Newsletter #LaTdH

Die in Angst sind – Die #LaTdH vom 22. Dezember

Entsetzen und Trauer über das Attentat in Magdeburg. Außerdem: Die Kirchen als Anwältinnen der Geflüchteten, EKD zum Schwangerschaftsabbruch, Rüstungskontrollen und charismatische Bewegung:

Herzlich Willkommen!

„Wir werden dem Gewalttäter nicht unseren Hass geben. Wir bleiben bei dem, was dem Frieden und dem Zusammenhalt dient. Der wichtigste Raum des Friedens, den du bewahren kannst, ist dein Herz.“

Wie klingen die Worte von Landesbischof Friedrich Kramer (EKM) beim Ökumenischen Gedenkgottesdienst am Sonnabend (Video beim MDR) nach dem Attentat vom Freitagabend in Magdeburg? Es gibt bisher fünf Tote, darunter ein neunjähriges Kind. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt, viele davon schwer. Gegen den mutmaßlichen Täter wurde in der Nacht zu Sonntag Haftbefehl erlassen. Die Nachrichten und Social-Media-Plattformen quellen über vor Neuigkeiten, Gerüchten und eiligen Einschätzungen.

Die Stadt Magdeburg trauert. Nicht nur im Ökumenischen Gottesdienst mit den Bischöfen Kramer und Gerhard Feige (Bistum Magdeburg) und viel Politikprominenz. Der Dom ist für trauernde und Rast und Ruhe suchende Menschen geöffnet. Derzeit findet an der Johanniskirche eine weitere Mahnwache statt. Vom Leben in der Stadt „nach 19:04 Uhr“ erzählt die Magdeburger Superintendentin Bettina Schlauraff (EKM) auf evangelisch.de. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, und der Vorsitzende der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, haben in einer gemeinsamen Stellungnahme auf das Attentat reagiert.

Das Attentat von Magdeburg auf Menschen, die einen Weihnachtsmarkt besuchten, wird die Menschen in der Stadt, die Angehörigen und Ersthelfer:innen vor allem, noch lange beschäftigen. Lange nachdem die Spekulationen um den Täter und die Tathintergründe abgeebbt sind und er sich vor Gericht für seine Taten verantwortet hat. Lange nachdem die politischen Nutznießer der Gewalt zum nächsten Fanal weitergezogen sind. Für manche Menschen wird der 20. Dezember für immer ein Tag des Entsetzens und der Trauer bleiben.

An alle, die nicht unmittelbar vom Anschlag betroffen sind, die rat- und rastlos wenige Tage vor dem Christfest aus der Nähe oder Ferne zuschauen, richtet sich der Satz von Landesbischof Kramer im Besonderen: „Wir bleiben bei dem, was dem Frieden und dem Zusammenhalt dient.“ Die politische Instrumentalisierung der Gewalttat begann am Freitagabend sofort. Dem Hass gegen Migrant:innen muss sich entgegenstellen, wem wirklich am Zusammenhalt gelegen ist. Wir wissen, dass Radikalisierungsprozesse, wie sie der Täter offenbar in den vergangenen Monaten durchlaufen hat, nicht in einem gesellschaftlichen Vakuum stattfinden, sondern in einer Atmosphäre der Unversöhnlichkeit, in der die Brisanz politischer Entscheidungen stehts hochgeschraubt wird. Unabhängig davon, ob wir – wenn wir alle mehr wissen – vom Magdeburger Attentat als einem Terroranschlag sprechen werden, ist Terror längst Teil unserer Gesellschaft.

Gerade darum sehnen sich viele Menschen gerade im Advent und zu Weihnachten danach, sich den Schreckensmeldungen und Hiobsbotschaften unserer Zeit zu entziehen – wenigstens für eine Zeit lang. Vor wenigen Wochen noch wurde beklagt, der Bundestagswahlkampf könnte die adventliche Besinnlichkeit stören. Als ob die Arbeit an der Demokratie mal eben Pause machen könnte. Doch unsere Herzen und Köpfe brauchen Zeit und Raum, um zur Ruhe und zur Besinnung zu kommen. „Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind“, heißt es im Buch Jesaja, direkt vor den Sätzen, die in den Christvespern und Weihnachtsgottesdiensten über das Kommen des Friedefürsten verlesen werden.

In der vergangenen Woche hat Jasper von Legat, Pfarrer und einer der Friedensbeauftragten der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), die #LaTdH für eine Spezialausgabe zum Thema Frieden übernommen. Die heutige Ausgabe der #LaTdh ist (auch deshalb) prall gefüllt mit den wichtigen Religions- und Kirchennachrichten der vergangenen Tage. Es ist kurz vor dem Weihnachtfest doch noch einiges geschehen. Zu viel, als dass man alles auf einmal verdauen kann. Aber wir nehmen uns die Zeit. Die nächsten #LaTdH gibt es dann am 5. Januar 2025 nach einer kurzen Weihnachtspause.

Bis dahin
Philipp Greifenstein

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Debatte

Ein halber „Weihnachtsfrieden“ wurde in dieser Woche im Bremer Kirchenasyl-Streit erreicht. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben die Anwält:innen der Geflüchteten erneut einen Erfolg erzielt. Das dritte Kriegsweihnachten steht hingegen der Ukraine und auch den ukrainischen Geflüchteten in Deutschland bevor.

Weihnachtsfrieden in Bremen – Philipp Greifenstein (Die Eule)

Bereits Anfang Dezember berichtete ich hier in der Eule über die verhinderte Räumung eines Kirchenasyls in Bremen. Hunderte Unterstützer:innen sorgten im Gemeindezentrum Zion dafür, dass die Rückführung eines Mannes aus Somalia nach Finnland scheiterte. Es war das erste Mal, dass in Bremen ein Kirchenasyl von den Behörden geräumt werden sollte.

In den Tagen danach wuchs sich der Vorgang zu einem Streit in der Landespolitik und mit den Kirchen aus, der bundesweit Aufmerksamkeit erhielt. Zwei weitere Kirchenasyle gerieten unter Druck der Behörden. Über das weitere Geschehen und die (kirchen-)politischen Implikationen habe ich in dieser Woche erneut in der Eule geschrieben:

Die Geflüchteten im Kirchenasyl und ihre Unterstützer:innen in und um die Kirchgemeinden atmen nach der Verständigung zwischen Innensenator Mäurer und den Kirchen nun erst einmal auf und durch. In den kommenden Wochen wird es keine weiteren Versuche geben, ein Kirchenasyl in Bremen (gewaltsam) zu beenden. […]

Der Bremer Kirchenasyl-Streit könnte ein Katalysator dafür werden, BAMF und Kirchen wieder zu umfänglichen Verhandlungen an einen Tisch zu bringen. Die einseitige Aufkündigung der Verabredungen von 2015 (2022) durch die staatlichen Behörden ist das eigentliche Problem, weshalb es zu unterschiedlichen Auffassungen über die Schutzfunktion des Kirchenasyls in „Dublin-Fällen“ kommt. Gefordert sind hier also die InnenministerInnen von Bund und Ländern, die Praxis des BAMF einer kritischen Begutachtung zu unterziehen.

Obwohl in Kirchenasylen nur vergleichweise wenige Geflüchtete Obhut finden, auch gemessen an der Zahl derjenigen, die Deutschland gerne in europäische Erstaufnahmeländer „zurückführen“ möchte, ist das Institut des Kirchenasyls in den vergangenen Monaten stark unter Druck geraten (s. hier, hier, hier & hier in der Eule).

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, wusste schon Hölderlin: Die Kirchen haben ihre öffentliche Anwaltschaft für geflüchtete Menschen und eine menschenwürdige Migrationspolitik unter diesem erhöhten Druck keineswegs reduziert, sondern sind – gerade im Blick auf das Kirchenasyl – vernehmlich lauter geworden. An der Seite von Flüchtlingshilfeorganisationen sind die Kirchen das letzte gesamtgesellschaftlich wahrnehmbare Korrektiv in einer völlig hypertrophen und eskalierten Migrationsdebatte.

Der Bremer Kirchenasyl-Streit hat auch eine regionale Komponente, auch wenn die Regionalisierung von Kirchenasyl- und Flüchtlingszahlen durch den Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) erkennbar Symbolpolitik ist – wie auch die Räumungsversuche vor allem den Versuch darstellen, in der Sicherheitspolitik den starken Mann zu markieren. Die Kirchenasyl-gewährenden Kirchgemeinden in Bremerhaven gehören nämlich nicht zur Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), sondern zur Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

Deshalb saßen auch Vertreter:innen der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen beim Vermittlungsgespräch zwischen Mäurer und den Kirchen mit am Tisch, dessen Ergebnis übrigens sowohl von der CDU als auch vom Bremer Flüchtlingsrat kritisiert wird. Über die regionale Perspektive hat Radio Bremen mit der Superintendentin von Bremerhaven, Susanne Wendorf-von Blumröder, gesprochen.

Dreifacher Erfolg für Kinderrechte (Equal Rights Beyond Borders)

Viele Geflüchtete finden den Weg nach Westeuropa und Deutschland nie, sondern stranden in den Lagern an der EU-Außengrenze. In genau jenem Lagersystem, das mit dem neuen EU-Asylsystem GEAS erheblich ausgebaut werden soll. GEAS sieht, so kritisieren es Flüchtlingshilfe- und Menschenrechtsorganisationen beständig, die „Inhaftierung“ von Geflüchteten in den Aufnahmelagern vor – auch von Familien mit Kindern. Solche katastrophalen Zustände sind bereits heute traurige europäische Realität.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat nun der Menschenrechtsorganisation Equal Rights Beyond Borders (ERBB) in drei Verfahren Recht gegeben „und Griechenland wegen der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung minderjähriger Asylsuchender verurteilt“.

Die betroffenen Minderjährigen, von Equal Rights anwaltlich vertreten, wurden entweder unter unwürdigen Bedingungen, teils ohne Tageslicht, von der Polizei inhaftiert und/oder obdachlos sich selbst überlassen. „Die drei Urteile sind ein wichtiges und ermutigendes Signal!“ sagt Robert Nestler, Geschäftsführer von Equal Rights Beyond Borders. „Einmal mehr wurde der griechische Staat für systematische Kinderrechtsverletzungen verurteilt. Erst vor wenigen Monate haben wir bereits einen ähnlichen Fall gewonnen. Das zeigt: Es handelt sich nicht um Einzelfälle oder Politikversagen, sondern um eine kalkulierte Entrechtung von Schutzsuchenden, die selbst vor Minderjährigen nicht Halt macht.“

Equal Rights Beyond Borders hat sich auf die juristische Unterstützung von Geflüchteten und Familienzusammenführungen spezialisiert. Beides zentrale Bestandteile einer menschenwürdigen Flüchtlings- und Migrationspolitik, bei denen obendrein Einigkeit unter allen Kirchen herrscht (s. hier & hier in der Eule). Equal Rights Beyond Borders ist eine Partnerorganisation der EKD. Erst im Sommer hatte eine Delegation des EKD-Synodenpräsidiums bei einer Reise nach Griechenland auch den Austausch mit ERBB gesucht. Die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, freut sich über die Urteile:

„Es ist bitter, dass man im Jahr 2024 in Europa vor Gericht ziehen muss, um feststellen zu lassen, dass geflüchtete Minderjährige die gleichen Rechte haben wie andere Kinder auch. […] Ich freue mich, dass es Anwältinnen und Anwälte gibt, die sich nicht damit abfinden, dass Kinder Gefangenschaft erleben müssen. Sondern gegen dieses Unrecht klagen und das Recht durchsetzen. Die mit juristischen Mitteln Flüchtlingskinder aus Gefängniszellen und Obdachlosigkeit herausholen. Und wenn es dann auch noch gelingt, Kinder wieder mit ihren Familien zusammenführen, dann macht mich das weihnachtsfroh angesichts vieler schlechter Nachrichten in diesen Zeiten.“

Syrien und Ukraine

Vertreter:innen von Kirchen und kirchlichen Hilfswerken haben in den vergangenen Tagen auch Stellung gegenüber den Rufen nach einer schnellen „Rückführung“ und sofortigen „Zurückweisungen“ von Geflüchteten aus Syrien bezogen. Der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Keßler, wies darauf hin, dass in Syrien weiterhin 16 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen seien:

„Bevor wir über sichere, geordnete und freiwillige Rückkehr sprechen, müssen die Voraussetzungen dafür vor Ort geschaffen werden.“

Die Präsidentin von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe, Dagmar Pruin, bezeichnete eine überstürzte Rückführung von Syrerinnen und Syrern aus Deutschland als „nicht nur unmenschlich, sondern auch friedens- und entwicklungspolitisch falsch“. Und der Flüchtlingsbeauftragte des Rates der EKD, Bischof Christian Stäblein (EKBO), forderte nach dem Besuch des Ukraine-Ankunftszentrum Tegel in Berlin in dieser Woche, dass „Massenunterkunft kein Regelfall werden darf“:

Die Frauen, mit denen er bei seinem Besuch in der Flüchtlingsunterkunft am Mittwoch gesprochen habe, sehnten sich nach Frieden. Sie hätten alles zurückgelassen und ihre Männer kämpften im Krieg. „Niemand flieht ohne Grund“, fügte der Berliner Bischof hinzu. In dem Ankunftszentrum lebten derzeit rund 3.800 Menschen auf engem Raum in den alten Flughafenterminals in großen Zelten. Stäblein sprach von 14 Betten pro Schlafabteil. Ein eigenes Schließfach sei dort die einzige Privatsphäre.

Eule-Podcast (37): Ukraine-Update 2024 mit Regina Elsner (Die Eule, 54 Minuten)

Bereits zum dritten Mal schauen wir gemeinsam mit Regina Elsner im „Eule-Podcast“ auf ein Kriegsjahr in der Ukraine zurück. Am 24. Februar 2022 begann der Angriffskrieg Russlands auf die gesamte Ukraine. Direkt bei Kriegsanbruch und dann im Dezember 2022 und Dezember 2023 haben wir mit Regina Elsner im „Eule-Podcast“ über das Leben der Menschen in der Ukraine, die ökumenischen und religionspolitischen Facetten des Konflikts und die ukrainische Diaspora in Deutschland gesprochen. So auch in diesem Jahr.

Wie steht es um die Ukraine und die Ukrainer:innen in Deutschland nach fast drei Jahren Ukraine-Krieg? Kann die Wahl Donald Trumps sogar etwas Positives bewegen? Wann wird es Frieden geben und welchen Beitrag dazu können die Kirchen leisten? Regina Elsner klärt darüber auf, was die vatikanische Diplomatie und die Bemühungen in der Ökumene in diesem Jahr erbracht haben, wie sich die Kirchen und die Religionspolitik in der Ukraine entwickeln, und wie sich die (orthodoxe) Kirchenlandschaft in Deutschland unter dem Eindruck der vielen Geflüchteten aus der Ukraine verändert. Am 9. Dezember kamen Delegationen der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD) und der EKD übrigens in Hannover zusammen, informiert die EKD.

Kein Mensch flieht ohne Grund

Es ist inzwischen zu einer Floskel geworden, dass auch das Jesuskind und seine Familie Flüchtlinge waren. Den Weihnachtsgeschichten der Bibel zufolge flohen Maria und Josef mit dem neugeborenen Jesus vor der Verfolgung durch Herodes. Auch heute fliehen Menschen nicht ohne Grund. Sie verlassen ihre Heimat, weil sie Angst um ihr Leben haben, weil eine gedeihliche Zukunft für ihre Kinder dort für sie nicht möglich scheint. Darum ist der Appell zum Frieden und der Ruf nach Waffenruhe, im Nahen Osten wie auch in der Ukraine, sowie nach der Begrenzung von Rüstung (s. „nachgefasst II“) notwendig Teil der christlichen Friedensbotschaft zu Weihnachten.

Krieg, Unterdrückung und Armut sind die großen Treiber der Fluchtbewegungen unserer Zeit. Und wir tragen dafür eine Mitverantwortung, die sich sachgemäß und evangeliumstreu nur in einer beherzten Anwaltschaft für geflüchtete Menschen ausdrücken kann. Christ:innen sehen keine „Flüchtlingströme“, sondern die einzelnen Menschen und ihre Schicksale an. Individuelle Zuwendung, der Schutz von Kindern und Familien und die Suche nach Frieden und einem auskömmlichen Miteinander sind Ecksteine einer christlichen Weltverantwortung. Das soll im Getöse dieser Tage und auch im Lärm des Bundestagswahlkampfs nicht untergehen.

nachgefasst I

Sie brachte Georgien zum Leuchten – Johanna Jürgens (Die Eule)

In der aktuellen Ausgabe unserer Kolumne „mind_the_gap“ schreibt Johanna Jürgens über Nino, die „Staatsheilige“ Georgiens. In Georgien gehen in diesen Tagen abertausende Menschen auf die Straße, um für die freiheitliche und demokratische Zukunft ihres Landes einzustehen. Mich hat der kirchengeschichtliche „Lückenfüller“ von Johanna Jürgens in den vergangenen Tagen auch darum begleitet. Und natürlich deshalb, weil ich die Geschichte der heiligen Nino noch nicht kannte.

Der Georgisch-Orthodoxen Kirche gilt Nino heute als die „Erleuchterin Georgiens“ und als apostelgleich. Damit hat sie den Titel, den Rufin ihr noch vorenthielt, schließlich doch bekommen. Die frühesten Datierungsversuche setzen die Christianisierung Georgiens übrigens bereits für 326/7 an – wenn das Gedenken an Nizäa im kommenden Jahr gelingt, steht das nächste Jubiläum also potenziell direkt vor der Tür.

Eule-Podcast (36): Queere Pastor:innen – Im Gespräch mit Florence Häneke und Ellen Radtke (Die Eule, 59 Minuten)

In den #LaTdH haben wir noch gar nicht auf die vorhergehende Episode des „Eule-Podcast“ vom 10. Dezember hingewiesen, denn am vergangenen Sonntag hat sich Jasper von Legat ja exklusiv dem Thema Frieden gewidmet. Nicht nur der Vollständigkeit halber hier der Hinweis auf das Gespräch mit Florence Häneke, die über queere Identitäten im Pfarramt geforscht und darüber auch in der Eule geschrieben hat, und Ellen Radtke von „Anders Amen“, dem erfolgreichsten YouTube-Kanal aus evangelischen Landeskirchen. Mit beiden Gesprächspartnerinnen habe ich über LGBTQI+ im Pfarramt und Pfarrhaus gesprochen.

Die beiden Podcast-Episoden mit Regina Elsner und Florence Häneke und Ellen Radtke sind meine Empfehlung für eine Auszeit vom kommenden Festtrubel und winterliche Spaziergänge. Erzählen Sie gerne vom „Eule-Podcast“ weiter!

nachgefasst II

„Im Grundsatz zustimmungsfähig“ (epd, KNA, Domradio)

In dieser Woche hat der Rat der EKD sich in der laufenden Debatte um eine Reform der Abtreibungsgesetzgebung positioniert. Zuletzt war die Diskussion hier in den #LaTdH vom 20. Oktober ausführlich Thema. Damals lagen schon ablehnende und kritische Stellungnahmen von DBK und Caritas zum aktuellen Gesetzesvorschlag vor, der von einer großen Menge von Abgeordneten des Deutschen Bundestages überfraktionell eingebracht wurde. Bereits vor zwei Wochen kritisierte der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (ELKWUE), Ernst-Wilhelm Gohl, den neuen Gesetzesvorschlag, der noch vor der Bundestagswahl zur endgültigen Abstimmung kommen soll (trotz einigem Getöse). Gohl hatte sich auch im Herbst 2023 intensiv in die innerevangelische Debatte eingebracht (wir berichteten).

Nun also hat die Evangelische Kirche in Deutschland gleich auf zwei Weisen Stellung bezogen: Zunächst einmal nimmt eine Stellungnahme des Rates direkt Bezug auf die mögliche Novelle, lobt den Vorschlag als „im Grundsatz zustimmungsfähig“ und insbesondere, „dass die vorgeschlagene Neuregelung einen moralisierend-belehrenden Ton vermeidet und jeder Stigmatisierung von Frauen entgegenzutreten versucht“. Auch „Revisionen im Blick auf die Formulierung von Beratungszielen“ bei der Schwangerschaftskonfliktberatung steht man prinzipiell wohlwollend gegenüber. Kritisch sieht man den vollständigen Verzicht auf eine Frist zwischen Beratung und dem medizinischen Eingriff (bisher drei Tage). Hier schlägt der Rat eine 24-stündige Wartezeit vor, wie sie „bei sonstigen schwerwiegenderen medizinischen Eingriffen“ üblich sei. Gleichwohl ist dort die ärztliche Beratung gemeint.

Gemeinsam mit der Stellungnahme des Rates der EKD wurde ein „Diskussionsbeitrag der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Debatte um § 218 StGB“ (PDF) aus dem EKD-Kammernetzwerk vorgestellt. Auf 50 Seiten reflektieren Mitglieder des Kammernetzwerkes aus Wissenschaft und Kirche über die rechtlichen und ethischen Fragestellungen, die sich rund um den Schwangerschaftsabbruch stellen. Auch in diesem Papier wird der große Unterschied in der ethischen Bewertung im Vergleich zur römisch-katholischen Kirche deutlich (DBK, aber auch ZdK und Caritas).

Zum Schluss des Papiers formulieren die Autor:innen sieben politische Handlungsempfehlungen, die weit über eine gesetzliche Neuregelung von § 218 StGB hinausgehen. Das ist ganz im Sinne dessen, was die EKD-Ratsvorsitzende, Kirsten Fehrs, zur Veröffentlichung bekanntgab:

„Ziel ist der effektive Schutz des Lebens, der sowohl dem ungeborenen Leben als auch der schwangeren Frau gilt,“ so die Ratsvorsitzende. „Regelungen allein des Schwangerschaftsabbruches greifen dabei viel zu kurz. Der Fokus bei einer gesetzlichen Neuregelung sollte sich auf Aspekte konzentrieren, die einem effektiven Schutz des Lebens dienen. Zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure sind aufgefordert, zu einem kinder- und familienfreundlicheren Gesellschaftsklima beizutragen. Das braucht eine intensive, differenzierte und öffentlich geführte Diskussion.“

Am Diskussionsbeitrag haben aus den Reihen der Kammernetzwerker:innen nun deutlich mehr Personen mitgewirkt, als noch an der Stellungnahme des Rates für die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin im vergangenen Jahr. Auch haben vereinzelt in den Kirchen und kirchlichen Werken Diskussionsveranstaltungen zum Thema stattgefunden. Gleichwohl stellt eine „intensive, differenzierte und öffentlich geführte Diskussion“ nicht nur einen frommen Wunsch an die allgemeine Öffentlichkeit dar, sondern auch ein Desiderat des evangelischen und ökumenischen Dialogs.

Rüstungsexportbericht 2024: Einhaltung des humanitären Völkerrechts ist eine Voraussetzung für deutsche Rüstungsexporte! (GKKE)

In der Bundespressekonferenz stellte die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) in dieser Woche ihren jährlichen Rüstungsexportbericht (PDF) vor. Mit dabei die beiden PrälatInnen der großen Kirchen mit eigenen Statements. Der GKKE-Bericht befasst sich intensiv mit den deutschen Rüstungsexporten nach Israel und in den Nahen Osten. Prälat Karl Jüsten, der katholische Vorsitzende der GKKE, erklärte:

„Wir fordern die Bundesregierung auf, keine Rüstungsexporte nach Israel zu genehmigen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden.“

Die GKKE spricht sich außerdem entschieden gegen Rüstungsexporte an autokratische Staaten im Nahen Osten aus und bekräftigt erneut die Notwendigkeit eines nationalen Rüstungsexportkontrollgesetzes. Ob auf die Stimme der Kirchen in der aktuellen „Zeitenwende“ noch gehört wird?

Buntes

Ich habe mich befleissigt und für dieses Jahr eine aktualisierte Fassung des inzwischen 12 Jahre alten Bullshit-Bingos zur Weihnachtspredigt erstellt. In dieser Woche habe ich es u.a. auf Bluesky und Instagram unter die Leute gebracht. Mehr zum Sinn und Zweck des Bullshit-Bingos gibt es hier und hier in der Eule zu lesen.

Theologie

Visionen eines neuen Christentums – Maria Hinsenkamp (transcript-Verlag)

Maria Hinsenkamp, Vikarin der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW), hat einen veritablen Brocken von Doktorarbeit über neuere Entwicklungen in den pfingstlich-charismatischen Netzwerken vorgelegt. Die über 500-Seiten lange Studie steht als Open Access zum PDF-Download zur Verfügung.

Hinsenkamp hat für die Arbeit auch viele und lange Gespräche mit Vertreter:innen unterschiedlicher (neo-)charismatischer Vereine geführt, auch mit Menschen aus der Gebetshausbewegung, die in der Eule bereits mehrfach Thema war (s. hier, hier & hier). Ihr Buch wird ausdrücklich von Thorsten Dietz, dem Spiritus Rector des sich aufklärenden (Post-)Evangelikalismus im deutschsprachigen Raum, empfohlen:

„Maria Hinsenkamp erklärt die Welt der neuen geistlichen Gemeinschaften und der Gebetshäuser, von Jasmin und Jana, freikirchlichen Pfingstgemeinden und katholisch-charismatischer Bewegung – jenseits eingefahrener Polemik. Kundig und kritisch, neugierig und sachlich.“

„In Zeiten wie diesen“: Theologische Beobachtungen zum evangelikalen Erfolgspodcast von Jana Highholder und Jasmin Neubauer – Martin Fritz (EZW)

„In Zeiten wie diesen“ befasst sich auch Martin Fritz, wissenschaftlicher Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), mit „charismatischen“ Figuren. In gleich vier ausführlichen Artikeln schreibt er über den „Erfolgspodcast“ von Jana Highholder und Jasmin Neubauer (@liebezurbibel) (s. hier, hier bzw. hier in der Eule).

Eine kurze Anmerkung: So wichtig die intensive inhaltliche Befassung ist, die dankenswerter Weise ja auch verlink- und lesbar für alle Welt zugänglich nun im Netz zur Verfügung steht, so bedauerlich ist es, dass Highholder und Neubauer – auch in Artikeln großer Medienhäuser – immer wieder als „erfolgreichste christlichen Influencerinnen“ bezeichnet werden. Selbst wenn man unsachgemäß dafür vor allem auf die Follower:innenzahl auf Instagram oder YouTube abstellt, stimmt das nicht. Noch so ein Derivat für 2025.

Ein guter Satz

„Irgendwann werde ich einen guten Satz haben, aber gerade rufe ich nur: Oh Heiland, reiß die Himmel auf!“

@tomimackakroni.bsky.social‬ auf meine Nachfrage nach einem guten Satz für diese #LaTdH

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