Frauenkämpfe – Die #LaTdH vom 10. März

Equal Pay Day und Internationaler Frauentag geben Anlass, über Frauenkämpfe in der Kirche nachzudenken. Deshalb übernimmt Sarah Banhardt in dieser Woche die #LaTdH.

Herzlich Willkommen!

In der vergangenen Woche gab es gleich zwei Tage, an denen Frauen besonders in den Blick genommen wurden: Den Equal Pay Day und den Internationalen Frauentag, den ich persönlich lieber als feministischen Kampftag bezeichne, aber dazu weiter unten mehr. Deshalb wende ich mich heute an Sie, liebe #LaTdH-Leser:innen!

Mein Name ist Sarah Banhardt. Ich bin evangelische Theologin und forsche zur Geschichte der Frauenordination in der Evangelischen Landeskirche in Baden (EKIBA). Ein Ergebnis meiner Arbeit auf diesem Feld ist das Buch „Frauenordination in der Evangelischen Kirche in Deutschland: Interdisziplinäre Perspektiven“ (Kohlhammer 2022), das ich gemeinsam mit Jolanda Gräßel-Farnbauer und Carlotta Israel, die ja auch Eule-Kolumnistin ist, herausgegeben habe.

Mein Bericht zum 50-jährigen Jubiläum der rechtlichen Gleichstellung von Pfarrerinnen in der EKIBA hat es im Herbst 2022 sogar in die #LaTdH geschafft. „Wir müssen Sexismus konsequent benennen und bekämpfen“, habe ich damals verlangt und darauf hingewiesen, dass auch heute noch die fachliche Kompetenz von Pfarrerinnen übersehen, ihre Kleidung kommentiert oder sie in Diskussionen als „hysterisch“ abgewertet werden. Manche Theologinnen erleb(t)en sexuelle Belästigung und in manchen Fällen sogar sexualisierte Gewalt.

Aber in dieser #LaTdH-Ausgabe zu den feministischen Kampftagen soll es nicht allein um Pfarrerinnen gehen – nicht mal allein um cis Frauen, sondern um die Kämpfe gegen das Patriarchat, die auch in unseren Kirchen geführt werden.

Eine gute Woche wünscht
Sarah Banhardt

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Debatte

Der Equal Pay Day (Website) macht auf die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen aufmerksam und fordert deren Abschaffung. Der Gender Pay Gap beträgt in Deutschland derzeit 18%. D.h. Frauen verdienen im Durchschnitt 18% weniger als Männer. Das lässt sich auch auf ein Jahr übertragen. Bis die Lohnlücke überwunden ist haben Frauen statistisch gesehen gearbeitet, ohne dafür bezahlt zu werden. In diesem Jahr war das bis zum 6. März 2024 der Fall. Eine schöne Erklärung des Equal Pay Day hat „Das Bodenpersonal“ (Website), ein Netzwerk von katholischen Creator*innen und Blogger*innen, auf Instagram veröffentlicht.

66 Tage also haben Frauen in Deutschland in diesem Jahr „umsonst“ gearbeitet. Das liegt u.a. daran, dass Frauen häufiger in Teilzeit und in schlechter bezahlten Berufen arbeiten. Zu diesen zählen besonders Berufe im sozialen Bereich. In die hat auch die Kirche Frauen lange Zeit gedrängt, weil sie dort dem „Ideal der sozialen Mutterschaft“ entsprechend tätig sein konnten.

Ein Frauenbild, das heute erschreckend viel Aufwind hat – sei es bei den #tradwives auf Instagram und TikTok, wie Ann Toma-Toader in der taz schreibt, oder in den Wahlprogrammen rechter Parteien. Die Katholische Arbeitnehmerbewegung warnt anlässlich des Equal Pay Days zurecht:

„[D]ie Frauenpolitik der AfD [zementiert] einseitig die Rolle der Frau in der Funktion als Mutter und Hausfrau und lehnt somit die gleiche Verteilung der Haus- und Erziehungsarbeit zwischen den Partner[n] ab.“

„Traditionelle Mütter“ und konservative Millennials

Damit verbunden ist auch eine Renaissance traditioneller patriarchaler Männer- und Vaterbilder. Laut einer aktuellen Ipsos-Umfrage zum internationalen Frauentag halten viele junge Männer der Generation Z und der Millennials „es für unmännlich, zuhause zu bleiben und sich um die Kinder zu kümmern.“ (s. @zdfheute auf Instagram & direkt beim Ipsos-Institut). Julia Hanigk schreibt bei Merkur.de:

„Grundsätzlich kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass sich die Wahrnehmung über die Gleichstellung der Geschlechter in Deutschland positiv entwickelt. […] Die Ergebnisse, die die Studie im Vergleich der Generationen zutage bringt, lassen allerdings aufhorchen. Sie widersprechen nämlich deutlich dem allgemein gängigen Klischee, dass jüngere Menschen auf jeden Fall auch progressiver sind, wenn es um das Rollenverständnis geht.“

Eine konservative religiöse Prägung spielt hier sicher nur für einen kleinen Teil überhaupt eine Rolle und dennoch ist eine Nähe nicht zu übersehen. In einem Beitrag über „Fragile Männlichkeit in den Religionen“ zeigt Mechthild Klein im Deutschlandfunk, wie gerade konservative religiöse Positionen der Gleichstellung von Frauen im Weg stehen. Das trifft vor allem auf die römisch-katholische Kirche zu, in der gilt: „Männer üben das Priesteramt aus, Frauen das Ehrenamt.“

Aber auch in den evangelischen Kirchen in Deutschland, in deren Männerarbeit Gleichstellung und Vielfalt der Geschlechter im Mittelpunkt stehen, gibt es Gegenwind gegen eine progressive Geschlechterpolitik. Der Widerstand gegen Frauen auf der Kanzel ist leider noch nicht Geschichte. Die Berliner Pfarrerin Theresa Brückner (@theresaliebt, Eule-Interview von 2020) thematisiert das in trauriger Regelmäßigkeit, zuletzt hier auf Instagram. Und auch innerhalb der eigenen Reihen ist in den evangelischen Kirchen was das Thema Gleichstellung von Frauen angeht noch Luft nach oben (s.u.)

Mechthild Klein weist in ihrem Beitrag auch auf die aktuelle Leipziger Autoritarismus-Studie hin. In ihr wird untersucht, wie verbreitet extrem rechte Einstellungen in der deutschen Bevölkerung sind. „Dabei wird auch nach der Akzeptanz dominanter sozialer Positionen von Männern gefragt, die auf untergeordneten Positionen von Frauen basieren“ – sie ist erschreckend hoch. Der Antifeminismus in Deutschland und Europa nimmt zu.

Internationaler Frauentag oder feministischer Kampftag?

Die angerissenen Themen tauchen auch in vielen Meldungen zum Internationalen Frauentag auf. Denn statt Blumen und Schokolade fordern Frauen weltweit Gleichstellung und Gleichberechtigung. In den vergangenen Jahren ist mir persönlich der Begriff „feministischer Kampftag“ immer mehr ans Herz gewachsen. Das Patriarchat unterdrückt nicht nur Frauen – vor allem nicht nur weiße cis Frauen. Doch gerade die Stimmen mehrfachmarginalisierter Menschen bleiben zu oft ungehört. Sarah Vecera (@moyo.me) hat in einem aktuellen Beitrag auf ihrem Instagram-Profil m.E. gut zusammengefasst, warum deshalb die Bezeichnung „feministischer Kampftag“ besser ist:

„Ich mag den Begriff „Kampf“ auch nicht, aber ich kenne keinen besseren Begriff für diesen Tag als feministischer Kampftag. Feminismus sollte eben immer auch alle anderen Unterdrückungssysteme mitdenken und solidarische Bündnisse schließen mit mehrfach diskriminierten Personen. Und ich kämpfe hier nicht gegen Männer, sondern würde liebend gern mit Männern gegen das Unterdrückungssystem Patriarchat kämpfen, weil es unser aller Menschlichkeit schadet.“

Wie steht es um die Gleichstellung in den evangelischen Kirchen?

Das Studienzentrum der EKD für Genderfragen hat sich in den vergangenen Jahren in verschiedenen Publikationen damit auseinandergesetzt, wie gleichgestellt Frauen und Männer in den Gliedkirchen der EKD sind. Entstanden sind ein „Atlas zur Gleichstellung von Männern und Frauen“ (PDF) und ein Ergänzungsband mit besonderem Blick auf Leitungsebenen (PDF).

Der Anteil der Theologiestudentinnen und ordinierten Theologinnen liegt schon seit einigen Jahren über 50%. In den gemeindeleitenden Gremien sind an vielen Orten mehrheitlich Frauen vertreten. Doch auch wenn in den vergangenen Jahren mehrere Bischöfinnen ins Amt gekommen sind, gilt weiterhin: Je höher die Leitungsebene, je mehr Macht, desto geringer ist der Frauenanteil.

In der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) wollen zumindest einige kirchliche Mitarbeiterinnen das ändern. Dort wurde zuletzt vor zehn Jahren eine Frau in den Landeskirchenrat berufen. Derzeit sind nur drei von zwölf Plätzen von Frauen belegt. Pfarrerin Tia Pelz und ihre Mitstreiterinnen fordern in einer Petition, die inzwischen mehr als 300 Unterstützer*innen hat, dass sich die Landeskirche selbst dazu verpflichtet, Frauen fortan paritätisch an Leitungspositionen zu beteiligen. Im Interview bei Oliver Marquart vom bayerischen Sonntagsblatt führt Tia Pelz aus:

„Landesbischof Kopp […] sieht meines Erachtens den Handlungsauftrag dafür, dass sich was ändert, vor allem bei den Frauen. So betonte er die Bedeutung von Netzwerken unter Frauen, Mentoring und der aktiven Teilnahme von Frauen in Führungspositionen. Dabei griff er das klassische Bild auf, dass Frauen oft keine Führungspositionen anstreben würden. […] Wenn sich weniger oder gar keine Frauen für bestimmte Führungspositionen interessieren, sagt dies mehr über unsere Kirche aus als über die Fähigkeiten der Frauen.“

nachgefasst I: Abtreibungsrecht

Frankreich hat in der vergangenen Woche die Freiheit zur Abtreibung in die Verfassung aufgenommen. Im Deutschen Bundestag soll noch diesen Monat über die Streichung des §218 aus dem Strafgesetzbuch debattiert werden. Bereits im Oktober 2023 haben sich sowohl der Rat der EKD als auch die Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) dafür ausgesprochen. Antje Schrupp, selbst Mitglied des EfiD-Präsidiums, hat diese Entscheidung u.a. in den zeitzeichen ausführlich erklärt:

„Die Evangelischen Frauen in Deutschland […] sind […] der Überzeugung, dass Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft beenden, diese ethische Herausforderung in der Regel mit bestem Wissen und Gewissen angehen. […] Selbstverständlich ist es die Aufgabe der Gesellschaft, wo immer möglich zu verhindern, dass ungewollt Schwangere sich zu einer Abtreibung genötigt sehen, weil sie angesichts schwieriger gesellschaftlicher Umstände nicht wissen, wie sie die Verantwortung für ein Kind schultern sollen.

Solange Menschen und insbesondere Frauen mit Kindern auf vielfältige Weise diskriminiert, benachteiligt, und in Armut gehalten werden (wie Feministinnen seit Jahrzehnten anprangern), ist es kaum glaubwürdig, dass die Vermeidung von Abtreibungen ein wirklich dringendes Anliegen ist. Es gibt so viele denkbare Maßnahmen, die weitaus effektiver wären als ein Strafrechtsparagraf, der in der Praxis so gut wie nie angewendet wird.“

Im Herbst 2023 hat Carlotta Israel hier in der Eule die beiden Stellungnahmen von EKD und EFiD bereits differenziert betrachtet. Über die anschließende Diskussion auf der Tagung der EKD-Synode berichtete Eule-Redakteur Philipp Greifenstein hier (alle Eule-Beiträge zur Abtreibungsdebatte hier).

Eine weitere Diskussionsgrundlage will Stevie Schmiedel, ehemalige Chefin von pinkstinks, mit einer neuen Broschüre über den §218 für Kirchengemeinden bieten. Sie kann über das neu gegründete Kommunikationsbüro wokidoki bezogen werden. Auf dem dazugehörigen Instagram-Kanal hat Stevie Schmiedel am Vorabend des feministischen Kampftages mit Antje Schrupp über die Streichung des §218 aus theologischer Perspektive gesprochen. Im Gespräch macht Antje Schrupp deutlich: Persönliche Glaubensüberzeugungen dürfen Grundlage persönlicher Entscheidungen, aber nicht staatlichen Rechts sein.

nachgefasst II: Missbrauch evangelisch

#62 Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche: Kann die Forum-Studie noch überraschen? (331 – 3 Frauen, 3 Religionen, 1 Thema, 54 Minuten)

Im interreligiösen Podcast „3 Frauen – 3 Religionen – 1 Thema“ des House of One (#abgehört-Rezension hier in der Eule) haben die islamische Theologin Kübra Dalkilic, die Judaistin Rebecca Rogowski und die evangelische Pfarrerin Maike Schöfer mit Nancy Janz, Betroffenenvertreterin im Beteiligungsforum der EKD (BeFO), gesprochen. Die Beteiligung von zwei nicht evangelischen Frauen am Gespräch führt zu ganz grundlegenden Erläuterungen, z.B. über die Entstehung der „ForuM-Studie“ und die Beteiligung der Betroffenen.

Wer sich bisher mit der Ausrede der Komplexität dem Thema nicht stellen wollte, hat hier keine Ausrede mehr. Insbesondere Machtstrukturen und Rollendiffusität innerhalb der evangelischen Kirchen werden gut aufgedröselt und erläutert, weil Kübra Dalkilic und Rebecca Rogowski an Stellen nachhaken, die viele evangelische Christ*innen aus der Überzeugung, das doch alles zu wissen, womöglich nicht ganz so gründlich betrachten.

Die vier Frauen stellen aber auch fest, mit welcher Selbstverständlichkeit Frauen – insbesondere junge Frauen – damit rechnen, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden: „Es ist eine Normalität, die nicht normal sein sollte.“ (Rebecca Rogowski) Für Frauen keine Überraschung. Aber es ist und bleibt wichtig, darüber zu sprechen, weil es vielen noch schwer fällt. Das hat auch damit zu tun, dass in den Köpfen vieler Betroffener steckt, dass es doch Personen gibt, die Schlimmeres erlebt haben. Ich habe „internalisiert, mir steht das nicht zu. Stell dich nicht so an,“ fasst Maike Schöfer das gut zusammen. Und Nancy Janz ergänzt:

„Solange eben dieses Bild besteht, sexualisierte Gewalt oder Missbrauch ist erst in den schwersten Formen so schlimm, dass dann gehandelt wird. Da gibt es so ein Ranking, dass ich einfach völlig unpassend finde.“

Desweiteren spricht Nancy Janz den gender bias an, der auch beim Thema sexualisierte Gewalt nicht zu übersehen ist. Obwohl Frauen schon jahrelang ihre Gewalterfahrungen gegenüber den Kirchen anzeigten, gab es für Betroffene erst Aufmerksamkeit, als sich männliche Betroffene des Canisius-Kollegs im Jahr 2010 an die Öffentlichkeit wandten.

Bedenkenswert ist auch die an das Gespräch mit Nancy Janz anschließende Diskussion über die Rolle der Religionen im Kontext sexualisierter Gewalt. Auch wenn die Erfahrungen Betroffener unabhängig davon sehr ähnlich sind, sind Inhalt und Struktur miteinander verbunden. Welche Rolle spielen z.B. religiöse Texte und Normen bei der Legitimierung von Gewalt? Welche Auswirkungen hat ein rein männliches Gottesbild?

Schuld kompostieren – Katharina von Kellenbach (Publik-Forum, €)

Der Missbrauchsskandal offenbart problematische Vorstellungen von Schuld und Vergebung in den evangelischen Kirchen, erklärt die Theologin Katharina von Kellenbach (zuletzt hier & hier in der Eule) in einem Gastbeitrag in der Zeitschrift Publik-Forum (€). Es brauche eine andere Sprache, um den Kern der evangelischen Botschaft von der Vergebung der Sünden, sensibel zu formulieren.

„Evangelische Pfarrer oder Diakone wurden von ihren Kollegen von ihren Verbrechen freigesprochen und von den Kirchenleitungen nicht zur Verantwortung gezogen. Ihren Opfern wurde nicht selten geraten, den Tätern doch ebenfalls zu vergeben. Die Rechtfertigung des Sünders ist das Herzstück der protestantischen Botschaft, was dieses systemische Versagen fast schon vorhersehbar und besonders schmerzhaft macht. Mit Blick auf sexualisierte Gewalt in der Kirche führt diese Theologie in eine verheerende Komplizenschaft mit den Tätern.“

Katharina von Kellenbach problematisiert die vorherrschende Bildsprache im Umgang „mit Schuld und Schuldigen in Kirche und Gesellschaft“, die von Schuld als „Makel und Schmutz, die bereinigt werden können“, oder als „Lasten und Bürden, die getragen und beseitigt werden können“, spricht:

„Damit wird suggeriert, dass Schuld schnell und wie von Zauberhand verschwinden kann und soll, damit Versöhnung und Neuanfang geschieht. Dies entlässt Schuldige aus der Verantwortung und zwingt Opfer zur voreiligen Vergebung und Aufgabe ihrer Rechte. […]

Schuld verschwindet nicht auf magische Weise, sondern muss entgiftet und kompostiert werden. Kompost ist das Gegenteil von Reinheit, eine Mischung (Kompositum) aus dem, was auf dem Misthaufen individueller und kollektiver Geschichte landet. Während Reinheit weiß und klar, unbefleckt und unberührt ist, ist Kompost fermentiert und fruchtbar, dunkel und produktiv. Ein »reiner« Kompost entsteht erst, nachdem alle Gifte gebunden und schuldhafte Strukturen zerlegt wurden. Das braucht Zeit und bedarf bewusster Kompostierungsstrategien.“

Buntes

Musik von Missbrauchstätern: Wollen wir das wirklich noch singen? – Felix Neumann (katholisch.de)

Seit mir die Missbrauchsvorwürfe gegen Winfried Pilz bekannt sind (s. „Das System Pilz“ von Felix Neumann vom August 2023), kommen mir Melodie und Worte des Kindergottesdienstklassikers meiner Kindheit „Laudato Si“ nicht mehr über die Lippen. Diese Woche hat sich auch der Verband für Christliche Popularmusik mit der Frage beschäftigt, wie mit den musikalischen Werken von Missbrauchstätern umgegangen werden soll. Die Theologin und Bildungsreferentin Stefanie Lübbers stellt dabei die Bedrüfnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt:

„Es ist jetzt nicht so, dass der Verband für Christliche Popularmusik eine schwarze Liste mit zehn Liedern beschließt, die nicht mehr gesungen werden dürfen. Es geht darum, eine Haltung zu entwickeln, die Situation einzuschätzen und dann verantwortlich zu handeln. Wir müssen ernst nehmen, dass Musik immer mit Emotionen zu tun hat. Mit Musik sind Erinnerungen verbunden – gute, aber möglicherweise auch sehr dunkle. Da ist es unsere Verantwortung, die Bedürfnisse von Betroffenen im Blick zu haben – dass sie nicht einfach in eine Liturgie kommen und mit Musik konfrontiert werden, die sie traumatisiert.“

Hanna Veiler ist Frau Europas 2024 (Netzwerk Europäische Bewegung, Instagram)

Hanna Veiler (@hannaesther__) ist Aktivistin, Publizistin und Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD). Sie wird dieses Jahr als „Frau Europas“ ausgezeichnet. Linn Selle, Präsidentin des Netzwerks Europäische Bewegung Deutschland, erklärt dazu:

„Hanna Veiler steht für das europäische Zusammenwachsen, für eine demokratische und wertorientiere Europäische Union, die auf gesellschaftlichen Engagement fußt. Sie ist eine herausragende Stimme des jungen jüdischen Lebens in Europa.“

Theologie

Doris und Silvia Strahm: „Zusammen sind wir stark – das war ein prägendes Gefühl“ – Porträt und Podcast von Sandra Leis (kath.ch, Laut + Leis, 33 Minuten)

Am vergangenen Sonntag wurde in Luzern den schweizerischen feministischen Theologinnen Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet der mit 15 000 Franken dotierte Herbert-Haag-Preis 2024 verliehen. Die zwei Schwestern sind Pionierinnen der feministischen Theologie in der Schweiz. Im „Laut + Leis“-Podcast von kath.ch bei Sandra Leis erzählen sie u.a. wie sie zur feministischen Theologie kamen und wie sie deren Zukunft einschätzen.

Den Herbert-Haag-Preis 2024 erhielt ebenfalls der römisch-katholische Theologe und Kirchenrechtler Norbert Lüdecke (zuletzt hier in der Eule). Die Redebeiträge von der Preisverleihung und Videostatements der Ausgezeichneten finden sich auf der Website der Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche.

Predigt

Ich bin ein Schaf, holt mich hier raus – Christiane Florin (weiberaufstand.com)

In die Sankt Familia Kirche in Kassel war Christiane Florin zu einer Fastenpredigt eingeladen (Video auf YouTube). Den Text ihrer Rede hat Christiane Florin auf ihrem Blog veröffentlicht:

„Es gibt mehr weibliche Schafe als männliche, aber die Hirten kennen die weiblichen nicht so gut. Die Hirten stecken regelmäßig die Mützen zusammen, um sich die Köpfe darüber zu zerbrechen, wozu diese weiblichen Schafe nütze sind, was sie dürfen und vor allem, was sie nicht dürfen. Dieses Kopfzerbrechen währt schon 2000 Jahre und geht weiter. Bisheriges Ergebnis: Mutterschafe haben die Hirten am liebsten.“

Sich aufmachen. Eine Predigt auf der Schwelle zum Frühling – Birgit Mattausch (Frau Auge)

Für das kirchliche Start up UND Marburg hat Birgit Mattausch am 3. März 2024 „eine Predigt auf der Schwelle zum Frühling“ geschrieben. Sie spürt darin einfühlsam und behutsam der Frage der Nachfolge nach: Was braucht es, um für das Reich Gottes geschickt zu sein? Birgit Mattausch gibt darauf überraschende, poetische Antworten.

Ein guter Satz

„Ich fänds unanständig kein*e Feminist*in zu sein.“

– sookee (auf Instagram)