Besser als nichts – Die #LaTdH vom 11. November

In Würzburg tritt die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zusammen. Ein Thema: Die digitale Zukunft der Kirche. Außerdem: Bischofswahl, Brandstiftung & Bonhoeffer.

Debatte

Ein Thema der heute in Würzburg beginnenden Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD, @ekd) ist die Digitalisierung. Das passt auch zum Schwerpunkt Jugend, den sich die Synodalen vorgenommen haben. Und tatsächlich hat sich da im letzten Jahr ja etwas getan:

Die digitale Reformation: EKD berät über digitalen Wandel – Franziska Hein (epd, evangelisch.de)

Franziska Hein (@franzi_hein) fasst die Lage für den Evangelischen Pressedienst auf evangelisch.de (@evangelisch_de) einmal zusammen: Seit einem halben Jahr arbeitet Christian Sterzik (@C_Sterzik) als Projektkoordinator “Kirche im digitalen Wandel” für die EKD und wie man aus vielen Ecken der #digitalenKirche hört, macht er das nicht schlecht, weil er sich darum bemüht auf Augenhöhe mit den zahlreichen Akteur_innen zu arbeiten. Ein Problem, das bei vielen Reformschritten zuvor nicht ausreichend gelöst wurde („Schulterblick“). Was will er der EKD-Synode nun vorschlagen?

So soll es in Zukunft eine Digitalisierungsabteilung im EKD-Kirchenamt in Hannover geben. Es soll aus einem Digitalisierungsmanager, einem Chef-Ethiker und einem Technikspezialisten bestehen, der zum zentralen „Kümmerer“ für die Landeskirchen etwa in Sachen Datenschutz und App-Entwicklung werden soll.

Zusätzlich zu den Stellen soll die Synode über drei Maßnahmen abstimmen. Sterzik will gerne ein Digitalisierungsbudget einrichten, mit dem man auch kurzfristig innovative Projekte fördern kann. Hinzukommen noch zwei Ideen: eine Medienplattform für Kirchengemeinden und ein digitaler Kirchen-Finder. Damit soll es möglich sein, Gläubige individuell anzusprechen und ihnen gruppenspezifische Angebote zu machen.

Eine entscheidende Frage wird sein, wie die Projekte umgesetzt werden. Und das fängt auch bei der Frage danach an, wer mit der Umsetzung beauftragt wird. Bisher neigte die Evangelische Kirche bei Großprojekten dazu, möglichst viel Geld für geringen Ertrag auszugeben.

Dass die Digitalisierung Geld kosten darf, steht außer Frage, allerdings ist aus zwei Gründen Gründlichkeit und Bedacht angesagt: Es handelt sich immerhin um „geliehenes“ Geld aus Kirchensteuermitteln und es wird von analoger Seite skeptisch geguckt, an welchen Stellen für die digitalen Investitionen geknappst wird.

Noch mehr Porzellan sollte also möglichst nicht zerdeppert werden. Deshalb darf auch gefragt werden, ob man die Aufträge unbedingt in Strukturen vergeben muss, die sich in der Vergangenheit beim Thema Digitalisierung nur bedingt bewährt haben.

Push, Pull, Push: Die personalisierte Kirche – Hanno Terbuyken (evangelisch.de)

Ausführlich widmet sich Hanno Terbuyken (@dailybug) auf seinem Digital-Blog Confessio Digitalis (zum Blog aus den LaTdH vom 10. Juni) der von Selina Fucker (@selinafui2) unter der Woche bereits hier in der Eule thematisierten Personalisierung von Kommunikation, die beide der Kirche ans Herz legen. (Und die beim Synoden-Projekt „Kirche bei dir“ von Bedeutung ist.)

Terbuykens Analyse der digitalen Chancen der Kirche ist auch als Statement vor der EKD-Synode zu lesen, die sich am Dienstag mit der Digitalisierung beschäftigen wird, immerhin ist er Leiter der Digitalen Kommunikation beim Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP).

EKD-Datenschützer verbietet WhatsApp und Telegram – Felix Neumann (katholisch.de)

Eine weitere Nachricht zur #digitalenKirche machte diese Woche die Runde: Der Datenschutzbeauftragte der EKD, Michael Jacob, hat die schon bestehenden Hinweise zum Datenschutz bei Messenger-Diensten präzesiert, wie Felix Neumann (@fxneumann) bei katholisch.de (@katholisch_de) beschreibt. Die Überschrift seines Artikels kann man allerdings getrost ignorieren: Weder handelt es sich um ein bindendes Verbot, noch werden Verstöße verfolgt.

Für datenschutzkonforme Messenger hat Jacob drei Kriterien aufgestellt:

Nachrichten müssen erstens durchgängig Ende-zu-Ende-verschlüsselt sein, sodass der Dienstanbieter selbst nicht auf die Nachrichteninhalte zurückgreifen kann. Zweitens darf der Anbieter anfallenden Verbindungsdaten ausschließlich zu Zwecken verwenden, die zur Übertragung der Nachricht notwendig sind. Schließlich ist auch die Weitergabe von Kontaktdaten Dritter an den Anbieter ausgeschlossen, beispielsweise durch eine Übermittlung des Adressbuchs.

Er wünscht sich die Bereitstellung entsprechender Programme durch die Kirche, die „auf Basis von etablierten und frei zugänglichen Protokollen auf föderalen Servern“ arbeiten. Schade, dass die bereits bestehende Eigenentwicklung „Just Connect“ der Ev.-Luth. Landeskirche Hannovers diese Hürde reißt.

„Just Connect“ bestätigt bisher auch die Befürchtungen zahlreicher #digitaleKirche-Experten, dass ein solches System nur für kircheninterne Kommunikation geeignet sei und auf dem gesättigten Messenger-Markt kaum angenommen würde:

Kay Oppermann, Leiter der „Digitalen Agentur“ der Landeskirche teilte Idea mit, dass die Zielgruppe 20 000 Personen umfasst. Bisher nutzen gerade einmal 1 000 Nutzer_innen den Dienst, das entpricht also 5 %. Das Projekt sei trotzdem ein Erfolg, weil „laut Umfragen viele Kirchenmitglieder digitale Werkzeuge generell nicht oder kaum nutzten.“

Diese Umfragen sollte Herr Oppermann mal rumreichen: Die maßgeblichen ARD/ZDF-Onlinestudien zeigen nämlich genau das Gegenteil. Ich finde jede Oma und jeder Opa in der Kirche sollte sich dieser Beleidigung erinnern, wenn sie das nächste Mal auf WhatsApp oder Telegram Fotos der lieben Enkelkinder tauschen.

Es drängt sich doch das Gefühl auf, dass das Kirchenvolk der Institution enteilt ist. Die Synode wird beim Thema Digitalisierung zeigen, ob sie gewillt ist, einen Startschuss zur Aufholjagd abzugeben. Dann folgen – so Gott will – vielleicht auch die Landeskirchen mit ähnlichem Enthusiasmus. Bisher gilt leider:

Synodenausblick

Die beiden anderen wichtigen Themen der EKD-Synode sind der evangelische Umgang mit Missbrauchsfällen (nochmals der Hinweis auf das Welt-Interview mit Bischöfin Kirsten Fehrs & meinen evangelischen Jahresrückblick hier in der Eule) und die Jugend. Zu letzterem Thema deutet sich leider eine sicherlich ungewollte Parallele zu den katholischen Geschwistern und ihrer „Jugendsynode“ in Rom (s.u.) an. Wir bleiben die Woche über dran.

nachgefasst

Brandstiftung auf Flüchtlingsboot der Weltausstellung – Die Eule

Erst gestern berichteten wir über die Brandstiftung in Wittenberg, der ein Flüchtlingsboot zum Opfer fiel, das seit der Weltausstellung Reformation im Sommer 2017 in der Lutherstadt ausgestellt wird. Alles weitere dazu inkl. der Reaktion von Landesbischöfin Ilse Junkermann (EKM) und der Vorgeschichte, lest ihr im Artikel, den wir bei Bedarf aktualisieren.

„Die alte Zeit ist zu Ende“ – Ingo Brüggenjürgen im Gespräch mit Bischof Franz-Josef Overbeck (domradio.de)

Im Interview mit dem Chefredakteur des Domradios (@domradio) wird Bischof Franz-Josef Overbeck beim Thema Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal recht deutlich:

[…] wir müssen uns auch den großen damit verbundenen Fragen neu zuwenden, die sich daraus ergeben: der Umgang mit Sexualität, mit Geschlechtergerechtigkeit, dem Zölibat und auch den Fragen, was das bedeutet für die Rolle der Frau in der Kirche. Mir scheint, dass diese Fragen – weil sie nicht neu sind – jetzt nach diesem Skandal und mitten in seiner Aufarbeitung ein neues Gewicht gewinnen.

Konkret bedeutet das für den Bischof, die Frage nach dem „Amt für die Frau“ zu stellen. In den nächsten 5 bis 10 Jahren soll es nach seinem Wunsch da Fortentwicklungen geben. Was dabei herauskommt stellt er allerdings unter den Vorbehalt der Umsetzbarkeit.

Man kann unter den heutigen pluralen Bedingungen und mit der Leitungserfahrung der letzten Jahre gut sagen, dass wir für fünf bis zehn Jahre im Vorhinein Perspektiven entwickeln können, die realistisch und umsetzbar sind.

Frauen mit dem Wunsch Priesterin zu werden, können sich also mit der Bestellung einer Kasel noch Zeit lassen, vielleicht ist zuerst ja auch eher an eine Dalmatik zu denken.

„Nicht zu fassen, was Bischöfe gesagt haben“ – Anne Strotmann im Gespräch mit Thomas Andonie (Publik-Forum)

Für die alt-ehrwürdige Publik-Forum hat Anne Strotmann mit Thomas Andonie (@derwahreDon), einem der Vorsitzenden des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), gesprochen und ein Fazit der Bischofssynode zur Jugend in Rom gezogen.

Damit es wirklich eine Synode der Jugend und nicht eine Synode über die Jugend sein kann, hätten genauso viele junge Christen wie Bischöfe in der Aula beraten müssen.  […] Eine Synode kann nicht alle Probleme lösen, aber sie legt die Grundlagen. Es gibt prophetisches Denken in den Jugendverbänden, das bestärkt uns. Es sind genug Worte ausgetauscht worden. Jetzt müssen Taten folgen.

Beckstein: AfD-Ausladung ist „grundfalsch“ (Idea)

Nun hat sich also doch noch ein prominenter Protestant gefunden, der den „Doppelbeschluss für Dortmund“ (wir berichteten) und die damit verbundene Nicht-Einladung von AfD-Politiker_innen auf den kommenden Kirchentag kritisiert. Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein halte sie für „grundfalsch“. Auf einer Reformationsfeier im Dekanat Pegnitz sagte er laut Idea (@ideade):

„Das Grundgesetz gibt jedem das Recht auf freie Meinungsäußerung, nicht nur den Repräsentanten der demokratischen Parteien.“

Damit unterschreitet Beckstein das Debatten-Niveau, denn um die Frage der Freiheit der Meinungsäußerung geht es hier überhaupt nicht, sondern darum, ob man jeder Meinung auch Gehör bzw. ein Podium schenken muss. Als ehemaliger Innenminister Bayerns sollte sich Beckstein mit der Verfassung eigentlich besser auskennen.

Buntes

Landesbischof Meister neuer Leitender Bischof der VELKD

Auf der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD, @vlkd_presse), die im Verbund mit der EKD-Synode tagt und in den letzten Tagen ebenfalls in Würzburg stattfand, wurde der Hannoversche Landesbischof Ralf Meister zum neuen Leitenden Bischof gewählt. Die VELKD vertritt die rund 9 Millionen lutherischen Evangelen in Deutschland. Als Leitspruch für seine neue Aufgabe hat sich Meister 2. Kor 1, 24 geliehen und von seinem katholischen Kollegen, dem neuen Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer abgeschrieben (s. LaTdH vom 2. September):

„Nicht dass wir Herren wären über euren Glauben, sondern wir sind Gehilfen eurer Freude; denn ihr steht im Glauben.“

Landesbischof Gerhard Ulrich aus der Nordkirche, der im kommenden Frühjahr in den Ruhestand geht und dort von Kristina Kühnbaum-Schmidt abgelöst wird (wir berichteten), wurde von seiner bisherigen Aufgabe als Leitender Bischof entpflichtet und von der Synode mit einer sicher nicht unverdienten Huldigung verabschiedet:

Sie dankten Landesbischof Gerhard Ulrich „für seinen herausragenden Einsatz, sein großes Engagement, seine gestalterische Kraft, seine klaren Worte und seine geistliche Präsenz“. Sein gesegneter Dienst erfülle die Generalsynode mit tiefem Respekt und großer Dankbarkeit.

Integration ist das Gebot der Stunde – Annette Widman-Mauz (kreuz-und-quer.de)

Die Tübinger CDU-Bundestagsabgeordnete, Vorsitzende der Frauen-Union und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Annette Widman-Mauz hält auf kreuz-und-quer.de (@kreuz_und_quer) ein Plädoyer für gelingende Integration. Wenn das der grüne Oberbürgermeister von Tübingen hört!

Wenn wir auf Integration setzen und eingewanderte Menschen dabei unterstützen, ihre Potenziale einzubringen, dann kommt das allen zugute. Einwanderung hat unser Staatswesen in den letzten Jahrzehnten gestärkt. Wirtschaft, Sozialversicherungen und Gesellschaft haben langfristig profitiert. Und zwar besonders dann, wenn wir uns bewusst für Integration entschieden haben.

Was macht eigentlich eine Synode? (evTV, Youtube)

Was eine Synode eigentlich ist, stellt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN, @ekhn_de) auf ihrem Youtube-Kanal vor. Zwar bezieht sich das Video auf die Synode dieser Landeskirche, aber so ungefähr kommt es für die übrigen evangelischen Landeskirchen, die VELKD, die Union Evangelischer Kirchen (UEK) und die EKD auch hin. Die evangelische Vielfalt ist schon erklärungsbedürftig, gell?!

Ein guter Satz

„Wir müssen es auch riskieren, anfechtbare Dinge zu sagen, wenn dadurch nur lebenswichtige Fragen aufgerührt werden.“

– Dietrich Bonhoeffer