Gestalt-Therapie – Die #LaTdH vom 12. Juli
Thesen für eine zukünftige Gestalt der Kirche stehen zur Diskussion. Außerdem: Aufarbeitung des Missbrauchs in den evangelischen Kirchen, heilige Sophia und Scherbenhaufen.
„Die Kirche liegt im Sterben, wir tanzen auf den Scherben,“ heißt es in „Im Namen der Mutter“, dem diesjährigen religiösen Aufschlag von Carolin Kebekus. Im Lied und einem satirisch angelegten Nachrichtenteil über Maria 2.0 setzt sie sich vor allem mit der Diskriminierung von Frauen in der röm.-kath. Kirche auseinander, die ihr einmal Heimat war.
Wie schon bei vorherigen Satiren auf die Kirche bedient sie sich dabei selbst religiöser Sprache und Stilmittel, so dass am Ende des Songs eine schwarze, junge Frau als Päpstin den Thron Petri besteigt. Subversiv hingegen ist der Satz vom Sterben der Kirche und dem dadurch möglichen Tanz auf den Scherben. Wie so ein Tanz ausschauen kann, führt Kebekus selbst vor, indem sie sich der religiösen Symbolik bedient, um kämpferisch eine inklusive Variante des christlichen Glaubens zu verkündigen.
Der Song ist darum überhaupt nicht blasphemisch: Sinn und Auftrag der Kirche sind intakt, in Scherben liegt allein ihre herkömmliche Gestalt.
Debatte
Das Fenster zur Welt – Werner Kleine (Dei Verbum)
Mit den Sorgen um die Gestalt der Kirche im Anschluss an die alljährliche Verkündung der Kirchenaustrittszahlen befasst sich der Neutestamtentler Werner Kleine (@WernerKleine) sehr ausführlich auf dem Bibel-Blog Dei Verbum. Er empfiehlt, sich auf die Ausgetretenen zu stürzen wie Paulus auf Eutychus, der in der Apostelgeschichte während der Predigt des Apostels aus dem Fenster kippt.
Nicht frischer Wind in die gemeindliche Versammlung, sondern ein durch Verkündigungsmüdigkeit und abgestandene Luft bewirkter Sturz nach draußen. Wahrhaftig: Ein Kirchenaustritt der Sonderklasse! Spektakulär – aber irgendwie auch vorhersehbar. Eutychus wird so zum Patron all derjenigen, die heute aus der Kirche fallen, weil sie müde der langen Reden und der abgestandenen Botschaften sind, die ihnen nichts mehr für ihr Leben geben …
Kleine kritisiert in seinem Text mit Rückgriff auf einen feinschwarz.net-Artikel von Judith Müller aus dem Jahr 2017 auch die bemerkenswerten Bemühungen um den Erhalt der Institution Kirche, und erinnert an den Auftrag, der ihr tatsächlich gegeben ist.
„Kirche auf gutem Grund – Elf Leitsätze für eine aufgeschlossene Kirche“ – Z-Team (EKD)
Nun ist es überhaupt nicht ehrenrührig, sich trotzdem – oder gerade deswegen – um die Reform der gegenwärtigen Gestalt(en) der Kirche in Deutschland zu bemühen. Das 2017 von der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eingesetzte Z-Team hat elf Leitsätze vorgelegt, die der Kirche auf die Sprünge helfen sollen: Stärker am Evangelium und weniger an den bisherigen Formen soll sie sich orientieren.
Bemerkenswert ist dieser Diskussionsaufschlag vor allem, weil das Zukunftsteam sich vor allem aus kirchenleitendem Personal zusammensetzt. Revolutionen sind selten vom Establishment ausgegangen, doch sollte man sich hüten, das Papier in Bausch und Bogen abzulehnen.
Im Herbst wird die EKD-Synode diskutieren und bis dahin sind die Tore offen für intelligente Auseinandersetzungen mit den Thesen (auch hier in der Eule). Auf zwei Probleme, die sich aus der Autor*innenschaft ergeben, sei jedoch kurz hingewiesen:
Die Leitsätze des Z-Teams – Übersetzungsversuch vor einer Diskussion – Holger Pyka (Kirchengeschichten)
Ein Text, der aus den mit Rhythmusstörungen geschlagenen Herzkammern des Protestantismus kommt, ist sprachlich für gewöhnlich schwer belastet. Daran hat leider auch die Mitarbeit junger Menschen nichts geändert. Aus den Thesen trieft der Saft gut abgehangenen evangelischen Kirchensprechs. Pastor Holger Pyka (@PastorPy), bekannt u.a. als Predigt-Slammer und Sprachexperimentator, hat sich darum dankenswerter Weise an einer Übersetzung des Textes in Leichte Sprache versucht.
Entstanden ist so ein Text, der wenigstens ein paar Verständnishürden abbaut. Gelegentlich wird durch die Übertragung auch die Einfalt mancher Vorschläge deutlich, noch mehr jedoch die übliche Gestalt solcher Ideenpapiere transparent. Vor- und Nach-Wort kann man sich tatsächlich sparen, da hat die Lektüre des Originals nicht getäuscht. Dem Verständnis der eigentlichen Thesen tut die Vereindeutigung durch Pykas‘ Übersetzung gut. Kirchenreform-Debatten werden häufig nur von denen (zu Ende) geführt, die tief drin stecken. Jede Bemühung, dem abzuhelfen, ist herzlich willkommen.
Ein Fehdehandschuh gegen die Behörden-Kirche – Hanno Terbuyken (Medium)
Hanno Terbuyken (@dailybug) erkennt in seinem Debattenbeitrag einen wichtigen Schritt nach vorne. Endlich habe man sich vom Paradigma eines „Wachsens gegen den Trend“ verabschiedet und grundlegende Realitäten anerkannt. Darauf aufbauend habe das Z-Team grundlegende Anfragen an die gegenwärtige Gestalt der Kirche gestellt.
Aus diesen beiden Ideen —immer das Evangelium mitreden und der Individualisierung der Gesellschaft Rechnung tragen — leiten sich Forderungen an die bestehenden Institutionen ab, die es in sich haben.
Mein Herz will Hanno Terbuyken (zuletzt im Interview hier in der Eule) in seinem hoffnungsfrohen Lob zustimmen, mein Magen aber knurrt: Die Vorschläge des Z-Teams bleiben doch in einer bequemen Höhe über den Strukturen und Formierungen, die eine bestimmte Gestalt der Kirche nun einmal auszeichnen.
Ja, die Autor*innen wollen nicht so unangenehm neo-liberal durchregieren wie die „Kirche der Freiheit“-Anhänger*innen. Und ja, mancher grundsätzlicher Handlungswandel wird als Empfehlung angemahnt. Aber mir fehlen dann doch die notwendigen Schritte, die gerade den Kirchenleitungen nicht in den Kram passen dürften. Von Fusion (von Landeskirchen), Zentralisierung, Rückzug von Aufgaben sowie Kürzungen ist erst gar nicht – oder nur sehr euphemistisch – die Rede.
Das evangelische Sprachspiel kann eben auch dazu dienen, Härten zu verschleiern und Interessen zu maskieren. Gerade einem Thesenpapier hätte es gut zu Gesicht gestanden, die Debatte über Handlungs-Alternativen mit offenem Visier zu führen, anstatt sie in sprachliche Kompromisse überführt aufzulösen.
Gestalten
Einer Kirche, die doppelt und dreifach müde ist – Missbrauchs-Skandale, Corona-Krise, Sommerpause, Reformstau, Kirchenaustritte etc. –, ständig neue Aufbrüche zu verordnen, führt zu nichts. Braucht auch hier seelsorgliche Kompetenz. Darum zum Schluss dieser #LaTdH-Debatte noch einmal ein Hinweis auf den Artikel von Judith Müller (s.o.), besonders auf dessen drei letzte Absätze.
Bei aller berechtigter Sorge um die pastoralen Strukturen der Zukunft: Lasst Gemeinden sein was sie sind, so lange sie es sind! Erspart ihnen Prozesse, die nur dem Überleben der Organisation und zu wenig dem Glaubenkönnen der Menschen heute dienen. Aber helft ihnen entdecken, was aus ihnen werden will, wenn sie danach fragen. Es muss nicht immer alles innovativ sein. Es genügt gegenwärtig und in Bewegung zu sein.
nachgefasst
Evangelische Kirche: Zwischen Absicht und Aufarbeitung – Michael Hollenbach (NDR)
Ausgehend von einem dieser Tage veröffentlichten Fall sexuellen Missbrauchs in der Hannoverschen Landeskirche berichtet der NDR von den Bemühungen in den evangelischen Kirchen um die Aufarbeitung des Missbrauchs. Noch im September, also gerade rechtzeitig vor der nächsten EKD-Synode, soll eine Vereinbarung mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) geschlossen werden.
Erstmals taucht auch eine Gesamtsumme der bisher gezahlten „Entschädigungen“ auf. 16 Landeskirchen hätten bisher insgesamt 7,4 Millionen Euro an Betroffene ausgezahlt. Noch im Herbst 2019 verweigerte die EKD auf ihrer Synode eine konkrete Information dazu. Bischöfin Kirsten Fehrs, Sprecherin des EKD-Beauftragtenrates zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, versprach auch die Einbindung der Betroffenen:
Die Kritik von Betroffenen wie Kerstin Claus richtet sich beispielsweise gegen die ihrer Meinung nach mangelhafte Einbeziehung von Betroffenen in die kirchlichen Entscheidungsprozessee: „Viel zu häufig holt man da zwar inhaltlich die Meinung Betroffener immer wieder ein, aber das Mandat der Betroffenen ist nicht gegeben“, so Claus. „Betroffenenbeteiligung ist für die EKD noch Neuland.“
„Betroffenenbeteiligung ist der Schlüssel für erfolgreiche Aufarbeitung von Unrecht“, sagt auch der Missbrauchsbeauftragte Johannes Wilhelm Rörig.
In den vergangenen Wochen ist jedenfalls deutlich mehr Bewegung in die Sache gekommen. Ob das an der nahenden Synode liegt, auf der ja irgendwie wieder Rechenschaft abgelegt werden muss, nachdem im vergangenen Jahr Betroffene in weltweit einzigartiger Weise auf der Synode zu Wort kamen (wir berichteten & Dokumentation der Rede von Kerstin Claus (@kerstinclaus)), oder ob die pfiffige Kritik am Tempo der Aufarbeitung inkl. Vergleich mit den katholischen Geschwistern durch den UBSKM, Johannes-Wilhelm Rörig, die er dieses Jahr schon mehrfach öffentlich vorgetragen hat, ursächlich dafür ist – wer weiß?
Mehr über den aktuellen Fall aus Hannover hat das RND zusammengefasst und der MDR berichtet über Missbrauchsfälle im Erzgebirge.
Buntes
Akt der Hilflosigkeit – Özlem Topçu (ZEITonline)
Özlem Topçu (@OezlemTopcu) analysiert die Umwidmung der Hagia Sophia von einem Museum zu einer Moschee. Eine dringend notwendige Lektüre zum löschen der Gemüter, die im Vorgang ein Fanal der Islamisierung der Türkei erkennen wollen. Die schreitet zwar stetig, aber nicht ohne Widerstände voran.
Solange die Türkei der EU und Deutschland aber bei der – man kann es nicht anders sagen – Bekämpfung von Flucht und Migration aushilft, wird sich daran wohl keine substantielle Kritik entzünden. Der politische Aufschrei ist so erwartbar wie wohlfeil.
Unbestritten hat die Entscheidung große symbolische Bedeutung, schließlich wird ein mehrfach umgewandeltes Gebäude – erst Kirche, dann Moschee, dann Museum – zurück ins islamische Heim gebracht. Da steckt viel drin: der Sieg der Osmanen über die Byzantiner, die Revidierung der Entscheidung des laizistischen Staatsgründers.
Finde stark, wenn die Rechten, die sonst immer auf die politisierten Kirchen und ihre Stellungnahmen schimpfen, sich jetzt aufregen, dass zu wenig Lärm wegen der Hagia Sophia gemacht wird.
Flüchtlinge oder Umwelt geht gar nicht, aber gegen "den Islam", das wäre uns schon wichtig!— Tobias Graßmann (@luthvind) July 11, 2020
Das ist Berlins jüngster Bischof – Benjamin Lassiwe (Tagesspiegel)
Benjamin Lassiwe (@lassiwe) schreibt im Berliner Tagesspiegel über die Weihe von Emmanuel Sfiatkos zum griechisch-orthodoxen Vikarbischof. Dem Vernehmen nach eine gute Besetzung, weil Sfiatkos trotz seiner Jugend (im Vergleich mit anderen Kirchenleitungen) bereits viele Erfahrungen in der Ökumene gesammelt hat.
Nicht zuletzt die Corona-Krise zeigt, dass auf diesem Feld auch in Deutschland was Kooperation der einzelnen (christlichen) Religionsgemeinschaften angeht, noch Luft nach oben ist. Dabei sind die muttersprachlichen Kirchen besonders wichtig.
„Eine ungenutzte Waffe“ – Interview mit Hubert Wolf (zeitzeichen)
In den zeitzeichen unterhält sich der Kirchenhistoriker Hubert Wolf launig mit Philipp Gessler und Chefredakteur Reinhard Mawick. Anlass sind 150 Jahre Unfehlbarkeitsdogma und Jurisdiktionsprimat des Papstes.
HUBERT WOLF: Die Bischöfe scheinen nicht verstanden zu haben, dass der Jurisdiktionsprimat viel größere Auswirkungen hat als die Unfehlbarkeit. Bismarck sagte zu Recht: „Die Bischöfe werden dadurch zu Oberministranten des Papstes und merken es gar nicht.“
Das hat Folgen bis heute.
HUBERT WOLF: Korrekt, denn der Papst kann deshalb in jede Diözese hineinregieren. Beispiel Limburg: Der damalige Bischof Franz Kamphaus sagte in den 1990er-Jahren: Ich steige aus der Schwangerschaftskonfliktberatung nicht aus! Aber der Papst nahm ihm dazu die Entscheidungskompetenz einfach weg und setzte ihm für dieses Thema einen Administrator vor die Nase. Das ist der Alltag in der katholischen Papstkirche seit 1870.
Zum 85. Geburtstag des Dalai Lama – Gerald Hödl (feinschwarz.net)
Dem gegenwärtigen Dalai Lama gratuliert bei @feinschwarz_net Hans Gerald Hödl, Professor für Religionswissenschaft an der Universität Wien, zum 85. Geburtstag. Durchaus differenziert, und doch sei zur Ergänzung noch dieser Vortrag von Alexander Will bei emma & fritz empfohlen, der sich kritisch mit dem „deutschen Konsens“ über die Tibet-Frage auseinandersetzt. Darin geht es weniger um die Person des Dalai Lama, als um das alte Tibet, das vielen als paradiesischer Ort vorschwebt. Oh boy!
Bistum: Bitte keine Live-Streams sonntags von 9 Uhr bis 11.30 Uhr – Jens Joest (Kirche + Leben)
Der Generalvikar des Bistums Münster, Klaus Winterkamp, bittet darum, keine Livestreams von Gottesdiensten während der üblichen Zeit am Sonntagvormittag anzubieten. Man fürchtet, die fleißige Senderei aus den Gemeinden säge an den Sendefenstern, die den Kirchen für Gottesdienstübertragungen in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zur Verfügung stehen.
Priesterausbildung für das 21. Jahrhundert? – Philipp Graf (y-nachten)
Auf dem katholischen Theologie-Blog y-nachten (sprich: Weihnachten) schreibt Philipp Graf (@graf_ph) in kritischer Aufnahme eines Vorschlags zur Reform der Priesterausbildung in der röm.-kath. Kirche darüber, wie diese im 21. Jahrhundert ausschauen sollte. Oder anders formuliert: Nach seinem Durchgang durch das Papier einer Arbeitsgruppe zur Qualitätssicherung der Ausbildung bleibt davon nicht viel übrig.
Ohnehin erscheint das Papier erstaunlich arm an theologischer Reflexion, was Priestersein im 21. Jahrhundert überhaupt bedeutet. So kann man hinter dem Wunsch, ausreichend große Lerngruppen von Priesterseminaristen zu bilden, nur die Argumentationsfigur jener volkskirchlichen Rudimente vermuten, für die „Gemeinschaft“ eine Floskel ist, hinter der sich institutionelle Selbstreproduktion, männerbündische Selbstisolation und spirituelle Leere verbergen.
Gott sei uns gnädig! – Mathias Lenz (zeitzeichen)
Irgendwer muss einmal die groß-angelegten Texte zur Deutung der Corona-Krise, die in den vergangenen Monaten entstanden sind, bündeln und gut aufbewahren. So manche*r hätte dann auch in ein paar Jahren noch Anlass sich für das Geschriebene angemessen zu schämen. Mathias Lenz versucht es stattdessen und entgegen den Untergangs-Prophet*innen mit einer hoffnungsvollen „Großerzählung“ von der Gnade Gottes. Bisschen kürzer hätte das aber ausfallen können.
„God has visited grace upon us“ – lässt sich das auch im Blick auf die Corona-Pandemie sagen? Nicht als quasiobjektive Feststellung, das ist klar. Aber doch als Zeichen von Gottvertrauen? Als Fundament für eine Grundhaltung, die in der Gebetsbitte „Gott, sei uns gnädig“ ihren authentischen Ausdruck findet und die fähig macht, die eigene Hilflosigkeit zu überwinden und ebenso das Schweigen?
Guten Morgen, Welt!
Guten Morgen, lieber Gott!
Und einen gesegneten Sonntag allerseits. pic.twitter.com/5rAB2Zncxd— Horst Peter Pohl (@pfarrerpohl) July 12, 2020
Predigt
Stellungnahme zum Thema Zärtlichkeit – Antje Lange (Almanach für Literatur und Theologie 10)
Zärtlichkeit? Zärtlichkeit!
Ganz früher habe ich gedacht, Zärtlichkeit ist, wenn man seine Hand in die Manteltasche des Erwachsenen steckt, der neben einem geht, und der läßt das nicht nur zu, sondern freut sich sogar darüber.
Eine lange Zeit, da war ich schon größer, habe ich gedacht, der ist zärtlich, der einen streichelt und immer sagt: „Ist doch gut!“ und: „Wird schon werden!“
Zwischendurch hatte ich den Eindruck, dass Zärtlichkeit Betrug ist, weil sie morgen nicht zählen, die liebevollen Gesten und Worte von heute.
Damals dachte ich noch, Zärtlichsein sei etwas Privates, hilfreich und schön für den Augenblick.
Da hatte ich noch nicht gepackt, was ich inzwischen gelernt habe:
der Lehrer, der sich nicht anpassen will;
der Pfarrer, dem die Predigt nicht glatt von den Lippen kommt;
der Mann vom Arbeitsamt, der nicht sonor zu den Arbeitslosen spricht;
der Arzt, der nur zögernd Seditativa verschreibt;
der Leichenbestatter, der keine Trostworte parat hat,
sie sind zärtlich – und unbequem.
Gegen flüchtigen Trost setze sie Hoffnung,
gegen Vergessen Klarheit,
gegen Mitleid für heute Trost für morgen.
Diese Zärtlichkeit meine ich.
Mit Gold repariert – Maike Roeber (SWR3 Gedanken)
Geschirr begleitet uns durchs Leben. Und manchmal verbinden sich mit Tellern und Tassen Geschichten. Gehen sie zu Bruch, dann geht auch ein Stück Erinnerung in die Brüche. Deshalb werden in Japan zerbrochene Schüsseln und Tassen häufig wieder geflickt. Die Japaner haben dafür eine besondere Technik entwickelt. Sie kleben die Bruchstellen mit Gold zusammen. Kintsugi nennt sich die Technik. Und mit dem Gold werden die Bruchstellen und Sprünge im Porzellan nicht vertuscht, sie werden sichtbar gemacht.
Ein guter Satz
Ich habe Juniors französische Freundin bei ihrem Besuch gefragt, was für sie das Typischste an Deutschland ist.
Ich habe mit sowas wie Sauberkeit, Fleiß oder Pünktlichkeit gerechnet.
Ihre Antwort: "Dass der Deutsche sich zum Aufbruch auf die Oberschenkel klatscht und 'So' sagt."— Ougenblyck (daheym) (@herkenroth) July 11, 2020