Bewegte Welt – Die #LaTdH vom 14. August
Zurück aus der Sommerpause und auf dem Weg nach Karlsruhe: Die Ökumene in schwerem Fahrwasser. Außerdem: Ein manipulativer Kardinal und spielerische Theologie.
Herzlich willkommen …
… zurück aus den #LaTdH-Ferien! Außer in Köln hat man sich weitgehend an unseren Kalender gehalten und in der Sommerhitze die Füße still gehalten. Im Erzbistum unter Kardinal Woelki hingegen wurden in den vergangenen Tagen weitere triftige Gründe für den Exodus der Gläubigen aus der römisch-katholischen Kirche hinzugefügt – als ob es daran bisher einen Mangel gegeben hätte. Mehr dazu unter „nachgefasst“.
Am kommenden Donnerstag, den 18. August, laden wir zu einer Online-Diskussion mit Viola Schrenk zum Thema „Reform oder Schrumpfen?!“ ein. Welche Reformen sind nötig und kann man etwas gegen das Schrumpfen der Kirchen unternehmen? Alle Eule-Abonnent:innen erhalten den Zugang zur Veranstaltung automatisch per Email.
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Nicht nur in Köln herrscht Kirchenfrust: Ehren- und Hauptamtliche in den Kirchen sind entmutigt, Beteiligung und Mitgliedschaft sinken immer weiter, nicht wenige Kirchgemeinden sind vom Aussterben bedroht. Gleichzeitig herrscht in den Kirchen in Deutschland großer Reformeifer: Kirchgemeinden werden zusammengelegt, kirchliche Angebote zusammengestrichen, Landeskirchen fusioniert, Strukturen zentralisiert. Was können Christ:innen unternehmen, um unter diesen Umständen Kirche zu leben? Was können sie tun, um die Umstände zu ändern?
Darüber und über die Rolle einer neuen Generation bei den anstehenden Veränderungen wollen wir mit Viola Schrenk diskutieren. Die profilierte Theologin arbeitet als Studieninspektorin am Evangelischen Stift in Tübingen und hat im Frühjahr 2022 für das Bischofsamt der Evangelischen Landeskirche in Württemberg kandidiert. Wir freuen uns auf den Abend und Deine Teilnahme!
Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein
Debatte
„Vom 31. August bis zum 8. September 2022 schaut die christliche Welt nach Karlsruhe“, freut sich der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK, @Oikoumene) auf seiner Website. Zur 11. Vollversammlung des Weltkirchenrates werden bis zu 5000 internationale Gäste aus 350 Mitgliedskirchen ins Badische kommen: „Ein Ereignis, das nur alle acht Jahre stattfindet, und zum ersten Mal in seiner über 70-jährigen Geschichte in Deutschland.“
Ob die Teilnehmer:innen aus aller Herren Länder baden gehen werden, wird sich zeigen: Genug Konfliktstoff ist jedenfalls mit dem Ukraine-Krieg, in den die russisch-orthodoxe Kirche unrühmlich verwickelt ist, und dem Anliegen gegeben, eine gemeinsame Erklärung zum Israel-Palästina-Konflikt zu verlautbaren.
WTF?! (14): Frieden schaffen durch Dialog? – Im Gespräch mit Judith Königsdörfer (Die Eule)
Bevor wir uns einigen aktuellen Beiträgen rund um die kommende ÖRK-Vollversammlung zuwenden, an dieser Stelle eine Erinnerung an unseren Eule-Podcast vom Mai 2022 mit Judith Königsdörfer, der sich mit den Grenzen der Ökumene im Lichte des Ukraine-Krieges befasste. Im Podcast beleuchten wir auch den „deutschen Blick“ auf Osteuropa und sprechen über die Herausforderungen für den ÖRK. Judith Königsdörfer vom Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrum der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM, @EKMnews) gehört dem ÖRK-Zentralaussschuss an.
Ist der ÖRK antijüdisch? – Interview mit Peter Prove von Burkhard Weitz (Chrismon)
Peter Prove ist Direktor der Kommission für internationale Angelegenheiten des ÖRK in Genf und erläutert im Interview bei der Chrismon (@chrismon_de) den Spagat, den der ÖRK bei seiner Erklärung zum Israel-Palästina-Konflikt versuchen will: Zugleich Solidarität „mit palästinensischen Christen wie auch mit dem ganzen palästinensischen Volk“ zu üben und vor Antisemitismus warnen – geht das?
Entscheidend wird sein, dass alle diese Perspektiven in unser Gespräch einfließen. Die Vision ist ein gerechter Frieden unter gleichen rechtsstaatlichen Bedingungen für alle.
Im Zentrum der Kritik an der Israel-Politik des ÖRK steht dessen Unterstützung für Boykotte für Waren aus den israelischen Siedlungen. Prove erklärt:
Der ÖRK erkennt seit vielen Jahren an, dass bestimmte Formen wirtschaftlicher Sanktionen legitime Formen des gewaltlosen Widerstands gegen militärische Besatzung sind und Druck in Richtung Frieden aufbauen können. Der ÖRK hat in der Vergangenheit internationale Boykotte von Waren und Dienstleistungen aus israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten unterstützt, die nach internationalem Recht als illegal gelten, nie aber Maßnahmen gegen Israel als Ganzes. […]
Natürlich ist der deutsche Kontext ein besonders sensibler in einer solchen Debatte. Dennoch: Es geht um konkrete Gerechtigkeitsfragen, die in einer globale Versammlung diskutiert werden müssen.
Dass die ÖRK-Vollversammlung ausgerechnet in Deutschland stattfindet, könnte dieser Diskussion eigentlich sogar einen wichtigen Impuls geben. Seit Monaten wird intensiv über die unterschiedlichen Zusammenhänge von post-kolonialen Perspektiven und Antisemitismus diskutiert. Man ist sensibel geworden für das Thema, nicht allein aufgrund der Skandale auf der documenta in Kassel. Prove hält wenigstens fest:
Wir müssen achtgeben, dass wir nicht antisemitischen Stereotypen Raum geben, dass wir nicht denen beistehen, die sie verbreiten. Gleichzeitig kann die Rolle der ökumenischen Bewegung nicht sein, zu Unrecht zu schweigen, zu Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegenüber dem palästinensischen Volk einschließlich der Christen. Es kann nicht sein, dass wir das unter den Teppich kehren.
Die Chrismon bietet auch eine ausführliche Fassung des Gesprächs als PDF an.
Ellen Überschär: Ein Weltkirchenrat und eine Welt voller Krisen – Podcast mit Johann Hinrich Claussen (Draussen mit Claussen, RefLab)
Der EKD-Kulturbeauftragte Johann Hinrich Claussen ist seiner Weile als Podcaster für das RefLab (@ref_lab) der Reformierten Kirche des Kantons Zürich unterwegs. Ende Juli drehte sich die „Draussen mit Claussen“-Episode um den ÖRK. Dazu hat sich Claussen Ellen Ueberschär (@e_ueberschaer) eingeladen, die von 2006 bis 2017 Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages (DEKT, @kirchentag_de) und bis Anfang des Jahres Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung war. Seit Juni 2022 ist sie Mitglied im Vorstand der Stephanus-Stiftung in Berlin-Weißensee.
In den aktuellen Ukraine-Debatten ist Ueberschär als profilierte „Falkin“ hervorgetreten und fordert zum Beispiel effektive Waffenlieferungen an die Ukraine und eine „Neuorientierung“ der evangelischen Friedensethik. Ihre Vorstellungen vom politischen Wirken der Kirche hat sie vor kurzem ausführlich in den evangelischen zeitzeichen erläutert. Ebenda hatte ich ihren Text im Januar einer Kritik unterzogen.
Claussens und Ueberschärs Gespräch schleppt sich zwar ein wenig typisch evangelisch dahin, enthält aber für die aufmerksame Zuhörer:in interessante Einordnungen. Unter anderem geht es um den Offenen Brief an den ÖRK und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), den Ueberschär mitverfasst hat.
Auf dem Weg nach Karlsruhe
Bereits seit dem Mai 2021 gibt es das Büchlein „welt.bewegt – auf dem Weg nach Karlsruhe“ (PDF). Das Materialheft enthält neben Informationen zur ÖRK-Vollversammlung auch Anregungen für die Diskussion in den Gemeinden. Noch mehr Material stellt die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR, @ekir_de) hier zur Verfügung.
„Krieg ist ein falscher Weg“ – Interview mit Kardinal Kurt Koch von Severina Bartonitschek (KNA, katholisch.de)
Ebenfalls auf den Weg nach Karlsruhe macht sich der römisch-katholische Kardinal Kurt Koch, er führt die vatikanische Delegation an, die als Gast an der Vollversammlung teilnehmen wird – denn Mitglied im ÖRK ist die römisch-katholische Weltkirche nicht. Im Interview von Severina Bartonitschek (@SeverinaBa) von der KNA (@KNA_Redaktion) erklärt Koch seine Perspektive auf den schwierigen Dialog mit der russischen Orthodoxie:
Es gab im Vorfeld die Diskussion, ob die Delegation des russisch-orthodoxen Patriarchats ausgeladen werden soll. Aber der Weltkirchenrat hat entschieden, dass das keine Lösung ist. Die Dialoge, Gespräche und Beziehungen müssen aufrechterhalten werden, sonst kann man gar nichts erreichen.
Koch macht sich für den Dialog stark und hält trotzdem an der Kritik am Moskauer Patriarchen Kyrill fest, dem er erst vor wenigen Tagen „Häresie“ vorgeworfen hat. Er beschreibt auch, unter welchen Bedingungen eine persönliche Begegnung von Papst Franziskus mit Kyrill, z.B. im September im Rahmen einer Reise nach Kasachstan, sinnvoll wäre:
Ich denke, sie wäre dann sinnvoll, wenn es zu einer gemeinsamen klaren Stellungnahme kommen könnte, dass dieser sinnlose und grausame Krieg endlich beendet würde.
Dieser Wunsch ist im doppelten Sinne ein frommer. Auch darf man gespannt sein, ob und wie die russisch-orthodoxe Delegation auf der ÖRK-Vollversammlung das angebotene Scheinwerferlicht nutzen wird.
Die Propaganda des Patriarchen – Reinhard Flogaus (FAZ)
Zur Orientierung über die Position des Moskauer Patriarchats immer noch gut geeignet ist dieser Artikel in der FAZ von Reinhard Flogaus. Flogaus lehrt Kirchengeschichte mit dem Schwerpunkt Ostkirchenkunde an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Kirill hat darüber hinaus den Angriff Russlands auf die Ukraine auch als einen „metaphysischen Kampf“ bezeichnet, als einen Kampf um die „Wahrheit Gottes“ und gegen die Sünde. Denn die „sogenannten Werte“ des Westens, die in Wahrheit „die Sünde zur Lebensnorm“ erheben würden, wie man beispielsweise an den „Gay-Paraden“ sehen könne, seien seit Jahren den Menschen im Donbass aufgezwungen worden. Deshalb gelte es jetzt „den Brüdern im Donbass, den Orthodoxen“ beizustehen, „damit sie ihren orthodoxen Glauben bewahren“ könnten.
Mehr noch als die Ideologie von der „Russischen Welt“, die man mit ein wenig Mühe und historischem Sachverstand als Polit-Mythos enttarnen kann, dürfte in den kommenden Monaten wichtig werden, die „Ökumene des Hasses“ zu thematisieren, die auch die vatikanische Diplomatie lähmt. Denn was die Ablehnung von „Genderwahn“ und LGBTQI*-Rechten etc. angeht, ist man sich mit den russisch-orthodoxen Gesprächspartnern erschreckend einig.
Welche Fortschritte kann in diesem Großkonflikt der Ökumene die ÖRK-Vollversammlung in Deutschland bringen, wo sich die Kirchen nach dem 2. Weltkrieg und 2. Vaticanum der Demokratie zugekehrt und der religiösen Gewalt abgeschworen haben? Wie können die Christen aus Deutschland ihre Erfahrungen und Erkenntnisse einbringen, ohne diejenigen von Christ:innen aus anderen Weltreligionen zu entwerten?
nachgefasst
Attentat auf Salman Rushdie erschüttert die Welt – Mechthild Klein (evangelisch.de)
Über den Angriff auf den Schriftsteller Salman Rushdie, seine Hintergründe und möglichen Folgen, klärt Mechthild Klein (@mechthild_klein) auf evangelisch.de (@evangelisch_de) auf.
Salman Rushdie hatte nach der Fatwa des iranischen Revolutionsführers Khomeini Ende der 80er Jahre lange Zeit Personenschützer. Er musste sich gegen fanatische Islamisten wappnen, die ihn deshalb töten wollten. Im Buch Rushdies „Die satanischen Verse“ sah der Geistliche eine Beleidung des Propheten.
Zuletzt hatte der 75-jährige Rushdie auf Personenschutz verzichtet. Nun wurde er auf offener Bühne bei einer Lesung von einem 24-jährigen Amerikaner niedergestochen und schwer verletzt. Vertreter aus Religionen, Kultur und Politik zeigten sich entsetzt.
Geheime Papiere belegen PR-Strategie für Woelkis „Überleben“ – Joachim Frank (Kölner Stadt-Anzeiger, €)
Im Kölner Stadt-Anzeiger schreibt Joachim Frank über das bis dato geheime PR-Strategiepapier im Erzbistum Köln, das dem Kölner Erzbischof Kardinal Woelki Wege zum Überleben im Missbrauchsskandal anempfahl. Ebenfalls hinter einer Bezahlschranke schreibt in der Christ & Welt Raoul Löbbert (@RaoulLoebbert) über den für Deutschland bisher einmaligen Vorgang. Worum es geht, berichtet ohne Zugangsbeschränkung in gebotener Kürze Kirche + Leben, die Zeitung des Bistums Münster hier.
Danke, JoachimFrank, für diese Enthüllungen. In Köln sind hochprofessionelle Demagogen und Despoten am Werk.#Kirche #Missbrauch #Missbrauchsgutachten #Woelki pic.twitter.com/UCPJGHJwdF
— Wolfgang F. Rothe (@WolfgangFRothe) August 5, 2022
Dort findet sich auch ein Kommentar des Chefredakteurs Markus Nolte (@MarkusDNolte), der sich mit der Reaktion des Erzbistums auf die neuerlichen Enthüllungen (hier die Pressemitteilung) befasst:
Nein, es geht nicht um Erfreulichkeiten, es geht schlichtweg darum, wie im Erzbistum Köln – recht beeindruckend im Kölner Stadt-Anzeiger dargelegt – offenbar Betroffene und Journalisten instrumentalisiert wurden. Der Vorwurf wiegt massiv, nicht nur mit Blick auf die Betroffenen und die Journalisten, sondern auch für den Kardinal, dem der Papst schon einmal schwere Kommunikationsfehler vorgeworfen hat. Und weiterhin steht Woelki unter Franziskus’ Beobachtung. Da passt dieses neue PR-Desaster ganz, ganz schlecht.
Moralischer Bankrott – Daniel Deckers (FAZ)
Teil der Kölner PR-Strategie war es, den FAZ-Redakteur für die Berichterstattung über die katholische Kirche in Deutschland Daniel Deckers für die eigene Perspektive einzunehmen, indem man ihm exklusiven Zugang gewährte. Deckers lehnte das unmoralische Angebot ab und diagnostiziert nun in der FAZ im Anschluss an den Hilferuf von Stadtdechanten des Erzbistums den „moralischen Bankrott“ Woelkis. Deckers spart auch nicht mit Kritik an Papst Franziskus, der Woelki im Amt belässt:
Heute ist das Verhältnis zwischen dem Klerus und dem Kardinal so zerrüttet, dass manch einer sich die Meisner-Jahre zurückwünscht. Denn ein halbes Jahr nach der Rückkehr aus der „Auszeit“, zu der der Papst Woelki vergattert hatte, ist die Ahnung zur Gewissheit geworden, dass sich nichts verändert hat.
Der „moralische Bankrott“, von dem drei Stadtdechanten sprechen, ist längst eingetreten. Die Folgeschäden werden von Tag zu Tag größer. Franziskus aber hält alle hin, als sei die Implosion einer der größten und wichtigsten Diözesen der Welt nicht mehr als ein Vogelschiss auf seiner blütenweißen Soutane.
Allerdings kann man mit Raoul Löbbert (s.o.) fragen, was eigentlich von den immer neuen Enthüllungen und Skandalen überhaupt noch geeignet ist, die Reputation des Kardinals so weit zu beschädigen, dass ein weiterer Verbleib im Amt tatsächlich ausgeschlossen ist. Oder kurz: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s auch ganz ungeniert.
Der große Manipulator – Jana Frielinghaus (nd)
Einen großen Manipulator entdeckt Jana Frielinghaus (@JanaFrielingha1), Ressortleiterin Politik bei nd.aktuell (ehem. Neues Deutschland), im Kölner Kardinal. Nun ja, dafür ist er mir eigentlich schon zu deppert, wenngleich Frielinghaus mit dieser Einschätzung Recht hat:
Allerdings ist der Kölner Bischof mittlerweile auch der Buhmann für viele andere Vertreter des Klerus: Mit öffentlicher Kritik an ihm lässt sich fabelhaft von der eigenen Verstrickung in den Skandal ablenken.
Ach ja, und eine Nachricht aus Rom zum Synodalen Weg hat es während der #LaTdH-Ferien auch noch gegeben. Aber wie man nach wenigen Tagen schon beobachten kann: Auch römisch-katholisch wird nicht so heiß gegessen, wie manche ihre Süppchen kochen. Alles Wissenswerte hat Christoph Strack (@Strack_C) bei der Deutschen Welle.
„Es lässt sich nicht mehr leugnen“ – Interview mit Martina Rudolph von Ruth Lang Fuentes (taz)
Die Psychotherapeutin Martina Rudolph behandelt traumatisierte Menschen, die sexualisierte oder rituelle Gewalt in organisierten Zirkeln erlebt haben. Im taz-Interview bei Ruth Lang Fuentes (@chica_ruthless) erklärt sie u.a., was es mit ritueller Gewalt auf sich hat:
Zu Ihnen kommen auch Menschen, die rituelle Gewalt erleben oder erlebt haben. Ausgehend von satanistischen, christlichen oder auch fascho-germanischen Kulten. Inwieweit üben diese Missbrauch aus?
Die Kulte setzen zum Beispiel Folter gezielt ein, um Menschen zu brechen und dazu zu bringen, an bestimmte Dinge zu glauben. Diese Menschen bekommen dann bestimmte mystischen Wahrheiten verinnerlicht. Die Alltagspersonen wissen zwar: „Irgendwie geht es mir richtig schlecht, ich habe einen Haufen Symptome und brauche Hilfe.“ Die anderen Anteile denken aber: „Mein Leben und mein Glaube fußen darauf, dass ich missbraucht wurde.“
„Die Beichte ist oft ein Einfallstor“ – Interview mit Doris Reisinger von Christoph Fleischmann und Michael Schrom (Publik-Forum)
Hinter einer Emailadressen-Schranke verbirgt sich – allerdings kostenfrei auch für Nicht-Abonnent:innen – ein Publik-Forum-Interview mit Doris Reisinger (@ReisingerWagner) von Christoph Fleischmann und Michael Schrom „über spirituelle Autonomie und die systemisch bedingten Abgründe der katholischen Kirche“, das mit dem taz-Interview korrespondiert.
Buntes
Wie die anglikanische Kirche über den Umgang mit Homosexualität streitet – Urs Mundt (Sonntagsblatt)
Von der deutschen (Kirchen-)Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat Anfang des Monats die 15. Lambeth-Konferenz der anglikanischen Bischöfe stattgefunden. Auch in der Angklikanischen Weltkirche tobt ein Streit zwischen „Progressiven“ und „Konservativen“, der sich vor allem an LGBTQI*-Rechten entzündet. Über die „schwierige anglikanische Ökumene“ hatte ich bereits 2019 hier in der Eule geschrieben.
Im Sonntagsblatt (@sonntagsblatt) der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB, @elkb) berichtet Urs Mundt mit Hilfe der Ökumene-Expertin Miriam Haar über die aktuellen Debatten. Die Referentin für Anglikanismus und Weltökumene des Konfessionskundlichen Instituts in Bensheim beobachtete vor Ort im englischen Canterbury die Vollversammlung der anglikanischen Bischöfe.
Aus Sicht der Ökumene-Expertin Miriam Haar muss dieser Streit bei der aktuell tagenden 15. Lambeth-Konferenz auch vor dem Hintergrund der Dekolonialisierung des globalen Südens verstanden werden: „Angesichts der westlichen Hegemonie ist es wichtig, dass man den Kirchen des Südens die Chance gibt, die eigene Position zu formulieren.“
Theologie
In sommerlicher Frische haben wir uns in der Eule vorvergangene Woche mit digitalen Spielen befasst. Den Auftakt dazu bildete die Rezension des neuen Digitalisierungsbuches von Wolfgang Huber (@Prof_Huber) von Michael Greder (@HerrPfarrerin). Über digitale Spiele in Unterricht und Gemeinde schrieb Jens Palkowitsch-Kühl (@reledu_media) und über das gemeinsame „Wordle“-Spielen Jörg Wilkesmann (@wilkesmann1).
Gibt es eine Theologie des Spielens, etwa analog zu „Homo ludens“ von Johan Huizinga? Ob bei Wordle, Sudoku, Patiencen oder Brettspielen – guten Spielen gelingt es, mich kurzzeitig aus meiner Gegenwart herauszuholen. Das ist gut für die geistige Rekreation und nutzt dem inneren Menschen, den Alltag zu bewältigen. Ist diese Bedeutung des Spiels schon ausgeschöpft für den eigenen Glauben, das Gemeindeleben oder die Theologie?
Ein guter Satz
🎶Wir glauben Gott im höchsten Thron
Wir glauben Christum, Gottes Sohn,
Weil jeder, den die Sehnsucht quält
Ganz einfach Gottes Nummer wählt
🎵— Matthias Warkus (@derwahremawa) August 7, 2022