Weisheit! – Die #LaTdH vom 10. Januar
Im Namen Jesu wird das Kapitol in Washington gestürmt: Sind Christen Komplizen beim weltweiten Rechtsruck? Außerdem: Weise Menschen, kleine Männer und Kardinäle.
Zurück an die Arbeit! Nach eher stillen Wochen geht es für viele Arbeitnehmer:innen und Kirchenmitarbeiter:innen – hoffentlich im Homeoffice! – zurück ans Werk. Die Stille Zeit hat in dieser Woche mit der Erstürmung des Washingtoner Kapitols ein jähes Ende genommen.
Die allermeisten sehen darin ein „Fanal des Fanatismus“ (FAZ), Demokrat:innen sprechen von einem Putschversuch, während sich die Rechte in ihrem großen – auch medialen – Erfolg sonnt. Und ja, das geht uns auch in Deutschland an, wie Georg Mascolo in der Süddeutschen Zeitung schreibt:
Manchmal ist etwas nur deshalb undenkbar, weil man nicht wahrhaben will, wie weit es schon gekommen ist.
Debatte
Angriff auf die „civil religion“ der USA
Das Kapitol und das umliegende Ensemble aus Gedenkstätten und Regierungsgebäuden sind die steingewordenen Manifestationen der civil religion der USA. Darauf kommen sowohl der ehemalige Washingtoner EKD-Auslandspfarrer Olaf Waßmuth im Gespräch mit dem Kölner Domradio als auch Andreas G. Weiß (@A_G_White) in seiner Analyse für katholisch.de zu sprechen:
Hier geht es nicht nur um ein Gebäude politischer Macht. An diesem geographischen Punkt der US-Hauptstadt befindet sich das Herz der sogenannten „Zivilreligion“ – jenem patriotischen Selbstbewusstsein, das über religiöse- und konfessionelle Grenzen hinweg die Geschicke des Landes in eine weltweite Erlösungs- und Verantwortungsrolle einbettet. Der Kaplan des Kongresses, Barry Black, sprach daher am Donnerstag auch von einer „Entsakralisierung“ des Kapitols.
Die Ausführungen von Weiß erklären den Schock, der nicht nur aufgrund des größeren Umfangs der Ausschreitungen doch erheblich stärker ist als nach der versuchten „Stürmung“ des Bundestages in Berlin. Auch hierzulande haben wir uns, historisch begründet und vermittelt durch Fernsehserien und Filme, angewöhnt, den Symbolen der USA mit Ehrfurcht zu begegnen. Das Bundeskanzleramt ist die „Waschmaschine“, das Weiße Haus ist das Weiße Haus.
Doch vielleicht ist auch das schon Zivilreligion gone mad? Wenn man nationale Symbole zu Heiligtümern erklärt, was unterscheidet die eigene Praxis dann wirklich von einem übersteigertem Nationalstolz aka Nationalismus? Und ist der Furor der Trumpisten nicht – wenigstens zum Teil – aus einer Kränkung dieses Nationalstolzes zu erklären?
Sometimes I feel like I wasted my time studying religion but then a group of insurrectionists try to do a coup while waving Jesus flags and the Senate portrays it as desecrating the temple of democracy and turns out religion is a pretty helpful analytic tool after all.
— Via Getty (@tdwightdavis) January 7, 2021
In der NZZ hat Hans-Dieter Gelfert bereits im August 2020 über das doppelte Erbe der USA geschrieben, von dem sich das Land verabschiedet:
Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Amerikaner nach solcher Pervertierung ihres puritanischen Erbes auf die zweite Wurzel ihres Wertesystems besinnen, auf die Aufklärung, aus deren Geist die Gründungsväter einst die Verfassung schrieben.
Die Komplizenschaft der Christen
Wie alle Fanale hat auch der Sturm auf den US-Kongress eine Vorgeschichte: Eine unmittelbare, die aus den Ankündigungen genau eines solchen Übergriffs auf den Kanälen rechtsradikaler Aktivist:innen besteht. Und eine längere: Zu dieser gehört die Beteiligung von Christen an der Produktion und Normalisierung von Fake News, Verschwörungsmythen und Weltuntergangsszenarien.
In einem Editorial ruft daher die die Redaktion des zentristisch-liberalen ehemaligen US-katholischen Leitmediums National Catholic Reporter die Katholik:innen auf, ihre Komplizenschaft mit den gescheiterten Putschisten zu bekennen (englisch). Wohl bekannt sind der Redaktion die Verwicklungen rechts-katholischer Medien u.a. des EWTN-Netzwerks (CNA, National Catholic Register) in den Trumpismus.
Und auch so mancher katholischer Bischof hat sich, besonders während des Wahlkampfes im vergangenen Jahr, nicht gescheut, offen Partei für Trump zu ergreifen. „Die katholische Kirche hat viel zu lang geschwiegen“, meint auch Hille Haker, die in Chicago theologische Ethik lehrt, in einer guten Zusammenfassung der Lage auf feinschwarz.net. Die katholische Kirche habe sich wie die Republikanische Partei und Trump selbst verhalten, …
… um ihren Kulturkampf für die Religionsfreiheit durchzusetzen, der aber oft ein nur schlecht verschleierter Kampf um Machtprivilegien ist, und natürlich ein Kampf um die gleiche Sexualmoral, die blind gegenüber jedem sexuellem Missbrauch und Übergriff war: gegen Reproduktionsrechte, Homosexualität, gleichgeschlechtliche Ehen und LGBTQ* Gleichstellung. Nicht wenige Bischöfe bekamen glänzende Augen, wenn Trump sie auch nur mit einer Andeutung an ihr Lebensthema, Abtreibung, erinnerte. Mit diesem Zuckerstückchen in der ausgestreckten Hand konnte er sich auf die christlichen Kirchen verlassen.
Ein besonderes Beispiel katholischer Doppelmoral ist der New Yorker Erzbischof Kardinal Timothy Dolan. Der von Benedikt XVI. zum Erzbischof berufene Kirchenmann lobt sich seiner Nähe zum (noch) amtierenden Präsidenten und führt in den vergangenen Monaten beispielhaft vor, wie sich „konservative“ Kulturkämpfer vom faschistoiden Glam des Trumpismus einwickeln lassen. Aber vielleicht, so legt es die Breitbeinigkeit des Kardinals am Tag nach dem Angriff auf den Kongress nahe, ist er einfach auch nur ein wirklich kleiner Mann, der sich hinter Frömmigkeit und noch größeren Bullies verstecken muss.
(Überhaupt wird man eine umfassende Analyse der Situation nicht hinbekommen, wenn man nicht auch die fragile Männlichkeit thematisiert, die am Mittwoch in den „Marsch aufs Kapitol“ mündete. Ich jedenfalls habe viele Männer in realen und symbolischen Räumen beobachtet, zu denen sie aufgrund mangelnder Bildung und weil ihnen ihre „natürlichen Rechte entzogen werden“ (sic!) keinen legalen Zugang haben.)
Die Hälfte der Republikaner kann im gewalttätigen Protest jedenfalls nichts Schlechtes erkennen. Vor allem weiße Katholiken und Evangelikale halten nach wie vor zu Trump. Dass die Mär von Trump als Gottes auserwähltem Werkzeug oder „Messias“ a’la Kyros (wir berichteten), nach wie vor auch im deutschsprachigen Raum unter Christ:innen weitergereicht und geglaubt wird, darf verärgern, aber nicht mehr erstaunen.
Über die „mäßigende“ Kraft der Amtskirchen schreibt der Systemtheoretiker Marcel Schütz (@schuetz_marcel) auf Twitter in Anknüpfung an eine (nicht sonderlich umfängliche) Forschungsarbeit zur Affinität von Evangelikalen zu Verschwörungsmythen, die die ForscherInnen in der FAZ kurz vorstellen (€).
In einer kurzen Besinnung nennt Michael Chalupka (@michaelchalupka), Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich, die Vorgänge darum in ebenfalls religiöser Sprache „Gottesverdunkelung“. „Wo aber Gefahr ist, wächst“, nach Hölderin, „das Rettende auch“: Zahlreiche katholische Reformgruppen in den USA verurteilen die Ausschreitungen und den Trumpismus.
Ein neuer Glaubenskrieg?
Doch auch von der US-Politik und Trump ganz losgelöst, laufen die gleichen Dynamiken auch hierzulande: Die Verächtlichmachung des politischen Gegners, das Denken in Freund-Feind-Schemata, der Zweifel an (wissenschaftlichen) Tatsachen und seriöser Berichterstattung, identitäres Denken und chauvinistischer Glaube an die Überlegenheit der eigenen Kultur, Religion oder Herkunft – das ist die Saat, die Rechtsradikale überall auf der Welt ausbringen.
Johanna Di Blasi (@JohannaDiBlasi) nennt das beim RefLab „sozialmediale Glaubenskriege“, aus denen sich Christen schon deshalb nicht raushalten können, weil „der Riss mitten durch uns hindurch“ geht.
Ein Fanal von einem (selbst-)enthüllenden Text hat der ehemalige ZDF-Fernsehmoderator Peter Hahne ganz in diesem Stile bei der rechtsradikalen katholischen Plattform kath.net veröffentlicht. Darin finden sich alle rechten Memes und Märchen, die man – allzumal in Corona-Zeiten – zusammentragen kann. Nun wird man von Hahne eingedenk seiner jahrzehntelangen Radikalisierung schwerlich enttäuscht sein können, bemerkenswert ist die neue Offenheit jedoch allemal. Darum an dieser Stelle:
Eine Klarstellung
Einen Konservativen, auch einen christlichen, trennt vom Rechtsradikalismus und/oder Faschismus zunächst genauso viel wie einen Liberalen oder Sozialdemokraten. Alle Menschen stehen – wer hat in der Corona-Krise nicht schon daran gedacht? – in der Herausforderung, dem Autoritarismus nicht zu erliegen.
Auch darf man von echten Konservativen annehmen, dass gerade ihre Geschichtskenntnis- und -Ehrfurcht sie vor identitärem Denken bewahrt. Allein, bei einigen der sog. „christlichen Konservativen“ handelt es sich schlicht nicht um Konservative.
Hahne ist für das ZDF, was Gauland für die CDU ist. Der eine ist ein evangelikaler Kulturchauvinist und der andere ist ein geschichtsrevisionistischer Nationalist, beide hatten über Jahrzehnte ihre Heimat im deutschen Konservatismus, beim „Adenauer-ZDF“ und in der CDU. Beide sind seit 40 Jahren Grenzgänger ins neurechte Milieu. Ihr heutiger Furor erklärt sich auch daher, dass sie aus dem Mainstream-Konservatismus irgendwie ausgemeindet wurden. Wahrscheinlich unabsichtlich. Danke Merkel!
„Die Bestie ist keineswegs gebannt“
Das Domradio interviewt dazu einen christlichen Konservativen: Der Publizist Andreas Püttmann (@Puettmann_Bonn) ordnet in Relation zur Situation in Deutschland – wie so häufig – griffig ein, was am Mittwoch in Washington geschehen ist. Lesenswert! Auf Englisch und recht voraussetzungsreich erläutert Richard Seymour die (In-)Kompetenz des Trumpismus.
In a shocking twist it turns out the fascists were the real fascists all along
— Adrian Daub (@adriandaub) January 6, 2021
nachgefasst Teil 1: Missbrauchs-Krise
Köln
Keine Dienstwoche ohne neue Nachrichten aus dem Erzbistum Köln. In dieser Woche blamierte sich das „Heilige Köln“ mit der Forderung, Journalist:innen, denen man einen Einblick in den zurückgehaltenen Untersuchungsbericht geben wollte, sollten doch eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Dagegen protestierten anwesende und (absichtlich ferngehaltene?) abwesende JournalistInnen (und Journalist:innen-Verbände).
Zu Ersteren gehörte Joachim Frank, der Chefkorrespondent der DuMont Mediengruppe (Kölner Stadt-Anzeiger, Mitteldeutsche Zeitung) und Vorsitzende der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP). Der Vorstand der GKP veröffentliche dazu noch ein eigenes Statement. Frank erläuterte außerdem im Gespräch mit dem Deutschlandfunk die Vorgänge.
Eine griffige Einordung der gesamten Kölner Misere oder „Krisenkommunikationskrise“ formulierte ebenda Georg Löwisch (@georgloewisch), im Brotberuf Chefredakteur der Christ & Welt. Wer von „Köln“ die Nase voll hat, der höre seinen 5-minütigen Kommentar, der sehr deutlich zeigt, dass eine journalistischer „Kommentar“ eben viel mehr ist als eine „Meinung“.
Nachzutragen ist noch, dass Kardinal Woelki in dieser Woche trotzdem unbedingt im WDR-Fernsehen auftreten wollte (dazu die SZ und ein bisschen drüber der hpd). Und, dass zumindest einem der Priester, die sich wagten ihren Bischof zu kritisieren, wohl Ungemach aus der Bistumsleitung droht.
Für Köln, mit seinen personellen Verstrickungen (wir berichteten), gilt, was wohl für beide großen Kirchen nicht mehr abzuweisen ist: „Sie schaffen es nicht alleine“. In dieser Woche konkretisierte die mit dieser Einsicht verbundene Forderung nach einem staatlichen Engagement für die Aufarbeitung Felix Neumann (@fxneumann) auf katholisch.de:
Wirklich unabhängig muss heißen: Nicht im Auftrag und damit letztlich doch zu den Bedingungen eines Bischofs, so sehr er sich auch zurückhält. Es braucht eine staatliche Aufklärung auf Grundlage allgemeiner Gesetze, ohne Proporz für Kirchenvertreter, mit dem Mandat, die Wahrheit ans Licht zu bringen – wenn schon nicht über das Strafrecht Gerechtigkeit geschaffen werden kann, dann wenigstens durch schonungslose Ehrlichkeit.
Entschuldigung – Doris Reisinger (Christ & Welt)
Auch im elften Jahr nach Beginn der Missbrauchs-Krise in Deutschland bedarf es gründlicher Einordnungen. Gerade um der Seelen willen, die zwischen der Loyalität zu „ihren Hirten“, den Bischöfen und ihrer kirchlichen Heimat, und den immer neuen Skandalen und Enthüllungen schier zerissen werden.
Doris Reisinger (@ReisingerWagner) setzt sich in ihrem Essay in der Christ & Welt (@christundwelt) mit den „Entschuldigungen“ auseinander, die Bischöfe vorbringen und auf die das Kirchenvolk unterschiedlich sensibel reagiert:
Jenseits des Erziehungskontexts dankt man für Entschuldigungen eigentlich nicht, man nimmt sie an – oder auch nicht. Und das wiederum steht niemandem als den unmittelbar Betroffenen zu. Wer sich als Dritter einmischt und sich an ihrer Stelle äußert, hat nicht nur nicht begriffen, was eine Entschuldigung ist, sondern fährt den Geschädigten gewissermaßen über den Mund.
nachgefasst Teil 2: Corona-Krise
Präsenzgottesdienste ohne Schutz
Über einen Gottesdienst in Herford ohne Mund-Nasen-Schutzmasken und mit reichlich Nähe und Gesang, der von der Polizei aufgelöst werden musste, berichteten Anfang der Woche zahlreiche Medien, u.a. das Westfalen-Blatt. Im Netz entflammte daraufhin die, von anti-religiösen Vorurteilen nicht gänzlich freie, Debatte um Präsenzgottesdiente erneut.
Dabei hat sich weder etwas an den Empfehlungen und Regelungen in den Kirchen geändert, noch ist der Vorfall ohne Beispiel: Offensichtlich gibt es gerade in pfingstlerischen, russischsprachigen Gemeinden ein Compliance-Problem. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Geringschätzung der Einwander:innen aus der ehemaligen Sowjetunion zählt bestimmt dazu.
Auch im Emsland wurde eine christliche Gebetsstunde in Privaträumen aufgelöst, der Leiter der Veranstaltung hat sich noch vor Feststellung seiner Personalien aus dem Staub gemacht. In Herford „flüchteten“ Teilnehmer:innen in den Keller und versuchten sich vor den Beamt:innen zu verstecken. Das alles in Anwesenheit von 45 Kindern. Ich als Vater tät mich ja in Grund und Boden schämen!
Impfungen
Als Hintergrundlektüre für die Debatte um Impfgerechtigkeit sei die Welt-Sichten-Analyse von Bernd Bernd Ludermann über den „Gefährlichen Wettlauf“ der reichen Staaten um die Impfstoffe empfohlen, unter dem arme Länder leiden. In die (vorzeitige) Debatte um die „Impfgerechtigkeit“ zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften hat sich, gewohnt wortgewaltig, Thomas Fischer im SPIEGEL eingebracht – lesenswert und unterhaltsam.
Buntes
„Eine einseitige Liebeserklärung“: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland – Christian Röther (DLF)
In diesem Jahr feiern und bedenken wir 1700 Jahre Judentum in Deutschland. Das wird unter Pandemie-Bedingungen anders ausschauen, als es von den zahlreichen Organisator:innen gedacht war. Christian Röther (@c_roether) widmet sich im Deutschlandfunk dem Jubiläum und der jüdisch-deutschen Geschichte und lässt eine große Vielfalt von Akteur:innen zu Wort kommen.
Ben Salomo: „Die deutsche Mehrheitsgesellschaft muss einiges noch an sich arbeiten, damit wirklich echt jüdisches Leben hier eine Chance hat – auch außerhalb dieser Ghettomauern und Zäune zu existieren. Und das ist natürlich eine traurige Bilanz, die man ziehen muss, wenn man auch noch diese Geschichte hat, die Deutschland hat.“
„Gott hat vielleicht gar kein so großes Problem mit mir“ – Katharina Payk (Kreuz & Queer, evangelisch.de)
Lina Salander, eine trans- und #bisexuelle Christin, wuchs in einer Adventisten-Gemeinde auf. Was das mit ihr gemacht hat, hat sie der Journalistin Katharina Payk erzählt, die es für den „Kreuz & Queer“-Blog auf evangelisch.de aufgeschrieben hat:
In meiner Familie wird alles immer theologisiert. Es werden Lehrsätze oder Bibelstellen herangezogen. Auch und gerade, wenn es persönlich schwierig wird; es bleibt bei einer allgemeinen Aussage, man spricht die Dinge nicht wirklich aus. Das ist meine Erfahrung. Das Theologische wird vorgeschoben, dahinter ist das Persönliche, um das es eigentlich geht. Und so war das auch, als ich gesagt habe, dass ich nun als Frau lebe.
Landesbischof Meyns fordert Bescheidenheit der Kirche – Charlotte Morgenthal (epd)
Der Landesbischof der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig, Christoph Meyns (hier & hier in anderem Zusammenhang in der Eule), hat mit Charlotte Morgenthal vom epd über die Zukunft der Kirche gesprochen:
„Es wird einen Fachkräftemangel geben, den wir nur begrenzt ausgleichen können.“ Eine Überlegung sei es, die Pfarrer von Verwaltungsaufgaben zu entlasten oder bestimmte Aufgaben an andere Berufsgruppen zu delegieren. Eines der wichtigsten Ziele sei dabei, dass sowohl haupt- als auch ehrenamtliche kirchliche Mitarbeiter nicht in eine „Dauerüberforderung“ gerieten.
Auch durch eine noch so gute Arbeit könne die Kirche sinkende Mitgliederzahlen nicht stoppen, räumte Meyns ein. Religion sei stark in der Familie verankert und werde dort über Generationen weitergegeben. Wenn in den Häusern nicht mehr gebetet werde und Kindern keine biblischen Geschichten vermittelt würden, fehlten Voraussetzungen, die die Kirchen selbst nicht schaffen könnten.
Was können die Kirchen gegen den Traditionsabbruch in Familien unternehmen? Es ist ja nicht so, dass zu wenig Kraft in die Arbeit mit Familien und Kindern investiert würde. Wo haben Kinder und Familien einen Platz in der Kirche? Und wer kümmert sich um ihre Bedürfnisse? Nur zwei Fragen aus der Familien-Kolumne von Daniela Albert (@dalbert79) hier in der Eule. Am Freitag gibt’s die nächste Ausgabe „Gotteskind & Satansbraten“!
England’s sleepy ‚Scientology town‘ – Daniel Stables (BBC, englisch)
Ein Reisebericht aus dem Marktflecken East Grinstead (Sussex), wo sich Scientologen und andere religiöse Sondergemeinschaften seit vielen Jahren gemütlich eingerichtet haben. Was ist so besonders an der Gegend, dass sie Schwärmer und Sektierer anzieht, fragt Daniel Stables für das Reiseressort (!) der BBC.
Danke für das Internet! 🙏 Nicht auszudenken, wenn wir die Pandemie mit Pippi Langstrumpf Büchern und drei Alf Kassetten überstehen müssten.
— Stefan Heinrichs (@stefnhs) January 9, 2021
Theologie
Kirche im Digitalen – Gespräch zur Zukunft der Liturgie (Katholische Akademie Bistum Dresden-Meißen)
Am Donnerstag war ich zu einem Podium bei der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen* (@lebendig.akademisch) im Rahmen ihrer Winterakademie zum Thema Digitale Liturgien eingeladen.
Der einleitende Impuls des Liturgiewissenschaftlers Benedikt Kranemann ist zugleich ein kurzes Fazit der Entwicklungen seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland (ab Min 15:40, siehe dazu auch Selina Fucker (@selinafui2) hier in der Eule). Außerdem war Pfarrerin Nina-Maria Mixtacki (@atmen.glauben.leben) aus Mittweida (EVLKS) dabei, die von ihrer Arbeit auf Instagram und YouTube berichtete.
Podiumsdiskussion: Feminismus ist von gestern?! (Evangelisch-Theologische Fakultät LMU München)
Mit Feministischer Theologie heute und morgen befasst sich eine digitale Podiumsdiskussion am kommenden Donnerstag. Wo und wie findet die Weitergabe feministischer Theologie heute statt? Ist Feministische Theologie Schnee von gestern? Es diskutieren u.a. Marie-Theres Wacker (Münster), Ute Gause (Bochum) und Carlotta Israel (@carli_is, München).
Predigt
Mit-Leiden und Sehen – Sebastian Dittrich (Initiative Kirche von unten)
Sebastian Dittrich, Vorsitzender des Bildungswerks Initiative Kirche von unten e.V (@_IKvu) und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden, engagiert sich ehrenamtlich als Lektor. Seine Gedanken zum neuen Jahr im Lichte der Jahreslosung „Habt Mitleid, wie auch Gott mit euch leidet.“ (BigS) kreisen um die Aufgabe der Christen in dieser Zeit:
Vielleicht lässt sich mit der Jahreslosung viel kürzer fassen, was jetzt ansteht. Mit Mitleid könnten wir anfangen! Mit-leiden ist viel mehr als Beklatschen von Pflegekräften, oder die aus meiner Sicht widerwärtige „charity“ die für viele Wohlhabende eher Ablasshandel ist, und strukturelle Ungerechtigkeiten nicht behebt. Und diese nehmen zu – oder sie werden in der (Dauer-)Krise nur massiver sichtbar. Mitleid ist – aus der Sicht Jesu – eben viel mehr: So wie Gott an deinem Leben, deinem Leid, Anteil nimmt, so hast auch Du Anteil daran zu nehmen. Am Leben und Leid anderer Menschen. Und noch nicht einmal nur der „Nächsten“.
Der Schwarze König: Krippe ohne Rassismus – Margot Runge (queerpredigen)
Eine Predigt zu Epiphanias oder Heilige Drei Könige: Margot Runge, Pfarrerin in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt, EKM, hier in der Eule), erklärt die Ursprünge der Legenden rund um die Weisen, aus denen später KönigInnen wurden, inkl. der rassistischen Anteile an dieser abendländischen Kulturgeschichte. Lesenswert!
Dabei tauchen Könige in der Weihnachtsgeschichte gar nicht auf. Weise aus dem Osten, magoi ex anatolon, besuchen das Kind (μάγοι ἀπὸ ἀνατολῶν Matthäus 2,1). Sie bringen kostbare Geschenke mit, Gold, Weihrauch und Myrrhe. Magoi – das können Zauberer sein, Sterndeuter, Wissenschaftler, Gesandte oder zoroastrische Priester. Oder auch Frauen. Von Königen ist jedenfalls keine Rede, ebensowenig dass sie aus Afrika kommen oder eine dunkle Hautfarbe haben. […]
In der Renaissance-Malerei bürgerte es sich ein, einen der Könige mit dunkler Hautfarbe darzustellen. […] Mich beschäftigt, dass gerade in dieser Zeit europäische Schiffe nach Afrika und Amerika segelten, fremdes Eigentum eroberten, nicht-weiße Menschen verschleppten und versklavten und ihre Kultur zerstörten. […] Die gleichen Kaufleute, die koloniale Raubzüge finanzierten und an ihnen verdienten, statteten die Kirchen mit kostbaren Altargemälden aus. […]
Wie Schwarze Menschen wirklich lebten, interessierte nicht. Das wirtschaftliche Ungleichgewicht aus der Kolonialzeit setzt sich bis heute fort. Der Schwarze König diente als Symbol. Er sollte das Andere, das Ferne, das Exotische verkörpern. Wie seine Realität aussah, wollte niemand wissen. Schwarze Deutsche beklagen das bis heute.
Ein guter Satz
Ich hoffe auf Weise. Könige haben wir mehr als genug.
– Pater Martin Werlen (@MoenchMartin) aus dem Benediktinerkloster Einsiedeln auf Twitter
* Offenlegung: Die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen hat im vergangenen Jahr in der Eule für ihren Podcast „Mit Herz und Haltung“ geworben.