Dran glauben – Die #LaTdH vom 14. März
Countdown für Woelki und internationale Inspirationen bei der Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche. Außerdem: Der Streit in der Caritas vertieft sich und Singles feiern Jubiläum.
Debatte
Wolkige Worte – André Lorenz (Christ in der Gegenwart)
Das Gutachter-Drama im Erzbistum Köln (@Erzbistum_Koeln) erreiche in der kommenden Woche sein „Staffelfinale“, schreibt André Lorenz in der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ (@ChristGegenwart): Am Mittwoch, den 18. März, soll der Kölner Strafrechtler Björn Gercke das zweite Gutachten „präsentieren“. In einer Pressekonferenz sollen zunächst die „Ergebnisse der Unabhängigen Untersuchung“ vorgestellt werden. Direkt im Anschluss erhalten die verbliebenen Mitglieder des Betroffenenbeirats den ersten Einblick.
Danach werde das Gutachten auf der Website des Erzbistums Köln veröffentlicht – ob vollständig, geschwärzt oder um hunderte Seiten gekürzt (wie im Erzbistum Berlin, vgl. die #LaTdH vom 31. Januar 2021), ist noch unklar. Außerdem bleibt die spannende Frage, ob die erzbischöflichen Webserver stabiler als die seit Wochen von den Terminwünschen für Kirchenaustritte überlastete IT des Kölner Amtsgerichts sind.
Ab dem 25. März soll dann das bisher nicht veröffentlichte Gutachten der Kanzlei „Westpfahl Spilker Wastl“ zur „Einsichtnahme“ im Maternushaus ausliegen. Betroffene, Medienvertreter und „die interessierte Öffentlichkeit“ könnten dann „nach dem Limburger Modell“ selbst einen Vergleich zwischen den beiden Gutachten ziehen, heißt es. Was plötzlich aus den im März 2020 angeführten „äußerungsrechtlichen Bedenken“ und den im Oktober nachgeschobenen „methodischen Mängeln“ geworden ist, bleibt einstweilen eines der vielen Mysterien der „Kölner Wirren“ (Chronologie der Ereignisse).
Im „Wort des Bischofs“ am vergangenen Sonntag kündigte Woelki im @domradio personelle Konsequenzen an für „im Gutachten genannte Personen – wenn es nötig ist“. Zumindest „vorläufig“.
Der aufmerksame Krisenbeobachter André Lorenz staunt frustriert angesichts dieser „wolkigen Worte“:
Dass ein juristisches Dokument nun eine solche Bedeutung für die Zukunft der Kirche bekommt und nicht Anspruch, Worte und Handeln ihrer obersten Repräsentanten, wird den Vertrauensverlust weiter verstärken.
Im aktuellen Fastenhirtenbrief („Das Leben lieben“) möchte Kardinal Woelki ..
.. für mich persönlich auch sagen, dass ich während meines ganzen Lebens – in den unterschiedlichsten Zusammenhängen – immer wieder auch Fehler gemacht habe, auch in den Jahren als Erzbischof von Köln. Mal leichter. Mal schwerer. Das trage ich mit mir. Als Mensch und als Bischof.
Was man halt so zu tragen hat, wenn man auch als Kölner Erzbischof „Mensch geblieben“ ist. Im rheinischen Karneval beliebt ist der Schlager „Wir sind alle kleine Sünderlein“, bekannt geworden in der vom „Kölsche Jung“ Willy Millowitsch augenzwinkernd gesungenen Version. Die Titelzeile war 1972 sogar das Motto des Kölner Rosenmontagszugs. Die Melodie stammt passenderweise von dem schlesischen Volkslied „Wenn wir sonntags in die Kirche geh’n“ …
Der Fall drei – Raoul Löbbert (Christ & Welt)
Wie der Hamburger Erzbischof Stefan Heße als Personalchef im Erzbistum Köln mit einem Missbrauchsvorwurf („Fall drei“) umging, kann Raoul Löbbert (@RaoulLoebbert) in der ZEIT-Beilage Christ & Welt (@christundwelt) mithilfe von Zeitzeugen und Dokumenten rekonstruieren. Der Anwalt eines Betroffenen und die ehemalige Opferbeauftragte des Erzbistums, Christa Pesch, erheben schwere Vorwürfe – angehört wurden sie aber nicht:
Wie der Strafrechtler Björn Gercke den Fall drei in seinem Gutachten bewertet, wird man am 18. März überprüfen können. Eines aber steht schon fest: Es wird nicht die ganze Wahrheit enthalten. Zum einen wurde nie ermittelt – entgegen den kirchenrechtlichen Regeln im Umgang mit Missbrauchsfällen. Zum anderen hätten Gercke und sein Team hierfür mit der ehemaligen Opferbeauftragten und dem Opferanwalt reden müssen. Beide sagen: Die Gutachter haben sich nie gemeldet.
Bemerkenswert ist auch die Meldung des Kölner Stadt-Anzeigers (@KSTA), der von Woelki mit dem zweiten Gutachten beauftragte Strafrechtler Gercke habe in der vergangenen Woche Behauptungen des Erzbistums Köln widersprochen, er habe neben Fällen sexuellen Missbrauchs auch „Zölibatsvergehen“, also einvernehmliche „sexuelle Beziehungen von Priestern zu hetero- oder homosexuellen Partnern“ untersucht, daher sei die Zahl der Fälle gegenüber den Angaben aus der MHG-Studie 2018 (vgl. die #LaTdH vom 30. September 2018) angestiegen.
Auch mit Oliver Vogt, dem langjährigen Interventionsbeauftragte des Erzbistums Köln und 2019/2020 Leiter des neu gegründeten Instituts für Prävention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt (IPA) in Lantershofen hat Gercke nicht gesprochen. Vogt, der inzwischen aus der Kirche ausgetreten ist, zeigt sich verwundert,
dass sich die Gutachter nicht dafür interessiert haben, in welchem Zustand ich die Akten 2015 übernommen habe und was in den folgenden Jahren damit passiert ist.
Die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl habe ihn hingegen zweimal ausführlich befragt:
Ich kann mir keinen Reim darauf machen, warum das jetzt nicht passiert ist. Aber anscheinend gibt es bei diesem neuen Gutachten andere Prioritäten.
„Dem Kirchenrecht fehlt die Opferperspektive“ – Interview mit Bernhard Sven Anuth (DLF)
Bis heute basiere das römisch-katholische Kirchenrecht in weiten Teilen auf anderen Wertvorstellungen als das weltliche Strafrecht, erläutert der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth (@b_anuth) im Interview mit Christiane Florin (@ChristianeFlori). So werde sexueller Missbrauch im kirchlichen Gesetzbuch nicht als besonders schwere Straftat eingeordnet, sondern lediglich als eine Form des Zölibatsverstoßes behandelt:
Ich vermute, dass es nach wie vor das vorrangige Interesse des Normgebers, des Gesetzgebers in der katholischen Kirche ist, die Einhaltung der kirchlichen Sexualmoral und des Zölibats durch Kleriker sicherzustellen. Die Einsortierung im CIC signalisiert klar: Es geht hier um die Sanktionierung von Zölibats-Verstößen. Der Eheschließungversuch ist der am stärksten nach außen wahrnehmbare und damit der am meisten oder am schnellsten ärgerniserregende. Der zieht die schwerste Strafe nach sich. (…)
Auch durch die öffentliche Aufmerksamkeit habe sich der kirchliche Gesetzgeber bisher nicht dazu veranlasst gesehen, sexuellen Missbrauch zu einer generellen Straftat zu machen:
Rechtspolitisch wäre das zumindest ein Signal. Denn auch Abtreibung oder Tötung sind ja kirchenrechtliche Straftaten. Nach wie vor scheint die kirchliche Rechtsordnung geprägt von der Perspektive, den Schutz des Rufs der Kirche vorrangig zu behandeln.
„Bedenkliche Wortmeldungen zur Missbrauchskrise“ – Interview mit Christoph Fleischmann (kath.ch)
Die Zeitschrift Publik-Forum (@publikforum) recherchiert schon länger zu den Plänen des Kölner Erzbischofs Woelki, die frühere Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Augustin (PTH) bei Bonn, jetzt Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT), zu seiner eigenen theologischen Kaderschmiede umzubauen und dort „Theologen nach Woelkis Geschmack“ auszubilden.
Im Zuge der turbulenten Neubesetzung des Bischofsatmes im Bistum Chur hat sich das Schweizer Portal kath.ch (@kathch) auch mit den Hintergründen der überraschenden Berufung des Churer Philosophie-Professors Dominikus Kraschl (@JKraschl) auf den KHKT-Lehrstuhl für Fundamentaltheologie beschäftigt.
Im Gespräch mit kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch (@raphael_rauch) vermutet Publik-Forum-Redakteur Christoph Fleischmann den Wunsch Woelkis nach mehr „Macht und Kontrolle“, da die kirchlichen Einflussmöglichkeiten auf staatliche Hochschulen begrenzt seien. Die Berufung des Franziskaners Kraschl sei ein deutliches Zeichen, in welche Richtung der Kölner Erzbischof die ehemalige Steyler Hochschule umbauen will:
Er will dort sehr lehramtstreue Positionen vertreten wissen, um einen traditionell kirchenfrommen und nicht einen kritischen, reformorientierten Klerus auszubilden. (…)
Kraschls Verspottung diskriminierungsfreier Sprache ist in meinen Augen albern, seine dogmatischen Positionen erscheinen mir weltfremd. Bedenklich finde ich aber seine Wortmeldungen zu den Ursachen der Missbrauchskrise. Da bedient er ein altes Klischee, wonach vor allem homosexuelle Priester und die sexuelle Revolution Risikofaktoren für Missbrauch in der Kirche seien.
Internationales
In Polen hat die staatliche (!) Aufarbeitungskommission für sexuellen Missbrauch den emeritierten Erzbischof von Krakau und engen Berater von Papst Johannes Paul II., Stanislaw Dziwisz, und drei weitere Bischöfe bei der Generalstaatsanwaltschaft angezeigt. Es bestehe der Verdacht, dass sie die gesetzliche Mitteilungspflicht von Sexualstraftaten missachtet hätten.
Und in Irland wollen die römisch-katholischen Bischöfe binnen fünf Jahren eine Nationalsynode einberufen. Vorbereitend soll es einen „synodal pathway“ nach Vorbild des „Synodalen Weges“ (@DerSynodaleWeg) in Deutschland geben, berichtet Michael Kelly (@MichaelKellyIC) auf dem Portal The Irish Catholic (@IrishCathNews). Unter anderem wolle man dort die Stimme derer hören, die die Kirche verlassen haben.
Am 18. März erscheint das Buch „The Best Catholics in the World. The Irish, the Church and the End of a Special Relationship“ von Derek Scally (@DerekinBerlin), dem Deutschland-Korrespondenten der Irish Times (@IrishTimes). Ihn erinnere der Zusammenbruch der römisch-katholischen Kirche in Irland an den Fall einer anderen mächtigen Ideologie – des ostdeutschen Kommunismus. Im Februar hatte Scally sich im Interview mit Deutschlandfunk Kultur (@dlfkultur) auch zum Stand der Aufarbeitung im Erzbistum Köln geäußert:
Ich glaube, Herr Woelki ist einer von denen, die denken, ihre Kirche ist von Gott bestimmt, es geht einfach nicht, dass die Kirche böse handeln könnte. (…) Die Realisten und die empathischen Bischöfe müssen stärker auf die verkopften, defensiven, pikierten einwirken.
Menschen weltweit entfremden sich von der Kirche – Interview mit Detlef Pollack (katholisch.de)
Während die gegenwärtig auf neue Rekordhöhen zusteuernden Zahlen an Kirchenaustritten in Deutschland vor allem auf den Umgangs mit Missbrauchsfällen zurückgeführt werden, weist der Religionssoziologe Detlef Pollack (@DetlefPollack) im Interview mit Christoph Paul Hartmann (@cp_hartmann) darauf hin, der Trend sei kein rein deutsches Phänomen:
Das gibt es beispielsweise auch in Irland und den USA – zum Teil mit dramatischen Folgen. Aufgrund der Erhöhung des Wohlstandsniveaus, aber auch aufgrund von Individualisierung und kultureller Pluralisierung ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Beteiligung am kirchlichen Leben in einem so hochkatholischen Land wir Irland stark zurückgegangen. Dann kommen die Missbrauchsfälle hinzu und die Art, wie die Kirche damit umgeht – mit der Folge, dass viele Katholiken das Vertrauen in die Kirche verlieren und zu ihr auf Distanz gehen.
Betroffene kämpfen um Sichtbarkeit – Interview mit Katharina Kracht (DLF)
Katharina Kracht (@KraaaankyKat) engagiert sich im Betroffenenbeirat der Evangelischen Kirche in Deutschland (@EKD). Sie hat vor einigen Jahre ihre Geschichte öffentlich gemacht, zunächst im Schutz eines Pseudonyms, dann unter ihrem richtigen Namen. Mit Christiane Florin hat sie im Deutschlandfunk (@DLF) über Schuldgefühle, Täterstrategien und die Widerstände in der Institution gesprochen:
Es ist viel leichter, mit dem Finger auf die katholische Kirche zu zeigen. Da gibt es ganz massive Demokratiedefizite. Allein schon die Tatsache, dass keine Frauen ordiniert werden. Da kann man sich ja fragen, wie das geht, dass eine Institution so geschützt wird in einem Land, in dem wir Gleichberechtigung im Grundgesetz haben. Das sind so offensichtliche Sachen. Das hat die evangelische Kirche nicht. Die machen viele Sachen, die als gesellschaftlich fortschrittlich gelten.
Das finde ich auch gut, dass die evangelische Kirche das macht. Nur bekommt sie damit ein so positives Image. Das können wir leider im Bezug auf Prävention und Aufklärung sexualisierter Gewalt nicht sagen. Da ist die evangelische Kirche viel langsamer als die katholische, vielleicht deswegen, weil der Fokus nicht auf ihr liegt.
„Die evangelische Kirche muss zeigen, dass es ihr ernst ist“, fordert Kracht auch in ihrem Gastbeitrag für DIE ZEIT (@zeitonline).
nachgefasst
Die Weigerung der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas (@Caritas_web), einem bundesweit einheitlichen, allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege zuzustimmen (siehe die #LaTdH vom 7. März), sorgt weiter für erhebliche Unruhe. Der römisch-katholische Sozialverband steht zunehmend unter Druck, die Gewerkschaft ver.di (@_verdi) ruft zu Demonstrationen vor Caritas-Standorten auf. Selbst Caritas-Präsident Peter Neher hätte sich laut Pressemitteilung …
… aus sozialpolitischen Erwägungen eine andere Entscheidung gewünscht. Dass Viele innerhalb des Verbandes mit der Entscheidung hadern, ist mittlerweile auch reichlich dokumentiert.
Allerdings: „Es hilft uns nicht weiter, wenn wir dem Tarifvertrag nachtrauern“ – so Neher in einem Interview mit David Gutensohn (@DavidGutensohn) in ZEIT ONLINE Arbeit (@wandelderarbeit).
Nach dem Aus für den Pflege-Flächentarif: „Der Dritte Weg ist am Ende“ – Interview mit Bernhard Emunds (katholisch.de)
In einer Stellungnahme hatten 17 römisch-katholische Sozialethiker:innen heftige Kritik an der Entscheidung der Caritas-Arbeitgeberseite geäußert. Einer von ihnen, Bernhard Emunds (@EmundsFfm), Leiter des Oswald-von-Nell-Breuning-Instituts (@NBI_ffm) und Professor für Christliche Gesellschaftsethik und Sozialphilosophie an der PTH Sankt Georgen, legt im Interview mit Felix Neumann (@fxneumann) für das Portal @katholisch_de nach.
In dem Sozialverband gebe es einen ungeklärten Konflikt zwischen „Markt-Caritas“ und „sozialanwaltlicher Caritas“:
Diese beiden Handlungslogiken stehen in einer starken Spannung zueinander – und die Diözesancaritasverbände sowie die Verbandsspitze in Freiburg sind mitten drin und müssen dafür sorgen, dass für diese Spannung produktive Lösungen gefunden werden oder dass sie zumindest in der Balance gehalten werden. Das ist im Fall des Tarifvertrags Altenpflege nicht gelungen. (…)
Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände hätten aufgrund ihres hohen Marktanteils große Chancen, die Branche sozial zu gestalten – aber sie nutzen sie nicht und ziehen sich stattdessen in die Nische ihres sogenannten Dritten Wegs zurück.
Was für ein unheiliges Desaster – Stefan Sell (Aktuelle Sozialpolitik)
So fasst Stefan Sell (@stefansell), Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz, das „unheilige Desaster“ zusammen:
Die katholische Caritas blockiert den Weg zu einem allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für die Altenpflege, die Verbände der privatgewerblichen Arbeitgeber freuen sich und die Pflegekräfte ganz unten bleiben unten.
In seinem Blog „aus den Tiefen und Untiefen der Sozialpolitik“ hat sich Sell in den letzten Jahren immer wieder mit dem tarifpolitisch besonders verminten Feld der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Inzwischen seien fast die Hälfte der Altenheime in privatgewerblicher Hand, bei den ambulanten Pflegediensten bereits zwei Drittel. Hinzu komme,
dass auf der Seite der gemeinnützigen Anbieter die beiden konfessionell gebundenen Schwergewichte, vertreten durch Caritas und Diakonie, in einer Sonderwelt leben dürfen, dem sogenannten „Dritten Weg“.
Danach werden den Beschäftigten in konfessionell gebundenen Einrichtungen und Diensten elementare Arbeitnehmerrechte vorenthalten (beispielsweise das Streikrecht) und die Kirchen dürfen ihre Angelegenheiten weitgehend selbst und auch unter Ausschluss von Gewerkschaften regeln, selbst in den vielen Bereichen des Gesundheits- und Sozialwesens, die zu 100 Prozent aus Steuer- und Beitragsmitteln finanziert werden.
Die Kirche braucht ihren Mitarbeitern nicht ins Schlafzimmer zu gucken – Christoph Paul Hartmann (katholisch.de)
Das Nein der Caritas zum Flächentarifvertrag habe das Thema kirchliches Arbeitsrecht auch grundsätzlich wieder in die Diskussion gebracht. Hier offenbaren sich problematische Machtstrukturen und Sonderwege, meint Christoph Paul Hartmann (@cp_hartmann) in seinem Standpunkt auf @katholisch_de. Der sogenannte „Dritte Weg“ gebe der Kirche einige Machtwerkzeuge an die Hand:
Die Kirche braucht keinen ständigen Druck und Macht über das Privatleben, sie hat bessere Argumente. Die könnte sie ohne eigens geschaffene Regeln ganz sicher genauso gut vertreten – mit und durch die Menschen, die für sie arbeiten.
Buntes
Corona-Pandemie (Theologie und Glaube)
Den Kirchen wie auch der akademischen Theologie wurde von verschiedenen Seiten „Sprachlosigkeit in der Coronakrise“ attestiert. Zumindest spielten in den abendlichen Talkshows Vertreter:innen von Kirche und Theologie eine bestenfalls untergeordnete Rolle. Die Herausgeber der Zeitschrift Theologie und Glaube wollen in ihrem Open-Access-Themenheft den durch die Corona-Pandemie aufgeworfenen theologischen Fragen Rechnung tragen.
Dass zehn Männer und nur eine Frau die durchweg lesenswerten Beiträge aus Bibelwissenschaft und Kirchengeschichte, Moraltheologie und Sozialethik, Kirchenrecht, Liturgiewissenschaft und Pastoralpsychologie beisteuern, ist der Tatsache geschuldet, dass es sich bei den AutorInnen um den versammelten Lehrkörper der Theologischen Fakultät Paderborn (@theologische.fakultaet.pb) handelt.
Neuer #Forschungspodcast „Religion und Politik“: Was macht #Corona mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und welche Rolle spielt #Religion dabei? In Folge 1 spricht Politikwissenschaftlerin @CarolinHillenb1 über Ergebnisse ihrer Umfrage. #wisskomm https://t.co/r9Ld1Yg8Fd pic.twitter.com/zZUJDXnrgh
— Religion und Politik (@religionpolitik) March 11, 2021
Frischetheke Folge 39 – Podcast mit Katrin Berger (Frischetheke)
Katrin Berger (@perlasfrauchen) ist Pastorin der Jugendkirche Hamm (@JK_Hamm) – und das ist in Coronazeiten eine besondere Herausforderung. Seit der Pandemie hält sie den Kontakt mit ihren Jugendlichen über Kerzengebete (@kerzengebete), die sie und ihre Mitarbeitenden bei Instagram posten. Aber wie die neue Generation ohne Konfirmation in die Jugendkirche kommen soll, ist noch unklar, sagt sie in der aktuellen Folge des Podcasts „Frischetheke“ (@frischetheke.podcast).
Genau ein Jahr ist es her, dass ich das erste Mal über dieses neuartige #Corona-Virus in der Eule geschrieben habe. Wie die Zeit vergeht .. #CoronaKirche https://t.co/SptMWlhXur
— Philipp Greifenstein (@rockToamna) March 11, 2021
Die Frau ohne Eigenschaften – Clarissa Breu (an.schläge)
Clarissa Breu, evangelische Theologin in Wien, berichtet in ihrem Beitrag im feministischen Magazin an.schläge (@anschlaege) über ihre Erfahrungen bei Trauergesprächen. Die Lebensläufe der gegenwärtig beerdigten Frauen seien einander in der Darstellung ihrer Partner und Söhne überraschend ähnlich, möglicherweise gebe es eine ganze Generation von „eigenschaftslosen Frauen“:
Es tröstet mich, dass die Beerdigung nicht das letzte Wort über ein Leben hat, dass die Repräsentation eben nur Repräsentation ist und dass das, was jemand gewesen sein wird, nicht feststeht. Ich beerdige die Menschen in die Weite Gottes hinein. Und die Hoffnung stirbt zuletzt, dass Frauen und Männer irgendwann vielfältige Lebensläufe und Eigenschaften haben dürfen, die in dieser Vielfalt auch wahrgenommen werden.
50 Jahre AK SINGLES 1971-2021 (ak-singles.de)
Der AK SINGLES feiert runden Geburtstag. Seit 1971 ist das „Singen Internationaler Neuer Geistlicher Lieder – Ein Serviceangebot“ Name und Programm dieses Arbeitskreises des BDKJ im Erzbistum Köln (@BDKJDVKoeln). In diesen 50 Jahren hat der AK in weit über 100 Wochenend-Workshops den Mitgliedern von Jugendchören und Sacro-Pop-Bands viele „Neue Geistliche Lieder“ nahe gebracht – meist durch die Text- und Musik-Autor:innen selbst vermittelt.
In der Reihe „SINGLES Liedblätter“ sind inzwischen 639 Lieder kritisch ausgewählt, mit Instrumentalbegleitung und Kommentierung versehen und veröffentlicht worden. In der gerade erschienenen Festschrift „Jubelt nicht unbedacht“ ist diese Geschichte in Wort und Bild dokumentiert, darüber hinaus werden auch 50 Jahre kirchenmusikalische Entwicklung in Deutschland nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil beleuchtet.
Theologie
Er weltet, indem er zeltet – Matthias Sellmann (Sinn und Gesellschaft)
Woran erkennt man, dass es etwas gibt, was einem heilig ist? Matthias Sellmann (@ProfSellmann), Professor für Pastoraltheologie an der Ruhr-Universität Bochum, hat für sich eine einfache Antwort gefunden: Er muss stehenbleiben. Nicht nur, wenn er „Jungs im Park“, die Fußball spielen, zuschaut:
Kein Witz: Es ist vorgekommen, dass die Horde Jungs von dem alten Mann da am Straßenrand regelrecht verstört wurden, weil er drauflosjubelte, als das Ding in den Winkel flog – so wie man’s haben will. Oder weil er laut stöhnte und fluchte, weil rechts alles offen war, der Ball aber über links gezirkelt wurde. Participatio actuosa.
Auch das „Ewige Licht“ am Tabernakel, dass diffus aus Kirchen nach außen dringt, rufe nach ihm:
Mir imponiert das: dass die Christinnen und Christen weiterhin alles daran setzen, solche Räume zu schaffen und zu halten. Im Moment ist Krise, und manche Kirche wird abgerissen, verkleinert, umfunktioniert. Man könnte sagen: Manche Kirche muss dran glauben.
Aber was sie immer machen, die Glaubenden, wenn das sein muss: Sie tragen dann das heilige Behältnis feierlich nach außen. Und sie löschen das ewige Licht voller Trauer und Respekt. Und machen sich auf die Suche, wo man anderswo stehenbleiben kann.
Die Zeiten, als Bochum noch die PLZ 4630 hatte, die Schlote qualmten und die Kumpel malochten, sind lange vorbei. Im Kohlenpott ist man nicht „stehengeblieben“, sondern hat sich am „Strukturwandel“ versucht. Jetzt arbeitet man „zapped“ in dem von Sellmann gegründeten Zentrum für angewandte Pastoralforschung (@zapbochum), denn „eine zukunftsfeste Kirche braucht effektive Wissensverschaltung“. Und ist der Hebel im Kopf einmal umgelegt, dann versteht man …
… Pastoral als Erschließung und Verbreitung von Energie. Geist und Wissen wollen fließen und powern wie Strom.
Das kreative Wording des „Think-Tanks für pastorale Innovation“ erinnert wohl nicht zufällig an die stylischen Hochglanz-Broschüren „sauberer“ Energieversorger. Andere Christ:innen hingegen engagieren sich im Sinne von Papst Franziskus an der „Peripherie“ ihrer „verbeulten Kirche“, direkt an der Kante des von RWE betriebenen Tagebaus Garzweiler. Die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ (@Kirche_an_Kante) kämpft für den Erhalt der bedrohten Kirchen im Rheinischen Braunkohlerevier.
Die Gemeinde #Holzweiler kritisiert den Kirchenvorstand von #Erkelenz für den Verkauf von ihren eigenen Grundstücken an #RWE. Wir stellen uns hinter die Holzweiler*innen, es ist unfassbar wie die Pfarrei Erkelenz hier Grund und Boden verscherbelt zur Aufheizung des Klimas. pic.twitter.com/4Jmnovti9G
— KirchenImDorfLassen (@Kirche_an_Kante) March 8, 2021
Dass „manche Kirche dran glauben“ müsse, damit will sich das Bündnis aus ökologischen, globalisierungskritischen und religiösen Beweggründen nicht zufrieden geben. Und während Professor Sellmann ganz ergriffen von seinen Assoziationen – „tabernaculum (…) das Wort bedeutet Zelt (…) wie unter einer Stadtbrücke markiert jemand einen Raum als Wohnraum für sich“ – noch darüber nachdenkt, was Gott „auf seinem Gaskocher bruzzelt“, verbinden die Aktivist:innen mit ihren Gottesdiensten und Aktionen den konkreten Einsatz vor Ort mit dem Kampf für globale Klimagerechtigkeit.
Barmherzigkeit statt Ablehnung für Hans Küng (KirchenZeitung der Diözese Linz)
Um Hans Küng mag es ruhig geworden sein. Mit seiner „Stiftung Weltethos“ (@WeltethosInst) hat er auch jenseits der römisch-katholischen Dogmatik ein Werk bleibenden Werts geschaffen. Doch noch immer wird Küng vor allem als ein Theologe gesehen, der kritisch aufbegehrte – und gemaßregelt wurde. Nächste Woche, am 19. März, wird er 93 Jahre alt.
Es wäre wohl ein später, aber doch spektakulärer Fall einer Rehabilitierung, wenn der treue Kirchenreformer Küng die 1979 entzogene Lehrerlaubnis zurückerhalten würde. Dafür hat Christoph Leitl, Präsident der europäischen Wirtschaftskammer (@EUROCHAMBRES), nun in einem Schreiben an den Papst geworben:
Ein Theologe, der versucht hat, Menschen mit Gott besser zu verbinden, hat Wertschätzung anstelle von Ablehnung verdient.
Predigt
Auslegung zum Tagesevangelium vom vierten Fastensonntag / Laetare (Joh 3, 14-21) – Kristell Köhler (in principio)
Der Abschnitt aus dem Johannesevangelium stammt aus einem nächtlichen Gespräch Jesu mit dem Pharisäer Nikodemus. Der Evangelist Johannes verbindet die Forderung nach einem sichtbaren Heilszeichen mit der Frage, welche Reaktion darauf folgen muss:
Denjenigen, die an das Kreuz glauben, wird das ewige Leben geschenkt. Und sie untermauern ihre Zugehörigkeit zu diesem neuen, von Gott geschenkten Leben, indem sie auf dieses Licht hin leben. Wer an das Kreuz als Zeichen des Heils glaubt, wird zur Lichtgestalt und meidet das Dunkel. Wer im Licht lebt und die Wahrheit tut, der wird Zeuge für das Licht.
Dem heutigen Evangelium ist auch der meistzitierte Bibelvers im Internet (Joh 3, 16) entnommen, der als Zusammenfassung des christlichen Glaubens („gospel in a nutshell“) gilt und vor allem durch seine einleitenden Worte „Also hat Gott die Welt geliebt“ in der Übersetzung Martin Luthers bekannt ist.
In der Kirchenmusik existieren verschiedene bedeutende Vertonungen, etwa von Bach, Telemann, Buxtehude oder hier in einer corona-konform aufgeführten Version von Heinrich Schütz (Motette SWV 380, op. 11/12):
Ein guter Satz
Nicht nur die Glaubenden, sondern „die Welt“ hat Gott geliebt (Joh 3,16).
— Jürgen Moltmann (@JuergenMoltmann) December 10, 2020