei den Abgängen die in Christo Entschlafenen (240 000), was sich auf ca. 550 000 Abschiede summiert.

Dem stehen 141 000 Taufen und Eintritte/Wiederaufnahmen von ingesamt 5 600 Personen gegenüber. In den evangelischen Kirchen gab es von Letzeren im Jahr 2021 18 000 (ungefähr auf Niveau der Vorjahre) und selbst wenn ein paar römische Katholik:innen zu den Alt-Katholischen „rübermachen“ (s. #LaTdH vom 22. Mai): Die meisten verabschieden sich in die Nichtmitgliedschaft.

Die Kommentierung der rekordschlechten Zahlen von Seiten der (Erz-)Bischöfe und professionellen Beobachter:innen, Journalist:innen wie Wissenschaftler:innen gleichermaßen, fallen wenig überraschend aus. Es ist natürlich unbestreitbar, dass der anhaltende Skandal des Missbrauchs, die Krise der Aufarbeitung und der massive Vertrauensverlust in exponierte Akteure der Kirche mitursächlich für die hohen Austrittszahlen sind – die obendrein drohen, sich auf dem erreichten Niveau einzupendeln. Das Erzbistum Köln verzeichnet für 2021 übrigens fast 41 000 Austritte – so viele wie in keiner anderen deutschen (Erz-)Diözese und wie nie zuvor.

Darüber hinaus haben wir es – in welchem Maße, darüber streitet sich die lustige Wissenschaft – natürlich auch mit einem massiven Traditionsabbruch, der Auflösung traditioneller Milieus, einem verstärkten Kosten-Nutzen-Denken in den jüngeren Generationen und allgemeinem Reform-Verdruss bei den Älteren zu tun. Bitte schauen Sie sich selbst um, was die einschlägigen Experten aus ihren bekannten Analyse-Koffern anlässlich der aktuellen Zahlen wieder herausgezaubert haben.

Oder Sie lesen den kurzen Bericht von Benjamin Lassiwe (@lassiwe) über das Bistum Görlitz, wo im Vergleich zum Vorjahr nur etwas mehr als 100 Leute abhanden gekommen sind. Bemerkenswert bleibt allerdings die Einordnung des Vorsitzenden der DBK, Bischof Georg Bätzing (Limburg):

„Zur Kirche zu gehören ist ebenso wenig eine Selbstverständlichkeit wie aktiv in ihr mitzuwirken. Die Skandale, die wir innerkirchlich zu beklagen und in erheblichem Maße selbst zu verantworten haben, zeigen sich in der Austrittszahl als Spiegelbild. Dieses dürfen wir nicht verzerren, wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass die Kirchen wieder voller werden oder die Zahl der Gläubigen wieder steigt.“

Seine Hoffnung setzt Bätzing auf den Synodalen Weg, auf dem „als Impuls zur inneren Reform und Erneuerung wichtige Schritte in die richtige Richtung“ gemacht würden, „die Zahlen 2021“ seien darum für ihn „auch ein Auftrag: den eingeschlagenen Weg der Kirche mutig weiterzugehen“. Felix Neumann trifft es in seiner Analyse besser:

Kirche allgemein ist egal, und mit ihr die in den innerkirchlichen Debatten so wichtigen Binnendifferenzierungen, was Kirche ist und sein soll. […] Die Reform in der Kirche hat als nachholende Modernisierung wenig Strahlkraft.

Vergeigter Neustart: Was Kirche und Theater postpandemisch teilen – Philipp Greifenstein (zeitzeichen)

Wer jetzt noch gute Laune hat, hat’s nicht verstanden: Die sinkenden Mitgliedschaftszahlen setzen eine Abwärtsspirale in Gang, die kirchliche Institutionen immer weiter von den Menschen entfernt. Was aber nicht mehr als nützlich, stabilisierend und freudvoll erlebt wird, dem kehren immer mehr Menschen „den Rücken zu“.

Sinkende Mitgliedschaft bedeutet aber weniger Nachfrage nach kirchlichen Diensten und deutlich weniger Geld. Das bedroht kirchliche Arbeitsstellen und Arbeitsplätze: Nicht erst in zehn oder zwanzig Jahren. Vielleicht haben einige Eule-Leser:innen in dieser Woche die obligatorische Kirchenmitgliedschaftszahlen-Analyse hier im Magazin vermisst, aber warum sollten wir uns stetig wiederholen? Die Zahlen steigen, die zugrundeliegenden Probleme aber sind die gleichen.

Allgemein macht man sich auch viel weniger Ärger, wenn man sich von den Kulissenschiebereien fernhält. Überall begegnen mir Menschen, die vor allem Probleme mit der Kirche haben. Wie kann das eigentlich sein: Eine Kirche, die viele Menschen so unglücklich macht? In der sich die Menschen gegenseitig so unglücklich machen? Die Menge derjenigen, die trotzdem kommen und nicht einfach aufgeben, wird überschaubar bleiben.

Die Antwort auf den Schwund kann sicher nicht sein, Kontaktflächen für Menschen einfach weiter unter dem Diktum der Rationalisierung zu verringern. In der römisch-katholischen Kirche liegt dem flächendeckenden Rückzug („neue pastorale Räume“) vor allem die „Ratio“ des Priestermangels zugrunde. Im Jahr 2021 gab es deutschlandweit gerade einmal 62 Priesterweihen! In die Priesterseminare der (Erz-)Bistümer wurden im vergangenen Jahr 56 angehende Diözesanpriester aufgenommen. Wie viele von ihnen irgendwann als Priester in den Verkündigungsdienst treten werden, ist unklar.

„Bisschen Schwund ist immer!“ Der Abschied vom „bisherigen Stammpublikum“, den ich in meiner zeitzeichen-Kolumne von Ende Mai empfehle, wurde längst von den Leuten selbst vollzogen, wenn man sich die „Berufungen“ in der römisch-katholischen Kirche anschaut.

Passivität hoch drei – Björn Hirsch (Sinn und Gesellschaft)

In einem deftigen Kommentar kritisiert Björn Hirsch, Mitarbeiter am Zentrum für angewandte Pastoralforschung (zap, @zapbochum), Bischof Georg Bätzing und die verbreitete Hoffnungslosigkeit angesichts des Schwunds. Hirsch hat noch Hoffnung, dass die Kirche „vom passiven Trauern ins aktive Handeln“ gelangt, auch wenn er seine Hoffnungen nicht auf den Synodalen Weg setzt:

Und noch eins ist Bätzing: VERWUNDERT. Und zwar darüber, dass wohl ein Großteil der Gläubigen noch gar nichts von den großen Aufbrüchen mitbekommen hat, die durch den Synodalen Weg ins Rollen gebracht wurden. Echt unglaublich, kann man sich doch vor der Wucht dieser Reformen und ihrer kaum zu überbietenden Tragweite eigentlich kaum noch retten. Seiner Linie der Passivität folgend müssen es ja die anderen sein, die Schuld daran sind, wenn sie nicht mehr Teil dieser Kirche sein wollen. Aber mit der Realität hat das wenig zu tun. Menschen wissen sehr wohl, was sich in der Kirche tut und was eben nicht. Und sie sind in der Lage, gut begründete Entscheidungen zu treffen, auch hinsichtlich ihrer Kirchenmitgliedschaft.

Ich sehe die Lage weniger optimistisch als Hirsch in seinen Schlusssätzen, aber sehr wohl in der Fähigkeit der Kirchenmitglieder „gut begründete Entscheidungen zu treffen“ die eigentliche Lösung des Problems. Wenn es darauf nur auch in der römisch-katholischen Kirche ankäme!

Austritte als Erlösungsprozess hin zur Kirche der Freiwilligkeit (DEKT)

Unter dieser euphemistischen Überschrift berichtet der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT, @kirchentag_de) von einem Podium mit dem Titel „Wohin steuern die christlichen Kirchen?“ auf dem die Generalsekretärin des Kirchentages, Kristin Jahn (@kjahn_dekt), und der Vizepräsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Thomas Söding (@ThomasSoeding), über die Zukunft der Kirche debattierten. Mir ollem Ossi schlackern da die Ohren vor Innovation und Zukunftsmusik:

Jahn: „Die evangelische Kirche steht sich aus meiner Sicht oft selbst im Weg mit ihrem Amtsverständnis und Kirchenordnungen, die noch aus einer Zeit resultieren, in der man durch Sitte und Tradition in Kirche war. Diese Zeiten sind vorbei. Heute erleben wir einen Erlösungsprozess durch Austritte hin zu einer Kirche der Freiwilligkeit und des mündigen Bekennens.“ Dies untermauerte auch Thomas Söding für seine Konfession: „Wir werden eine Kirche der freiwilligen Entscheidung sein müssen.“

Freiwillig und gut begründet Mitglied in der Kirche bleiben: Das ist als Zielvorstellung irgendwie, nun ja, biblisch, oder? Aber wie?

Jahn empfiehlt den Kirchentag als Vorbild für eine Kirche, in der „wir einander das zeigen, was wir lieben, was uns trägt und wo wir auf den hinweisen, der uns hineingeliebt hat in die Welt.“ Der Kirchentag sei ein „gutes Beispiel“ für eine „hörende Kirche und ein dienendes Hauptamt“, er schaffe „Räume, damit Menschen ehrenamtlich Verantwortung übernehmen und ihre Themen und Gaben einbringen können.“ Einbringen, wohin? Geht es um eine reine „Symbolpolitik“ des „Schön-das-wir-mal-drüber-geredet-haben“, nur halt auf einem großen PR-Event?

Sorry, aber das klingt für mich – wenn auch in flockigeren Worten – genau nach der evangelischen Betriebsamkeit, die Jahn bei den Kirchen kritisiert und im eigenen Laden offenbar nicht wahrnimmt.

nachgefasst

Wie üblich steht die Missbrauchs-Aufarbeitung in den evangelischen Kirchen auch in diesen Tagen im Schatten der Vorgänge in der römisch-katholischen Kirche. Allerdings ist diese Woche nun das neue „Beteiligungsforum sexualisierte Gewalt der EKD“ offiziell an den Start gegangen. Die beteiligten Betroffenenvertreter:innen haben sich ausführlich zu Wort gemeldet, wie ich am Donnerstag hier in der Eule geschrieben habe.

„Noch immer ist der Umgang mit sexualisierter Gewalt in vielen Landeskirchen und kirchlichen Institutionen nicht von Offenheit und Fürsorge geprägt, sondern von institutioneller Abwehr. Kirchliche Würdenträger*innen halten aufrüttelnde Reden und versagen doch in der Praxis.“

Missbrauchsvorwürfe gegen Winfried Pilz

In dieser Woche wurden Missbrauchsvorwürfe gegen den bekannten Priester und Liederdichter („Laudato Si“) Winfried Pilz (endgültig) öffentlich. Alexander Brüggemann (@brueggemann_kna) von der KNA (@KNA_Redaktion) fasst den Fall in der Aachener Zeitung und Felix Neumann noch ausführlicher auf katholisch.de zusammen.

Pilz‘ Vergehen waren dem damaligen Kölner Erzbischof Meisner bekannt, es gab auch Sanktionen. Die aber waren offenbar nur einem sehr kleinen Personenkreis bekannt, so dass das positive öffentliche Bild von Pilz, der auch als Präsident der Sternsinger wirkte, bis nach seinem Tod 2019 intakt blieb: Eine Reihe von Artikeln und Interviews inklusive, die in Unkenntnis von Pilz‘ Vergehen und der ausgesprochenen Sanktionen entstanden. Das Bistum Dresden-Meißen, in dem der Priester zuletzt lebte und auch Vertretungsdienste wahrnahm, wurde vom zuständigen Erzbistum Köln ebenfalls erst vor wenigen Tagen informiert.

„Laudato Si“ – immer noch ein Schlager auf Kinder- und Jugendfreizeiten, sicher auch in diesem Sommer – bleibt einem da im Halse stecken.

„Brüder im Nebel“: Experten diskutieren über Akten bei Aufarbeitung – Birgit Wilke (KNA, katholisch.de)

Von einer Veranstaltung, die sich der Rolle der Kirchenakten bei der Vertuschung und nun Aufklärung von Missbrauchsverbrechen in der Kirche widmete, berichtet Birgit Wilke für die KNA. Der SPD-Politiker Lars Castellucci (@larscastellucci), als kirchen- und religionspolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion unterwegs und in der evangelischen Kirche engagiert, erneuerte sein Versprechen, dass sich Politik und Staat stärker engagieren wollen:

Die Möglichkeit der Akteneinsicht müsse verbessert werden, es dürfe keine weiteren Akten der „Brüder im Nebel“ geben, so Castellucci unter Bezugnahme auf den Titel eines persönlich geführten Ordners des früheren und inzwischen verstorbenen Kölner Kardinals Joachim Meisner, den die Verantwortlichen seinerzeit bei den Untersuchungen für ein Gutachten im Auftrag des Erzbistums fanden. […]

Der SPD-Abgeordnete warb zudem erneut dafür, das Amt des Missbrauchsbeauftragten sowie der unabhängigen Aufarbeitungskommission gesetzlich zu verankern. Die bisherige Konstruktion sei „zu schwach“, das Amt und die Kommission verfügten über zu wenige Rechte.

So schön es ist, hier in den #LaTdH regelmäßig an Castelluccis Forderungen zu erinnern: Er ist damit nach wie vor eine Ausnahme. In dieser Legislatur müssen wirkliche Fortschritte erzielt werden. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages stehen in der Pflicht.

Schandmal oder Mahnmal? Die „Wittenberger Judensau“ nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs – Reinhard Hoeps (feinschwarz.net)

Reinhard Hoeps, emeritierter Prof. für Systematische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster ehemaliger Leiter der Arbeitsstelle für christliche Bildtheorie, theologische Ästhetik und Bilddidaktik, schreibt im theologischen Feuilleton feinschwarz.net über das antisemitische Schandbild an der Wittenberger Stadtkirche. Weil er sich für einen Verbleib der Plastik ausspricht, sei seine Stellungnahme hier zu den sehr viel kritischeren Positionen der vergangenen Wochen nachgetragen.

Die fachliche Expertise Hoeps‘ steht außer Frage, mir erscheint sein Argumentationsgang trotzdem verkopft und überholt. Also ziemlich genau so, wie ich auch die bisherige Einordnung der „Luthersau“ vor Ort einschätze.

Buntes

Katholische Priesterinnen: 20 Jahre Frauen-Weihe auf der Donau – Anna Kemmer (BR)

Anna Kemmer (@annaKemmer_muc) schaut auf die Priesterinnen-Weihe auf der Donau vor 20 Jahren zurück, die damals tatsächlich ein Fanal und Aufbruchssignal zugleich gewesen ist. Die Frage der Frauenweihe ist auch heute immer noch aktuell:

„Mittlerweile halten auch immer mehr Bischöfe in Deutschland und weltweit die Weihe von Frauen nicht mehr für unmöglich“, so „Wir sind Kirche“. In Deutschland sind laut einer Befragung von 2019 zwei Drittel der Katholikinnen und Katholiken für Priesterinnen.

Meet and Greet: 50.000 US-Dollar für das „Kardinal-Pell-Paket – Christoph Brüwer (katholisch.de)

Christoph Brüwer (@chrisbruew) berichtet über eine traditionalistische Konferenz in den USA, bei der eine spannende Fundraising-Praxis erprobt wird. Was auf den ersten Blick nur wie eine weitere Posse im anschwellenden Schisma zwischen US-Tradis und Papst Franziskus wirkt, lässt schauerliche Zukunftsprognosen zu, wie es dereinst in einer Kirche zugehen könnte, die nicht mehr durch die Kirchensteuer und Pfründe „durchfinanziert“ ist.

20.000 US-Dollar (umgerechnet rund 18.900 Euro) kostet etwa das „Kardinal Sarah Paket“, das neben einer lobenden Erwähnung des Sponsors ein Meet and Greet mit dem guineischen Kurienkardinal vorsieht. Wer etwas tiefer in die Tasche greift, bekommt für 50.000 US-Dollar (umgerechnet etwa 47.236 Euro) das „Kardinal Pell Paket“ – und damit neben einer lobenden Erwähnung die Chance, den Kardinal bei einem VIP-Dinner kennenzulernen und sogar zwei weitere Gäste mitzubringen.

Diversity in kirchlicher Arbeit: Die Dokumentation – Evangelische Frauen in Deutschland (evangelisches-zentrum.de)

Die Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) haben ein dreiteiliges Zoom-Seminar „Diversity in Kirchlicher Arbeit – Diskriminierung erkennen & überwinden“ durchgeführt und dokumentieren die Ergebnisse ausführlich auf der Website des Evangelischen Zentrums für Frauen und Männer.

Es finden sich Videos der Impulsvorträge, die wichtigsten Inhalte aus den Podiumsdiskussionen zusammengefasst und Link-Tipps zur Vertiefung des Themas für alle, die sich im Umgang mit Rassismus, in Bezug auf Intersektionalität und weitere Diversity-Themen weiterbilden und informieren möchten. Im ersten Block geht es um Grundlagen, im zweiten Teil speziell um Kirche und koloniales Erbe am Beispiel des Weltgebetstags – u.a. mit Eule-Kolumnistin Carlotta Israel (@carli_is), die das Thema im März 2021 in der Eule angestoßen hatte – und bei der dritten Veranstaltung um konkrete Handlungsoptionen.

„Ist das Kunst oder kann das weg?“ Die Zukunft digitaler Gottesdienste – Philipp Greifenstein (kirchendigital.de, YouTube, 32 Minuten)

Auf Einladung durch die Stabsstelle Digitalisierung der EKD habe ich vergangene Woche in der „Digitalen Abendreihe“ über die Gegenwart und Zukunft digitaler Gottesdienste gesprochen. Ich wünsche mir eine enge Definition des Begriffs und auch im Jahr 2022 ein offenes Herz für die Beteiligungsmöglichkeiten, die digitale Gottesdienste Menschen versprechen, die vom analogen Geschehen in den Gemeinden ausgeschlossen sind. Und natürlich habe ich auch ein bisschen gestichelt.

Ein guter Satz

„If you don’t believe people can change for the better, you do not belong in movements working to change things for the better.“

– Andrea Gibson (@andreagibson), von hier