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Revolution ohne uns? – Die #LaTdH vom 23. Oktober

Was bedeuten uns die Proteste im Iran? Außerdem: Gute Beziehungen von Kirche und Politik, Religionsexpertise in Medien und Diplomatie, Abschiede und ein gewagter Besuch.

Herzlich Willkommen!

Die revolutionären Proteste im Iran spielen in den Alltagsgesprächen eine vergleichsweise geringe Rolle. Es überwiegen die Konflikte, die uns (un-)mittelbar betreffen, wie der Ukraine-Krieg, die Energiekrise, die Preissteigerungen. Im Iran lehnen sich die Protestierenden zum Preise ihres Lebens gegen die Regierung der Islamischen Republik auf. Auch wenn völlig unklar ist, wohin das führen wird und welche gemeinsame Vision eines anderen, neuen Iran sie teilen, so ist doch klar: Die gegenwärtige kleptokratische Herrschaft von Religionsvertretern wird abgelehnt. Insofern sind die Proteste natürlich auch ein Thema für die Religionsnachrichten.

In zwei Wochen beginnt die diesjährige Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Auch in diesem Jahr wollen wir in der Eule live von der EKD-Synode berichten, die erstmals seit 2019 wieder vollständig „im Fleische“ stattfinden soll. Anfang November treffen sich Synodale, Kirchenhäuptling:innen und Journalist:innen in Magdeburg.

Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein

PS: Die #LaTdH und das Angebot der Eule, auch Recherchereisen wie zur EKD-Synode, werden von den Leser:innen selbst ermöglicht! Die Eule ist ein unabhängiges Magazin und erhält keine Unterstützung von Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Werden Sie Eule-Abonnent:in! Ab 3 € im Monat sind Sie dabei.


Debatte

Was bedeuten uns die iranischen Proteste? Als sie vor allem von Frauen ausgingen, die in der Öffentlichkeit ihr Kopftuch abnahmen, hielten sich die Medien in Deutschland bemerkenswert zurück. Was soll man davon halten? In den letzten Wochen aber ist der so geschickt (sozial-)medial vermittelte Protest im Iran zu einer Massenbewegung geworden. Er trotzt der mörderischen Gewalt der Regierung, der Zensur und auch den technischen Überwachungsmaßnahmen. Die protestierenden Iraner:innen zeigen, wie auch unter den widrigen Umständen des 21. Jahrhunderts Revolution gemacht werden kann.

Die heroischen Bilder und Videos auf den Social-Media-Plattformen und zunehmend auch in den Nachrichten, die schleppende, aber wachsende Solidarität aus dem Westen und selbst die Aufnahmen von großen Kundgebungen wie gestern in Berlin ermutigen die Protestierenden im Iran, sie euphorisieren auch die Exil-Iraner:innen und nicht wenige Beobachter:innen. Daneben gibt es Bilder und Videos grausamer Gewalt, die den aufkeimenden Mut zu ersticken drohen, die Opferzahlen sind gewaltig. Wohin führt das alles?

Die Journalistin Natalie Amiri (@NatalieAmiri) erklärt im Deutschlandfunk:

Es sind keine Frauenproteste, es sind Proteste der gesamten Gesellschaft. Und es sind keine „Kopftuchproteste“, sondern Proteste gegen das Regime. Sie fordern: Wir wollen die islamische Republik nicht mehr.

Keine spontane Heilung – Charlotte Wiedemann (taz)

In der taz stellt Charlotte Wiedemann (@chawichawi) die komplizierte Frage danach, „was nach einem Sturz des Regimes in Teheran passieren würde“. Ein Problem der Revolution sei nämlich gerade, dass es darüber keine Verständigung in der Allianz der Protestierenden und mit den Exil-Iraner:innen gäbe.

Es ist richtig, für die Proteste Partei zu ergreifen, und der Mut der Kämpfenden schreibt Emanzipationsgeschichte. Und doch wächst Tag für Tag meine Beklemmung und meine Furcht, Iran gehe entweder einer Militärdiktatur oder einem Staatszerfall entgegen. […]

Wie könnte sich ein künftiger Iran, im Einklang mit seiner Kultur, seiner Geschichte und seiner sensiblen geostrategischen Lage in Westasien definieren? Mit welchem Wirtschaftssystem, welcher Außenpolitik? Wie seine Ressourcen und Grenzen schützen? Auf alle diese Fragen gibt es keine Antwort.

Nun könnte man einwenden, dass auf eine solche Vielzahl von Fragen noch die wenigsten Revolutionäre der Geschichte (kohäsive) Antworten hatten. Andererseits waren auch nur die wenigsten von ihnen erfolgreich. Und liegt nicht die westliche Zurückhaltung, auch die der Bundesregierung mit ihrer erklärtermaßen an feministischer Außenpolitik interessierten Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne, hier in der Eule), vor allem an der Sorge davor, was ein instabiler Iran für die Region bedeuten mag?

„Im Umgang mit einem taumelnden Iran werden inmitten eines globalen Energiekrieges nicht Human Rights bestimmend sein, sondern geopolitische Strategien“, analysiert Wiedemann. Das mag sein, zeigt aber auch die Aufgabe an, vor der Christ:innen, Kirchen und Religionsgemeinschaften stehen. Ihnen muss es um die einzelnen Menschen, ihre Geschichten und Schicksale gehen, um die Linderung konkreter Not und Bedrängung.

So viel Mut – Navid Kermani (DIE ZEIT, €)

Von der Not und Bedrängung, vor allem auch der Beklemmung, die Iraner:innen überall auf der Welt angesichts der Proteste spüren, erzählt Navid Kermani in der ZEIT. Der Artikel wurde auf Twitter zahlreich geteilt.

Mit dem Aufwachen der Griff zum Handy, um sich die Videos der Nacht anzusehen, derselbe Tagesbeginn für Millionen Iraner weltweit. Allein schon, dass der Aufstand in die fünfte Woche geht, widerspricht allen Prognosen, auch meiner. Montagmorgen die Bilder vom brennenden Evin-Gefängnis, das im Norden von Teheran liegt, die Flammen weithin sichtbar, die Rauchschwaden riechbar, die Gewehrsalven hörbar in der Neun-Millionen-Stadt.

Kermani erzählt von Bekannten, die im Evin-Gefängnis stecken, er erzählt von der Revolution und der geringen Solidarität, die er in Deutschland spürt. Und doch durchzieht auch seinen Text eine Ratlosigkeit oder Ungläubigkeit – was soll jetzt nur werden?

Korruption als Zündstoff für Proteste – Katja Lehner (ORF)

Weniger literarisch, sondern ganz analytisch beschreibt Katja Lehner (@katjalehner_) für den ORF die Gründe hinter den Protesten. Es geht nicht allein um die Diskriminierung von Frauen, die mangelnden Chancen der Jugend, sondern um Korruption und Kleptokratie. Lehner beschreibt in ihrem Artikel das ausgeklügelte und uferlose System aus religiösen Stiftungen, Sicherheitsapparat und Militär, das den Iran stranguliert.

Seit Wochen stemmen sich die Demonstrantinnen und Demonstranten gegen jahrelange Repressionen des islamischen Regimes – und auch gegen systematische Korruption, die der Bevölkerung teuer zu stehen kommt. Die Inflation liegt mittlerweile bei über 50 Prozent. Die nationale Währung Rial verliert weiterhin an Wert, zugleich lebt rund ein Drittel der Menschen in absoluter Armut. Viele sind arbeitslos.

Vom wirklich hervorragenden Podcast „The Prince: Searching for Xi Jinping“ des Econonmist (auf Englisch) habe ich gelernt, dass der chinesische Präsident Xi Jinping gerade darum so heftig gegen die Korruption angegangen sei, weil er sie als Hauptursache für den Untergang der Sowjetunion identifiziert hat.

Eine Diktatur darf nicht korrupt und kleptokratisch sein, sondern muss ihre Bürger:innen und Akteur:innen stets und ständig auf Linie halten. Im Zentrum ihres Interesses muss um des eigenen Machterhalts Willen das Wohlergehen der Vielen stehen, dem die Freiheit und das Leben der Einzelnen geopfert werden können. Befindet sich der Iran in diesem Sinne an einem Kipppunkt?

Wen legitimiert die Religion?

Seit 2005 gibt es im Iran eine islamische Religionspolizei. Uwe Lueb (@ULueb) erklärt im Deutschlandfunk die „Sittenpolizei“ als „Säule des Regimes“. Ganz sicher dient die Religion im Iran dem Erhalt der islamistischen Diktatur. Symbol dieser Verbindung ist das Kopftuch, das – wie Karin Senz (@SenzK_) ebenfalls im DLF berichtet – „zur DNA der islamischen Republik“ gehört.

In den vergangenen Wochen protestieren immer mehr Iraner:innen gegen das „Mullah-Regime“. Schon in der Bezeichnung wird deutlich: Hier gibt es eine starke religiöse Komponente, denn Mullahs sind islamischen Rechts- und Religionsgelehrte. Wobei auch in dieser Begriff uns etwas lehrt: Staat und Religion sind aufs Innigste miteinander verwachsen und gerade nicht im westlichen Sinne von einander getrennt. Weder wird man den Protest verstehen können, ohne seine religionspolitische Problematik zu beachten, noch wird ein „neuer Iran“ ohne ihre Lösung möglich sein.

Gerade nicht-religiöse Iraner:innen haben das Land in den vergangenen beiden Jahrzehnten verlassen: Religionskritische LGBTQI* und bekennende Atheisten, aber einfach auch viele junge Menschen, die sich ein Weiterleben in einer Religionsdiktatur nicht vorstellen können. Eine spannende Frage ist auch deswegen, ob die neue iranische Revolution eine dezidiert laizistische oder säkulare sein wird und die Religion den etablierten Mullahs überlässt oder ob die Revolutionär:innen selbst innerhalb ihrer Vision von einem neuen Iran auch einen anderen Islam formulieren und neue Islamgelehrte produzieren.

Was wird aus dem Projekt „Religion und Außenpolitik“ im Außeministerium? – Stefan Hunglinger (DLF)

Und noch ein Hinweis auf einen Beitrag der DLF-Sendung „Tag für Tag“ aus dieser Woche (bereits der 4. in diesen #LaTdH): Stefan Hunglinger (@shunglinger) geht der Frage nach, wie im Auswärtigen Amt zukünftig die Religionsexpertise gewahrt werden soll. Die Bundesregierung will das zuständige Referat wohl so mit anderen Abteilungen verschmelzen, dass die Religion dabei droht marginalisiert zu werden (s. #LaTdH vom 4. September).  Das kritisiert im Beitrag der Benediktinermönch Nikodemus Schnabel (@PaterNikodemus), der vor kurzem noch als externer Berater des Auswärtigen Amtes tätig war. Einer Zusammenlegung in einem neuen „Referat für Zivilgesellschaft“ steht er ausgesprochen kritisch gegenüber:

Die Religion ist nicht irgendein, sondern der größte zivilgesellschaftliche Faktor auf dieser Welt.

Der DLF-Beitrag erklärt auch die Hintergründe der Entwicklung im Auswärtigen Amt, die man derzeit nur ausgesprochen beunruhigt verfolgen kann. Denn neben dem Religionsreferat stehen auch die Goethe-Institute, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und das Internetportal der Deutschen Welle für den Dialog mit der islamischen Welt, Qantara.de, unter Druck. Schnabel warnt:

Man hat das Gefühl, das ist jetzt alles nicht mehr so wichtig. Und das finde ich grundsätzlich verheerend! Da wird wirklich mit wenig Geld Enormes bewirkt und gerade auch langfristig. Da zu kürzen halte ich einfach für sehr kurzatmige, kurzfristige Politik, die uns irgendwann auf die Füße fällt. Da kann ich nur den Kopf schütteln.

Die Proteste im Iran und natürlich der Ukraine-Krieg mitsamt der Verwicklung der Kirchen in den Konflikt zwischen Russland und dem Westen müssten eigentlich Ausweis genug dafür sein, dass ohne massive Religionsexpertise keine gute (Außen-)Politik gemacht werden kann. Beide Krisenherde zeigen auch, wie wichtig es ist, die betroffenen Menschen nicht als Objekte von Geopolitik und Machtspielchen, sondern als handelnde, glaubende, hoffende Subjekte wahrzunehmen. In dieser Zeit die Axt an Unternehmungen zu legen, die auf gute Nachbarschaft und Verständigung zielen, ist im doppelten Sinne katastrophale Politik.

nachgefasst I: Gute Beziehungen

Neues Sprachrohr der EKD in die Politik (evangelisch.de, epd)

Anne Gidion (@anne_gidion) wurde am Freitag ins Amt der Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union eingeführt, wie evangelisch.de (@evangelisch_de) berichtet. Damit ist sie ab sofort die oberste evangelische „Kirchenlobbyistin“. Wir hoffen alle, dass die „Pastorin am See und unterwegs“ ihren recht brach liegenden Twitter-Account als neue Bevollmächtigte tatkräftig nutzen wird.

Gidion leitete zuvor das Pastoralkolleg der Nordkirche in Ratzeburg, […]. Sie arbeitete vor rund 20 Jahren bereits als Referentin im Berliner EKD-Büro. Zudem war sie danach im Bundespräsidialamt während der Amtszeit von Johannes Rau zuständige Referentin für die Kontakte zu Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Bis 2013 gehörte Gidion auch dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages (@kirchentag_de) an. Für die Bundesregierung gratulierte Gidion zur Amtseinführung dessen aktuelles Mitglied Hubertus Heil (SPD, @hubertus_heil), der im Brotberuf Bundesminister für Arbeit und Soziales ist. Und weil es so schön ist, gibt’s aus Nürnberg von der Präsidiumssitzung vor ein paar Tagen noch einen Gruß von Kirchentags-„Sinnfluencerin“ Lilly Blaudzsun (@LillyBlaudszun):

All die wechselseitigen Beziehungen zwischen Akteur:innen aus Politik und evangelischer Kirche werden in den kommenden Monaten sicher gute Früchte tragen, wenn es um die soziale Bewältigung der Energiekrise, die humanitäre Situation von Flüchtlingen in Deutschland und an den EU-Außengrenzen, die Aufarbeitung von Missbrauchsverbrechen in der Kirche und die Bekämpfung der Klimakrise geht.

nachgefasst II: Schwierige Beziehungen

Kyrill trifft Generalsekretär des Weltkirchenrats – Jens Joest (Kirche + Leben, KNA)

Sehr überraschend hat sich inmitten des Ukraine-Krieges der scheidende (amtierende) Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK, @Oikoumene), Ioan Sauca, mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill in Moskau getroffen. Sowohl der ÖRK (hier) als auch das Moskauer Patriarchat (hier) veröffentlichen ausführliche Erklärungen im Nachgang des Treffens. Kritik am Treffen gab es von ukrainischen Kirchenvertretern, aber z.B. auch von der Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), Rita Famos (@RitaFamos), berichtet ref.ch (@refpunktch):

In einem Facebook-Beitrag schreibt Famos, sie sei «entsetzt ob der Mutlosigkeit» der ÖRK-Delegation. Das Verhalten sei zudem eine «Respektlosigkeit.» Der Generalsekretär missachte, dass der Krieg an der ÖRK-Vollversammlung […] klar als russische Invasion und Russland als Aggressor bezeichnet worden sei. Die «heuchlerischen Worte» Kyrill des I. blieben unwidersprochen. Die Vertreter hofierten dem Patriarchen. Ein Dialog, der verneble, sei kein echter Austausch und zwecklos. «Diese Reise hat ihr Ziel verfehlt», hält Famos fest.

Der ÖRK hatte vermeldet, Kyrill und Sauca seien sich einig gewesen, „dass Krieg nicht heilig sein kann“. Im DLF („Tag für Tag“-Link Nr. 5) ordnete Benedikt Schulz die Äußerungen Kyrills, die im Widerspruch zur bisher von ihm verbreiteten Propaganda stehen, kritisch ein. Schon bei der ÖRK-Vollversammlung Anfang September in Karlsruhe hatte der ÖRK darauf bestanden, den Dialog mit der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK) unter Kyrill weiterführen zu wollen (wir berichteten).

Insofern liegt der Besuch des rumänisch-orthodoxen Sauca ganz auf Linie derjenigen Ökumeniker, die auch unter widrigsten Umständen die Gesprächsfäden zum Moskauer Patriarchat nicht abreißen lassen wollen. Selbsterniedrigung gehört zum Kern der christlichen Lehre, aber politisch wird man sich fragen müssen: Ist der Preis, den der ÖRK an Glaubwürdigkeit zahlt, nicht zu hoch?

Ende September versprach [Kyrill] russischen Soldaten die Vergebung all ihrer Sünden, wenn sie im Krieg ihr Leben ließen. Angesprochen auf diese und weitere kontroverse Aussagen gab die russische Delegation zu Protokoll, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. So werde versucht, „Anschuldigungen zu konstruieren“. Nach Angaben des ÖRK betonte Kyrill gegenüber Sauca: „Krieg kann niemals heilig sein.“

Der Generalsekretär entgegnete: „Wir schätzen die russisch-orthodoxe Kirche“, die zu den wichtigsten Mitgliedern des ÖRK zähle. Gemeinsam wolle man „Brücken des Friedens und der Versöhnung“ bauen, um eine nukleare Eskalation zu verhindern.

Atomare Abschreckung: Ja oder Nein?

For better or worse fürchten die Menschen in Deutschland den Atomkrieg. Aber was sagt eigentlich die evangelische Friedensethik dazu? Ausgehend von einem Gastbeitrag des Wiener Theologieprofessors Ulrich Körtner in den zeitzeichen (@zeitzeichenNET) hat sich darüber eine Debatte entsponnen. Auf Körtner reagierte ebenda der ehemalige EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms und hier in der Eule erklärt der Friedensethiker und Theologe Michael Haspel, was es mit der Debatte und den vertretenen Positionen auf sich hat.

Der Besitz von Atomwaffen ist politisch notwendig und zugleich moralisch verwerflich, weil ihr Einsatz ethisch durch nichts zu rechtfertigen wäre. Die moralisch eindeutig richtige Option wäre, einseitig kategorisch auf Atomwaffen zu verzichten. Dies wäre politisch wiederum unverantwortlich. In diesem Fall stimmt tatsächlich, dass egal welche Option gewählt wird, die Verantwortlichen Schuld auf sich laden.

Die Frage der sog. „nuklearen Teilhabe“ ist besonders aktuell, weil die Bundeswehr in diesen Tagen an einem NATO-Manöver teilnimmt, bei dem die atomare Verteidigung des Bündnisgebietes geübt wird. In der jüngeren Vergangenheit haben sich christliche Friedensgruppen für ein Ende der „nuklearen Teilhabe“ und der Abschreckung mittels Atomwaffen eingesetzt. Ist das durch den Ukraine-Krieg obsolet geworden? Darum geht es in einem Bericht von mir, der ebenfalls diese Woche hier in der Eule erschienen ist.

Buntes

Unter anderen Umständen: Der Geburtspodcast für Zweifelnde (ifp)

Der Podcast „Unter anderen Umständen“ ist das Abschlussprojekt der Stipendiat:innen 2020 der Katholischen Journalistenschule ifp in München (@ifpmuenchen). Ich empfehle ihn hier aus drei Gründen: Erstens ist die Podcast-Reihe sehr interessant und hörenswert, dazu noch fein produziert. Zweitens passt die Produktion hervorragend zum Podcast-Triptychon, das Maïmouna Obot (@mai_mit_trema) und ich in den vergangenen Wochen im „Maï & Philipp erklären die Welt“-Podcast hier in der Eule zum Themenfeld alleinerziehende Eltern gemalt haben (mehr erfahren). Drittens handelt es sich dabei eben um ein Ergebnis konfessioneller Journalist:innen-Ausbildung, an dem man den Wert der ganzen Angelegenheit gut messen kann.

In dieser Woche gab das Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik (GEP) endlich den neuen Plan für die evangelische Journalist:innen-Ausbildung nach Schließung der Evangelischen Journalistenschule (ejs) bekannt (Hintergründe hier von Frederik von Castell (@FvCastell) bei Übermedien). Die neue Ausbildung „mit ökumenischem Profil“ soll in „enge[r] Zusammenarbeit“ mit der katholischen Journalistenschule ifp durchgeführt werden. Ab Herbst 2023 soll es zwei Volontariatsstellen im GEP (ab 2024 derer vier) geben. Die Volontär:innen werden auf den verschiedenen GEP-Arbeitsfeldern eingesetzt (z.B. Chrismon, epd oder Fernsehgottesdienste) und außerbetrieblich an den bestehenden ifp-Kursen teilnehmen.

Das GEP bietet den Auszubildenden darüber hinaus eigene Bildungsmodule zum Beispiel zu Themen wie Weltreligionen, Medienethik, evangelische Kirche, konstruktiver Journalismus an. Ziel ist es, diese Ausbildungsteile in das Modulprogramm des ifp zu integrieren und so allen Volontärinnen und Volontären zur Verfügung zu stellen.

Mit den Worten eines großen Reporters: „Und so zerbröselt der Keks nun mal.“

Chefjurist verlässt die Evangelische Landeskirche – Benjamin Lassiwe (Der Prignitzer)

Benjamin Lassiwe (@lassiwe) berichtet über den vorzeitigen Abschied von Jörg Antoine als Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (@ekbo_de). Der bisherige „Chefjurist“ der EKBO wurde 2014 ins Amt gewählt und hätte noch bis 2025 an führender Stelle in der EKBO arbeiten sollen. Nun wird er ab Januar „kommissarisch das Dezernat für Finanzmanagement und Informationstechnologie“ der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (@elkwue) leiten. Vom Präsidenten des berühmt berüchtigten Berliner Konsistoriums zum Dezernenten in Stuttgart?

Während in der offiziellen Mitteilung der EKBO keine Gründe für den Wechsel in eine niedrigere Stelle einer anderen Landeskirche genannt werden, scheint hinter den Kulissen dicke Luft zu herrschen: Vor Antoine haben seit Ende 2019 mindestens drei Pressesprecher sowie weitere der Leitungsebene zugeordnete Mitarbeitende den Arbeitsplatz gewechselt.

Bischof Oster twittert nicht mehr – Tobias Glenz (katholisch.de, KNA)

Und noch ein Abschied ist zu vermelden: Der medienaffine römisch-katholische Bischof von Passau, Stefan Oster, verlässt Twitter. Oster, der in einem früheren Leben einmal Journalist war, habe „den Ton und das Klima auf der Plattform als wenig förderlich für ein gutes Miteinander wahrgenommen“, informiert die Katholische Nachrichten-Agentur (@KNA_Redaktion). Allerdings gibt Oster zu, er „habe er sich dort ohnehin nicht an Diskussionen beteiligt, sondern eher Inhalte bereitgestellt“. Fünf weitere römisch-katholische (Erz-)Bischöfe aus Deutschland sollen noch auf Twitter unterwegs sein.

Mit den Worten eines unbekannten Pop-Poeten: „Du kannst nicht verlassen, wo Du nie richtig warst.“

Schwarz-weiße Verwandlungen: A. Igoni Barrett – Blackass / Mohsin Hamid – Der letzte weiße Mann – Katharina Herrmann (kulturgeschwaetz)

Auf ihren Literaturblog kulturgeschwaetz veröffentlicht die promovierte Theologin Katharina Herrmann (@KulturGeschwtz) schöne Rezensionen über wichtige Bücher. Hier sind es gleich zwei Romane, in denen Figuren über Nacht ihre Hautfarbe wechseln. Wunschzettel-Alarm!

Ein guter Satz