Heißer Monat – Die #LaTdH vom 3. April

Grüße zum Ramadan, Appelle und Widersprüche zum Ukraine-Krieg. Außerdem: Desaster und Paukenschläge in Köln, eine neue UBSKM und Lehren aus der Geschichte.

Herzlich Willkommen!

Noch zwei Wochen bis Ostern, die vorösterliche Fastenzeit geht in die Zielgerade. Für die Muslime hat ihr Fastenmonat Ramadan am Freitagabend begonnen. Und wie es inzwischen üblich ist, richten Vertreter:innen aus Politik und Kirchen dazu Glück- und Segenswünsche aus. So auch die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus, die sich mit einem Brief an die „lieben muslimischen Schwestern und Brüder“ wendet:

„Ich habe großen Respekt vor allen Menschen, die wie jetzt im Monat Ramadan ihren religiösen Geboten und Regeln folgen, um daraus Kraft zu schöpfen, sich für ein friedliches und gerechtes Zusammenleben einzusetzen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Ihren Familien und Gemeinden eine gesegnete Zeit im Monat Ramadan und alles Gute für das abschließende Fest des Fastenbrechens.“

Die Grußadressen sind allesamt gut gemeint und haben doch alle das gleiche Problem: Es fehlt auch im Jahr 2022 der konkrete Adressat. „Die“ Muslime gibt es in Deutschland nicht, sondern eine Vielzahl von Gemeindebünden, Vereinen und Communities, die mal mehr mal weniger religiös geprägt sind. Für die Kirchen kein Problem: Sie können sich bewusst an die Muslime wenden, für die der Ramadan und ihre Glaubenspraxis Bedeutung haben.

„Der Glaube hilft uns, den anderen Menschen mit den Augen Gottes zu sehen. Dazu gehört, ihn nicht aufgrund seiner Herkunft, seiner Nationalität oder auch seiner Religionszugehörigkeit zu beurteilen, sondern ihn in seiner Menschlichkeit und in seiner Hilfsbedürftigkeit wahrzunehmen. Mir ist sehr daran gelegen, dass wir dabei nicht mit zweierlei Maß messen. Es gibt keine Flüchtlinge erster oder zweiter Klasse, es gibt nur Menschen, die unserer Hilfe bedürfen.“

Seit dem Ende des 2. Weltkrieges wurde auch unter Christen immer wieder über Flüchtlinge gestritten: Wer ist der Hilfe wert? Wie umgehen mit „Boatpeople“, muslimischen „Gastarbeitern“ und zuletzt: Macht es einen Unterschied, ob man aus dem zerbombten Aleppo oder aus Charkiw flieht?

Die drängenden Fragen der Gegenwart und Zukunft lassen sich ohne historische Erfahrungen nicht beantworten. Übermorgen, am Dienstagabend um 20 Uhr, gehen wir bei der Eule diesen Fragen mit einem Online-Vortrag von Jonathan Spanos nach. Exklusiv für alle Eule-Abonnent:innen. Jetzt Eule-Abo abschließen und dabei sein! Wir freuen uns auf einen spannenden Abend!

Eine gute Woche wünscht
Philipp Greifenstein


Debatte

Appelle und Widersprüche

Am vergangenen Wochenende berichtete Thomas Wystrach (@wystrach) hier in den #LaTdH von der Stellungnahme von Pax Christi zum Ukraine-Krieg. Keine Berücksichtigung fand da noch die Erklärung vom vorausgegangenen Tag der Deutchen Kommission Justitia et Pax, dem zentralen Beratungsgremium für internationale Verantwortung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland, das ja die beiden für die aktuelle friedensethische Debatte in den Kirchen so zentralen Grundwerte Recht / Gerechtigkeit und Frieden bereits im Namen trägt.

Die Kommission von katholischen Hilfswerken, Deutscher Bischofskonferenz (DBK) und Zentralkomitee der Katholiken (ZdK), äußerte sich zustimmend (PDF) zu den Anstrengungen der Ukraine im Krieg gegen den Aggressor Russland und auch zu den deutschen Waffenlieferungen:

Das in der Lehre der Kirche bejahte und im Völkerrecht verankerte Recht auf Selbstverteidigung ist im Falle der Ukraine völlig unbestritten gegeben. Entsprechend sind auch klug gewählte Waffenlieferungen legitim, wenn nicht sogar ethisch gefordert. Dabei ist es selbstverständlich, dass auch hier die Gebote der Verhältnismäßigkeit und des humanitären Völkerrechts zu beachten sind.

Widerspruch gegen diese Stellungnahme erhoben hingegen vier katholische Theologen, Friedensforscher und -Bewegte. Sie weisen auf die engen kirchenrechtlichen Grenzen des Rechts auf bewaffneten Widerstand hin: Erst müssten andere, gewaltfreie Formen gefunden werden. Ohne die Kompetenz der Verfasser in Abrede zu stellen, ist die Frage erlaubt, wie das denn konkret in der Ukraine ausschauen könnte? Oder anders: Hier ist die gewaltsame russische Aggression nicht ausreichend reflektiert worden.

Dass es gleichwohl ein Nebeneinander, eine wechselseitige Ergänzung von gewaltfreiem, zivilem Widerstand, dessen Wirkung nicht gering zu schätzen ist, wie Benjamin Isaak-Krauß hier in der Eule beschrieben hat, und militärischen Widerstand gibt, steht außer Frage. Die Ukrainer:innen beweisen es jeden Tag auf’s Neue. Warum also beides so apodiktisch gegeneinander ausspielen?

#DerAppell

Anders sieht das beim schlicht #DerAppell genannten großen, nun ja, Appell aus („Demokratie und Sozialstaat bewahren –Keine Hochrüstung ins Grundgesetz!“ (PDF)), der dieser Tage schon 43 000 Unterschriften sammeln konnte und von vielen Initiativen, Parteigliederungen und Vereinen der Friedensbewegung sowie einer Reihe nahmhafter Einzelpersonen unterstützt wird. Darunter bemerkenswert viele Akteur:innen von SPD und Grünen, was auf eine lebendige Debatte innerhalb dieser Regierungsparteien hoffen lässt. Auch christliche Akteur:innen und Organisationen sind unter den Unterzeichnenden, prominent Margot Käßmann, dazu Wissenschaftler:innen und Kulturschaffende wie Hartmut Rosa, Katja Riemann und – natürlich – Konstantin Wecker.

#DerAppell beginnt mit einer knappen und deutlichen Klarstellung der Kriegsschuld (Russland) und stellt danach eine Reihe berechtigter Forderungen auf, insbesondere zur geplanten Aufrüstung in Deutschland und ihren gesellschaftlichen und (sozial-)politischen Konsequenzen. Leicht vom Tisch zu wischen ist das nicht. Vor allem die geplante Grundgesetzänderung, die offenbar die christdemokratisch sakrosankte Schuldenbremse umgehen helfen soll, ist diskutabel.

„Wir brauchen eine seriöse friedens- und sicherheitspolitische Debatte statt populistischer Appelle!“ – Michael Haspel (Wortmelder, Uni Erfurt)

Nicht einverstanden mit dem Appell #DerAppell ist Michael Haspel, der bereits vor einem Monat hier in der Eule über den Stand und die Versäumnisse der evangelischen Friedensethik aufgeklärt hatte. Auf dem „Wortmelder“-Forschungsblog der Universität Erfurt diskutiert er wichtige Inhalte des Appells #DerAppell. Was auch zeigt, dass es da etwas Sinnvolles zu diskutieren gibt.

An dieser Stelle, dies soll noch einmal ausdrücklich betont werden, ist dem Appell auch unbedingt zuzustimmen. Wir brauchen eine öffentliche Debatte über die Neuorientierung deutscher Politik. Das setzt aber auch eine sachliche Analyse voraus. Wenn ich von vorneherein davon ausgehe, dass die Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr mit dem Ziel eines angemessenen Beitrags zur Landes- und Bündnisverteidigung sowie ggf. zu internationalen friedenserhaltenden Maßnahmen nicht notwendig ist, dann wird auch jede Mehrausgabe dafür sinnlos erscheinen.

Und eine letzte Expertise für heute: Auch der Arbeitskreis Rüstungsdynamiken und Abrüstung der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung e.V. (AFK) hat bereits am 19. März Stellung genommen zur „Neuorientierung der Sicherheitspolitik“ alias „Zeitenwende“.

Mehr als „Thoughts and Prayers“ – Philipp Greifenstein (Die Eule)

Die Hintergründe der evangelischen Auseinandersetzung um die Friedensethik habe ich in der vergangenen Woche hier in der Eule ausführlich beleuchtet. Darin empfehle ich statt oberflächlichem Streit zwischen „Falken“ und „Tauben“, dass wir alle „Eulen“ werden sollten.

Vermutlich liegen „Falken“ und „Tauben“ sowie die allermeisten Kirchenmitglieder, die sich weder klar dem einen noch dem anderen Lager zurechnen, was die Bewertung realer Konkretionen der nuancierten ethischen Positionen angeht, sowieso nicht so weit auseinander, wie es in den luftigen Höhen von Schlagworten und Thesenpapieren anmutet. Es geht darum, Friedenswille und Wehrhaftigkeit so zusammenzudenken, das dabei kluge Entscheidungen herauskommen.

Und: Wann wird aus den katholisch und evangelisch fein säuberlich getrennt geführten Debatten eigentlich eine im ökumenischen Horizont? So von wegen gesellschaftlicher Relevanz.

nachgefasst

Personalia

Lorenz Wolf wird nicht weiter als Offizial des Erzbistums München und Freising und als Chef des Katholischen Büros in Bayern tätig sein, berichtet u.a. die KNA. Auch sein Vorsitz im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks (BR) läuft mit dem April aus. Damit gibt es zumindest eine personelle Konsequenz aus dem Münchener Missbrauchsgutachten. Wolf stellt seine Sicht der Dinge in einer 19-seitigen Stellungnahme zum Gutachten dar.

Und ein Paukenschlag aus dem Erzbistum Köln, das mit den schlechten Nachrichten nach Kardinal Woelkis Rückkehr einfach so weiter macht, wie man das aus dem vergangenen Jahr gewöhnt ist: Generalvikar Markus Hofmann ist zurückgetreten, berichtet das Neue Ruhrwort. Der Kardinal wolle „die Verwaltung professionalisieren und zeitgemäß organisieren“:

Ohne konkretere Hintergründe zu nennen, heißt es in der Erklärung weiter, bei einer Routineprüfung sei „ein Vertrag im Stiftungsbereich des Erzbistums Köln aufgefallen, der einer weiteren Klärung bedarf“. Im Rahmen eines verwaltungsmäßigen Routinevorgangs sei eine „vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“ bekannt geworden. Diese entfalte sowohl für das Erzbistum Köln als auch für die Stiftung „eine erhebliche und langfristige wirtschaftliche Bindungswirkung“ und sei „bisher bei keiner der Körperschaften bilanziert“.

Aus der Entfernung fühle ich mich an ein christliches Symbolbild mit österlichem Bezug erinnert. Weitere Hintergründe zum „Finanzdesaster“ der Hochschul-Stiftung des Erzbistums (s. #LaTdH vom 21. Februar) gibt es ebenda.

Vom Rat der EKD wurde der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (@ekbo_de), Christian Stäblein (@chrstaeblein), gerade zum Flüchtlingsbeauftragen berufen (wir berichteten). Benjamin Lassiwe (@lassiwe) hat er ein ausführliches Interview gegeben:

Wir können jetzt die Aufgaben übernehmen und der Gesellschaft anbieten, die zu unseren Formen der Gemeindeorganisation passen. Da ist zum Beispiel die Aufnahme von Menschen aus vulnerablen Gruppen, die besser in kleinen Unterkünften untergebracht werden.
Darauf ist auch die Diakonie eingestellt, ebenso wie auf die folgenden Integrationsaufgaben – auf die Suche nach Kita-Plätzen, auf die Vermittlung in Schulen, also das, was für die vielen Kinder eine besonders große Rolle spielt.

Und ein letzter Mann: Der ehemalige Präsident der schweizerischen evangelisch-reformierten Kirche (EKS), Gottfried Locher (wir berichteten), ist aus seiner Kirche ausgetreten. Vermutet wird, dass er vielleicht katholisch wird. Derweil die Causa Locher damit endgültig abgeschlossen ist, beschäftigt #MeToo die Kirche in der Schweiz weiter:

Was aus dem ehemaligen obersten Reformierten nun wird, ist unklar. Gottfried Locher hat sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Für die evangelisch-reformierte Kirche Schweiz ist der Fall Locher aber nicht abgeschlossen. Denn sie hat in der ganzen Angelegenheit keine gute Figur gemacht. Der Untersuchungsbericht enthält ausserdem diverse Massnahmen, deren Umsetzung das Kirchenparlament im Juni 2022 bespricht.

Journalistin Kerstin Claus ist neue Missbrauchsbeauftragte (DER SPIEGEL)

Kerstin Claus (@kerstinclaus) ist zur neuen Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung berufen worden. Diese Besetzung darf man glücklich nennen: Claus hat als Mitglied im Betroffenenbeirat bereits viele Jahre Kärrnerarbeit für Aufarbeitung und Prävention sexuellen Missbrauchs hinter sich.

Bereits ihre Rede auf der EKD-Synode 2019 (hier im Wortlaut) hat exemplarisch gezeigt, dass ihre Expertise keineswegs in der Betroffenen-Perspektive aufgeht, so wichtig es auch ist, dass mit ihr erstmals eine Betroffene in diesem Amt agiert: Was ihre Rede damals so wirksam gemacht hat, steht auch ihrem neuen Amt gut an: Fachliche Unbestechlichkeit, Klarheit und Hartnäckigkeit.

Buntes

„Religiosität ist vor allem ein Staunen“ – Navid Kermani im Interview bei Philipp Gessler (zeitzeichen)

Im Interview bei Philipp Gessler von @zeitzeichenNET spricht Navid Kermani über sein neues Buch „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen: Fragen nach Gott“:

Kermani: […] wenn ich überlege, was eine religiöse Haltung ausmacht, ganz konkret – denn „religiöse Haltung“ klingt ja so abstrakt, aber was heißt das? –, dann bedeutet das im Kern die Dankbarkeit, dass man überhaupt existiert. Das ist ein Kernelement. Dankbarkeit, dass man geschaffen worden ist – und auch das Gegenüber. Also Dankbarkeit, dass das Kind, die Eltern, der Geliebte, die Geliebte da sind. Dankbarkeit, dass man da sein darf.

Aber ist man dafür wirklich immer dankbar?

Kermani: Da wird es interessant. Das wird natürlich qua Existenz auch in Frage gestellt: Man erlebt Not, erlebt Ungerechtigkeit, man wird in Zweifel gezogen. Man ist im Leid immer wieder undankbar. Aber auch die Anklage ist ein religiöses Moment. Denn auch sie setzt voraus, dass man einen Adressaten hat.

Auf Twitter hat Mirjam Petermann (@fraeuleinMoehri), Redakteurin der Glaube + Heimat nach Büchern für jemanden gefragt, der seinen Glauben „auf den Prüfstand stellt / zweifelt / ablehnt“. Unter ihrer Frage finden sich reichlich Vorschläge, die tolle Fastenzeit-Lektüren für alle Leser:innen sind.

Wie Maria Magdalena Pin-up wurde und Sebastian sich entblößte – Markus Hofer im Interview bei Benedikt Heider (katholisch.de)

Im Interview bei Benedikt Heider (@_DerHeidi_, Eule-Beiträge hier) auf @katholisch_de spricht der österreichische Theologe und Kunsthistoriker Markus Hofer über „nackte Heilige, Erektionen und ein göttlicher Hintern“ und die Kulturgeschichte des Heiligen und Nackten.

Kirchenaustritt: Jetzt auch online? – Sarah Meyer (Experten-Initiative Religionspolitik)

Auf dem Blog der Experten-Initiative Religionspolitik (EIR), der unter der Woche in meinem Friedensethik-Artikel schon einen Auftritt hingelegt hat, schreibt Sarah Meyer, wissenschaftliche Hilfskraft der Konrad-Adenauer-Stiftung und Studentin der Rechtswissenschaft, über das Vorhaben, bald schon digital den Kirchenaustritt erklären zu können. Sie beleuchtet den Stand der Entwicklung in einzelnen Bundesländern und im Bund sowie Vor- und Nachteile einer derartigen Neuerung für die Kirchen.

Es bleibt letztlich abzuwarten, wie sich das Vorhaben „digitaler Kirchenaustritt“ rechtlich und praktisch entwickeln wird. Fest steht jedoch, dass sich gerade im Hinblick auf die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes die deutschen Kirchen im bestehenden Kooperationsmodell langfristig nicht der Verwaltungsmodernisierung verschließen können. Um einen weiteren Rückgang der Kirchenzugehörigkeit durch die Digitalisierung zu verhindern bedarf es daher vielmehr neuer Ansätze zur Mitgliedergewinnung und -haltung[12] – oder aber einer vollständigen (Rück-)Übertragung der einschlägigen administrativen Kompetenzen auf die Kirchen.

Der kirchliche Missbrauch des schlechten Gewissens – Peter Otten (katholisch.de)

In seinem „Standpunkt“ bei katholisch.de schreibt Peter Otten (@PeterOtten) über die vielen „kleinen“ Verletzungen, Diskriminierungen und Übergriffe, die Christ:innen (nicht nur) in der katholischen Kirche erleiden, und fordert:

Wo ist eigentlich der Platz für diese Geschichten von Machtmissbrauch, Diskriminierung und geistlichem Missbrauch? Wann und wo werden sie erzählt? Wer hört sie sich an? Was passiert mit den Menschen? Ein achselzuckendes „Damals waren die Zeiten halt so“ oder „Es gibt doch auch die guten Pfarrer“ ist auch hier nicht ausreichend. Auch nicht, dass der Zufall entscheidet, ob Geschichten wie diese gehört werden. Sie brauchen ein kirchliches Forum, das diese Geschichten aktiv recherchiert und aufarbeitet. Weil die Menschen ein Recht darauf haben, dass sich die Kirche für sie interessiert.

Theologie

Yad Vashem ehrt Wilhelm und Elisabeth Jannasch (Ev.-Luth. Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg)

Die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem hat das Ehepaar Wilhelm und Elisabeth Jannasch als „Gerechte unter den Völkern“ aufgenommen. Gemeinsam haben der Pastor und seine Ehefrau Juden und Christen jüdischer Herkunft während des Nationalsozialismus das Leben gerettet, berichtet der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg (@Osll19Z) der @nordkirche_de.

Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagte angesichts dieser besonderen Ehrung: „Wilhelm und Elisabeth Jannasch haben sich trotz Gefahr für ihr eigenes Leben mutig für das Leben anderer Menschen und für Gerechtigkeit eingesetzt. Sie gaben damit damals und geben uns auch heute noch ein Beispiel dafür, was es heißen kann, sich aus dem christlichen Glauben heraus für die Würde und das Leben aller Menschen einzusetzen. […]

Die selbstkritische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit sind wir denen schuldig, die damals zu entrechteten Opfern gemacht, verfolgt und ermordet wurden. Zugleich ist sie auch Voraussetzung für die eigene Glaubwürdigkeit. Dem Wunsch nach Gedenken und Aufarbeitung werden wir nur nachkommen können, wenn wir uns der historischen Aufarbeitung stellen, sie aktiv mit betreiben und unterstützen und dabei auch die Frage nach Schuld und Verantwortung nicht ausklammern.“

Untersuchung über Pastoren in der NS-Zeit: „Ein Meilenstein – Corinna Below (NDR)

Die Mehrheit der 729 Pastoren der evangelisch-lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins war im „Dritten Reich“ Nazi, hat Helge-Fabien Hertz aufgedeckt. Sein Doktorvater spricht von einem „Meilenstein der Kirchengeschichtsforschung in Deutschland“, berichtet Corinna Below beim NDR. Das durch die Forschung entstandene Pastorenverzeichnis ist ein eindrückliches Dokument des Scheiterns der Kirche während des Nationalsozialismus.

Fünf Jahre lang hat Dr. Helge-Fabien Hertz geforscht und alle ihm verfügbaren Quellen systematisch auf NS-Ideologie hin ausgewertet. Bis dahin hatte es keine derartige Untersuchung gegeben. Bei Professor Rainer Hering an der CAU Kiel war der 32 Jahre alte Forscher zum ersten Mal mit dem Thema „Kirche und Antisemitismus in Norddeutschland“ konfrontiert worden.

„Das war für mich sehr überraschend und neu“, sagt Hertz. „Und dann bin ich tiefer eingestiegen in das Thema.“ Für seine Masterarbeit hatte er bereits 100 Pastoren untersucht. Ihm sei wichtig, „dass man sich transparent mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzt, weil wir in einer Übergangszeit leben, wo es bald keine Zeitzeugen mehr geben wird.“

Auf YouTube gibt es dazu ein Gespräch von Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt (@l_bischoefin) mit Helge-Fabien Hertz. Wäre es nicht großartig, wenn es in allen Landeskirchen solche Untersuchungen und Pastorenverzeichnisse gäbe? Entsprechende Qualifikationsarbeiten sollten unterstützt werden, ggbfs. mit Stipendien der Landeskirchen.

Ein guter Satz