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Live-Blog von der EKD-Synode in Dresden (3. Tag)

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) tagt in Dresden. Unser Redakteur Philipp Greifenstein ist live vor Ort. Hier der Live-Blog vom 3. Tag der Synode (Dienstag):

In einem Live-Blog berichtet unser Redakteur Philipp Greifenstein live von der EKD-Synode in Dresden. Es lohnt also, immer mal wieder reinzuschauen. Hinweise und Fragen könnt ihr gerne hier in die Kommentare schreiben oder per Email an die Redaktion senden. Der Live-Blog vom Sonntag findet sich hier, der vom Montag hier.

12.11.2019 – 22:00

Es gibt eine Menge, das man an der Aufarbeitung des Missbrauchs in den evangelischen Kirchen kritisieren kann. Das ist heute besonders durch den Bericht von Kerstin Claus aus Betroffenensicht deutlich geworden. Die Intransparenz der Anerkennungs- und Unterstützungszahlungen an Betroffene vorneweg.

Am Ende dieses Synodentages muss aber auch gesagt werden, was Kerstin Claus auf der Pressekonferenz noch einmal betonte: Die Freiheit hier und heute vor der Synode der EKD reden zu dürfen, ohne Einschränkung und ohne Beeinflussung, ist mit Blick auf andere Kirchen in Deutschland und weltweit (!) nicht selbstverständlich.

Kritische Christ*innen und Beobachter*innen von Außen mögen das Angesichts der Schuld, die auch die evangelischen Kirchen auf sich geladen haben, für eine Selbstverständlichkeit halten. Angemessen ist es sicher. Aber wo hat es das in der Ökumene schon einmal gegeben? Kerstin Claus sprach in der Pressekonferenz von einem „Meilenstein“ auf dem Weg, auf den sich die Evangelische Kirche in ihrem Umgang mit dem Missbrauch begeben hat.

Eine Betroffene spricht bei den Synodalen der Kirche, unter deren Dach ihr großes Leid zugefügt wurde. Sie spricht mit Vollmacht und spart nicht mit notwendiger Kritik. Die Synodalen hören zu. Es ist niemand aufgestanden. Niemand hat sich der Kritik entzogen. Das ist in unserer Gesellschaft der Echokammern und Polarisierung nicht selbstverständlich. So soll evangelische Kirche sein.

Und hier findet ihr die gesamte Rede von Kerstin Claus im Video.


Damit endet der Live-Blog für heute und für diese EKD-Synode. Morgen wird die Synode Entscheidungen treffen, die im Plenum und in den Ausschüssen vorbereitet wurden. Die Eule wird euch darüber u.a. in den „Links am Tag des Herrn“ (#LaTdH) auf dem Laufenden halten. Zwei Beiträge zur Synode kommen noch und ich beantworte auf Twitter und hier in den Kommentaren gerne Fragen und reagiere auf Hinweise!

Danke für eure Aufmerksamkeit, bleibt uns gewogen!

12.11.2019 – 20:35

Während die Synodalen in den Ausschüssen arbeiten, hier ein Pressespiegel zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs: Benjamin Lassiwe für den Weser-Kurier, Tilmann Kleinjung für tagesschau.de und Michael Trauthig für die Stuttgarter Nachrichten fassen in ihren Artikeln die Lage umfassend zusammen. Mehr dazu Morgen in der Eule.

Hanno Terbuyken schreibt auf evangelisch.de über das Schrumpfen der Kirche: „Die fetten Jahre beginnen vorbei zu sein“.

12.11.2019 – 18:30

Die Synode singt „Abend ward, bald kommt die Nacht“, jetzt geht es aber erst einmal zum Abendessen. Ab viertel Acht – für unsere Leser*innen aus dem nord-westlichen Teil der Republik, d.h. 19:15 Uhr – geht’s in die Ausschüsse. Um 22 Uhr lädt die SPD zum Empfang. Zuvor gibt es hier aber noch ein, zwei Einordnungen des Synodentages.

12.11.2019 – 18:15

Die Synodalen beginnen ihre Beiträge in der Aussprache zur Kirche im digitalen Wandel mit herzlichen Dankeschöns an die Digitalisierungsstabsstelle. Es stellt sich wieder einmal heraus: Zum Digitalen haben dann doch viele etwas zu sagen. Die Berichte zur Kirche im digitalen Wandel könnt ihr hier im Video nachvollziehen.

12.11.2019 – 17:55

Nun endlich geht es an den Bericht zur Kirche im digitalen Wandel. Es ist ein buntes Grau. Die hohen, vielleicht überhöhten Erwartungen, die nach der Synode letztes Jahr in der #digitaleKirche-Bubble gehegt wurden, wurden etwas enttäuscht – denn so richtig viel ist als Ergebnis der Mühen noch nicht ins Digitale hinein geschwappt. Aber:

Ein Digitaler-Innovationsfonds wurde (recht knapp vor der diesjährigen Synode) eingerichtet. Erste Anträge aus den evangelischen Kirchen für vielversprechende Projekte sind eingegangen. Und die Bewerbungsphase hat erst begonnen!

Die Stabsstelle Digitalisierung im Kirchenamt der EKD um Christian Sterzik ist seit Oktober 2019 endlich komplettiert. Es ist nicht einfach gewesen, geeignetes und hoch-qualifiziertes Personal für die beiden Projektstellen zu finden. Beide Stellen wurden übrigens mit Frauen besetzt!

Die Kirchen-App „Kirche bei Dir“ hingegen steht – aus guten Gründen, meine ich – inzwischen in Frage. Im intensiven Austausch mit Akteur*innen der digitalen Kirche in und außerhalb der Landeskirchen ist man darauf gekommen, zunächst das Engagement in bestehenden Plattformen zu intensivieren (s. Pilotprojekt der Evangelischen Kirche im Rheinland). Christian Sterzik dazu gegenüber der Eule: „Es ist keine Kernkompetenz von Kirche Technologie zu bauen. Wenn Technik gekauft werden kann, zu einem verantwortbaren Preis, dann ist das meist besser als es selbst herzustellen.“

Es geht also deutlich wahrnehmbar voran, nur eben nicht so schnell wie es sich die digitalisierungs-affinen Christ*innen wünschen. Ich meine jedoch: Die EKD hat aufgeholt und bewegt sich auf Augenhöhe mit anderen Akteur*innen der digitalen Kirche. „Überholen, ohne einzuholen“ ist, trotzdem die Synode im Osten stattfindet und obwohl sich die Synodalen das bei vielen Themen (z.B. bei der Missbrauchsaufarbeitung) wünschen, der EKD nicht möglich.

„Kleine und junge Organisationen tun sich bei der Digitalisierung leichter als große und alte. Nun sind die evangelischen Kirchen beides“, gibt Sterzik gegenüber der Eule zu bedenken. „Manche Dinge brauchen einfach Zeit.“ Und er mahnt nach knapp einem Jahr EKD-Stabsstelle Digitalisierung: „Den digitalen Wandel werden wir nicht schaffen, wenn wir vor allem auf Verwaltung des Bestehenden und Risikovermeidung schauen.“

12.11.2019 – 17:40

Die Vorstellungen und Aussprachen zu den Zukunftsprozessen laufen ganz munter ab. Es mutet so an, als ob einige Synodale sich am dritten Tag der Synode eingegroovt haben. Gerade spricht der Mann fürs Geld, Ratsmitglied Andreas Barner, zur neuen Finanzstrategie. Ein gutes Ergebnis der Beratungen der Zukunftsprozesse – die über diese Synodentagung hinausgehen werden – sei nur möglich, wenn die unterschiedlichen Prozesse aufeinander bezogen würden.

Die Freiburger Projektion der Mitgliedschaftszahlen weise auf einen großen Rückgang derselben in den kommenden Jahrzehnten hin. Allerdings: Die Untersuchung zeige auch auf, dass jenseits des unvermeidlichen demographischen Wandels auch Möglichkeiten bestünden, den Rückgang abzumildern. Deshalb sind die Zukunftsprozesse wichtig, erklärt Andreas Barner.

Mehr Menschen taufen würd‘ helfen, glaub‘ ich.

(Übrigens referiert Barner rhetorisch fein mit einem Tablet in der Hand. Ich hab noch mal genau hingeschaut, es leuchtet ihm nicht ins Gesicht.)

12.11.2019 – 16:55

Die Synode hat etwas Verzug. Jetzt geht die (nach diesem anstrengenden Tag verdiente!) Kaffeepause zu Ende. Es folgen die Zukunftsprozesse „Kirche auf gutem Grund“, neue Finanzstrategie und dann #digitaleKirche.

12.11.2019 – 16:00

Hui, das sollte aber zackig gehen! Für den GEP-Bericht von Direktor Jörg Bollmann und die Ausspracherunde stand gerade erstaunlich wenig Zeit zur Verfügung. Das ist bei preiswürdigen und bemerkenswerten Produkten aus den Medien des GEP schade. Bollmann berichtete anhand mehrerer Beispiele auch darüber, dass Journalist*innen in Deutschland bedroht und an der Berichterstattung gehindert werden und sich Journalist*innen aus dem GEP dagegen zur Wehr setzen.

Gegenwärtig wird der „Gleichstellungsatlas der Diakonie“ vorgestellt. Ergebnis: Die selbstgesetzten Gleichstellungsziele wurden nicht erreicht.

12.11.2019 – 15:20

Ein launiges Grußwort des Vertreters der Church of England (s. Tweet) eröffnet die nachmittägliche Plenarsitzung. Nach weiteren Grußworten wird ein Bericht aus dem „Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik“ (GEP) vorgestellt. Im GEP erscheinen u.a. Chrismon, evangelisch.de, epd, zeitzeichen.net* & „7 Wochen ohne“. Die Kolleg*innen dieser Medien auf der Pressetribüne horchen gespannt.

Ebenso wird es um die „Kirche im digitalen Wandel“ gehen. Welche der vor einem Jahr angestoßenen Projekte haben schon Erfolge gezeitigt? Dazu gleich mehr.


*Für die Zeitzeichen übernimmt das GEP lediglich den Vertrieb. Offenlegung: Auf zeitzeichen.net schreibe ich regelmäßig eine Kolumne zur digitalen Kirche.

12.11.2019 – 15:00

Gleich geht es im Plenum der Synode weiter. Doch zuvor ein kleiner Pressespiegel:

Philipp Gessler erklärt auf zeitzeichen.net das Ringen um den Kundgebungsentwurf zum Schwerpunktthema Frieden umfassend und genau.

Markus Bechtold erklärt auf evangelisch.de detailliert, wie die Jugendquote funktionieren soll, die von der Synode am Mittwoch beschlossen werden kann. Zwei EKD-Jugenddelegierte haben der Eule zu diesem Vorhaben Rede und Antwort gestanden (Video).

In einem „Atlas neue Gemeindeformen“ (PDF) hat die Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) neue Gemeindeformen und innovative christliche Sozialformen in den evangelischen Landeskirchen untersucht.

12.11.2019 – 13:10

Die Sitzung wird nach einer kurzen Aussprache für die Mittagspause unterbrochen. Nach dem Essen arbeiten die Synodalen in ihren Arbeitsgruppen weiter. In der Aussprache äußerten mehrere Synodale ihre Wertschätzung gegenüber den Berichten der Betroffenen.

12.11.2019 – 12:35

Nach einer kurzen Mittagsandacht geht eine merklich angefasste Synode in die Aussprache zu den Berichten vom Vormittag. Es beginnen die Berichterstatter*innen aus den zahlreichen Workshops.

https://twitter.com/EKD/status/1194216782808137728

12.11.2019 – 10:50

Kerstin Claus wendet sich direkt an den #EKD-Ratsvorsitzenden, Landesbischof Bedford-Strohm: Er habe im letzten Jahr von null Toleranz für Täter gesprochen. Das sei in der evangelischen #Kirche nach wie vor nicht eingelöst! „Täterschaft darf nicht hinter Aktendeckeln versteckt werden“. Die Kirche müsse ihre Deutungshoheit aufgeben, um zu einer angemessenen Haltung gegenüber den Betroffenen zu kommen.

Auch das Thema Entschädigung dürfe darum nicht ausgeklammert werden: „Die Verfahren über die individuellen Unterstützungsleistungen sind nicht transparent.“ Und die Leistungen nähmen nicht in Blick, was längst unwiederbringlich verloren ist (Bildungs- und Berufschancen, Gesundheitsfolgen). Es sei zynisch einfach zu sagen, Entschädigung ginge ja gar nicht.

Kerstin Claus spricht den Synodalen ins Gewissen. Für ihre Forderungen erhält sie zwischenzeitlich vereinzelten Applaus von den Betroffenen und sogar von der Besuchertribüne. Nach dem ausdrücklichen Lob für das im letzten Jahr Geleistete, das seit Sonntag immer wieder auf der Synode geäußert wurde, ist diese mutige Rede für viele Synodale eine Herausforderung.

Langanhaltender Applaus für die Rede. Eine Synodale erhebt sich. Präses Schwaetzer: „Wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet.“

Es geht nun mit den nicht-öffentlichen Workshops weiter.

12.11.2019 – 10:35

Taten, Täter und Verantwortliche müssen öffentlich benannt werden, fordert Kerstin Claus. Und es brauche eine Erinnerungskultur, „damit es nicht wieder passiert“. Die Bedürfnisse der Betroffenen müsse im Zentrum der Aufarbeitung stehen. Der Fokus würde reflexhaft auf Taten und Täter gerichtet, Betroffene würden auf den Zeugenstatus reduziert. Die vom Disziplinarrecht geprägten Prozesse werden den Betroffenen nicht gerecht: „Es sind einzig die Betroffenen, […] die festlegen können, wann es gut ist.“

Individuelle Aufarbeitung sei Privatsache, die Vermischung mit Entschädigung oder Anerkennungsleistungen (s.u.) geht nicht, so Claus. Beides müsse man voneinander trennen. Klarer Widerspruch zum Bericht des EKD-Beauftragtenrates.

Aufarbeitung brauche externe Fachkräfte, die von den Kirchen mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet werden müssen: „Sie können es nicht alleine!“. Aber auch das Kirchenpersonal für Prävention und Aufarbeitung müsse aufgestockt werden. Deshalb brauche es mehr Geld für Qualifikation und Mitarbeiter*innen.

12.11.2019 – 10:30

Rörig beendet seinen Bericht mit der Zusage, die EKD bei der Umsetzung einer Dunkelfeldstudie zu unterstützen, die auch valide Daten für den evangelischen Kontext ergeben soll. Die Synode bedankt sich mit starkem Applaus.

Nun spricht wirklich bewegt Kerstin Claus, Mitglied des Betroffenenrates:

„Erst der kontinuierliche Druck seit 2010 hat bewirkt, dass Betroffenen zugehört wird, die sexualisierte Gewalt in dieser Kirche erlebt haben. […] Ich habe insbesondere Bischöfin Fehrs als hervorragende Kämpferin für dieses Thema wahrgenommen. Stärken Sie sie! […] Aber es ist noch nicht gut! Weil es auch diese Kirche ist, die nicht handelt und kaum Prozesse mit Betroffenen gestaltet […], die Deutungshoheit übernimmt und selbst bestimmen will, wann es gut ist.“

12.11.2019 – 10:20

Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, berichtet nun vor der Synode aus seiner Arbeit. „Wer dauerhaft verantwortet, dass Nichts oder viel zu wenig getan wird, der läuft Gefahr, sich des Vorwurfs der Duldung auszusetzen“, appelliert er an die gesamte Gesellschaft, der angesichts der Statistiken zur sexuellen Gewalt an Kindern in Deutschland der Schrecken in die Glieder fahren müsste.

„Heute steht die Aufarbeitung im Vordergrund“, er freue sich darum, dass die Betroffenen heute hier sind und die Synode damit einen „Meilenstein für ernsthafte Beiteiligung von Betroffenen“ gesetzt habe. In der „Kirchenabteilung“ seiner Arbeitsstelle wird über allgemeine Kriterien der Aufarbeitung und auch Standards für Entschädigungszahlungen diskutiert, „so schwierig das auch ist“. „Wir brauchen ein Fundament, das sicherstellt, dass Betroffene sich nie wieder als Bittsteller wahrnehmen.“

12.11.2019 – 10:00

Original Play (wir berichteten) ist Expert*innen zufolge mit der Gewaltschutzrichtlinie nicht zu vereinbaren, berichtet Kirsten Fehrs. EKD und Diakonie haben davor gewarnt, die Methode einzusetzen.

Fehrs zum Schluss des Berichts vor der Synode:

„Das eine ist, zu klären, wo wir schweigen müssen. Das andere aber ist, […], eine Kultur zu ermöglichen, in der geredet wird. Raus aus dem Tabu! Und davon haben wir, geben wir’s zu, jede Menge. […] Reden, Klartext, in der Kirche, hier zuallererst. Wir bleiben dran!

Weitere finanzielle Mittel werden dazu erforderlich sein („Wir rechnen mit bis zu einer weiteren Million Euro.“) Im Haushaltsausschuss ist die Bereitschaft erkennbar, zu den bereits bewilligten 1,3 Millionen Euro hinaus, „aus dem Haushaltsplan 2020 bis zu eine Million Euro zusätzlich dafür bereitzustellen“.

Der Bericht wird von der Synode mit dankbarem Applaus zur Kenntnis genommen. Alle bleiben sitzen.

12.11.2019 – 9:55

Seit Einrichtung der zentralen Ansprechstelle „help!“ haben sich 40 Betroffene „ermutigt gefühlt, erstmalig über ihre Erlebnisse im evangelischen Kontext zu sprechen“, so Kirsten Fehrs. Seit Juli gingen 210 Anrufe ein, der Fachpartner Pfiffigunde weist darauf hin, dass diese nicht „zugleich bzw. unmittelbar“ Missbrauchsfälle repräsentieren.

Blum: Das ganze Ausmaß wird erst durch eine Dunkelfeldstudie abzuschätzen sein. Etwa 100 000 Menschen in Deutschland müssten befragt werden, um valide Ergebnisse zu erhalten. Darum soll ein Bündnis „interessierter Verbände und größerer Organisationen“ geschmiedet werden, das dann eine Studie in Auftrag gibt. Anteilige Kostenübernahme durch die EKD sei selbstverständlich.

12.11.2019 – 9:45

Bischöfin Fehrs (Sprecherin des Beauftragtenrates) zur Umsetzung des 11-Punkte-Plans: „Ab sofort sind Bewerbungen für den #Betroffenenbeirat möglich.“ Das Gremium soll sich im Frühjahr 2020 konstituieren.

Sie berichtet vor allem über die Bemühungen, Betroffene in die Aufarbeitung einzubinden. Wie kann ein guter Austausch gelingen, fragt sie, wenn „das Kreuz oder Gesangbuch auf dem Tisch“ eine Retraumatisierung bedeuten können. Sie dankt den Betroffenen ausdrücklich im Namen des Rates der EKD und der Synode für ihre Beteiligung, auch weil sie es ja nicht immer leicht mit ihren Gegenübern in der Kirche hätten.

Es berichtet Nikolaus Blum, Mitglied des Beauftragtenrates: In der Begegnung mit Betroffenen würde immer wieder deutlich, „wie wichtig individuelle Aufarbeitung ist“. Hier müsse die Kirche mehr leisten, denn „allzu oft reißen die juristischen Verfahren alte Wunden auf“. Betroffene erleben sich häufig nicht „als Gegenüber, sondern als Berichterstattungsgegenstand“. Wie kann Begegnung auf Augenhöhe gelingen? Neben den Meldestellen sind die unabhängigen Kommissionen in den Landeskirchen wichtig. Im vergangenen Jahr wurde in weiteren 8 Landeskirchen eine solche Kommission eingeführt.

Natürlich geht es auch um materielle Entschädigung: Dabei gehe es um die persönliche Zukunft der Betroffenen. Die Höhe der zugesprochenen Leistungen wird von der jeweiligen Landeskirche bestimmt. Blum: Eine Vereinheitlichung wird durch den Beauftragtenrat angestrebt. „Entschädigung ist genau nicht, was wir als Institution leisten können.“ Der Ansatz sei vielmehr ein umfassendes Unterstützungssystem.

Hintergrund: In der Katholischen Kirche werden seit der (Herbst-)Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hohe pauschale Entschädigungssummen ins Auge gefasst. Am Sonntag äußerte der Missbrauchsbeauftragte der DBK, Bischof Stephan Ackermann, die Überzeugung, dass für die Zahlungen auch Kirchensteuermittel herangezogen werden müssen:

Auch wenn es vielen Gläubigen widerstrebe, mit ihren Beiträgen für Verfehlungen einzelner Geistlicher einzustehen, seien die Kirchenmitglieder als Solidargemeinschaft in der Pflicht, […]. Ähnlich müssten die Steuerzahler auch für die gescheiterte PKW-Maut aufkommen: „Wir zahlen auch für Andi Scheuers Autobahnen“, […].

12.11.2019 – 9:25

Die Synode steigt in die Bearbeitung des Missbrauchs (s.u.) ein. Die Gäste – insbesondere die Betroffenen – werden herzlich empfangen. Betroffene werden sich später am Vormittag in Workshops mit den Synodalen austauschen.

Das vielleicht drängendste innerkirchliche Thema überhaupt ist die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs – und zwar in beiden großen Kirchen. Auf der EKD-Synode wird jetzt über den Stand der Umsetzung des 11-Punkte-Planes (verabschiedet zur Synode im vergangenen Herbst) diskutiert. Bischöfin Kirsten Fehrs (Hamburg/Nordkirche) berichtet.

Auch in den evangelischen Kirchen gibt es immer wieder Missbrauchsfälle. Zuletzt: Ein Fall in Bayern, dort gab es wohl einen sexuellen Übergriff innerhalb einer Jugendgruppe. Und der Skandal um „Original Play“ an mehreren evangelischen Kindergärten in Berlin (aber auch Dresden). Über letzteren berichtete auch das ARD-Magazin „Kontraste“ (Beitrag auf YouTube).

12.11.2019 – 9:05

Begleitet von Martin Luthers Morgensegen und der Synoden-Band („Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt.“) startet die Synode in den Tag.

12.11.2019 – 8:50

Guten Morgen von der Synode der EKD. Heute Vormittag wird sich die Synode mit dem sexuellen Missbrauch in der Kirche beschäftigen. Als Gäste nehmen Betroffene an der Tagung teil. Ab 9 Uhr geht es los: